Die Erd' erwacht, die Sonne lacht
Sie an mit hellem Schein
Und ruft ihr zu: komm aus der Ruh',
Der ganze Tag ist dein.
Guten Morgen.
Es ist dunkel. Am Himmel leuchten die Sterne. Zwischen ihnen steht der Mond. Nun wird es langsam heller. Im Osten zeigt sich ein lichter Schein. Das ist die Morgendämmerung. Die meisten Leute schlafen noch fest, aber der Hahn ist wach und kräht ganz laut. Bald steigt die Sonne empor. Dann ist es Tag. Die Vögel sind erwacht und zwitschern. Jetzt stehen auch die Menschen von ihrem Lager auf und gehen gestärkt an die Arbeit. Die Tiere im Freien suchen ihre Nahrung und das Vieh im Hofe bekommt sein Futter. Im Garten und auf den Wiesen glänzt der Tau. Alles ist neubelebt.
Im ersten Hofe kräht der Hahn,
Da fängt auch gleich der zweite an
Und denkt: "Hätt' ich's zuerst getan!"
Doch, wie der zweite kaum beginnt,
Kräht schon der dritte Hahn geschwind.
Der viert' und fünfte faul nicht sind
Und fallen schnell ins Lied mit ein,
Denn jeder will der erste sein,
Und jeder will am schönsten schrei'n.—
Bald rufen alle in der Rund',
Als ständen sie zusamm' im Bund,
Und tun die Morgenstunde kund
Aus voller Kehle laut und schnell:
"Die Nacht entweicht, der Tag wird hell.
Kikeriki! Kikeriki! Wir sind zur Stell'!"
So soll'n auch wir in allen Sachen,
Wo's gilt, zum guten zu erwachen,
Es wie der Hahn am Morgen machen.
Mutter: Papa, Karl, Emma und Klara, hurtig, kommt zu Tisch! Das Frühstück ist aufgetragen!
Papa:: Sieh! Da bin ich schon. Guten Morgen!
Emma: und :Klara:: Liebe Mama und lieber Papa, Wir sind auch bereit und wünschen euch einen recht guten Morgen!
Mutter: und :Vater: Vielen Dank, ihr Kinder! Wo steckt aber der Karl?
Emma:und :Klara: Da kommt er!
Karl: Seid nicht böse, liebe Eltern, ich habe mich verschlafen. Es soll aber gewiß nicht wieder geschehen!
Mutter: Schon gut! Setzt euch alle. Schaut, daß der Papa bedient wird! Emma, reiche doch das Brot herüber und gib mir die Butter. Nun, trinkt eure Milch! Klara und Emma, für euch habe ich ein Stück Kuchen.
Karl: Bekomme ich nicht auch eins?
Mutter: Du bist zu spät gekommen! Dafür mußt du Strafe leiden. Heute ist für dich nur Brot vorhanden.
Karl: Ach, liebe Mama! Ich bin so hungrig!
Mutter: Ei! Hungern sollst du nicht. Da ist eine Semmel und dann habe ich auch noch ein Ei für dich. Aber der Kuchen ist nur für die pünktlichen Leute da, merke dir das! So, seid ihr nun alle fertig?
Kinder: Jawohl, Mama!
Mutter: Stellt eure Stühle an ihre Plätze! Jetzt könnt ihr gehen! Du, Karl, holst dem Vater noch die Zeitung herein!
Karl: Gerne, liebe Mutter!
Kinder: Ade, Papa! Leb wohl, Mama! Heute mittag sehen wir uns wieder!
Nun hurtig vom Stuhle
Und schnell in die Schule;
Es ist an der Zeit.
Holt Hüte und Kappen,
Bringt Tafeln und Mappen;
Nehmt auch für die Pause
Euch etwas zum Schmause;
So, Kinder, jetzt seid
Zur Arbeit bereit!
Es ist Morgen. Die Nacht hindurch hat es geregnet und immer noch fallen einzelne Tropfen. Seit einigen Tagen besucht der kleine Wilhelm die Schule. Er hat einen neuen Anzug, eine hübsche Mütze und einen bunten Schulsack erhalten. Wie leid tut es ihm, daß alles vom Regen soll naß werden. Da kommt die gute Schwester Emilie. Sie muß für die Mutter noch einen Gang auf den Markt machen. Nun will sie den Bruder unter den Schirm nehmen und ihn bis an das Schulgebäude begleiten. Wilhelm faßt die Schwester am Kleide, und sie treten in die Türe. Aber, siehe da, der Regen hört auf und als Emilie vorsichtig die Hand ausstreckt, kann sie kein Tröpfchen mehr spüren. Da darf auch der zottige Spitz mit ins Freie.
Herr Specht! so früh schon klopfest du!
Was störte dich denn aus der Ruh'?
Es herrscht noch Stille im Erdenraum—
Du hämmerst schon am Fichtenbaum.
"Ist es auch früh, ist's nie zu früh,
An Arbeit fehlt's dem Fleiß'gen nie,—
Wer Tages etwas will gewinnen,
Der muß recht frühe schon beginnen."
Eben hatte es sieben geschlagen. Die Mutter ging in die Kammer, um den kleinen Leo zu wecken. Der war aber schon wach und saß aufrecht im Bette. "Ei, Leo!" sagte die Mutter, "Wie kommt denn das? Sonst muß ich dich viele Male rufen und schütteln, und heute bist du ganz munter!" "Ach, denke nur, liebe Mama," sagte Leo, "ich War ja auch noch so müde und hätte gerne länger geschlafen. Aber da hatte auf einmal die große Uhr dort an der Wand ein Gesicht wie ein Mensch, und machte immerfort: Auf! raus! Auf! raus! Nun hatte ich Angst, liegen zu bleiben und wollte aufstehen. Jetzt hörte ich die Uhr ganz deutlich sagen: Recht so! Recht so! und sie sah wieder freundlich aus!"
Im Winter, wenn es frieret,
Im Winter, wenn es schneit,
Dann ist der Weg zur Schule
Fürwahr noch mal so weit.
Und wenn der Kuckuck rufet,
Dann ist der Frühling da,
Dann ist der Weg zur Schule
Fürwahr noch mal so nah.
Wer aber gerne lernet,
Dem ist kein Weg zu fern;
Im Frühling, wie im Winter,
Geht er zur Schule gern.
Im Wasser schwimmt es, groß und klein.
Nun rat' einmal, was das mag sein!
Wer wäscht sich so rein
Und hält sich so fein
Und braucht doch kein Handtüchelein?
Ich weiß ein kleines, weißes Haus,
Hat nichts von Fenstern, Türen, Toren;
Und will sein kleiner Wirt hinaus,
So muß er erst die Wand durchbohren.
Hinter dem Hause ist ein Hof. Da haben viele Tiere Platz. In einer Ecke steht die Hundehütte. Dort wohnt Nero. Er bewacht unser Haus. Auf der Kellertreppe sitzt Mieze. Das ist die graue Katze. Sie wäscht und putzt sich gern. Im Korbe liegen ihre vier Kätzchen. Die können noch nicht sehen. Mitten im Hofe geht der stolze Hahn. Er hat bunte Federn und einen roten Kamm. Bei ihm sind fünf hübsche Hennen. Auch Tauben fliegen herbei und picken Körner auf. Seht doch den großen Puter da drüben! Der ist zornig und jagt die anderen Vögel fort.
Lieb Kindchen, sag mir an,
Was ein Haustier nützen kann!
Die Kuh gibt Milch uns, liebe Mutter,
Draus macht man Käse, Rahm und Butter.
Das Pferd zieht fleißig deinen Wagen
Und kann dich in die Ferne tragen.
Der Hund schützt treu dir Hof und Haus.
Die Katze lauert auf die Maus.
Das dicke, schmutz'ge, dumme Schwein
Bringt Schinken uns und Würste ein.
Lust und Liebe zum Dinge
Macht Mühe und Arbeit geringe.
Morgen, morgen, nur nicht heute,
Sagen alle trägen Leute.
Lerne Ordnung, liebe sie;
Ordnung spart dir Zeit und Müh'.
Am Montag morgen wollte Otto seinen Freund Ludwig zur Schule abholen. Als er aber in die Stube trat, war niemand da. Vorne beim Fenster stand ein Korb voll Äpfel. Die waren schön gelb und rot. Gerne hätte Otto einen genommen. Aber er dachte: "Nein, das tue ich nicht, die Äpfel gehören nicht mir."
Schnell wollte er wieder zur Türe hinaus. Da kam gerade Ludwigs Mutter herein. Die freute sich sehr, als sie Otto sah. Sie steckte ihm beide Taschen voll Äpfel. Dann rief sie Ludwig und gab den beiden Kindern noch einen Apfel mit auf den Weg. Mit frohem Herzen gingen die Knaben nun zur Schule.
Längst ist schon die Schule aus,
Alle Kinder sind zu Haus:
Peter nur, der faule Bube,
Muß noch sitzen in der Stube,
Hat gelernt nicht, noch geschrieben,
Hat sich draußen 'rumgetrieben.
Nun geht es ihm bitterschlecht—
Faulpelz, das geschieht dir recht!
Siehst du den Knaben dort am Bache sitzen? Es ist Robert, der mit seiner armen Mutter in dem kleinen Häuschen wohnt. Sie hatten für den Abend nichts zu essen. Da sagte Robert: "Mutter, ich will zum Bache gehen und einige Fische fangen."
Hier sitzt er nun ganz stille. Zwei Fische hat er schon gefangen, und den dritten macht er eben vom Haken los. Wie wird sich die Mutter freuen, wenn Robert mit den Fischen nach Hause kommt!
Hurra, die Schule ist aus! Schnell eile ich nach Hause, denn die Mutter wartet schon auf mich. Sie hat ja mancherlei Arbeit, die ich für sie besorgen kann. Erst bekomme ich aber ein großes Stück Butterbrot. Wenn ich das gegessen habe, hole ich Kleinholz aus dem Keller. Damit macht die Mutter das Feuer im Küchenofen an für das Abendessen. Dann gehe ich zum Metzger, um das Fleisch heimzubringen, das der Vater am Morgen bestellt hat. Auf dem Wege bringe ich aus dem Kramladen Seife mit und Streichhölzchen. Auch sonst muß ich der Mutter in der Küche noch zur Hand gehen. Ich tue es gerne, denn ich habe mein Mütterlein lieb. Wenn ich alles besorgt habe, darf ich eine Weile auf der Straße mit anderen Kindern spielen.
Bald ist es Zeit zum Abendessen geworden. Richtig, da ruft mich schon die Mutter. Der Vater ist nun auch schon nach Hause gekommen, und meine älteren Geschwister sind ebenfalls da. Wir sitzen jetzt alle um den großen Tisch im Eßzimmer, und der Vater erzählt, was er während des Tages in der Stadt gehört und gesehen hat. Nach dem Essen nimmt der Vater die Zeitung, und meine kleine Schwester und ich machen unsere Schularbeiten. Da muß manchmal die liebe Mama ein wenig helfen. Später liest sie uns eine schöne Geschichte vor, oder spielt mit uns Domino und Lotto.
Ich glaube, es ist nirgends schöner als abends daheim.
"Kommt, Knaben, wir wollen ein Haus bauen," sagte Emil zu Karl und Heinrich, "Ich will den Keller ausgraben," sprach Karl. "Und ich," sagte Emil, "ich bin der Maurer; ich nehme Kalk und Steine und baue die Mauern." Da meinte Karl: "Du darfst aber die Türen und die Fenster nicht vergessen. Ohne Türen kann man nicht in das Haus hinein, und durch die Fenster soll Luft und Licht in die Zimmer kommen." Heinrich sagte: "Ich bin der Zimmermann; ich setze die Türen und Fenster und lege den Fußboden. Von einem Stockwerke in das andere mache ich Treppen. Und oben auf das Haus setze ich das Dach; das schützt vor Regen und Schnee. Unser Haus soll ein Wohnhaus sein mit Küche und Zimmern und einem Boden unter dem Dach."
Ich frag' die Maus:
Wo ist dein Haus?
Die Maus darauf erwidert mir:
Sag's nicht der Katz',
So sag' ich's dir.
Treppauf, treppab,
Erst rechts, dann links,
Dann wieder rechts
Und dann grad' aus—
Das ist mein Haus;
Du wirst es schon erblicken!
Die Tür ist klein,
Und trittst du ein,
Vergiß nicht, dich zu bücken!
"Papa, darf ich ein wenig deinen Stock nehmen?"
"Ja, Karl, aber was willst du damit machen?"
"Einen Hasen will ich schießen, Papa."
"Dann mußt du ja auf das Feld gehen."
"O nein, dein Stock ist meine Flinte und unsere alte Katze ist der Hase."
Der Vater gab seinem Sohne den Stock. Karl legte ihn an die rechte Wange, zielte und rief: "Piff, paff! piff, paff!" Ei, wie die Katze von dem Stuhle unter den Tisch sprang!
Karl aber lachte und rief: "Hast du nun meinen Hasen laufen sehen, Papa?"
Wer hat die schönsten Schäfchen?
Die hat der gold'ne Mond,
Der hinter unsern Bäumen
Am Himmel drüben wohnt.
Er kommt am späten Abend,
Wenn alles schlafen will,
Hervor aus seinem Hause
Zum Himmel leis' und still.
Dann weidet er die Schäfchen
Auf seiner blauen Flur;
Denn all' die weißen Sterne
Sind feine Schäfchen nur.
Sie tun sich nichts zuleide,
Hat eins das andre gern,
Und Schwestern sind und Brüder
Da droben Stern an Stern.
Und soll ich dir eins bringen,
So darfst du niemals schrei'n,
Mußt freundlich wie die Schäfchen
Und wie ihr Schäfer sein!
Ein Mückchen flog um ein Licht, das am Abend auf dem Tische brannte. Da sagte ein Mädchen, welches nebenbei saß und strickte: "Mückchen, bleib' von dem Lichte, sonst verbrennst du dich!" Das Mückchen aber folgte nicht und flog so lange auf und nieder und um das Licht, bis es daran seine Flügelchen sengte und in die Flamme fiel. "Habe ich es dir nicht gesagt?" sprach das Mädchen. "Hättest du auf mich gehört, müßtest du jetzt nicht sterben!"
Ernst konnte das Naschen nicht lassen. Er ging oft an den Schrank, um Zucker zu naschen. Die Mutter schalt, aber es half nicht.
Eines Tages ging Ernst in die Scheune. An der Wand hing etwas Rotes. Ernst sagte: "Oh, hier hat die Mutter Zuckerzeug versteckt. Ich sollte es nicht finden!" Schnell kletterte er auf einen Stuhl, um es zu holen. Er biß gierig hinein. Aber, o weh, es verbrannte seinen Mund. Er ließ das Zuckerzeug fallen und schrie laut. Nun kam die Mutter und gab ihm einen Trunk Wasser. Was Ernst naschte, war nicht Zucker gewesen. Es war roter Pfeffer.
Ernst naschte nie wieder.
Ein armer, blinder Geiger ging auf der Straße. Er suchte den Weg mit seinem Stocke. Seine Geige trug er unter dem Arme. Bald kam er an einen Steg. Als er das merkte, getraute er sich nicht hinüberzugehen. Hans und Eugen kamen daher, und der arme Mann bat, sie möchten ihn doch über den Steg führen. Aber die mutwilligen Buben lachten den Geiger aus und liefen weg.
Da kam die kleine Lina aus der Schule. Die wartete nicht, bis sie gebeten wurde. Sie faßte den Blinden bei der Hand, brachte ihn über den Steg und schenkte ihm einen Cent, den sie von ihrer Mutter bekommen hatte.
Im Weg das Krümchen Brot
Tritt nicht mit deinem Fuß,
Weil's in des Hungers Not
Ein Tierlein finden muß.
Leg's auf den Stein vor'm Haus,
Und kannst du, brösel's klein:
Still dankt es dir die Maus
Und still das Vögelein.
Vöglein im hohen Baum,
Klein ist's, ihr seht es kaum,
Singt doch so schön,
Daß wohl von nah und fern
Alle die Leute gern
Horchen und stehn.
Blümlein im Wiesengrund
Blühen so lieb und bunt,
Tausend zugleich;
Wenn ihr vorübergeht,
Wenn ihr die Farben seht,
Freuet ihr euch.
Wässerlein fließt so fort
Immer von Ort zu Ort
Nieder ins Tal;
Dürstet nun Mensch und Vieh,
Kommen zum Bächlein sie,
Trinken zumal.
Habt ihr es auch bedacht,
Wer hat so schön gemacht
Alle die drei?
Gott, der Herr, machte sie,
Daß sich nun spät und früh
Jedes dran freu'.
In einem Garten lebte ein Vögelein, das sehr schön singen konnte. Es baute sich in einem Busch ein hübsches Nestchen. In dieses legte es Eier hinein und brütete Junge aus. Einmal suchte das alte Vögelein Futter für seine Kinder. Da sahen zwei Buben das Nest und nahmen es samt den Jungen weg. Darüber wurde die Mutter der jungen Vögelein sehr traurig.
Sie flog hin und her und schrie, so laut sie konnte. Die Knaben machten sich aber nichts daraus. Endlich hörte die Schwester der bösen Knaben das Vögelein schreien. Gleich ging sie hin und nahm ihren Brüdern das Nestchen Weg und trug es wieder in die Hecke. Seit dieser Zeit hatten die Vögelein das Mädchen recht lieb, und wenn es im Garten war, sangen sie noch einmal so schön wie sonst.
Mein Bruder Karl hatte einen großen Drachen gemacht. Er war aus holz und Papier. Um untern Ende befand sich ein langer Schwanz und am obern eine lange, dünne Schnur.
Nachmittags gingen wir hinaus auf das Feld hinter unserm Hause. Es war ein schöner Tag; die Sonne schien prächtig, und es wehte ein guter Wind. Wir ließen den Drachen steigen. Er stieg so hoch, wie die Schnur reichte. Wir konnten ihn kaum noch sehen.
So standen wir lange im Schatten neben dem Zaune. Auch unser Hund Karo kam unter dem Karren hervor. Wir waren sehr vergnügt, bis der Abend dem Spiele ein Ende machte.
Warum wohl die Vöglein fliegen können?
Ei, das magst du ihnen schon gönnen.
Auf der Erde sind Tiere viel
Und haben hier und dort ihr Spiel.
Da war kein Platz für die Vögel mehr;
Das dauerte den lieben Gott so sehr,
Darum hat er ihnen Flügel gegeben,
Daß sie dort oben in Lüften schweben;
Da können sie spielen den ganzen Tag
Und haben Platz, wie viel jedes mag.
Hänschen und Gretchen spielten im Garten. Da kam ein schöner Schmetterling geflogen. Gleich wollte Hans ihn fangen. Gretchen rief: "Ach, laß doch das hübsche Tierlein gehen!" Aber Hans hörte nicht darauf. Mit dem Hute in der Hand lief er dem Schmetterlinge nach. Er schaute immer nur in die Höhe. Patsch,—fiel er in einen tiefen Graben voller Wasser. Der Schmetterling flog munter davon. Hänschen ging weinend heim und wurde noch ausgelacht.
Ein gutes Kind gehorcht geschwind
Und folgt sofort aufs erste Wort.
Was du nicht willst, das man dir tu',
Das füg' auch keinem andern zu.
Vorgetan und nachbedacht
Hat manchem großes Leid gebracht.
Quäle nie ein Tier zum Scherz,
Denn es fühlt, wie du, den Schmerz.
Die Schnecke ist gar übel dran.
Wie muß sie sich doch plagen!
Sie muß ihr Haus
Tagein, tagaus
Auf ihrem Rücken tragen.
Die Schnecke ist nicht übel dran.
Sie weiß sich wohl zu schützen:
Nimmt sie Gefahr
Vom Feinde wahr,—
Bleibt sie im Häuschen sitzen.
Die kleine Anna hatte eine Henne zum Geschenk bekommen. Diese legte jeden Morgen ein Ei. Als nun Annas Mutter eines Tages das Nest mit zwölf Eiern sah, nahm sie dieselben voller Freude in die Küche. Aber siehe da! Die Henne jammerte und suchte ihr Nest. Nun fand sie in der Nähe ein Entennest, in dem auch Eier waren. Sie setzte sich darauf, bis die Jungen herauskamen. Das waren aber Entchen statt Küchlein. Doch die Henne hatte sie so lieb, als ob es Küchlein wären. Sie suchte Futter mit ihnen und nahm sie unter ihre Flügel, damit ihnen kein Leid geschehe. Doch eines schönen Tages liefen die Kleinen davon. Wohin? In großer Angst eilte die Henne hinterher. Die Entchen waren zum Teiche gelaufen. Umsonst warnte die Henne: "Das ist Wasser! Ihr müßt ertrinken!" Lustig schwammen die kleinen Enten schon umher, und alles Glucken der alten Henne brachte sie nicht ans Ufer zurück.
Hoch am Himmel steht die Sonne. Sie leuchtet so hell, daß man sie nicht lange ansehen kann. Wenn die Sonne morgens aufgeht, wird es auf der Erde hell. Dann sagen die Leute zu einander: "Guten Morgen!" Die Sonne steigt nun immer höher und höher, bis sie zuletzt fast über unserem Kopfe steht. Es ist jetzt Mittag. Wenn sich Bekannte treffen, wünschen sie einander: "Guten Tag!" Bald darauf neigt sich die Sonne wieder abwärts. Sie sinkt bis an den Rand des Himmels. Alsdann sieht sie wie eine große, feurige Kugel aus und färbt die Wolken schön rot. Auf einmal ist sie verschwunden. Es wird dunkler und die Nacht bricht an. Man bietet sich "Guten Abend!" und wünscht allen vor dem Schlafengehen eine "Gute Nacht!" Nun kommt die Zeit der Ruhe.
Kind: Sag einmal, liebe Sonne, wohin gehst du, wenn es Abend wird? Es heißt dich doch niemand fortgehen. Ich meine, du könntest immer bei uns bleiben. Das wäre so schön!
Sonne: Nein, mein Kind, das kann nicht sein! Wenn es Nacht wird, schlafen die Leute, und du schläfst auch. Beim Schlafen braucht man mich aber nicht. Ich reise dann weit, weit fort in ein fernes Land. Dort wohnen auch Menschen: Väter, Mütter und viele brave Kinder. Wenn ich zu diesen komme, haben sie ausgeschlafen. Vater und Mutter stehen dann auf und arbeiten, und die größeren Kinder gehen in die Schule, um zu lernen.
Kind: Ei, ei! Und wenn du bei diesen Menschen gewesen bist, wohin gehst du hernach?
Sonne: Wenn ich dort gewesen bin, komme ich wieder zu dir, wie an jedem Morgen. So reise ich zu allen Menschen auf der ganzen Erde.
Die Sonne sprach: "Ich will scheinen
So fort und immerfort!"
Der Regen sprach: "Ich will fallen
Ohn' Ende an jedem Ort!"
Die Sonne: "Du machst ja alles
Auf der Erde gang naß!"
Der Regen: "Du machst zu trocken,
Wenn du scheinst ohn' Unterlaß!"
Die Sonne: "Ich mache fruchtbar,
Und alles freut sich mein!"
Der Regen: "Du machst zu trocken,
Dich mag man nicht allein!"
So haben sie lang gestritten,
Doch wurden sie einig zuletzt:
Sie wollten miteinander wechseln,
Und so ist es denn auch jetzt.
Ein kleiner Knabe lag einmal im Grase und schlief. Da sah er im Traum einen Engel, der eine wunderschöne Blume in der Hand trug. Der Engel sagte, daß es im Himmel viele solche Blumen gebe. Der Knabe hätte sie gerne gehabt. Als er aufwachte, lagen da ein paar glänzende Samenkörner. Die pflanzte der Knabe in seinem Garten. Als der Herbst kam, waren aus den Samen die Blumen entstanden. Sie sahen gerade wie Sterne aus. Der Knabe rief seine Eltern. Vater und Mutter sagten: "Das sind Sternblumen oder Astern. Die sollen uns an den, Himmel droben erinnern."
Loch bei Loch,
Und hält doch.
Was ist's?
Rat! Das Haus hat lauter Treppen,
Keine Fenster, keine Zimmer;
Wer drin wohnt, muß es immer
Auf seinem Rücken schleppen.
Es ist ein Ding, hat Stamm und Zweig' und Blätter,
Schützt dich vor Sonne und im Regenwetter.
Die Vögel, sie fliegen wie Blätter im Wind;
Da winken die Blümlein zum Abschied geschwind.
Es singt in den Bäumen der Herbst schon sein Lied,
Fort ziehen die Vögel, die Blumen sind müd'.
Im Süden die Vögel, die Blumen im Schnee,
Sie warten, daß wieder der Frühling ersteh'.
Dann lachen die Blüten, das Vögelein singt;
Dann duftet's und jubelt's, bis rings alles klingt.
Was tut ihr, wenn euch jemand etwas geschenkt hat oder recht gut gegen euch gewesen ist? Nicht wahr, ihr sagt: "Danke schön!" Vergesset das ja nicht! Wir Menschen, groß und klein, haben für gar vieles dankbar zu sein. Die Kinder können sich freuen, wenn sie noch Eltern haben, die sie lieben und für sie sorgen. Erwachsene Leute sollen froh sein, wenn sie gesund sind und keine Not zu leiden brauchen. Doch das wird oft nicht bedacht. Deshalb ist ein Tag da, an dem ein jeder von feiner Arbeit ausruhen und fröhlich Gott danken soll für allen Segen. Im Herbste, wenn die Ernte vorüber ist, kommt der Danksagungstag. Da gibt es meistens gut und reichlich zu essen und zu trinken. In den Kirchen ist Gottesdienst. Auch für die Armen und Unglücklichen wird gesorgt, damit ein jeder im Herzen dankbar sein möge für das Gute und Schöne, was das Jahr gebracht hat.
Puter, Puter, Polterhahn,
Hast 'ne rote Weste an,
Hast 'ne rote Nasenspitze
Und 'ne rote Zipfelmütze;
Aber das gibst du wohl zu:
Ich bin schöner doch als du!
Vier schöne Brüder kenn' ich wohl,
Geschmückt so wunderbar;
Sie kommen schon seit alter Zeit
Zu uns in jedem Jahr.
Der erste Bringt uns einen Strauß,
Streut Blumen um sich her.
Den zweiten schmückt ein goldner Kranz
Von Ähren voll und schwer.
Der dritte reicht uns Äpfel dar
Und neuen goldnen Wein.
Der vierte ist in Pelz gehüllt
Wie Schnee so weiß und rein.
Wer nennt die schönen Brüder mir,
Geschmückt so wunderbar?
Sie kommen schon seit alter Zeit
Zu uns in jedem Jahr.
Gleich anfangs mit dem neuen Jahr
Erscheint der kalte Januar,
Dann kommt alsbald der zweite Mann,
Der Februar, in Eile an.
Der März ist nun auch nicht mehr weit,
Und der April ist bald bereit.
Ihm folgt der wunderschöne Mai,
Der Juni kommt drauf schnell herbei,
Und ist der Juli nun erst da,
So ist auch der August schon nah;
Ihm schließt sich der September an,
Und der Oktober folgt alsdann.
November ziehet schleunig ein,
Dezember wird her letzte sein.
Die Bäume stehen ruhig da,
Die Blätter flüstern leise.
Hört ihr den Wind, hei, hussassa,
Bald bläst er seine Weise.
Da braust der Wind gar wild einher
Und rüttelt an den Bäumen,
Er beugt sie hin, er beugt sie her,
Läßt keine Zeit zum Träumen.
"Halt ein, du stürmischer Gesell',
Wir stehen fest wie Lanzen!"
Die Blätter aber lachen hell:
"Herr Wind, wir möchten tanzen!"
"Ei," ruft der Wind, "ein luftig Wort,
Da kann ich stark mich zeigen!"
Er Bläst die bunten Blätter fort;
Die tanzen froh den Reigen.
Der Wind ist fort, der Tanz ist aus,
Die Blätter sinken nieder;
Der Schnee streckt sein Decke aus,
Der Frühling hebt sie wieder.
Es gibt vier Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Im Frühling wird die Luft warm. Der Schnee schmilzt, und die Flüsse werden wieder frei vom Eise. Auf den Wiesen und in den Gärten keimen Gräser und Kräuter, auf den Feldern grünt die Saat, und die Bäume bekommen frisches Laub. Sie treiben Knospen und Blüten. Die Vögel, welche im Herbste in wärmere Länder gezogen waren, kehren zurück. Andere Tiere, die den Winter in ihren Höhlen verschlafen hatten, wachen auf und kommen hervor. Mit dem Sommer werden die Tage länger, und die Wärme nimmt zu. Das Getreide wird reif und vom Landmanne geschnitten. Auf den Sommer folgt der Herbst. Im Herbst gibt es Obst, Trauben und Kartoffeln, auch wird die Saat für das nächste Jahr bestellt. Das Laub der Bäume vertrocknet und fällt zur Erde nieder. Die Tage werden immer kürzer. Oft ist es neblig und rauh. Bald wird es recht kalt; die Flüsse frieren zu, und es gibt Schnee. Die Vögel können draußen kein Futter finden. Sie kommen in die Straßen und vor die Türen, um einige Körner und Bröckchen zu suchen. Zu Hause wird eingeheizt; aber im Freien tummeln sich die Kinder, gleiten auf dem Eise, oder fahren Schlitten. Sie freuen sich darauf, einen Schneemann machen zu können. Bald naht auch das liebe Weihnachtsfest.
Im weißen Pelz der Winter
Steht lang' schon hinter der Tür,
Ei, guten Tag, Herr Winter,
Das ist nicht hübsch von dir!
Wir meinten, du wärest, wer weiß wie weit,
Da kommst du mit einmal hereingeschneit.
Nun, da du hier bist, so mag's schon sein;
Aber, was bringst du Gutes uns Kindelein?
Was ich euch bringe, das sollt ihr wissen:
Fröhliche Weihnacht mit Äpfeln und Nüssen
Und Schneeballen,
Wie sie fallen,
Und im Jänner
Auch Schneemänner!
So manches Bäumchen in dem Wald
Verliert im Herbst die Blätter,
Jedoch der liebe Tannenbaum
Der trotzet Wind und Wetter.
Ist alles draußen öd' und leer,
Steht er im grünen Kleide
Und setzt sich stolz ein Käpplein auf,
Ein Käpplein weiß wie Kreide.
Das nimmt er aber artig ab
Am frohen Weihnachtsfeste,
Und grüßet liebevoll und gut
Die Kinder all' aufs Beste.
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
Du kannst mir sehr gefallen,
Du bist der allerliebste mir
Doch von den Bäumen allen.
An das Fenster klopft es: pick, pick!
"Macht mir doch auf einen Augenblick!
Dicht fällt der Schnee, der Wind weht kalt,
Habe kein Futter, erfriere bald.
Liebe Leute, o laßt mich ein,
Will auch immer recht artig sein!"
Sie ließen ihn ein in seiner Not;
Er suchte sich manches Krümchen Brot;
Blieb fröhlich manche Woche da.
Doch als die Sonne durchs Fenster sah,
Da saß er immer so traurig dort:
Sie machten ihm auf, husch, war er fort.
Es war Winter. Da kam ein Knabe an einem Teiche vorbei. Der Teich war zugefroren. Der Knabe hatte große Lust, auf das Eis zu gehen. Der Vater aber hatte es ihm verboten. Das Eis war noch nicht stark genug. Der ungehorsame Knabe wagte sich dennoch auf das Eis. Er hackte darauf mit seinen Stiefeln. Auf einmal krachte das Eis. Der Knabe fiel in das Wasser hinein und schrie laut um Hilfe. Ein Mann eilte herbei und zog ihn heraus. Ganz durchnäßt mußte der Knabe nach Hause laufen. Die Mutter brachte ihn in das Bett, und dazu wurde er noch von seinem Vater bestraft.
Weiß wie Kreide,
Leicht wie Flaum,
Weich wie Seide,
Feucht wie Schaum.
Wer baut wohl die billigste Brücke?
Wer reißt sie nieder und schlägt sie in Stücke?
Was mögen das für Blumen sein,
Die unsre Fenster zieren,
Wenn drauß' vor Kälte Stein und Bein
Im rauhen Winter frieren?
Sie sind nicht rot und blau gemalt,
Wie Blumen auf den Wiesen,
Und wenn die liebe Sonne scheint,
In Wasser sie zerfließen.
Am Abend vor Weihnachten kam Else zur Mutter gelaufen und rief: "Denke nur, Anna Maurer hat mir heute ins Ohr gesagt, sie hätten seit gestern kein Holz, kein Brot und keine Milch. Und sie haben doch ein kleines Kind, und die Großmutter ist krank. Darf ich der Anna heute Abend mein Brot geben?"
"O, gewiß," sagte die Mutter, "geh nur gleich hin. Bringe ihnen auch diese Kanne voll Milch. Robert soll seinen kleinen Schlitten voll Holz laden und es hinfahren." Wie freuten sich die Kinder, daß sie den armen Leuten helfen durften.
Aber Robert wollte noch mehr tun. Er bat den Vater um ein ganz kleines Tannenbäumchen. Das schmückte er mit farbigen Sternen und Lichtlein. Dann suchte er seine warme Kappe für Maurers Karl und nahm ein Säcklein voll Nüsse. Else holte eine ihrer Puppen. Alles das packten sie in einen Korb.
Als es dunkel war, nahm Robert das Bäumchen und Else den Korb. Sie gingen hin und stellten die Sachen leise vor Maurers Tür. Dann klopften sie und eilten davon.
Wie sich da die armen Leute freuten! Aber auch Robert und Else meinten, noch nie so schöne Weihnachten gehabt zu haben, wie diesmal.
Olga: Komm, liebe Mama, komm geschwind! Ich hab' dir etwas mitgebracht. Rate, was es ist!
Mutter: Nun, was mag das wohl sein! Blumen, Obst oder gar Kuchen?
Olga: O, nein, nein; ganz etwas anderes. Schöne, weiße Sterne sind es. Sieh her, hier hab' ich sie in meiner Schürze!
Mutter: Wo sind sie denn? Ich kann nichts sehen.
Olga: Ach, Mama! Sie sind nun fort, und ich habe mich doch so gefreut, sie dir zu bringen. Es sind nur noch kleine Tropfen auf meiner Schürze. Ich möchte weinen!
Mutter: Weine nicht, liebe Olga: Solche Sterne können nicht bleiben. Die Waren einmal Wasser, und die Kälte machte sie zu Schnee. Da sehen sie gerade wie kleine, blitzende Sterne aus. Nachher werden sie wieder zu Wasser. Menschen, Tiere und Pflanzen trinken das Wasser. Nach und nach holt die Sonne auch viele Tropfen hinauf zu den Wolken. Ohne Wasser könnten wir gar nicht leben.
Daheim, am 1. Januar 1913.
Liebe Kinder!
Mein Vetter, der Neujahrsbote, bringt Euch meine Grüße und Wünsche. Eure Bitten habe ich, wie Ihr wisset, erfüllt. Erfreuet Euch nur recht an den Geschenken.
Wenn nun heute mein Baum noch einmal strahlt und glitzert, dann nehmt Euch vor, auch in diesem Jahre immer lieb und brav zu sein. Ihr könnt Euren Eltern und mir keine größere Freude machen. Schreibt mir zur rechten Zeit wieder, ob Ihr Wort gehalten habt. Dann schenke ich Euch das nächste Mal, was Ihr als gute Kinder verdient.
Euer Freund
Der Weihnachtsmann.
Noch nicht erwachsen bin ich,
Drum wünsch' ich kurz, doch innig:
Ein glückliches Neujahr!
Und was euch freut, das weiß ich:
Wenn brav ich bin und fleißig,
Mehr als ich sonst es war.
Gesundheit, Freude, Frieden
Sei allen euch beschieden,
Wie heut, so immerdar.
Er ritt auf einem Rappen aus,
Da kam etwas vom Himmel,
Und als er wieder kam nach Haus,
Da war der Rapp' ein Schimmel.
Verstehst du das?
Es hatte geschneit. Dick lag der Schnee auf Straßen und Plätzen. Die Knaben wollten sehen, wie tief er wohl sei. Sie wateten hindurch, daß der Schnee in die Stiefel fiel. "Heute wollen wir einen Schneemann bauen!" So riefen Fritz, Karl und Otto. Schnell machten sie einen großen Schneeball und wälzten ihn im tiefen Schnee herum. Bald wurde der Ball so groß, daß ihn die Knaben nicht mehr fortbringen konnten. Nun wälzten sie einen neuen Ball heran, den setzten sie auf den ersten. Oben darauf kam ein kleiner Ball, das war der Kopf des Schneemannes. In den Kopf steckte Fritz zwei Kohlen, das waren die Augen. Auch Nase und Mund, ja sogar die Rockknöpfe des Mannes wurden aus Kohlen gemacht. Nun bekam der Schneemann noch zwei Arme. In den einen Arm legten ihm die Knaben einen großen Stock.
Da stand er nun und drohte. Aber der arme Mann konnte nicht schlagen. Fortlaufen konnte er auch nicht, als ihn die jungen mit Schneebällen warfen. Doch das war noch das Schlimmste nicht! Auf einmal guckte die liebe Sonne über das Dach. Da fing der Schneemann an zu weinen. Tränen liefen ihm über das Gesicht und den weißen Pelzrock. Es war gut, daß die Sonne heute nicht noch länger schien, sonst wäre er ganz zu Wasser geworden. Morgen aber oder übermorgen wird's wohl so kommen.
Nach vielen trüben Tagen sehen wir den blauen Himmel wieder. Manchmal scheint auch schon die Sonne freundlich auf die Erde herab. Da muß der Winter weichen. Der Schnee fängt an, zu schmelzen, und nur noch des Nachts gibt es ein wenig Eis. An schönen Tagen läßt sich vielleicht ein Vogel hören, und ein fleißiges Bienchen fliegt umher. Auf dem Felde und im Wald sieht es aber noch recht öde aus. Nur die Weiden und Birken haben graue Kätzchen, und an den Zweigen der Ulme sind kleine Blüten. Die Kinder gehen ins Freie; sie spielen Ball oder lassen den Drachen steigen.
Das Häschen im Walde eilt hin und her,
Nach Eiern ist heute ein großes Begehr.
Es borgt bei der Henne, es borgt bei dem Spatz
Und sucht für die Nester den passenden Platz.
Ein artiges Kindlein erhält heut' sein Ei.
Es schleppen die Häschen die Eier herbei;
Und bist du am Ostermorgen erwacht,
Hat Häschen die Nester gefüllt über Nacht.
Bald ist es Ostern. O, wie freue ich mich, denn es kommt der Osterhase! Der bringt schöne, bunte Eier. Wir wollen ihm deshalb ein Nest zurecht machen. Oft versteckt der Osterhase die Eier. Dann müssen wir sie suchen. Zuweilen legt er sie in Hüte, Schuhe oder Körbe. Auch unter den Schrank hat er sie schon gelegt. Ja, er steckt sie uns wohl gar in die Taschen. Welche Freude, wenn wir sie finden! Erst zählen wir sie und spielen damit. Später essen wir sie; sie schmecken gut. In Washington werden am Ostermontage viele Kinder zum Präsidenten eingeladen. Sie können lange auf dem Rasen bei dem großen Hause spielen. Da gibt es dann viele und sehr schöne Ostereier. Die werden hin und her gerollt und schließlich verzehrt. Ihr möchtet auch dabei sein, nicht wahr?
Neben dem Gemüse und den Blumen ist oft ein Platz, auf dem nur Gras und Obstbäume wachsen, es ist der Obstgarten. Welche Pracht, wenn die Bäume im Frühlinge blühen! Der Kirschbaum kommt zuerst mit seinen weißen Blüten. Dann ziehen der Birnbaum und der Pflaumenbaum ihr weißes Kleid an. Am schönsten aber Blühen der Apfelbaum und der Pfirsichbaum, die blühen schön rot. Das Obst ist zuerst grün; dann, wenn die Sonne recht heiß scheint, wird es gelb, rot oder blau. Ah, Wie schmecken Kirschen und Pflaumen so gut! Wenn sie nur schon reif wären!
Was Hänschen nicht lernt,
Lernt Hans nimmermehr.
Gute Sprüche, weise Lehren
Muß man üben, nicht bloß hören.
Frage nicht, was and're machen,
Sieh auf deine eig'nen Sachen.
Im Winter sind nur wenige Vögel Bei uns. Wo sind die andern? Sie sind fortgezogen nach wärmeren Ländern. Jetzt wird es aber auch hier bei uns warm, und die Vögel kehren zurück. Bald werdet ihr sie singen hören. Fleißig fliegen sie zum Baume. Sie arbeiten. Im Schnabel tragen sie Stroh, Heu, Pferdehaare oder auch kleine Zweige herbei; damit bauen sie ihre Nester.
Hühnchen: Hier ist ein Weizenkorn. Wer wird mir helfen, es zu pflanzen? Bitte, hilf du mir, Frau Gans.
Gans: Es tut mir leid, aber ich kann dir nicht helfen.
Hühnchen: Bitte, hilf du mir, Frau Ente.
Ente: O, ich kann dir heute nicht helfen. Ich habe so viel mit meinen Kindern zu tun.
Hühnchen: Nun, dann hilf du mir, alte Katze.
Katze: Ich kann dir auch nicht helfen. Ich muß meine Kätzchen waschen.
Hühnchen: Willst du mir denn nicht helfen, kleines Schwein?
Schwein: Ich kann keinen Weizen pflanzen. Ich bin zu müde. Pflanz du ihn selber.
Hühnchen: Das will ich auch tun! Ich lege dich in die Erde, Körnchen, und die Sonne, der Regen und der Wind werden dich wachsen lassen.
Hühnchen: Jetzt ist der Weizen reif. Wer wird ihn nach der Mühle fahren? Willst du es tun, Frau Gans?
Gans: Es tut mir recht leid, Hühnchen, aber heute kann ich nicht nach der Mühle fahren. Ich habe Rückenschmerzen.
Hühnchen: Willst du es tun, Frau Ente?
Ente: Nein, ich kann auch nicht fort. Ich muß jetzt schwimmen.
Hühnchen: So tu du es, alte Katze!
Katze: Sch! Sch! Ruhig! Ich laure auf eine Maus. Ich kann diesmal nicht gehen.
Hühnchen: Bitte, tu du es doch, kleines Schwein.
Schwein: Ach was! Es ist gerade Zeit für mein Mittagsschläfchen. Du kannst den Weizen selber zur Mühle fahren.
Hühnchen: Das werde ich auch tun.
Hühnchen: Hier ist Mehl. Wer wird Brot daraus backen? Willst du das Brot backen, Frau Gans?
Gans: Ei, nein! Ich habe in meinem Leben noch kein Brot gebacken.
Hühnchen: Willst du das Brot backen, Frau Ente?
Ente: Ich! Brot backen? Nein, das kann ich wirklich nicht tun.
Hühnchen: Backe du das Brot, alte Katze!
Katze: Ich tue alles andere auf der Welt lieber als backen.
Hühnchen: Wach auf, kleines Schwein, und back du das Brot.
Schwein: Ach! laß mich in Ruhe. Ich will dir beim Essen helfen, wenn es gebacken ist.
Hühnchen: Gut; da backe ich es selbst.
Hühnchen: So, jetzt ist das Brot gebacken. Sechs schöne, braune Laibe. Wer will helfen essen?
Gans, Ente, Katze, Schwein: Wir wollen dir helfen!
Hühnchen: O, nein! Nun brauch' ich euch auch nicht. Ich werde es essen, und meine Küchlein sollen mir helfen. Gluck, gluck, gluck!
Rate flink:
Ein kleines Ding,
Dünn und spitz;
Sticht wie der Blitz.
Zwei sind's, die nebeneinander steh'n
Und alles ganz gut und deutlich seh'n,
Nur immer eines das andre nicht,
Und wär' es beim hellsten Tageslicht.
In einem Stalle wohnten fünf kleine Hunde mit ihrer Mutter. Alle waren schön weiß mit braunen Flecken. Sie spielten lustig umher und lernten auch von der Mutter Ratten und Mäuse fangen.
Nur einer der Kleinen wollte nicht folgen. Er wollte auch nicht mit seinen Geschwistern spielen, sondern trieb sich lieber draußen herum. Einmal war Bello—so hieß der kleine—wieder hinausgeschlichen. Bei der Türe stand ein Topf voll schwarzer Farbe. Bello wollte gerne wissen, was darin wäre, und so steckte er seine Nase hinein. Aber, o weh! er kam mit dem Kopfe zu Weit hinein und warf den Topf um. Jetzt war er über und über mit schwarzer Farbe bedeckt. Langsam ging er zurück und blieb mit hängendem Kopf auf der Türschwelle sitzen. Seine Mutter und seine Geschwister schämten sich des schmutzigen, naseweisen Bello.
Hoch die Fahnen,
Sie gemahnen
An das teure Vaterland.
Rot und weiß die Streifen winken,
Licht im Blau die Sterne blinken,
Sind der Freiheit Unterpfand.
Freudig singen
Wir und bringen
Grüße viel von fern und nah.
Wo die Flaggen munter wehen,
Stolz wir, sie beschützend, stehen,
Deiner wert, Amerika!
Es waren einmal zwei Kinder, ein Knabe und ein Mädchen. Das Mädchen hieß Silie, der Knabe Peter. Die Kinder konnten sich gar nicht miteinander vertragen. Sobald sie zusammenkamen, stritten sie und schlugen einander. Dies machte den Eltern viel Kummer. Das ärgerte den Paten der Kinder, der ein Zauberer war. Er sprach zu den beiden: "Höre ich euch wieder zanken, so lasse ich euch zur Strafe zusammenwachsen."
Es dauerte gar nicht lange, so war wieder Streit; Silie schlug den Peter, und Peter schlug Silie. Da kam der Zauberer durch die Luft gefahren und rührte beide mit seinem Stabe an. Nun waren sie verwandelt. Peter wuchs in die Erde hinein als Wurzel, und oben auf ihm Silie als grünes Kraut. Der Zauberer nannte sie nun zusammen: Petersilie.
Ward ein Blümchen mir geschenket,
Hab's gepflanzt und hab's getränket.
Vögel, kommt und gebet acht!
Gelt, ich hab' es recht gemacht?
Sonne, laß mein Blümchen sprießen!
Wolke, komm es zu begießen!
Richt' empor dein Angesicht,
Liebes Blümchen, fürcht' dich nicht!
Und ich kann es kaum erwarten,
Täglich geh' ich in den Garten,
Täglich frag' ich: Blümchen, sprich,
Blümchen, bist du bös auf mich?
Sonne ließ mein Blümchen sprießen,
Wolke kam, es zu begießen;
Jedes hat sich brav bemüht,
Und mein liebes Blümchen blüht.
Wie's vor lauter Freuden weinet,
Freut sich, daß die Sonne scheinet;
Schmetterlinge, fliegt herbei,
Sagt ihm doch, wie schön es sei!
Eine fleißige Mutter baute in ihrem Garten Gemüse aller Art. Eines Tages sagte sie zu ihrer kleinen Tochter: "Lieschen, sieh da an der untern Seite des Kohlblattes die kleinen, netten, gelben Tüpfelchen! Das sind die Eier, aus denen die schönfarbigen, aber verderblichen Raupen kommen. Suche diesen Nachmittag alle Blätter ab und zerdrücke die Eier, so wird unser Kohl grün und unversehrt bleiben."
Lieschen meinte, zu dieser Arbeit sei es immer noch Zeit, und dachte am Ende gar nicht mehr daran. Die Mutter war einige Wochen krank und kam nicht in den Garten. Als sie aber wieder gesund war, nahm sie das saumselige Mädchen bei der Hand und führte es zu den Kohlbeeten, und siehe! aller Kohl war von den Raupen abgefressen. Man sah nichts mehr als die Stengel und Gerippe der Blätter. Das erschrockene und beschämte Mädchen weinte über seine Nachlässigkeit. Die Mutter aber sprach: "Tu' künftig das, was heute geschehen kann, sogleich heute und verschiebe es niemals auf morgen!"
Ratet, ratet, was ist das:
Es ist kein Fuchs und ist kein Has'.
Es hat zwei Augen und kann nicht sehen.
Es hat zwei Füße und kann nicht gehen.
Es hat zwei Ohren und kann nicht hören.
Es hat zwei Hände und kann sich nicht wehren.
Es ist ein Mädchen hübsch und fein,
Tut niemals zanken und niemals schrei'n.
Was für ein Mädchen mag das sein?
"Wenn ich ein König wäre," sagte ein Kind, "ließe ich mir ein Schloß bauen bis an die Wolken!"
"Und ich," sagte ein anderes, "trüge nur Kleider von Silber und Gold!"
"Und ich," rief ein dicker Bube, "ich äße nur Kuchen und Wurst!"
"Ich," sagte ein kleines Mädchen und wurde ein wenig rot, "ich gäbe allen armen Kindern Geld, daß sie sich Brot und Kleider kaufen könnten!"
Ella: In fünf Minuten ist Essenszeit,
Noch schnell was zu spielen, das wäre gescheit!
Toni: Ei! Jede holt ihre Puppe heraus,
Wir tragen sie etwas spazieren ums Haus.
Ella: Das Puppenholen hält aber doch auf!
Komm, spielen wir haschen; ich fange dich, lauf!
Toni: Beim Haschen kommt man ja gar nicht zur Ruh'.
Ach! spielen wir lieber Blindekuh!
Ella: Bei Blindekuh komme ich immer zu Fall.
Topp! Weißt du was, spielen wir Fangeball!
Toni: Ach was, das Ballspiel machte mir niemals Spaß;
Reifentreiben, das wäre noch was!
Ella: Die Reifen, die sind auch drinnen im Haus.
Was meinst du, wir suchen Mama einen Strauß!
Toni: Wir dürfen ja nicht auf dem Rasen springen.
So laß uns lieber ein Liedchen singen!
Ella: Ich habe den Husten, fällt eben mir ein!
Toni: Na, gut! So spiele ich für mich allein!
Ella: Ganz alleine? O, das wäre nicht schlecht:
Dir ist ja auch nimmer ein Vorschlag recht!
Toni: Was spiele ich nun?—Die Zeit geht vorbei—
Zum Wettelaufen gehören doch zwei!
Ella: Mir ist nicht sehr zum Spielen zu Mut—
Alleine tanzen geht auch nicht gut!
Toni: Mama ruft zum Essen! Wir müssen ins Haus!
Ach, Ella, nun ist mit dem Spielen es aus!
Ella: Wie ist die Zeit nur so hingegangen!
Wir haben ja nicht einmal angefangen!
Toni: Ja! weißt du, das Überlegen und Streiten!
Es war doch wirklich recht dumm von uns beiden!
Ella: Wir haben recht kindisch uns angestellt!
Toni: Nach Tische spielen wir—
Ella: Was dir gefällt!
Die Nachbarin hatte einen zahmen Zeisig, den sie oft aus dem Käfig ließ. Dann hüpfte das Tierchen in der Stube umher und suchte Krumen am Boden. Die alte Katze war immer sehr freundlich mit dem Vögelchen. Vor einigen Tagen aber erfaßte sie plötzlich den Zeisig, nahm ihn ins Maul und sprang mit ihm auf den Tisch.
Die Nachbarin erschrak und glaubte, die Katze wolle ihr liebes Vögelein auffressen. Da sah sie jedoch, daß die Stubentüre offen war und eine fremde Katze sich ins Zimmer geschlichen hatte. Schnell jagte sie diese hinaus, und sieh, die alte Hauskatze sprang sogleich vom Tische herab und ließ den Zeisig auf den Boden fallen, ohne ihm etwas zuleide getan zu haben. Hat die alte Katze nicht klug gehandelt?
Es saßen zehn Sperlinge auf dem Dach;
Da kam der Jäger und schoß danach;
Er traf davon nur vier.
Wie viel bleiben sitzen?
Das sage mir.
Ich bin wohl ein gemeiner Wicht,
Das Singen, das versteh' ich nicht,
In schönen Kleidern geh' ich nicht;
Es sieht mich auch der Mann kaum an;
Nur böse Buben dann und wann,
Die werfen mich mit Steinen;
Und dennoch will mir's scheinen,
Als sei so schön die ganze Welt,
So blau die Luft, so grün das Feld—
Zip, zip, zip! Ich hab' die Welt so lieb!
Einst schleppte ein Esel eine schwere Last. Neben ihm ging ein lediges Pferd. Der Esel bat das Pferd, es möge ihm doch helfen; allein es hörte nicht auf seine Bitte. Zuletzt konnte der Esel nicht mehr weiter; er fiel zu Boden und starb.
Nun lud der Treiber die ganze Last dem Pferde auf. Er zog dem toten Tiere die Haut ab, und das Pferd mußte dieselbe noch obendrein tragen. Hilf deinem Nächsten in der Not.
Ein durstiger Star wollte aus einer Wasserflasche trinken. Er konnte aber das Wasser mit seinem kurzen Schnabel nicht erreichen. Da hackte er damit aufs dicke Glas; doch er vermochte nicht, es zu zerbrechen. Dann stemmte er sich gegen die Flasche und wollte sie umwerfen. Aber dazu war er nicht stark genug.
Was tat der kluge Star zuletzt? Er las kleine Steinchen mit seinem Schnabel zusammen und warf eines nach dem andern in die Flasche. Dadurch stieg das Wasser endlich so hoch, daß er es erreichen konnte. Jetzt löschte er seinen Durst.
Der Apfelbaum, das ist ein Mann!
Kein andrer gibt so gern wie der.
Im Winter, wenn man schüttelt dran,
Da gibt er Schnee die Fülle her.
Im Frühling wirft er Blüten nieder.
Im Sommer herbergt er die Finken.
Jetzt streckt er seine Zweige nieder,
Die voller Frucht zur Erde sinken.
Drum kommt und schüttelt, was ihr könnt!
Ich weiß gewiß, daß er's euch gönnt.
Ein Hase und ein Fuchs machten im Winter eine Reise. Alles war mit Schnee bedeckt. Der Hunger plagte sie sehr. Da sahen sie ein Mädchen mit einem Korbe kommen, darin war Brot. Das merkte der Fuchs und sagte zu dem Hasen: "Lege dich wie tot auf den Boden, dann wird das Mädchen den Korb niederstellen, um dich aufzuheben. Ich nehme den Korb weg und mache mich schnell davon. Du eilst mir nach, und dann lassen wir es uns wohl sein." Das war dem Hasen recht.
Der Fuchs verbarg sich hinter einem Haufen Schnee, und der Hase legte sich nieder. Das Mädchen stellte den Korb richtig hin und griff nach dem Hasen. Da schlich der Fuchs hervor und machte sich mit dem Korb so schnell davon, daß das Mädchen ihm nicht nachkam. Unser Hase aber eilte ihm in großen Sätzen nach. An einem Wasser hielten sie still. Weil aber der Fuchs nicht teilen wollte, so sagte der Hase: "Brot haben wir, jetzt sollten wir auch noch Fische haben. Dann hätten wir ein Essen wie die großen Herren. Stecke deinen Schwanz ins Wasser, so werden sich die Fische daran hängen, denn die haben jetzt auch nicht viel zu beißen."
Der Fuchs ging an den Weiher hin und hing seinen Schwanz in das Wasser. Es dauerte aber nicht lange, so war er im Eise festgefroren. Der Fuchs konnte ziehen und zappeln, wie er wollte—das Eis ließ ihn nicht los. Er mußte nun zusehen, wie der Hase ein Brot nach dem andern verzehrte. Dann rief der listige Hase dem Fuchs zu: "Im Frühjahr sehen wir uns wieder. Laß dir die Zeit nicht zu lang werden, bis das Eis auftaut."
Wer andern eine Grube gräbt,
Fällt selbst hinein.
Wer redet, was er nicht sollte,
Muß hören, was er nicht wollte.
Kein besseres Kissen in Freude und Schmerz,
Als gutes Gewissen und fröhliches Herz.
Ein flinker Hase forderte einst die langsame Schildkröte zum Wettlauf auf. Sie willigte ein, und eine große Eiche im Walde sollte das Ziel sein.
Mit den ersten Sonnenstrahlen machte sich die Schildkröte auf den Weg, der Hase aber hatte keine große Eile. Er spielte lange im Grase umher, ehe er ans Laufen dachte. Endlich sprang er fort und holte die Schildkröte wirklich ein. Da er jedoch sah, wie mühsam sie vorwärts kroch, legte er sich im Schatten eines Baumes nieder und schlief fest ein.
Als er erwachte, war es schon lange nach Mittag. Da rannte er, so rasch er konnte, den Weg entlang. Aber, siehe da, als er die Eiche erblickte, saß die Schildkröte schon darunter und lachte den Hasen, der seine Zeit verspielt und verschlafen hatte, tüchtig aus.
Auf dem Dach viel blanke Zapfen,
Zu dem Schnee viel kleine Tapfen,
Alle laufen nach dem Kohl!
Häschen, das gefällt dir wohl?
Nächtlich, bei des Mondes Schimmer,
Sitzt es dort zu schmausen immer;
Knusperknäuschen, gar nicht faul:
Ei, du kleines Leckermaul!
Häschen ist es schlecht bekommen;
Vater hat's Gewehr genommen;
Eines Abends ging es: bumm!
Bautz! da fiel das Häschen um.
Kannst du wohl das Ende raten?
Heute gibt es Hasenbraten,
Apfelmus mit Zimt dazu.
Ach, du armes Häschen du!
Bei einem Teiche wohnten viele Gänse. In der Nähe hatte auch ein Fuchs seinen Bau. Gar oft versuchte er, sich eine Gans oder ein Gänseküchlein zu fangen. Daher fürchteten sich diese sehr vor dem braunen Gesellen. Einst war der Fuchs sehr hungrig. "Heute muß ich mir einen fetten Braten holen!" sagte er zu sich selber.
Er streckte sich, so lang er war, im Grase aus und rührte kein Glied. Als die Gänse den Räuber so liegen sahen, kamen sie näher und erhoben ein freudiges Geschnatter.
"Jetzt werden wir Ruhe haben!" sprachen sie. "Unser Feind ist nicht mehr am Leben!"
Schnell sprang der Fuchs auf, erwischte den Gänserich beim Flügel und trug ihn in seine Höhle.
Berta: Geschwind, geschwind, Mama!
Mutter: Was fehlt dir? Wer hat dir etwas zuleide getan?
Berta: Sieh nur, was mir unser Spitz in den Schoß fallen ließ!
Mutter: Einen kleinen Frosch! Und deshalb bist du so erschrocken? Rasch, nimm den kleinen Burschen und setze ihn in das Gemüsebeet!
Berta: Tragen soll ich das häßliche Tier? Ich würde es um alles in der Welt nicht in die Hand nehmen!
Mutter: Nun, dann muß ich es tun! Schau, wie ich jetzt das Tierchen anfasse und es ins Beet hüpfen lasse. Hopp, da sitzt es schon drinnen.
Berta: O, Mama, was tust du? Warum hast du den Frosch nicht getötet?
Mutter: Weil er ein sehr nützliches Tier ist. Freust du dich nicht, wenn es im Garten die zarten Rübchen und die süßen Erbsen gibt, die Papa jedes Frühjahr pflanzt?
Berta: Gewiß, Mama! Ich esse beides sehr gerne; aber was hat das mit dem Frosch zu tun?
Mutter: Höre nur, du wirst es gleich erfahren. Den Raupen und Käfern schmecken diese Gemüse auch gut, gerade wie dir. Im Frühlinge stellen sich diese Insekten ein und fressen die Blättchen ab, so daß die Pflänzchen sterben müßten, wenn der Frosch nicht zur Hand wäre. Der glatte Bursche hüpft dann durch den Garten, fängt die Raupen, Fliegen und Käfer, und die Pflänzchen wachsen wieder. Soll ich den Frosch zum Dank dafür töten, Berta?
Berta: Nein, liebe Mama; und wenn ich wieder sehe, daß ein Knabe einen Frosch quält, will ich ihm sagen, was ich heute von dir gelernt habe.
Klaus ist in den Wald gegangen,
Weil er will die Vöglein fangen;
Auf den Busch ist er gestiegen,
Weil er will die Vöglein kriegen.
Doch im Nestchen sitzt das alte
Vögelein just vor der Spalte,
Schaut und zwitschert: "Ei, der Taus!
Kinderlein, es kommt der Klaus,
Hu, mit einem großen Prügel,
Kinderlein, wohl auf die Flügel!"
Brr, da flattert's: husch, husch, husch!
Leer das Nest, und leer der Busch.
Und die Vöglein lachen Klaus
Mit dem großen Prügel aus,
Daß er wieder heimgegangen
Zornig, weil er nichts gefangen;
Daß er wieder heimgestiegen,
Weil er konnt' kein Vöglein kriegen.
Zwei Knaben, Albert und Paul, suchten im Walde Nüsse. Da bemerkte Paul eine große Walnuß unter einem Baume und rief seinem Kameraden zu: "O, sieh dort vor dir die Walnuß!" Albert hob sie schnell auf und steckte sie in seine Tasche. Damit war aber Paul nicht zufrieden; er sagte: "Die Nuß gehört mir, ich habe sie zuerst gesehen!" "Und ich habe sie aufgehoben," erwiderte Albert trotzig; "ich gebe sie nicht her!" So stritten sie heftig, und schon wollten die törichten Knaben einander schlagen, als Georg, ein älterer Junge, herbeikam, der im Walde Eichhörnchen schoß. Albert und Paul baten den großen Knaben, er solle entscheiden, wem die Nuß gehöre. Was tat Georg? Er zerbrach die Nuß mit einem Steine und gab jedem der beiden Streitenden ein Stück von der Schale. "Den Kern," sprach er, "behalte ich als Lohn dafür, daß ich euer Richter war!" Dann ging er lachend fort.
Ein Bauer hat ein Haus gehabt,
Und auf dem Haus ein Dach.
Zur Nachtzeit kam der Wind getrabt,
Da ward der Bauer wach.
Wie's heulte, krachte, klirrte, klang!
Der arme Bauer flehte bang:
"Ich bitt' dich, lass' dein Toben,
Und lass' mein Dach dort oben,
Herr Wind! Herr Wind!"
Des Daches Luken schlossen gut
Der Bauer und sein Knecht.
Da ward der Wind voll Trotz und Wut
Und kreischte: "Nun erst recht!"
Herr Wind! Herr Wind! du böser Wind,
Du bist wie manche Kinder sind,
Die das just haben wollen,
Was sie nicht haben sollen.
Herr Wind! Herr Wind!
Mit Dräuen drängt der Wind und drückt
Mit Groll und grausem Krach;
Er zieht und zerrt und rüttelt, rückt
Und reißt vom Haus das Dach.
Zerstört ist herzlos Heim und Haus;
Der Bauer sieht so traurig aus,
Sein Weib und seine Kleinen,
Sie stehen da und weinen.
Herr Wind! Herr Wind!
Hast du's gehört, mein liebes Kind?
Sei freundlich, friedlich, froh!
Denn würdest du ein solcher Wind,
Dann spräch' man von dir so:
Du bist nicht gut, du tust nicht gut,
Du bist ein wild und trotzig Blut,
Das stets gern haben wollte,
Was es nicht haben sollte!——
Herr Wind! Herr Wind!
Das Kind hatte mit dem Fünkchen gespielt, obgleich seine Mutter es schon oft verboten hatte. Da war das Fünkchen fortgeflogen und hatte sich ins Stroh versteckt. Das Stroh fing an zu brennen, und es entstand eine Flamme, ehe das Kind daran dachte. Da wurde es dem Kinde bange, und es lief fort, ohne jemandem etwas von der Flamme zu sagen. Und da niemand Wasser darauf schüttete, ging die Flamme nicht aus, sondern breitete sich im ganzen Hause aus. Als sie an die Fenstervorhänge kam, wurde sie noch größer, und das Bett, worin die Leute nachts schliefen, brannte hell auf, und die Tische und die Stühle und die Schränke und alles, was der Vater und die Mutter hatten, das wurde vom Feuer erfaßt, und die Flamme wurde so hoch wie der Kirchturm. Da schrieen die Leute vor Schrecken, die Glocken läuteten; es war fürchterlich zu hören, und die Flamme war schrecklich zu sehen. Nun fing man an zu löschen, indem man Wasser in das Feuer schüttete und spritzte; aber es half nichts; das Haus brannte ganz ab, und nur noch ein wenig Kohlen und ein bißchen Asche blieben übrig. Da hatten nun die Eltern des Kindes kein Haus mehr und kein Plätzchen, wo sie wohnen und wo sie schlafen konnten, und auch kein Geld, um sich ein neues Haus und neue Betten und Tische und Stühle zu kaufen. Ach, wie weinten die armen Eltern! Und das Kind, das mit dem Fünkchen gespielt hatte, war schuld daran.
Kennt ihr die Blume, in guter Ruh'
Dreht sie sich immer der Sonne zu;
Sie hat viel Samenkörner schön,
Wie Strahlen ihre Blättchen stehn.
Erst weiß wie Schnee,
Dann grün wie Klee,
Drauf rot wie Blut,
Dann schmeckt es gut.
Die Rose feierte einmal ihren Geburtstag. Sie stand mitten im Garten, und alle Blumen kamen zu ihr, um ihr Glück zu wünschen. Zuerst kamen die stolze Lilie und die prächtige Tulpe, hernach kamen die kleinen Blumen. Alle neigten sich vor der Rose und sagten: "Wir wünschen dir Glück, liebe Rose."
Aber ein kleines, weißes Blümchen getraute sich nicht, nahe an die Rose heranzutreten, weil es so schüchtern und bescheiden war. Es blieb von ferne stehen und flüsterte nur: "Ich wünsche dir auch Glück, liebe Rose!" Die Rose hatte das Blümchen aber gesehen und winkte ihm, näher heranzutreten. "Komm doch näher, liebe kleine Schwester," sagte die Rose gütig. Als nun das Blümchen näher herangetreten war, fragte die Rose: "Wie heißt du denn, liebe Kleine?" Da sprach es ganz leise: "Ich heiße Gänseblümchen."
"Aber, liebes Gänseblümchen," sagte die Rose freundlich, "du bist ja tausendmal schöner als alle andern Blumen. Du sollst jetzt nicht mehr Gänseblümchen, sondern Tausendschön heißen, weil du tausendmal schöner bist als alle." Darüber freute sich das gute Gänseblümchen so sehr, daß es über und über rot ward, und seit der Zeit haben alle Gänseblümchen—rote Ohrläppchen.
Ich weiß euch eine schöne Stadt,
Die lauter grüne Häuser hat.
Die Häuser, die sind groß und klein,
Und wer nur will, der darf hinein.
Die Straßen, die sind freilich krumm,
Sie führen hier und dort herum;
Doch stets gerade fort zu gehn,
Wer findet das wohl allzuschön!
Die Wege, die sind weit und breit
Mit bunten Blumen überstreut.
Das Pflaster, das ist sanft und weich,
Und seine Farb' den Häusern gleich.
Es wohnen viele Leute dort,
Und alle lieben ihren Ort.
Ganz deutlich sieht man dies daraus,
Daß jeder singt in seinem Haus.
Die Leute, die sind alle klein,
Denn es sind lauter Vögelein;
Und meine ganze grüne Stadt
Ist, was den Namen "Wald" sonst hat.
Weit weg von hier liegt Deutschland. Das ist ein schönes Stück Erde. Zu Deutschland gehören Preußen, Sachsen, Bayern, Baden und andere kleinere oder größere Staaten. Dort gibt es breite und tiefe Flüsse. Der Rhein, die Elbe und die Donau sind am bekanntesten. Daneben finden sich weite Ebenen, hohe Berge und dichte Wälder. Auch fehlt es nicht an Städten, in denen viele fleißige Leute leben. Berlin, München, Köln, Dresden, Frankfurt und manche andere sind bemerkenswert. Überall hat man prächtige Wohnhäuser, reiche Kirchen und herrliche öffentliche Gebäude. Alles wird sehr sauber und ordentlich gehalten. Von Hamburg und Bremen aus fahren mächtige Dampfschiffe und Segler nach allen Gegenden der Welt. Deutschland besitzt auch zahlreiche große Fabriken. Die Felder werden auf das Beste bestellt. Die deutsche Fahne ist schwarz, weiß und rot gestreift. An der Spitze des Reiches steht der deutsche Kaiser.
Sonnenschein,
Klar und rein,
Leuchtest in die Welt hinein;
Machst so hell, so warm und schön
In den Tälern, auf den Höh'n,
Die du alle überstrahlst
Und so hold und lieblich malst.
Sonnenschein,
Klar und rein,
Kehre auch ins Herz mir ein!
Wenn ich habe heitern Sinn,
Gut und froh und freundlich bin,
Dann ist's in dem Herzen mein
Wunderbarer Sonnenschein.
Vor hundert Jahren lebte in Preußen eine Königin, namens Luise. Sie war jung und schön, aber auch ebenso gut. Ein jeder liebte sie. Schon als kleines Kind hatte sie ihre Mutter verloren und wurde von ihrer Großmutter einfach erzogen. So war sie zu einer echten, deutschen Jungfrau herangewachsen, als der Kronprinz und spätere König von Preußen, Friedrich Wilhelm, sie kennen lernte. Bald darauf wurde sie seine Frau. Eine große Freude hatte sie an ihren Kindern, zwei Knaben, mit denen sie gerne lernte und spielte. Aber da gab es einen schrecklichen Krieg mit dem Kaiser von Frankreich, Napoleon. Die Feinde waren stärker als die Preußen und besiegten sie. Das tat dem Könige und der guten Königin sehr weh. Es kam so weit, daß sie ihr Schloß in Berlin verlassen mußten. Als die königliche Familie endlich wieder zurückkehren konnte, herrschte großer Jubel. Die Freude sollte aber nicht lange dauern, denn bald darauf wurde die edle Königin schwer krank und erholte sich nicht mehr. Als sie starb, war die Trauer allgemein. Noch heute ist die Königin Luise unvergessen.
"Willst du eine Prinzessin sein?" So fragte ein Knabe seine kleine Schwester. Die lachte ihn aus. Er sagte aber: "Ja, ich kann ein König und du kannst eine Prinzessin werden. Du bekommst ein schönes, neues Kleid und einen silbernen Thron. Ich bekomme einen roten Mantel, eine goldene Krone und einen goldenen Thron." Die Schwester glaubte das nicht und sagte: "Unsere Eltern sind ja so arm." Der Knabe erzählte dann: "Letzte Nacht im Traume kam ein kleiner Mann zu mir. Er fragte mich: 'Willst du ein König sein und in einem goldenen Schlosse wohnen?' Ich sagte, ja. Da sprach der Kleine: 'Komm in den Wald mit deiner Schwester, wenn der Mond scheint. Bei der großen Tanne warte auf mich. Aber später im goldenen Schlosse darf keine Träne auf den Boden fallen. Wenn eine Träne auf den Boden fällt, müßt ihr wieder heim.'" Jetzt glaubte die Schwester, was der Bruder sagte. Sie wollte gerne mit ihm gehen.
Am Abend schien der Mond sehr hell. Da gingen Bruder und Schwester hin zu der großen Tanne im Walde. Das Männlein war noch nicht da. Die Kinder setzten sich ins Moos, um zu warten. Sie waren müde und schliefen bald ein. Auf einmal wachten sie auf. Verwundert schauten sie um sich. Sie hatten schöne neue Kleider an. Der Bruder hatte einen roten Mantel und trug eine goldene Krone. Die Schwester hatte ein himmelblaues Kleid mit silbernen Sternen. Auf ihren Haaren war ein Kranz von Diamanten. Der kleine Mann kam und rief: "Willkommen, willkommen!" Dann kamen noch viele kleine Männlein mit einem goldenen und einem silbernen Wagen. Der Bruder mußte sich in den goldenen Wagen und die Schwester in den silbernen Wagen setzen. Die Männlein zogen die Wagen und fuhren durch den Wald an einen Berg. Im Berge war eine große, hohe Halle, und darin stand ein goldenes Schloß. Die kleinen Männer führten die Geschwister in dieses Schloß. Dann holten sie einen goldenen und einen silbernen Thron. Der goldene Thron war für den Bruder und der silberne für die Schwester. Die kleinen Männer stellten sich vor sie hin und riefen: "Hoch lebe unser König und auch die Prinzessin!" Dann gab es zu essen, lauter gute Sachen.
Nach dem Essen wollten die Kinder schlafen, denn es war schon spät. Im Schlafzimmer standen zwei Betten, ein goldenes und ein silbernes. Der König legte sich in das goldene, die Prinzessin in das silberne Bett. Da fragte der Bruder: "Schwesterchen, wie gefällt dir das goldene Schloß?" Sie antwortete: "Schön ist es schon hier; wenn nur der Vater und die Mutter auch hier wären!" Der Bruder sagte: "Das möchte ich auch haben. Was werden die Eltern jetzt machen?" Die Schwester meinte: "Sie werden uns suchen und weinen, weil sie uns nicht finden können." "Ja," war des Bruders Antwort, "sie werden denken, der Wolf habe uns gefressen." Das konnte die Schwester nicht anhören. Sie fing an zu weinen. Da warnte der Bruder: "Nicht weinen, sonst fallen deine Tränen auf den Boden!" "Nein," sagte die Schwester, "ich hab' sie mit der Hand aufgefangen. Aber ich muß weinen." Nun wurde auch der Bruder ganz traurig. Auch er weinte einige Tränen. Doch die Tränen fielen in das Bett. Die Schwester fragte: "Wie lange willst du noch König bleiben? Ich will nicht mehr Prinzessin sein. Ich will heim!" Der Bruder sagte: "Ja, zu Hause bei Vater und Mutter ist es doch schöner!" Da ließen sie beide große Tränen auf den Boden fallen. Es donnerte, und die Kinder fielen aus den Betten.
Nun kamen die kleinen Männer wieder. Sie waren sehr traurig und brachten die Geschwister zurück zu der großen Tanne im Wald. Da schliefen Bruder und Schwester bald ein. Als sie die Augen öffneten, war es heller Tag, aber der rote Mantel und das himmelblaue Kleid Waren verschwunden.
Da kamen auch schon die Eltern. Die freuten sich sehr, ihre Kinder wieder zu haben. Die Geschwister waren ebenso froh und versprachen, nie mehr fortgehen zu wollen.
Drei Kinder sollten nach der Schule gehen, aber sie sprachen: "Was kann das Lernen helfen! Laßt uns in den Wald laufen; da spielen die Tierlein, und wir wollen mit ihnen spielen."
Als die Kinder nun im Walde waren, luden sie zuerst die Käfer zu ihrem Spiele ein. Da summten die Käfer um die Köpfe der Kinder, und der eine sprach: "Ich habe keine Zeit, ich muß Holz sägen!" Der andere sprach: "Ich muß ein Loch graben!" Noch andere riefen: "Wir müssen uns ein Hüttlein aus Gras bauen!"
Nun kamen die Kinder an einen Ameisenhaufen. Hier lief eine ganze Menge von Ameisen aus und ein. Jedes dieser winzigen Tierchen hatte etwas in seine Wohnung zu tragen; und wo es dem einen zu schwer ward, sprach es zum andern: "Komm', hilf mir!"
Die Kinder schlichen vorbei und fanden Bienlein auf den Blumen. Die waren so eilig und mochten gar nicht zu den Kindern aufsehen. Sie sammelten Honig und Blütenstaub und flogen dann flink davon.
Da hörten die Kinder einen Vogel singen. Es war ein Fink. "Du kannst so schön singen," riefen sie, "und hast auch gewiß Lust, mit uns zu spielen." Allein der Fink sagte: "Pink, pink! Flink, flink! Ich muß Mücken fangen für meine Jungen und dann die Kleinen in den Schlaf singen. Auch muß ich mich fleißig im Singen üben, damit ich dem Wanderer schöne Lieder vorsingen kann." Und fort war er.
Auf einmal rasselte es im Busche. Die Kinder erschraken. Eins sagte: "Wenn nur ein Eichhörnchen käme und mit uns spielte!" Da lief auch schon eines aus dem Busche und kletterte auf einen Baum. Es kicherte und rief: "Ich suche Knospen und Nüsse!" Die Kinder baten: "Komm' und bring' uns auch schöne Nüsse!" Aber das Tierchen zischte und knurrte nur.
Bald darauf hörten sie ein Bächlein plätschern, und nun riefen sie fröhlich: "O, mit dem Bächlein mögen wir spielen! Kommt!"
Sie liefen geschwind hin. Aber das Bächlein sagte: "Seht doch die faulen Kinder! Ihr meint, ich hätte nichts zu tun. Ich muß Tag und Nacht arbeiten; ich netze Felder und Wiesen und tränke die durstigen Tiere. Wenn ich groß und stark bin, treibe ich Mühlen und trage Schiffe. Geht, geht, ihr faulen Kinder!"
Da wurde den Kindern gar ängstlich zu Mute. Sie gingen beschämt weg und blieben nie mehr aus der Schule.
Ich hatt' einen Kameraden,
Einen bessern find'st du nit.
Die Trommel schlug zum Streite,
Er ging an meiner Seite
In gleichem Schritt und Tritt.
Eine Kugel kam geflogen,
Gilt's mir oder gilt es dir?
Ihn hat es weggerissen,
Er liegt mir vor den Füßen,
Als wär's ein Stück von mir.
Will mir die Hand noch reichen,
Derweil ich eben lad'.
"Kann dir die Hand nicht geben,
Bleib' du im ew'gen Leben
Mein guter Kamerad!"
Eduard scherzte gerne und spielte auch gerne anderen einen Streich. Dabei kam es nicht immer darauf an, ob, was er sagte, auch der Wahrheit gemäß sei. Seine kleine Schwester Emilie, die noch nicht in die Schule ging, fragte gerne ihren Bruder, den sie für sehr weise hielt, über alles aus. Um sie schnell wieder los zu werden, sagte ihr Eduard oft Dinge, welche das Kind ganz falsch belehrten.
Eines Morgens, es war Eduards Geburtstag, sah Emilie auf dem Tische ihres Bruders ein Goldstück liegen, das er vom Vater zum Geschenk bekommen hatte. Sie fragte ihn: "Wo wächst das Gold?"—"Es wird gesät," antwortete Eduard, der sich wieder einmal auf Kosten seiner Schwester einen Spaß machen wollte, "dann wird ein Baum daraus, an dem wachsen die Goldstücke."
Als Eduard beschäftigt war, nahm Emilie leise das Goldstück vom Tische, eilte damit hinunter in den Garten, grub mit den Händen ein Loch in die weiche Erde, legte das Goldstück hinein und bedeckte es wieder mit Erde.
Eine Weile später sprang sie in Eduards Zimmer und rief: "Jetzt wirst du bald viele, viele Goldstücke haben! Ich habe deines im Garten gepflanzt."
Umsonst bekannte Eduard, er habe nur gescherzt, und umsonst suchte und grub er im Garten nach seinem Golde. Emilie wußte die Stelle nicht anzugeben, wo sie es eingegraben hatte.
Der Vater kam hinzu und sagte: "Es war unklug von Emilie, das Goldstück pflanzen zu wollen; du aber, Eduard, hast gefehlt, da du ihr, wenn auch im Scherze, eine Unwahrheit sagtest."
"Rasch, Ernst, kleide dich an, und komme sogleich herunter!"
"Was ist geschehen, Vater?"
"Geschwind, mein Junge! Der Ohio ist über Nacht gestiegen, das Dorf ist unter Wasser, und wir müssen unser Haus verlassen."
Mit einem Satz war Ernst aus dem Bette und fuhr wie der Blitz in seine Kleider. Dann lief er die Treppe hinunter in die Wohnstube. Hier stand das Wasser schon über zwei Fuß hoch. Auf einem Tische am Fenster war der Vater mit den Seinen. Die Mutter hielt die kleine Rosa an der Hand und trug das Jüngste, ein herziges Büblein, auf dem Arme. Sie hatte Tränen im Auge, der Vater aber sprach ihr Mut zu. Endlich kam ein Mann in einem Kahn, alle stiegen hinein, und durch dieselben Straßen, durch welche gestern noch Leute gegangen und Wagen gefahren waren, ruderten sie jetzt im Rachen dem Lande zu. Nachdem sie eine hochgelegene Stelle erreicht hatten, stiegen sie aus. Der Bootsmann ging mit dem Vater, der Mutter und den zwei Kleinen den Hügel hinauf nach einem Hause. Dort wollten sie ein Unterkommen suchen.
"Du kannst dableiben und auf meinen Kahn achtgeben," sagte der Bootsmann zu Ernst. Das war dem Knaben gerade recht. Jetzt erst schaute er sich um. Welch ein Anblick! Nach dem Flusse zu sah man nur Wasser. So weit das Auge reichte, schien alles ein großer See zu sein. Drüben am anderen Ufer, ganz in der Ferne guckten die Wipfel der Bäume und die Schornsteine aus der Flut empor. Ganz in der Nähe stand das Bretterhaus der alten Frau Werner, welche sehr arm war und von guten Leuten unterstützt wurde. Schon hatte das Wasser den zweiten Stock erreicht und stieg immer höher und höher.
Während Ernst das Häuschen der Frau Werner betrachtete, kam es ihm vor, als rufe jemand um Hilfe. Richtig, jetzt öffnete die alte Frau einen Laden und schaute heraus. Als sie ringsum nichts als Wasser erblickte, klagte und jammerte sie laut und rang die Hände.
Ernst sah alles und dachte nach, was er wohl tun könne. Ja, so ging es! Er wollte rasch den Hügel hinauflaufen und den Vater und den Bootsmann rufen. Aber siehe da! Die Flut trieb einen mächtigen Baumstamm gerade auf das Häuschen zu. Wenn er gegen dasselbe stieß, löste es sich gewiß los, schwamm in der Strömung fort, und dann wäre die alte Frau verloren.
Da sprang Ernst in den Kahn, stieß vom Ufer und steuerte nach dem Häuschen. Frau Werner stieg aus dem Fenster in den Rachen, und der Knabe ruderte, so rasch er konnte, an das Ufer zurück. Als er sich demselben näherte, kam sein Vater gerade wieder vom Hügel herab.
"Hurra, wir sind gerettet!" rief Ernst, als der Kahn ans Land stieß. Mit Tränen des Dankes im Auge drückte die alte Frau dem Knaben die Hände. Der Vater aber schloß ihn an seine Brust und sprach: "Das war wie ein braver Mann gehandelt, mein Sohn!"
Erfüllte Pflicht
macht froh Gesicht.
Die träge Hand sei noch so glatt und weiß,
Der fleißigen allein gebührt der Preis.
Trägt einer gar so hoch den Kopf,
So ist er wohl ein eitler Tropf.
Allen Leuten recht getan,
Ist eine Kunst, die niemand kann.
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