The Project Gutenberg EBook of Humoristische Erinnerungen aus meinem academischen Leben in Heidelberg und , by Theodor von Kobbe This eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and most other parts of the world at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.org. If you are not located in the United States, you'll have to check the laws of the country where you are located before using this ebook. Title: Humoristische Erinnerungen aus meinem academischen Leben in Heidelberg und Kiel in den Jahren 1817-1819 Zweites Bändchen Author: Theodor von Kobbe Release Date: September 16, 2016 [EBook #53061] Language: German Character set encoding: UTF-8 *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK HUMORISTISCHE ERINNERUNGEN *** Produced by the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net (This book was produced from scanned images of public domain material from the Google Books project.)
Anmerkungen zur Transkription
Der vorliegende Text wurde anhand der 1840 erschienenen Ausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Zeichensetzung und offensichtliche typographische Fehler wurden stillschweigend korrigiert, auch wurden vereinzelte grammatische Korrekturen vorgenommen, wenn ansonsten der Sinn des Textes verfälscht würde.
Ungewöhnliche sowie inkonsistente Schreibweisen wurden beibehalten, insbesondere wenn diese in der damaligen Zeit üblich waren oder im Text mehrfach auftreten. Fremdsprachliche Begriffe und Zitate wurden nicht korrigiert; einzelne unleserliche Buchstaben wurden aber sinngemäß ergänzt.
Einige Namen (z.B. Gurlitt und Mellish) erscheinen in voneinander abweichenden Schreibweisen, teilweise auch innerhalb desselben Abschnitts. Diese Varianten wurden gegenüber dem Original nicht verändert.
In der gedruckten Ausgabe werden einige Geldbeträge genannt, deren Abkürzungen hier nur annähernd wiedergegeben werden können. Im vorliegenden Text werden ‚Mark‘ und ‚Schilling‘ (in ‚Hamburger Courant‘) mit ‚m&‘ bzw. ‚ß‘ (als Ersatz für die dort verwendete ‚sz‘-Ligatur) abgekürzt.
Im Original wurde die Kapitelnummer neun irrtümlich doppelt verwendet; im vorliegenden Text wurde dagegen die fortlaufende Nummerierung richtiggestellt. Das Inhaltsverzeichnis wurde vom Bearbeiter eingefügt.
Der Ausschnitt ‚Aus dem Eunuchen des Terenz‘ (S. 86–93) wurde im Original seitenweise nebeneinander gedruckt; auf der linken Buchseite die lateinische, auf der rechten Seite die deutsche Fassung. In dieser Version wird zuerst die lateinische Fassung zusammengefasst, danach folgt die deutsche; die ursprüngliche Formatierung wurde hierbei strikt beibehalten. Die Seitennummern bleiben den entsprechenden Textstellen zugeordnet, so dass sie in diesem Abschnitt nicht fortlaufend erscheinen.
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von
Theodor von Kobbe.
Zweites Bändchen.
Bremen,
Verlag von Wilhelm Kaiser.
1840.
Druck von F. W. Buschmann.
Achtes Kapitel. | 1 |
Neuntes Kapitel. | 25 |
Zehntes Kapitel. | 77 |
Elftes Kapitel. | 124 |
Zwölftes Kapitel. | 142 |
Dreizehntes Kapitel. | 162 |
Vierzehntes und letztes Kapitel. | 187 |
Rückreise nach Kiel. Travestie der Ideale und des Lebens von Saß. Kobbe der zweite und in Bonn der achte. Mein Comitat. Mein Prozeß in Auerbach. Philipp Stieffel.
Umstände, welche zu beseitigen nicht in meiner Macht stand, hatten meine schon Michaelis 1818 beabsichtigte Abreise von Heidelberg bis Ende Januar 1819 verschoben. Jetzt sollte es Ernst werden.
Als geborner dänischer Unterthan war ich gezwungen wenigstens ein Jahr zur Erlernung der Landesrechte in Kiel zu studiren. Das Glückstädtsche Examen war sehr schwer, der erste Charakter, welchen das Obergericht in Schleswig nicht selten ertheilte, etwas Unerhörtes. — Aber schon um den 2 Zweiten mit rühmlicher Auszeichnung zu erlangen war es die höchste Zeit für mich, daß ich Heidelberg verließ.
Es mag mir hier vergönnt sein eine sehr launige Travestie von Schillers »die Ideale und das Leben« einzuschalten. Sie ist freilich in Kiel verfaßt, gehört aber der damaligen Burschenschaft durchaus an. Ihr Verfasser ist der nachher in Garding verstorbene vortreffliche Auscultant Saß, welcher in dem Herzogthum Schleswig geboren, vor dem Obergericht in der Stadt gleichen Namens auf dem Schloß Gottorf geprüft wurde. — Die Examenangst welche diese Arbeit geschaffen, war freilich unnöthig, da der sehr wohl in jure erfahrene Dichter bald darauf mit dem ersten Character belohnt wurde.
»Die Eminenz geht im Januar nach Holstein zurück,« erscholl es in Heidelberg und ich darf zu meiner Ehre und Freude versichern, daß diese meine bevorstehende Unsichtbarkeit eine allgemeine Betrübniß, selbst bei den Philistern erregte, welche vor meinem Abgang die Zahlung nicht unbedeutender Rechnungen erwarten durften, wovon mehrere, wegen meines Titels der gang und gäbe war, sehr häufig an Herrn »Eminenz« ausgestellt wurden.
Die ungeheuchelste Trauer bewiesen meine Cerevisianer, wovon jede Nacht einer während der letzten beiden Monate, wie ein Page, auf einem Strohsacke zu den Füßen meines Bettes ruhte. Ich ernannte einen Nachfolger, welcher an dem Vorabende meiner Abreise einen Schoppen Bier trank während ich dieselbe Quantität Wasser genoß. Dies 6 war mein Cerevistod, in demselben Augenblick wurden alle Krüge und Gläser mit schwarzem Flor umzogen und mein Nachfolger als Kobbe der zweite begrüßt. — Mein Reich hat sich indessen nicht fortgepflanzt, die Cerevisia verquirlte schon im nächsten Semester, da bei meinem Nachfolger, welcher sonst gewiß Geschick genug gehabt hätte, mein großes Werk fortzusetzen, der Reiz der Neuheit fehlte. — Glaubwürdigen Nachrichten zufolge soll jedoch, in der von dem sogenannten Grafen Loseburg (auch »Schnurri-Major, Carbonädel« genannt,) zu Bonn gegründeten Cerevisia, ein Kobbe der achte regiert haben, welcher später ein Bierapostat geworden und zur Vinia übergegangen sein soll. Es ist ein tiefbetrübender Gedanke, daß alle Dynastien, sogar die Freude und Lust verbreitenden humoristischen, vergänglich sind.
Bei allen diesen lächerlichen Proceduren war mir sehr ernst und so wehe zu Muthe als ob ich dem Tode ins Gesicht lächeln sollte. Der Abschied von Heidelberg fiel mir zu schwer, noch härter als mich die Ankunft daselbst beseeligt hatte. In den letzten acht Nächten träumte mir, daß ich in Kiel mein verlornes Badisches Paradies beweine. Beim fröhlichen Erwachen träufelten allemal noch die vom Traum betrogenen Zähren von meinen Wangen.
Die Burschenschaft hatte mir und dem Magdeburger N., (vulgo Dämmerfürst genannt,) die Ehre eines Comitats zugedacht, und war beschlossen beide zu verschmelzen.
Der Tag war angesetzt und konnte nicht mehr zurück gerufen werden, obgleich mein Mittriumphator und ich noch einige Tage zum Empfang der nöthigen Reisegelder uns in Heidelberg aufhalten mußte. — Die Abreise mußte aber simulirt werden.
Morgens 8 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung.
Voran ritten, angeführt vom Grafen K., zwölf Burschenschaftler, mit gezogenem Säbel, Barett mit Federn, verziert mit unsern Schärpen.
Dann kam G. der Kurhesse, der Besieger des Kurländers W., in einem Wagen, den die sechs Schimmel des Kutschers Hormuth zogen. Er war schwarz gekleidet und hielt den Schläger der Burschenschaft in der Scheide, vor sich.
Hierauf folgten wir, die Helden des Tages, in einem Wagen mit acht Pferden Extrapost. Die Postillione hatten ihre Uniform mit unsern Farben verbrämt. Wir, die bemoosten Häupter saßen, N. im grünen, ich im weißen Flaus, angethan mit alten Mützen, eine Pfeife mit großen Quästen in der Hand haltend, im Fond; vor uns in feinster 8 schwarzer Tracht, in escarpins, ihren Claquehut unter dem Arme, zwei Chapeaux d’honneurs auf dem Rücksitz. An jedem Kutschenschlag ritt noch ein Ehrengardist. — Hierauf folgten achtzehn vierspännige mit Studenten erfüllte Wagen.
Der Zug ging nach Weinheim, wo eine voraus bestellte sehr gute Tafel uns im Karlsberg erwartete. Wir beiden Gefeierten hatten nach Analogie der Kieler Generalführer und Generalbeschließer, bei den Feierlichkeiten ihrer Studenten, »Hochs« genannt, den Titel der Excellenz, den aber die getreuen Cerevisianer bei mir allezeit in Eminenz verwandelten.
Von dem Fest weiß ich wenig zu erzählen. Die Trennung war nur bildlich, nur ein Vorläufer des härteren Abschiedes der meiner nach wenigen Tagen harrte. Wir poculirten stark, ich wie immer, ohne berauscht zu werden. Meine Mitexcellenz war aber nicht so glücklich als ich. Schwer beladen stieg sie in den achtspännigen Wagen um sich auch nach Heidelberg zurückführen zu lassen.
Am andern Tage hatten wir, wie Simson seine Kraft nach seiner Schur, nach unserer Tour, unsere Burschenqualität verloren. Die Burschenschaft behandelte uns wie Philister.
Wir hatten uns burschikos überlebt.
Es war ein schöner Januarmorgen als ich Heidelberg verließ. Mir war zu Muthe als ob ich hingerichtet werden sollte. Weinende Cerevisianer umstanden mich, ich kam mir fast vor wie Maria Stuart und verschenkte auch mit einer fast gleichen Empfindung meine wenigen Habseligkeiten als Andenken. Ein Stammblättchen nach dem andern vertheilte, empfing und beschrieb ich, wobei ich, der ich keine Anthologie deutscher Dichter haben wollte, durchaus das Verlangen einer eignen Composition stellte, wodurch meine Stammbücher, das Heidelberger wie das Jenaische viel interessanter geworden sind als so viele andere, die nichts als eine poetische Blumenlese burschikoser Verse enthalten.
Ich hatte mit zwei Gebrüdern S...., bekannten Hornisten aus Stuttgardt, gemeinschaftlich eine Chaise gemiethet, welche die Herrn in der Nacht nach Darmstadt, mich aber zeitig am andern Morgen nach Frankfurt zu bringen versprochen hatte.
Die Hirschgasse schien ausgestorben, alle Kinder waren geflohen, nur der alte Ditteneyer drückte mir weinend die Hand. »Ach Ihro Eminenz, ach liebster Herr Baron!« rief er aus »wie vergänglich sind die Freuden der Welt!«
»Es kommt darauf an wer sie erlebt hat, Alter!« versetzte ich ihm herzlich, »die meinigen 10 sind unsterblich, ja sie werden noch um so schöner, je älter sie werden. Uebrigens sehen wir uns ohne allen Zweifel wieder.«
Ein Bursche berichtete, daß mein Kutscher mit meinen beiden Reisegefährten am Neckarthore hielten, und daß alle drei nicht länger warten wollten. »Der Kutscher scheint ä grober G’sell,« bemerkte der Berichterstatter.
»Adieu Dittenei, Adieu Türck, Adieu Hirschgasse.« Wir gingen zum Unglückskarrn. Noch einige Küsse und die Excecution war vollzogen.
Es ist nur der Unterschied zwischen Trennung im und vom Leben, daß in dem letzten Fall der Scheidende besser daran ist als die Zurückbleibenden.
»Stumm liegt die Welt wie das Grab!«
»O wäre ich nie geboren!« seufzte ich, das Gretchen im Faust parodirend, leise in mich hinein. Starr blickte ich vor mir hin. Ich glaubte den Abschied ohne Thränen überwunden zu haben, als ich um die Ecke bei Neuenheim gebogen und Heidelberg meinen Blicken entschwunden war. Aber nicht also, in Handschuhsheim traten noch einige mir wohlbekannte Preußen K... aus B. aus des dicken Vetters Kneipe.
Was sahen die beiden Kerle fidel aus! Unbegreiflich für mich!! »Adieu liebe Eminenz!« riefen 11 sie mir zu, und warfen mir dabei eine Kußhand in den Wagen, »Adieu! hast Du auch noch etwas in Heidelberg auszurichten, so sag es uns doch!«
Mein stolzer Muth ward durch dieses unvorhergesehene Begebniß total gebrochen. Ich wollte antworten, allein meine Stimme gerieth ins Stocken. Der Kutscher, welcher ohnehin auf den Ruf nicht angehalten hatte, setzte, Gott sei Dank! grade in diesem Augenblick seine Pferde in den stärksten Trab, den die Bergstraße überhaupt kennt.
Tief ergriffen warf ich mich in eine Ecke unserer holprigen Chaise und zum ersten Male stürzten die lang verhaltenen unburschikosen Abschiedsthränen aus meinen nur schwarze freudelose Zukunft sehenden Blicken.
Die philiströse Bemerkung des einen Hornisten: »Schämen Sie sich Ihrer Thränen nicht, Herr Baron, sie sind edel geweint,« hätten meine tiefe Rührung beinahe in Zorn verwandelt und meinen Zährenstrom versiegen gemacht. — Allein mein Schmerz war zu innerlich, ich schämte mich seiner nicht mehr.
Unsere Musici sprachen dann über das Glück des Studentenlebens und von den Freuden die sie hätten genießen können, wenn sie ihre Jugend nicht verblasen hätten. — Sie kamen mir vor wie jene 12 alte Jungfer, die in der Nacht ihres siebzigjährigen Geburtstags im Traum das Geschrei aller Kinder hörte, die sie hätte kriegen können. — Solche Tonkünstler sind wahre Kaspar Hauser, sie sind fast alle um ihre Jugend betrogen. Ich kenne einige, welche ihr Vater um Mitternacht geweckt hat, auf daß sie geigen sollten. — Aber der Geist ist wenigstens auch verkrüppelt und dient ihrer Schwester der Fertigkeit, à la Aschenbrödel, besonders nur zur Verhandlung der Billette an der Kasse.
Ich war von den vorhergehenden Abenden ermüdet, fast in einen leisen Schlummer gesunken, als ein heftiger Wortstreit des sächsischen Brüderpaares meine ganze Aufmerksamkeit erregte. Sie sagten sich gegenseitig den Kauf auf und erklärten, sich auf der nächsten Station trennen zu wollen.
»Wer hätte das denken sollen?« versetzte der Jüngere wehmüthig, »wir reisen nun schon dreißig Jahre zusammen, und haben uns noch niemals gestritten als wenn einer dem andern durchaus die Neige Wein aus der Flasche zukommen lassen wollte.«
»Ja wohl ist das schrecklich,« erwiederte der Aelteste. »Wir haben unter Einem Herzen gelegen, und dich, den damals Unmündigen, hat mir die sterbende Mutter noch insbesondere empfohlen. 13 Nichts destoweniger willst du heute den Superklugen gegen deinen, es mit dir so treu meinenden älteren Bruder spielen.«
»Ganz und gar nicht lieber Bruder,« versetzte dieser, »allein ich habe das klare Recht, und du weißt, selbst die Römer sagten schon, fiat justitia pereat mundus.«
»Laß den Herrn entscheiden!« rief der Ältere.
»Jawohl« entgegnete der Andere. — »Der ist grade der competente Richter dafür.«
Und mit Furiengewalt plaidirten jetzt beide vor mir ihren unbrüderlichen Rechtshandel.
Es handelte sich nur darüber ob das Wort »Philister« bei den Studenten einen schlechten Kerl oder einen Nicht-Burschen bedeute.
Mit Burschenstolz sah ich beide an, sprach dann die inhaltsschweren Worte
»Es bedeutet beides«
und versenkte mich dann wieder in das Kissen um wieder von meinen Cerevisianern zu träumen.
Das Brüderpaar schien aber mit meinem Spruch sehr unzufrieden. Da es aber nicht appelliren konnte, vertrug es sich bald wieder, nachdem es ausgemacht hatte das ominöse Wort »Philister« nie wieder gegen einander aussprechen. Das war eben recht philiströs.
In Weinheim begrüßte mich der Wirth zum Karlsberg mit einer Flasche Laubenheimer. Nicht meinem Comitat, bei welchem ich ihn gar nicht gesehen, sondern dem Umstande, daß ich im vorigen Jahre der erste Gast in seinem neu erbauten Hause gewesen, verdankte ich seine Freigebigkeit. Ich war nämlich der, welcher durch das Begehren einer Flasche Rheinwein den Grundstein zu seinem nachherigen bedeutenden Wohlstand gelegt, freilich auch der, welcher dem nachbarlichen rothen Ochsen den ersten Schlag versetzt hatte, dem, wenn ich nicht irre, bald dessen Garaus gefolgt ist.
Es war schon spät Abends als unser Fuhrmann wankend den Wagen bestieg, um seine Pferde über die Brücke zu lenken, welche hinter dem Dieffenbachschen Gasthause zu Auerbach liegt. — »Ach! der ist ja total betrunken«, seufzten die Musici. Sie hatten die Phrase indessen kaum vollendet, als unser Kutscher, erfüllt von einigen Schoppen neuen Weins, an ein Chausseehaus anprallend, die Deichsel am Wagen abgebrochen hatte. Wir wurden nur durch einen von ungefähr daliegenden Klotz vor dem Unglück bewahrt, von dem abschüssigen Flecke 15 worauf unser Wagen gedreht war, rückwärts in den Fluß zu gleiten.
Mit größter Bestimmtheit erklärte nunmehr das Brüderpaar nicht länger mit dem berauschten Phaeton fahren zu wollen. Ich trat ihnen bei, weil der Kutscher in seinem Rausch ein ganz abscheuliches Grobheitsgas auf unsern Vorwurf wegen seines ungeschickten Fahrens, entwickelt hatte. Wir entschlossen uns daher den Kutscher pro rata seines Weges, zu bezahlen und dann einen Wagen auf gemeinschaftliche Kosten zu nehmen. Mich brannte es am Meisten auf den Nagel, ich mußte am andern Morgen neun Uhr in Frankfurt am Main sein um mit der Post, die damals nur drei oder vier Male in der Woche nach Cassel abging, meinen Heimweg ohne Unterbrechungen fortsetzen zu können.
Aber der Kutscher erklärte rundweg, daß wir entweder, sobald sein Wagen wieder reparirt sey, mit ihm fahren müßten, oder daß ich den versprochenen Lohn bis Frankfurt, die Herren S. aber bis Darmstadt zahlen müßten.
Dieffenbach, bei dem wir einst mit zehn Studenten so viel Deidesheimer verzehrt hatten, schien an meine mögliche Rückkehr nach Hessen und bei Rhein zu zweifeln und nahm dummstreisterweise die Parthie des verwünschten Hauderers. Er negirte 16 sogar dessen sichtbare nicht partiale sondern totale Besoffenheit und hielt die Verwechselung einer Chaussee mit dem Chausseehause für durchaus menschlich.
»Ist denn hier keine Gerechtigkeit im Orte?« riefen die Gebrüder.
»Freilich,« sagte der Wirth, »eine Stunde von hier, am Fuße des mille bocus, wohnt der Schultheiß.«
Es wurde beschlossen zu dem Themispallast zu wandern.
Die Karavane brach auf — der Wirth mit der Leuchte voran, dann ich, mein etwas knappes Reisegeld im Schritt zählend und an das Verfehlen der Post in Frankfurt nicht ohne Sorgen denkend, im Übrigen durch den nächtlichen abentheuerlichen Proceß hoch erfreut; — sodann der Kutscher fluchend und schimpfend, und endlich zagend und klagend die Hornisten. —
Nachdem unser, vom Wirth für nüchtern erklärte Wagenlenker zwei und zwanzig Male gestolpert war, langten wir endlich vor der Wohnung der Gerechtigkeit an.
Das Haus war unscheinbar, man hätte es für einen grotesken Hundestall ansehen können. Und doch war es zu groß für seinen Bewohner, einen 17 kleinen verwachsenen Schneider, den Schultheiß des Dorfs, den körperlich unscheinendsten Richter, den meine Augen je wahrgenommen haben.
Nachdem er eine Menge persönlicher Fragen an uns gestellt, und von dem ihm der Stimme nach bekannten Wirthe die beruhigende Versicherung erhalten hatte, daß wir keinen Landfriedensbruch beabsichtigten, sondern aus Respect gegen den Landfrieden grade bei ihm unser Recht suchen wollten, öffnete er die Thür.
»Herr Baron! Sie sind ja Jurist« riefen meine Reisegefährten, »Sie haben gewiß recht viel in Ihrem Fach gelernt, Sie müssen unsere Sache führen.«
Ware es bei Tage gewesen, meine Lobredner würden bemerkt haben, daß ich bei diesen Lobsprüchen etwas erröthete.
Ich bemerkte indessen bescheiden und ablehnend, daß die Entscheidung der ganzen Sache die des gesunden Menschenverstandes sei, welche in unserm würdigen Schultheiß so recht zu Hause zu sein scheine.
Dieser Kunstgriff wurde von unserm Herrn Judex recht freundlich aufgenommen. Während ich mit dem Kutscher abwechselnd plaidirte, und dieser sich in seinem Partheivortrag mancher Kränkungen 18 und gar einiger Schimpfwörter bediente, ahndete unsern Minos, doch jede anstößige Stelle, welche er jedes Mal mit dem Ausruf: »Er ist ein grober Mensch« begleitete.
Endlich war zum Schluß verhandelt, das Erkenntniß sollte abgegeben werden.
Welche Erwartung erfüllte uns! So harrt ein Dichter auf den ersten Druckbogen seines Manuscripts, so ein neu ernannter Fähndrich auf seine erste Uniform, so ein lange unbeachtet gelassener Staatsdiener auf die Zulage am Neujahrstage, so ein Vater in der Stunde der Geburt, auf das ihn von Gott anvertraut werdende ihm so sprechend ähnlich sehende Pfand der ehelichen Liebe.
»Jetzt kommt der Bescheid!« rief der Schultheiß, plötzlich auf einen Stuhl steigend, von wo er uns, ein »mille bocus miniature«, Alle übersehen konnte. Er glich dem berühmten Moses wie der auf Horebs Höhen nach den göttlichen Gesetzen langte.
»In Sache« rief der Stuhlrichter »wird hiemit zu Recht erkannt, daß das Object der Sache eine kleine Thaler, nämlich ein Gulden dreißig Kreuzer übersteigt, ich mich hiemit zum Erkenntniß in diesem Rechtsstreite für incompetent erkläre 19 muß. Ich bin aber bereit da mir die Lichtstumpe ausgange sind, sobald es Tag geworde ist, oder falls sie noch so viel Licht in ihrer Laterne haben, sogleich ein Protocoll in dieser Rechtssache aufzunehme und dasselbe an das Großherzogliche Amt Zwingeberg zu schicke, von wo sie in drei Tage Bescheid habe könne.
»Von Rechts Wege.«
Dieses Erkenntniß, in welchem das Beste war, daß der Kostenpunct mit Stillschweigen übergangen war, versetzte meine Herren Reisegefährten in eine sprachlose Betrübniß.
Wir wandelten schweigend heim. — »Die Gerechtigkeit ist eine Göttin, sie wohnt nicht auf der Erde,« meinte der älteste Hornist.
»Sie ist vielleicht nur bei Tage bei der Hand. Sie schläft vielleicht gerne oder logirt des Nachts im Himmel,« erwiederte ich.
Der Kutscher schlenderte triumphirend neben uns her und pfiff jetzt gar ein Cerevislied vor mir. Das ärgerte mich mehr als Alles. Ich sann auf Rache. —
Als wir im Wirthshause angekommen waren, mußten wir Alles zahlen was unser grober Hauderer verlangte. Er hätte noch mehr mit Effect fordern können, wenigstens wenn das Mehr über einen 20 Gulden dreißig Kreuzer gewesen wäre. Wir hätten die Wallfarth zu unserm Richter Ziegenbart nicht wieder unternommen.
Es wurde schon Morgen, in dem ganzen Nest Auerbach war nur ein Ackerwagen aufzutreiben, und konnten wir diesen auch erst in einer Stunde bekommen. —
»Wissen Sie was?« rief der älteste meiner Begleiter. »Wir wollen aufs Neue mit dem Kutscher einen Vertrag schließen. Es ist nicht mehr gefährlich sich von ihm fahren zu lassen. Der Weg zum Schultheiß und der Proceß haben ihn entnüchtert.«
»Meinetwegen«, rief ich ärgerlich »wenn ich nur um acht Uhr morgen früh in Frankfurt bin. Aber das ist ja auch schon unmöglich geworden.«
»Kutscher! Landsmann! Schwager!« redete der älteste S. den siegreichen Beklagten an. — »Was wollt Ihr haben, wenn Ihr uns nach Darmstadt, den Herrn aber nach Frankfurt fahrt.«
Der Kutscher gab eine fürchterliche Antwort. Ich mag sie hier gar nicht hersetzen.
Aber ich thue es doch — Nein, ich thue es nicht. — Er sagte — er sagte, — es ist demüthigend — »Solch ein Lumpenpack wie Ihr seid, das nicht einmal begreift wie leicht man ein weißes 21 Chausseehaus mit einer weißen Chaussee verwechseln kann, fahre ich mein Lebtag nit wieder.« —
Das war zu viel. — Während der Ackerwagen bestellt wurde schrieb ich an die Heidelberger Burschenschaft und an die Cerevisia. In der tiefsten Zerknirschung beantragte ich den ewigen Verruf des Kutschers.
Endlich kam der Ackerwagen, auf dessen Stroh wir uns wie Beinbrüchige, wie Blessirte, vagabondenmäßig hinlegen mußten. Und doch ward diese horizontale Procedur ein Glück für uns, denn wir waren keine sechs Schritte gefahren, als ein Rad vom Wagen lief, und wir auf der Erde lagen.
Unsern ci devant Kutscher hörte ich höhnisch lachen.
Nach einer halben Stunde wurde unser Fahrzeug wieder flott. Ich langte aber erst in derselben Stunde zu Darmstadt an, als die von mir ersehnte Post von Frankfurt nach Cassel abging. —
In Frankfurt erhielt ich am folgenden Tage Briefe von meinen Heidelberger Freunden. Meine Leiden waren dort schon allgemein bekannt geworden, der Kutscher (nur ein Knecht Hormuths, den ein Verruf unverdienter Weise getroffen hätte) sollte von seinem Herrn entlassen werden.
Mir schrieb ein Freund:
»In der Hirschgasse hat man geträumt Du kämest wieder zurück, und obgleich ich nicht viel auf Träume gebe, so entzündete dies doch in mir die Errinnerung an Dich mit neuem Feuer. — Aber ach ich sehe Dich schwerlich wieder und werde nie solche Weinlese mitmachen, wie voriges Jahr mit Dir.«
Ich rescribirte meinen Cerevisianern:
Erst im Jahre 1832 erfüllte sich dieser Spruch. Ich sprach ihn mit bebender Stimme als wir Abends in der Diligence über die Neckarbrücke in das hell erleuchtete Heidelberg rollten, in Gegenwart einer ältlichen Dame aus Oesterreich, welche tief davon ergriffen schien. Ich hatte derselben schon früher von meinem Universitätsleben erzählt.
»Einer solchen Anhänglichkeit wie Sie gegen Ihre Freunde beweisen,« bemerkte sie, »hätte ich das Herz eines Mannes nicht fähig gehalten. — Erlauben Sie mir eine Frage:
»Sind Sie verheirathet?«
»Nein! gnädige Frau!«
»Schade! Solche ewige Jugend müßten Sie auf Kinder übertragen, sich auf diese Weise selbst verjüngen können!«
»Madam! ich nehme meine ewige Jugend mit« antwortete ich.
»Und wie heißt noch der academische Freund, von dem Sie so viel Vortreffliches erzählen, mit dem Sie in stetem Briefwechsel stehen, von dem Sie jeden Mittewochenmorgen einen so enggeschriebenen Brief in Oldenburg erhalten und dem Sie in jeder Woche auf gleiche Weise wieder antworten?«
»Dieser Freund, der größte Schatz meines Lebens, dem ich nicht würdig bin die Schuhriemen zu lösen, der mir in allem Guten ein ewiges Vorbild in Wissenschaft und Herzensgüte ist, den ich jetzt zum ersten Male und in Zukunft jährlich aufsuchen zu können hoffe, ist der hochgeachtete 24 Professor an der polytechnischen Schule, Philipp Stieffel in Carlsruhe.« —
»Sehen Sie das hübsche Eckhaus. Dort ist er geboren. Dort wohnt sein wackerer Vater.«
Die fernere Rückreise. Frankfurt am Main. Die Judengasse. Baron W — s. Gießen. Der räthselhafte Fremde. Die beiden französischen Berliner. Kassel.
Ich war in Frankfurt am Main angekommen und im Weidenhof abgestiegen. Mein guter Wille, mich mit den Sehenswürdigkeiten der Stadt bekannt zu machen, wurde mir, wie noch so oft später, durch die Judengasse vereitelt, wohin es mich magnetisch zog und aus der ich auch durch keine andere Reizung heraus zu bringen im Stande war. Ich betrachtete das Volk Gottes, das durch die christliche Liebe, in Schmutz und Elend zusammen gepfercht, 26 hier haus’t, grade wie jene Thiere, deren anatomische Beschaffenheit so viele Ähnlichkeit mit den Menschen haben, die sich doch so ungerne mit jenen vergleichen lassen. Von allen Geisteskräften ist den Israeliten nichts geblieben als die List, welche Kant »klein« aber »schön« nennt. Der gottesläugnerische Witz ist ihr Orakel. Sie betrachten sich wie freiwillige Parias, zufrieden mit dem Recht des Handels, den sie vor ihren schmutzigen dumpfen Wohnungen treiben. Aber so wie die Contrevolution in allen Dingen herrscht, so macht sich auch der unterdrückte kosmopolitische Jesus Christus um so lebhafter in ihrem Familienleben geltend. Es ist rührend zu sehen wie der Jude seine leidende Gattin und seine kranken Kinder verpflegt, wie er den blinden Vater ins Freie und wo möglich in die Sonne, welche in der Frankfurter Judengasse ihn kaum zu bescheinen vermag, trägt, und wie er keine Ausgabe scheut um diesen Hülfe und Dienstleistungen zu gewähren. — Wahrlich! ich habe in dieser Beziehung keinen solchen Glauben wie in Israel gefunden. —
Christliche Fürsten! Ihr habt größtentheils Leichdörner und Juden. Wißt Ihr wie Ihr Euch von beiden befreit? — Von den letzten wie von den ersten, durch Aufhebung des Druckes. Glaubt 27 nur es ist kein Plaisir für den Juden heutigen Tages es mehr zu sein, nur in dem Schmerz seiner Unterdrückung findet er noch Wollust Jude zu bleiben.
Es war 2 Uhr Mittags geworden, und man schellte zur table d’hôte! Ich hatte kaum Platz genommen, als ein alter Mann herein trat, welcher der Einladung eines Stammgastes, sich neben ihn zu setzen, mit den Worten sich entzog: »Sie kennen meine Liebhaberei, und wissen, warum ich gerne Bekanntschaften mit den Fremden mache;« und zu gleicher Zeit, während man uns die Suppe servirte, dem Kellner winkte, seinen Caffee auf einen unbesetzten Platz neben dem meinigen zu bringen. »Eine Secunde nur, lieber Baron!« rief der Stammgast, »wir lasen heute auf dem Casino ein Wort, das keiner wußte. Ich nahm mir gleich vor, Sie heute Mittag zu fragen. Was heißt »Falkiren«?«
»Falkiren heißt ein Pferd auf das Hintertheil setzen,« rief der dadurch auch mich belehrende Baron, und schritt dann auf den bezeichneten Platz zu, den er mit einem verbindlichen Gruß gegen mich einnahm.
Ich hatte mich inzwischen schon nach seiner Persönlichkeit bei dem Oberkellner erkundigt. »Es ist der Baron von W—s« hatte mir dieser entgegnet. Es ist der merkwürdigste Mensch, den ich in 28 meinem Leben gesehen habe; Alles weiß er, Alles kann er, aber Alles opfert er auch seiner einzigen merkwürdigen Liebhaberei; doch ich werde ihnen nicht vorgreifen, sie sollen ihn selbst kennen lernen, denn um seiner eben erwähnten Passion willen sucht et stets neue Bekanntschaften zu machen. Der alte Herr zählt übrigens schon vier und achtzig Jahre, obgleich er erst jeden Morgen um vier Uhr zu Bette geht, das er Mittags um zwei Uhr erst wieder verläßt.
Der Baron wurde indessen sogleich in ein Gespräch mit seinem Uebernachbar verwickelt, der von ihm »Legationsrath« angeredet wurde und wie es mir schien, in B—schen Diensten stand. Dieser sprach von einer Brochüre, welche an die Restauration der Staatswissenschaften des Herrn von Haller erinnert, und vertheidigte den Satz, daß es die ewige unabänderliche Ordnung Gottes sei, daß der Mächtige herrschen müsse, und immer herrschen werde. Nach dieser zerfleische auch der Geier das unschuldige Lamm, und die durch Gesetzkenntniß Mächtigeren thäten ganz recht daran, die gläubigen Schutzbedürftigen, als die Schwachen, zu plündern. Dann ging er zu den Verhältnissen des Staats zur Religion über, und wollte den erstern der letztern ganz untergeordnet wissen.
»Es kommt nur darauf an,« schmunzelte der Baron, »daß man das Verhältnis von Staat und Religion richtig faßt, oder vielmehr ihren Begriff in sich aufnimmt. Die Religion hat die absolute Wahrheit zu ihrem Inhalt, und damit fällt auch das Höchste der Gesinnung in sie. Als Anschauung, Gefühl, vorstellende Erkenntniß, die sich mit Gott, als der uneingeschränkten Grundlage und Ursache, an der Alles hängt, beschäftigt, enthält sie die Forderung, daß Alles auch in dieser Beziehung gefaßt werde, und in ihr seine Bestätigung, Rechtfertigung, Vergewisserung erlangt. Die Religion bildet so die Grundlage, der Staat ist göttlicher Wille, ein gegenwärtiger sich zur wirklichen Gestalt und Organisation einer Welt entfaltender Geist. Die Religion ist das Verhältnis zum Absoluten in Form des Gefühls, der Vorstellung des Glaubens, und in ihrem Alles enthaltenden Centrum ist Alles nur als ein Accidentelles auch Verschwindendes. Wird an dieser Form auch in Beziehung auf den Staat so fest gehalten, daß sie auch für ihn das wesentlich Bestimmende und Gültige sei, so ist er, als der zu bestehenden Unterschieden, Gesetzen und Einrichtungen entwickelte Organismus, dem Schwanken, der Unsicherheit und Zerrüttung, Preis gegeben.« —
Das Gespräch wurde hier unterbrochen, da der Legationsrath herausgerufen wurde. Er kehrte zwar sogleich zurück, verließ uns aber sofort, da er noch nachträglich von einem Gesandten zu einem Diner eingeladen war. »Leben Sie wohl, lieber Herr Baron«, sagte er, »ich hoffe, Sie werden morgen das belehrende Gespräch wieder fortsetzen.«
»Sehr gerne, geehrter Herr Legationsrath,« versetzte der Angeredete, »allein vergessen Sie nicht das Versprochene von Tufstein.«
»Ein Wort ein Mann,« lächelte der Legationsrath verschwindend.
Ich aber hatte, nicht ohne Erstaunen, den wenigen Worten des Mannes zugehorcht, so viele Hegelsche Weisheit, die sich fast wörtlich in der Geschichte der Philosophie des Rechts dieses großen Meisters wiederfindet, in dem Gespräche des fast vier und achtzigjährigen Greises zu hören.
Er nahm die Veranlassung mit mir ein Gespräch anzuknüpfen, dadurch, daß er mir erzählte, wie morgen eine vortreffliche Oper »der Wasserträger,« von Cherubini, gegeben werde. Schon damals urtheilte er über die Wichtigkeit eines guten Sujets zu einer Oper, gerade, wie sich in den Gesprächen Eckermanns mit Göthe aufgezeichnet findet, indem er behauptete, daß man eigentlich ein so 31 gutes Sujet haben müsse, daß man es ohne Musik, als ein bloßes Stück geben könne. »Die Componisten begreifen nicht die Wichtigkeit einer guten Unterlage,« endete er.
Nun verbreitete sich der Baron über mehrere Gegenstände der Wissenschaft und Kunst, und ich gestehe, nie ein reiferes, überzeugenderes Urtheil über alle Gegenstände, als von diesem Manne gehört zu haben. Es wurde mir, dem Zwanzigjährigen, wunderbar bei diesem Nestor zu Muthe. Mich tröstete zwar der Gedanke, noch lange hin zu haben, bis zu vier und achtzig Jahren, aber in meines Nichts durchbohrendem Gefühle, fand ich mich doch von diesem Weisen tief entmuthigt. Er fragte nun nach meinem Namen, wußte nun sogar, daß meine Familie zu den Osterstadern Junkern gehöre, welche man spottweise einmal »Bohnenjunker« genannt hat, machte mich aber für diesen Scherz gleichsam, noch begütigend, auch wieder darauf aufmerksam, daß es schon Kobbe’s unter Karl dem Großen in jener Gegend gegeben habe. Ich sperrte sehr den Studentenmund auf, so viel Notizen über meine Familie bei einem süddeutschen Baron zu finden, noch mehr aber erstaunte ich, als er mich auf das dänische Handwörterbuch von Müller verwies, und mir zu gleicher Zeit erklärte, daß ich eigentlich 32 meinen Geschlechtsnamen dem Seehunde verdanke. Wirklich ergiebt dies Lexicon, daß Kobbe — Seehund, besonders in Norwegen bedeutet. Nach Heibergs Vermuthung ist der deutsche Name Robbe nur aus dem falsch gehörten Kobbe entstanden.
Das Desert wurde aufgetragen.
»Apropos, lieber Herr von Kobbe,« begann der Baron, indem er mir eine Priese darbot, »Sie sind ja ein Holsteiner, und werden den Grafen M. v. N. kennen?« Ich bejahte dies. »Graf M. war der Vater meines Jugendfreundes, dessen ich im ersten Capitel dieser Schrift gedacht habe.« »Nun so müssen Sie mir Ihr Ehrenwort geben, eine Forderung an ihn auszurichten.« »Wenn es nicht auf Tod und Leben ist,« versetzte ich, mich an das unglückliche Duell meines Freundes in diesem Augenblick erinnernd. »Es ist eine Forderung«, entgegnete er, »aber keine Herausforderung. Der Graf M. hat mir eine Dose von Segeberger Kalk versprochen.«
»Von Segeberger Kalk?« fragte ich gedehnt.
»Ja, von Segeberger Kalk. Sie müssen wissen, lieber Herr von Kobbe, daß ich nur Eine Liebhaberei habe für die ich lebe. Es ist die, meine Sammlung von Schnupftabacksdosen zu vermehren. Ich habe deren jetzt gerade so viele, wie Tage im Jahre, 33 dreihundert fünf und sechszig. Ich nehme keine Doublette, ich habe nur Eine goldene, Eine silberne, Eine kupferne, aber ich suche sie von allen Stoffen auf der Welt zusammen zu bringen. Hier auf der selben Stelle, wo Sie sitzen, lernte ich den Grafen M. kennen. Wir erlebten hier einige frohe Mittage, namentlich erinnerten wir uns unseres gemeinschaftlichen Freundes, des Dichters Baggesen, von denen ich ihnen noch eine komische Geschichte zum Besten geben muß, die er mir selbst erzählt hat. Baggesen war bekanntlich ein großer Freund der Franzosen und Napoleons und eben deßhalb in Kopenhagen nicht gut angeschrieben. Eines Tages wurde er zum Polizeiminister K. gerufen, dem bekannten wüthenden Napoleonisten. »Sie müssen funfzig Thaler Strafe bezahlen, Baggesen,« redete ihn K. an, »weil Sie gegen die Polizeiverordnung geschrieben haben!« »Das wüßte ich nicht Ew. Excellenz«, erwiederte Baggesen, »ich bitte mir dies zu belegen.«
K. holt die Polizeiverordnung. B. läßt sich mit der Versicherung, daß erst am Morgen das Gesetz gelesen, gegen welches er peccirte, nicht abweisen. Endlich zeigt ihm dieser einen Artikel, welcher lautet:
»Es soll bei hoher Strafe verboten sein, etwas gegen unsere Alliirten zu schreiben; und Sie haben etwas gegen Napoleon geschrieben,« endete er.
»Das habe ich allerdings gethan, Ew. Excellenz! aber zu einer Zeit, als Sr. Majestät, unser Allergnädigster König, Napoleon den Krieg erklärt hatte, ich sehe keine strafbare Handlung darin.« »Baggesen!« erwiederte der Minister vorstellend, »so viel Logik werden Sie als Doctor und Poet doch wohl haben, daß wenn es bei großer Strafe verboten ist, etwas gegen unsere Alliirten zu schreiben, es doch bei kleiner Strafe verboten sein muß, etwas gegen die zu schreiben, welche nicht mit uns alliirt sind.«
»Das kann ich nicht zugeben«, versetzte der Dichter lächelnd, »das kommt mir eben so vor, als wenn man sagen wollte, weil es bei hoher Strafe verboten ist, die Frauen Anderer zu umarmen, so müßte es doch bei kleiner Strafe verboten sein, seiner eigenen Frau ein Gleiches zu erweisen.«
Das Gespräch tournirte sich jetzt wieder auf die Dosen, worauf der alte Herr nach allen Excursionen in das Gebiet der Kunst und der Wissenschaft wieder zurück kam. »Wie gefällt Ihnen meine Liebhaberei«, fragte er mich sogar einmal.
»Sie ist allerliebst und einzig in ihrer Art,« versetzte ich mit Schonung. »Ich fühle mich selbst trotz meiner Seehund-Qualität davon ergriffen.«
»Ja, es ist eine schöne Liebhaberei,« versetzte der Alte ernst, »aber Gott bewahre Sie davor, sie macht einen fast zum Narren. — Denken Sie sich,« fuhr er dann heiterer fort, »früher hatte ich die lächerliche Passion für Pfeifenköpfe und besonders meerschaumene zu sammeln. Da hat sich doch mein Geschmack jetzt um Vieles geläutert.«
Es war bei diesen Unterhaltungen Abend geworden, der Baron erhob sich, mich führte die Neugierde in das Theater. Aber ich ennuyirte mich dort, es wurde eins von den niederträchtigen Conversationsstücken gegeben, womit man jetzt alle Bühnen überfluthet. Ich danke Gott, daß ich unverheirathet bin und daß ich nicht roth zu werden brauche, wenn meine Frau im Theater gewesen ist und ein Stück wie den beliebten »Ball zu Ellerbrunn,« und in demselben den Commissionsrath Zucker, seine Frau Gemahlin und dergleichen Charactere bewundert hat. — O lieber Vater Schiller! wie hatten die Recensenten Recht, aber wie schrecklich versündigten sie sich auch, als sie nachwiesen, daß deine meisten Menschen nicht lebensfähig, zu göttlich oder wie man sie auch nennt »Ideale« 36 seien. — Das kann man freilich von den jetzigen nicht sagen, sie sind nur zu natürlich, aber auch von der Sorte, daß, wenn alle Personen einer solchen Komödie mit meiner Hündin Diana in das Wasser plumpsen, ich es vor Gott verantworten will, wenn ich meine Vierfüßlerin, welche durch ihre Treue das Thier besiegt hat, par preference vor diesen entgöttlichten Menschen, rette.
Eine Pause erregte in mir das Bedürfniß ein Glas Bier zu trinken. Wie jener ein herrliches Haus gebaut aber die Treppe vergessen hatte, so haben die genußsüchtigen Frankfurter zu spät an eine Buvette gedacht, die sich noch jetzt in Form einer kleinen Barbierstube im Theater befindet. Indessen wird auch hier kein Cerevis dispensirt, ich war daher in ein benachbartes Haus gegangen, wo der braune Stoff mir auf Begehren von einer freundlichen Wirthin gereicht wurde.
In dem Gastzimmer saßen Frankfurter Bürger zweiten Grades. Die Primasorte ist daran zu kennen, daß sie auf den Rath, der doch nicht rathlos ist, auf den Bundestag, der doch viel schweres Geld dort verzehrt, und auf die schlechten Zeiten schimpft, wobei sie für so viel Geld Wein vertrinkt, daß sie wenigstens in ihrem Rayon die schlechten zu guten Zeiten machen könnte. Es waren vielmehr nur 37 jüngere Professionisten dort zu sehen, alle fröhlichen Gemüths, die noch zu wenig Misantropen schienen um Unzufriedenheit zur Zufriedenheit zu gebrauchen, Ihre Reden gefielen mir, ich setzte mich zu ihnen — willig machten sie mir Platz.
Mein Bier folgte mir. Ich bemerkte, daß das Getränk der übrigen viel heller war als das meinige.
Ich forschte nach der Ursache.
»Wir trinke Eppelwein,« war die Antwort. —
»Apfelwein, Cider?« fragte ich halb verwundert nicht ohne eine Art Mitleiden.
»Ja mein Herr, ziehe Sie nur die Achsel, Sie habe gewiß nit ander als saure Eppelwein getrunke. Aber dieser Eppelwein ist gut. Nit wahr meine Herre, Eppelwein und Eppelwein das ist ein Unterschied?«
»Ei freilich,« versetzten die Angeredeten, »Eppelwein und Eppelwein das ist ein großer Unterschied.«
»Wenn ich meinetwege,« fuhr der Redner fort, »in Bockenheim zwei Schoppe Eppelwein getrunke habe, und mein bester Freund sagt mir ein ehnziges Wort, so fang ich gleich Krakeel an, trinke ich aber von dem Eppelwein hier, meinetwege acht Schoppe, so bleibe ich fromm wie ä Lamm. Aber das ist 38 natürlich denn, nit wahr meine Herre! Eppelwein und Eppelwein ist ä großer Unterschied?«
»Das glaub ich, Eppelwein und Eppelwein ist ä Unterschied«, erscholl von allen Seiten die Antwort.
»Ich bin ä Schreiner, ich muß zuweile nach Sachsenhause wo mir meine Kunde Eppelwein vorsetze. — Ja, wenn ich dann Maaß nehm, verpaß ich gar leicht ä Stück Möbel, wenn ich aber hier von diese Eppelwein getrunke habe, da mach i ä Sarg, bloß nach de oberflächlichste Anblick und ich steh’ dafür, daß der akkerat für de Todte paßt ohn ihn zu geniere. Aber nit wahr meine Herre! Eppelwein und Eppelwein ist ä großer Unterschied?«
»Ei freilich,« bemerkte der Chorus. »Eppelwein und Eppelwein ist ein großer Unterschied.«
»Ja meine Herre, ich schwätz viel über die Eppelwein aber er kost mich auch schon was,« fuhr der Tischler fort und heftete nicht ohne Melancholie sein Auge auf das eben gefüllte Glas. »Ich mein als nit die Sechsbäzner, die ich meinetwege dafür ausgegebe habe, er kost mich auch ä Onkel und ä Braut —«
»Das wäre viel für Rheinwein und Champagner,« bemerkte ich, »aber für Apfelwein nach meinem geringen Ermessen doch zu viel.«
»Sehe Sie,« sagte er, »ich hab in Zwingeberg ä Onkel gehabt wo kinderlos war und ä angenommene Tochter hatte. Des Mädel ist die Tochter von ä Baiersche Offizier, wo vor Hanau erschossen ist. Die Babett ist ä schönes und gutes Mädche und wir ware halb wege einig, und der Onkel wo mein Herr Vettrich (Gevatter) ist, war auch damit einverstande. Aber zum Unglück machte der Onkel selbst Eppelwein und de miserabelste verfluchteste wo ich in meinem ganze Lebe getrunke hab’. — Damit wollt er mich nun allezeit tractire und ich mußt ihn mir gefalle lasse, auch kam mir der Sauerampfer von Wein nit so spottschlecht vor wenn ich ihn auf das Wohl der mich so freundlich anblickende Babett hinunter stürzte.« »Gelt Joseph?« pflegte denn mein Onkel zu sage, »mein Eppelwein ist besser als dei Frankfurter?« — Ich nickte fast allemal ein »Ja« und erfreute dadurch meinen dicken rothnasigen Oheim nit wenig. — Da begab es sich, daß wir an eine Sonntag in das benachbarte Bad Auerbach fuhre. — Kenne Sie Auerbach und de Wirth Dieffenbach?«
»Ob ich sie kenne? auch die heilige Justiz, welche von einem bucklichten Schneider dort verwaltet wird,« entgegnete ich fast verstimmt.
»Es ist dort schön, gelte Sie?« fuhr der 40 Apfelwein-Panegyricker fort. — »An dem Tag wurde ich mit Babett ganz einig, wir gelobte uns Herz und Hand und beschlosse unsere Angelegenheit noch an demselbe Abend de Onkel vorzutrage. — Der mogt auch schon was davon gespürt habe, er sah so piffig aus, und war kreuzfidel dabei. — Leider kam er auf die Unglücksidee Champagnerwein komme zu lassen.
»Nun, der ist doch besser wie Apfelwein?« fragte ich.
»Ei Gott bewahre,« entgegnete der Redner. »Des ist der schlechteste Wein wo uf der ganze Welt wächst. Der macht Eine ganz verrückt. Wann ich Champagner getrunke hab da werd ich so wüthend wie ä wild Thier, wann mir Ener nur en einzig Widerwort giebt.«
»Geriethen Sie denn durch den Champagner gar in Streit mit Ihrer Babett,« forschte ich.
»Nein des nit«, erwiederte der Schreiner, »es ging auch im Anfang mit de Onkel gut. Ich hielt mich wunderbar. Als wir aber zu Haus angelangt ware, da reitet ihn der Teufel, er verlangt ich soll Eppelwein mit ihm trinke.«
»Nun und das wollten Sie nicht?«
»Ich konnte keine halbe Schoppe hinunter bringe. Der Onkel drang indessen darauf, daß ich 41 mit ihm von seine Necktar trinke sollte. Ich erklärte ihm jetzt, durch de verdammte Champagner zu ä Plaudertasch gemacht, daß unter Eppelwein und Eppelwein ä grosser Unterschied sei und daß ich den seinige für hundsschlecht erkläre müsse. — Das reizte aber de Alte fürchterlich. Geh, rief er aus, ich will als nichts mehr mit eine so ungerathene Bub zu thun habe. Du bist nit mehr mein Neveu, ich bin nit mehr dein Vettrich und Oheim. Wer nit mei Eppelwein trinkt, der ist nit von meine Blut. — Ich blieb die Antwort nit schuldig, der Wortwechsel führte zum Handgemenge. Der Onkel rief seine Leute, man drängte mich als zum Tempel hinaus warf und mir meine Effecte nach.«
»Komm mir nit wieder vor de Auge oder ich hetz meine Hund auf Dich,« ware die letzte Worte, die mein fast vor Wuth erstickende gewesene Erblasser mir oben aus Babetts Fenster zurief. — Ihr Schluchze das ich obe zu vernehme glaubte, fing an mich zu entnüchtern. Dieser Proceß wurde noch vollends durch eine Platzrege vollendet, der mir uf de Kopp fiel.«
»Als ich am andere Morge meine Rausch verschlafe, eilte ich von Verdruß, Beschämung und Liebe gespornt in das Haus meines Oheims. Aber wie erschrack ich als ich von der alte Haushälterin 42 die Schreckensnachricht erfuhr, daß mein alter Oheim Müller schon seit drei Stunde mit Babett nach Italien abgereis’t sei. — »Sei letztsch Wort ischt ä Fluch über Sie gewese,« endete der alte schwäbische Drache.«
»Was war zu thun? Weder meine Zeit noch mein Geschäft (ich wurde dermale stündlich in Frankfurt zurück erwartet) erlaubte mir, de Oheim nachzureise. Ihm oder der Babett zu schreibe war auch total unmöglich, da ich ihre Address nit wußte. Ich ergab mich in Geduld, deren schon mürb gewordener Fade freilich am Ende vollends riß, als ich in der Frankfurter Oberpostamtszeitung nach einem Vierteljahre vollends las, daß mein Bräutchen Babett Reichard in Mühlheim mit eine Badischen Parrer verheirathet sei. Sie hatte sogar die Unverschämtheit mir diese Schritt selbst anzuzeige, indem sie denselbe damit entschuldigte, ihr Pflegvatter, mein Oheim habe ihr keine Ruh gelassen, bis sie de Bewerber nähm und ihr mit völliger Enterbung gedroht, wenn sie den Eppelwein-Verächter, womit er mich gemeint, nähm. Sie fügte noch am Ende die beide leidige Sprichwörter hinzu: Man muß aus der Noth eine Tugend mache, ich aber sollte mich mit dem Satz tröste: Ein ander Städtche ein ander Mädche.«
»Es sind jetzt vier Jahre verflosse seit jener Zeit. Ich bin anderweitig verheirathet und hab Gott sei Dank ä gute Frau bekomme. Der Onkel hat sich längst todt gesoffe in seine saure Wein und die Babett ist ungesund und harthörig geworde. — Ich sag oft zu mir selbst wer weiß wozu de Geschichte gut war. Und ich kann behaupte, der Eppelwein hier schmeckt mir immer noch mal so gut, wenn ich dran denk, wie ich ihn vertheidigt und so viel um ihn verlore habe. Und darum bleib ich uf meine Satz. — Eppelwein und Eppelwein ist ä Unterschied.« —
Ich aber stimmte in die nunmehro auch erlernte Rundrede: »Eppelwein und Eppelwein ist ä großer Unterschied,« und verließ den großen Eppelweinmärtyrer, der wie so viele Menschen doch nur einer einzigen leichtsinnigen Minute sein ganzes Unglück, seinen Stoizismus und seine Begeisterung für den Eppelwein verdankte.
Während seiner Rede, die übrigens immer auf einen und denselben Satz hinauslief, war ich lebhaft an die Shakespearsche Rede des Antonius erinnert und an seinen Refrain:
Diese Geschichte wäre übrigens wohl aus meinem Gedächtnisse entschlüpft, wenn sie nicht eine Lieblingsanekdote meiner Freundin, der Haizinger, der ich sie einmal erzählte, geworden wäre. Diese empfängt mich fortwährend lachend mit den Worten: »Eppelwein und Eppelwein ist ä großer Unterschied.«
Es war schon ziemlich spät als wir am Abend in Gießen anlangten, wo, wie noch vor wenigen Jahren, außer einigen Scheiben gekochten Schinkens nur zwei wunderliche Dinge — ein ganz trüber Punsch und ein Salat zu haben, wovon der letzte zu reichlich mit Spinnradöl getränkt war. Indessen traf ich vor dem Posthause zwei ehemalige Heidelberger Corpssisten, nunmehro Gießener Burschen, mit denen beiden ich oft auf der Mensur gestanden hatte, die aber jetzt nach Walhalla-Comment mir um den Hals fielen und nicht abließen bis ich ihnen folgte und die Stunde, während die Post in Gießen anhielt, in ihrer Burschenkneipe mit ihnen verplauderte und verzechte. Das ganze Gespräch enthielt nichts als eine gegenseitige Anerkennung und wie sehr es zu beklagen sei, daß man nicht zu unserer Zeit schon eine freundschaftliche Verbindung zu Stande gebracht habe. — Solche weise Todtengespräche werden einst in dem ihnen angewiesenen Aufenthalt die jetzigen Diplomaten nach ihrem Tode über die Ori 45 entalische Frage führen. Es ist übrigens eine traurige Erfahrung, daß die meisten Menschen erst dann anfangen sich lieb zu haben, wenn Einer den Andern verloren hat. Und da hat man denn den scheinbar frommen Satz geschaffen: De mortuis et absentibus nil nisi bene. Dummes Zeug, lieb nur die Lebenden und Gegenwärtigen. Damit ist dem lieben Gott weit mehr gedient als mit eurer Kanonisirung nach dem Tode, die ohnehin nicht lange vorhält. Ich bin wenigstens auch in diesem Punct der Meinung des lieben Gottes. Habt mich lieb so lange ich lebe, nach meinem Tode redet was ihr nicht lassen könnt. Eure Seegnungen, eure Flüche verhallen hier doch auf Erden, der berühmteste Mensch wird doch am Ende durch die ewig retouchirenden Historiker entstellt, ein Fabelthier wie Tell, ein Wilddieb wie Shaekespear, und verwandelt sich am Ende gar wie eine Metamorphosen-Puppe und noch dazu geblendet, in viele kleine — wie der gute Homer.
Fast wäre ich von Gießen, anstatt nach Cassel, wieder nach Frankfurt zurück gefahren, und wäre sonach der Traum meines Heidelberger Universitätsfreundes in Erfüllung gegangen. Denn beide Posten waren zusammen getroffen, und ich hatte die Direction der Diligencen verwechselt. Allein zum Glück 46 hatte der Conducteur die Häupter seiner Lieben gezählt und mich wie ein Gesandter reclamirt.
»Es fehlt uns noch ein Herr,« rief unser Schutz- und Schirm-Meister, »der wird indessen erst eine Viertelstunde von hier einsteigen.« Und so geschah’s. — Nach Verlauf dieser Zeit hielt der Postwagen und unter heftigem Weinen lagen zwei Männer, in einer mehrere Minuten dauernden Abschiedsumarmung. Der eine war ein mit einem Mantel bekleideter Offizier, auf dessen Brust zuweilen einige Ordenskreuze hervorblitzten. Der Scheidende war hingegen angethan wie ein wohlhabender Gutsbesitzer. Er riß sich jetzt gewaltsam aus den Armen des Andern, der die seinigen mit den Worten ihm nachstreckte:
»Bruder! mein theurer Bruder! ich besuche Dich!« —
»Sei kein Thor,« sprach dieser kaum verständlich, »wir bleiben im Geiste ewig bei einander, aber bedenke Deine Stellung. Noch Eins, laß die Mutter ewig im Irrthum, ich schreibe Dir von Kassel.«
Und nach diesen Worten nahm er den ihm vom Conducteur angewiesenen Platz im Cabriolet ein, aus dem er den laut weinenden zur Salzsäule gewordenen Offizier so lange thränenlos und düster in den hellen Mondschein hinein nachstarrte, bis ein 47 mitleidiger Baum zwischen beide trat, und der Hals sich in sein Wagenhäuschen zurückzog.
Unsere Gesellschaft im Innern des Wagens bestand außer meiner Wenigkeit aus einem angeblich gewesenen holländischen Rittmeister von Z.. nebst seiner Frau, der von einer kärglichen Pension in Manheim lebte und einen kuriosen Nebenerwerb, einen Verkauf von überjährigen (in Saat geschossenen) Taschenbüchern betrieb, und aus zwei Brüdern Berliner Tabackshändlern, die ich Derene nennen will und die angeblich von den französischen Refügiés abstammten. Drollig war es, daß der eine ein doppeltes Kinn hatte, während dem andern diese Gesichtszierde fast ganz versagt war fast nur einen inkompleten Puppenkopf darbot. Solche Versehen kommen indessen in Familien nicht selten vor und müssen wol in den himmlischen Fleischhallen von der zu eilfertigen Natur begangen werden. Hatte ich doch in Uetersen zwei Schulkameraden »Gebrüder Richter,« von denen »Ferdinand,« der ältere, ein doppeltes Ohrläppchen am rechten Ohr hatte, wogegen dem nachfolgenden »Fritz« diese Ohrzierde an derselben Seite gänzlich fehlte. In der That macht mich der Gedanke oft traurig, denn ich habe einen sehr magern Bruder und bilde mir oft ein, daß ich, der corpulentere, dessen Fleisch durch irgend eine 48 Engel-Culpa an mich gebracht habe, von dem man freilich nicht sagen kann, daß unrechtes Gut nicht gedeiht.
Wir fünf erschöpften uns in Muthmaßungen über den wunderlichen Fremden und über dessen Verhältniß zu dem Offizier. Daß er ein Spitzbube sei, war unter den Vieren ausgemacht, nur wußte man nicht recht, in welche Klasse des Fieskoschen Mohrs man ihn bringen sollte. Demagogen waren damals noch nicht erfunden, die liebe Klatschsucht lag auf der Folter.
Mir hatte der Mann imponirt und ungemein gefallen, was sich auf jeder Station trotz seiner Einsilbigkeit sehr vermehrte. An die andern richtete er kein einziges Wort, ja er behandelte sie sichtlich hochmüthig, und vereitelte den vor Neugierde Platzenden durch seine knappen Antworten alle Fragen nach seiner Person. Die beiden Berliner waren ein vollkommner Typus des preußischen Residenzler ihres Schlages. Und so mag denn für meine humoristischen Leser hier eine ihrer Dialogen stehen, welche das Brüderpaar damals führte und bei meiner mündlichen Ueberlieferung jederzeit eine günstige Aufnahme gefunden hat. Möge Herr Brennglas mir vergeben, wenn ich hie und da das Berliner Idiom nicht ganz täuschend reproducire. —
Es war von Schriftstellern die Rede. Wahrscheinlich suchte der Holländer, der dieses Gespräch auf das Tapet gebracht hatte, durch den verminderten Septimaccord der Conversation schon damals seine Taschenkalender feil bieten zu können.
»Schriftsteller? Es giebt nur ehnen Ehnzigen;« fiel der ältere Derene ein, »dat is der Satiricker Friederich.«
»Kennen Sie den nich?« begleitete der Jüngste.
Ich nickte bejahend.
»Hören Sie Mal Menneken!« hub der Primogenitus gegen den Rittmeister an, »den müssen Sie lesen, det ist der erste deutsche Dichter, des sagt mein Kousin och, und der hat Recht. Wissen Sie wie ich zu dessen Lectüre gekommen bin?«
»Wie sollte ich das wissen?«
»Hören Sie Mal, durch den wunderlichsten Zufall von die Welt. Als wir noch unsern ersten Tabacksladen etablirt hatten, wohnten wir in de Friedrichsstraße Nummer 46.«
Der jüngere Defrene berichtigte die Nummer.
»Um die Zeit wohnte bei uns ein Kammergerichtsrath der sich »Meier« nennen that. — Ehnes Tages sagte er mich: Sagen Sie Mal Herr Defrene können Sie mich wol ehn Bette leihen uff 50 acht Dage, ein Freund will mir in die Zeit besuchen. Es war des uff en Mittewoch.«
»Ne Bruder! es war uff en Donnerstag,« verbesserte der minor natu.
»Des ist Parthie egal,« beschwichtigte der ältere. »ich sagte ihm gleich, dat wir in Compagnie handelten, mein Bruder und ich, weshalb wir uns noch bis auf die heutige Stunde »Gebrüder Defrene und Compagnie« schreiben, und det wir nie ohne einander thun thäten, des ick aber ett ihm zusagen wollte, wenn wir ehn Bette wirklich haben thun thäten.«
»Ick rief denn gleich unsere Haushälterin. Weßt Du wol Bruder, det war damals de rothe Lise?« —
»Ne«, fiel die Opposition ein, »de lahme Jette von Strahlau, de Geliebte von den russischen Jelehrten.«
»Parthie egal, meinetwegen, die Jette »Jette!« rief ick, haben wir noch Bettzeug genug für einen Freund des Herrn Raths, der ihm uff acht Tage hier zu besuchen, die Freundschaft thun will.«
»Jette, ick meehne Lise, sagte, das Ding soll vielleicht wol angehen duhn, und der Herr Kammerrath war mit diese ungewisse Aeußerung dicke zufrieden. Er war überhaupt ehn sehr zufriedener 51 Mensch und dabei unverheirathet wie wir Gebrüder Defrene.«
»Ich hatte mir nig weiter um den ganzen Besuch bekümmert, aber nach Verlauf von ehnigen Dagen wurden jrade die Räuber von Schiller jejeben. Haben Sie wol Mal Carl Moor von Devrient jesehen?«
»Bruder! Devrient spielt den Karl nicht, sondern den unrejellen Bruder, den Franz,« fiel der Ohrlappenberaubte ein.
»Des ist ejal,« replicirte der Senior, »jenug dat er den Moor so hinreißend spielte dat ick so in Gedanken war, dat ick gar nig druf weiter rejardirte als mich Lise rapportirte, dat der Fremde bei den Herrn Kammerjerichtsrath anjekommen sei und mich einen Zettel von die Polizei in die Hand drückte, wo der Name von den Fremden uff geschrieben stund. Ick las ihn jar nich Mal und steckte ihn mithin unjelesen in die linke Westentasche. Denn warum? immer sah ick den leibhaftigen Moor für mich, jrade in den Moment wo er beten will und nich kann. Hu! des ist jräsig!« —
Genug die Geschichte war uff en Donnerstag —
»Uffn Freitag,« verbesserte der jüngere Defrene.
»Nu, uffn Donnerstag,« beharrte der Erzähler.
»Wie du leugnest dat es uff’n Freitag war?«
besserte jener. »Sieh! ick beweise es Dich. War nicht der Cousin uff den nächstfolgenden Sonntag bei uns?«
»Ja Brüderken! Du hast Recht,« versetzte der Aeltere durch den unlogischsten aller Gründe völlig überzeugt, und ließ dieses Mal sein versöhnendes »Et is ejal,« sogar weg. »Also jut, des wer uff en Freitag. Am Sonntag war mein Cousin bei mich, det is der gebildeste junge Mann den ich in janz Berlin kenne. Er hat den Feldzug mitjemacht und wenn er oog eigentlich jar nich im Feuer jewesen ist, so kann er doch jede Schlacht haarkleen von A bis Z erzählen, und was noch mehr sagen will, er trägt die Medaille.
Nicht immer, wenn Trauer in die Familie ist, trägt er sie aus Zartjefühl nich, und oog nich aus Sympathie, wenn er Zahnweh hat,« ergänzte Defrene junior.
»Vielleicht auch nicht im Gewitter,« bemerkte ich, denn Eisen zieht an.
»Deß weeß ich jrade nicht, aber es ist ejal,« fuhr der Referent fort. »Also, jenug, an den Sonntagmorjen probirte unser Cousin unsre neusten selbstjemachten ächten Hannahcigarren. Da jing plötzlich die Thüre, und es trat ein Herr herein, der 53 sich als der Gast vom Herrn Kammergerichtsrath persönlich ankündigte.
»Ich bat ihn sehr artig, sich zu setzen, er aber bedauerte dieses enige nich zu können. Mein Bruder, der jrade dem Vetter eenen kleenen Schnapps präsentirt hatte, schenkte ooch dem Fremden so ein verjoldetes Glas aus unsern Flaschenkeller, den unsre Voreltern bei die Religionsverfolgung noch mit aus Frankreich mitgebracht haben, ein, und präsentirte es dem Fremden, welches dieser auch sofort annahm. —
»Erst dankte er, alleene, ich nöthigte ihn zwei Male, wor’uff er sich nicht länger excüsirte,« unterbrach der Correferent den Berichterstatter, welcher verweisend fortfuhr:
»Et is ejal, jenug er trunk ihm. Aber der Herr war erschrecklich bebberig, er zitterte so unjeheuer, dat er meinen Cousin, der immer sehr nach die Mode jekleidet war und dieses aparti vorzüglich am Sonntage, das halbe Glas von dem braunen Rum uff seine Tricotbeinkleider goß. Während dieser sich nun, in dem Nichtbewußtsein das Jedahne verübt zu haben, entfernte, und janz arglos aus die Stubenthüre sich mit Einem »ich empfehle mir Sie« gegangen war, hatte mein Cousin, der ein ville zu sehr gebildeter Mensch ist und ville zu ville 54 Lebensart hat um das Gastrecht zu beleidigen und den Fremden aufzubieten, — doch über die Beschmutzung seiner Lieblingsbeinkleider einen so rothen Kopp wie ein Puter bekommen, und fing jetzt an, entsetzlich unanjenehm zu werden. — Als sich der Sturm aber etwas verpuhst hatte, da fragte er, wie der Fremde denn ejentlich heißen thäte. — Lise wurde gerufen. Die sagte gleich, der Herr hätte ein Vornamen zum Zunamen, des wüßte sie wohl, aber jenauer könnte sie den Namen jar nicht beschreiben, — Ick hätte aber ja den Namen für die Polizei von ihr in Empfang jenommen und in die Westentasche gesteckt. Und denken Sie sich, ich hatte jrade diselbe Weste an, die ich den Freitag jetragen. Und des war ein Glück dat des alles so kommen mußte, denn, wäre das nich so gekommen, und es wären mich drei Tage verstrichen, so hätte ick Strafe uff der Polizei für einen unbeherbergten oder vielmehr unanjezeigten Fremden bezahlen müssen. — Aber kaum hatte ich den Zettel an meinen Cousin jezeigt, als dieser janz siegestrunken uffsprang und ausrief: »Friedrichs, Schriftsteller,« jeh heruff und bitt ihn, daß er herunter kommt, er kann mir dreist noch zehn Male begießen. Friedrichs der Satiriker, ist der größte wenn auch nicht gelebt habende, doch leben werdende 55 und man kann noch wol sagen lebende Dichter, den es giebt. Sie können denken, wie diese wirkliche und nicht jeschmückte Bejeisterung von unsern jebildeten Cousin uff meinen Bruder wirkte. Dieses Lob hören und gleich nach alle Lesebibliotheken schicken, war das Werk von Ehner Minute. Acht Dage waren mein Bruder und ich wie eingespunnt bei die satirischen Feldzüge. Kehner wollte heraus wenn ehner vor den Laden kam. Ehner las bestimmt im Friedrichs, und blieb uff den Fleck und wenn ooch vier Personen Cigarren haben wollten. Aber ick stimme mit meinem Vetter darin überein: »Friedrichs ist der größte leben werdende Dichter seiner Zeit.«
»Und wie wurde es mit der ferneren persönlichen Bekanntschaft des Dichters?« forschte ich.
Ick habe ihn nur ein einziges Mal wieder gesehen, erwiederte Defrene etwas kleinlaut, ick sagte ick wünschte mit ihm über seine satirischen Feldzüge zu reden. Es versetzte mich aber fast verdrießlich, daß er jrade keene Zeit nich habe mit mich darüber zu reden. Ick mußte mich den Mund wischen. »Sie wissen, wie die Jelehrten oft sind, so schrecklich aparti.«
»Allerdings,« endete ich, und dachte an den Studiosus Meyer und an den großen Jean Paul.
Diese Unterhaltungen dauerten im gleichen 56 Genre fort. Da ich keinen Spiritus familiaris im Wagen hatte, der die sich entwickelnde Lächerlichkeit mit mir theilen konnte, fingen sie an, mich sehr zu ermüden. Der Holländer und seine Frau brachten langweilige Geistergeschichten auf das Tapet, die mich gewiß in Morpheus Arme versenkt hätten, wenn ich überall im Stande wäre, die erste Nacht im Wagen schlafen zu können. Ich tauschte daher auf der nächsten Station mit dem Conducteur und nahm meinen Platz neben dem räthselhaften Fremden ein.
Derselbe zeigte sich jetzt freundlich und gesprächig. Indessen kamen wir nur auf ernste Materien. Wir redeten viel über Criminalgeschichten und namentlich über den Fonkschen Proceß, der damals viel besprochen wurde. Dann wandte sich die Conversation auf entfernte Länder und Welttheile. Allenthalben war mein Reisegefährte, der sich immer nur als Oeconom ankündigte, zu Hause, wenn sein Urtheil auch fortwährend eine düstere, wenn gleich nicht strenge Färbung trug. Seine ganze Person schien mir immer mehr ein Geheimniß, ich wurde an den Prinzen mit der eisernen Maske erinnert. Indessen konnte ich es zu meinem eignen Ärger nicht über mich gewinnen, an dem Schleier zu zerren, welcher die Herkunft des Mannes umgab, 57 dessen Dialekt indessen meinem scharfen Ohre gar bald die Überzeugung verschaffte, daß mein Mitpassagier ein Süddeutscher sei und wol aus der Wetterau stamme.
Es war Abend geworden als wir in Cassel anlangten. Die Gasthöfe waren, ich weiß nicht aus welchem Grunde, so überfüllt, daß uns nur drei Zimmer angewiesen werden konnten. Die beiden Brüder, Mann und Frau, als natürliche Alliirte nahmen je zwei eins in Beschlag, ich vereinigte mich mit dem räthselhaften Fremden das dritte zu beziehen. — Wir plauderten hier noch etwa eine halbe Stunde, endlich ersuchte mich mein Reisegefährte ihm etwas in das Stammbuch zu schreiben. Ich ergriff das Papier, und verglich, noch von Heidelberg her mit Abschiedsschmerz erfüllt, die Trennung mit einer Hinrichtung; — das Schicksal mit dem Henker. — Ich übergab das Geschriebene meinem Stubenkameraden der es ungelesen in seine Brieftasche steckte. In dem Augenblick klopfte es an die Thüre. Ein garstiger blatternarbiger Kerl trat in das Zimmer. Er begrüßte den Fremden fast wie ein Geselle seinen Meister, und fragte, ob dieser seiner Dienste bedürftig sei. »Ich werde mit Euch gehen,« versetzte der fremde Herr! »Harret meiner nur unten.« —
Ich merkte daß es ihn drängte, brach die Conversation ab und folgte dem Geklingel das jetzt zum Abendessen einlud. Er versprach, sobald als möglich, nachzukommen. »Wenn ich nicht irre,« setzte er hinzu, »daß er leider einen Collegen besuchen müsse.« — Mir war das wunderlich daß ein Oeconom in der Stadt einen Collegen aufsuchte. —
Als ich an die Table d’hôte kam fand ich meine Reisegefährten schon in der unverdrossensten Kinnbackenarbeit. Aber kaum gewahrten die mich als sie Gabel und Messer niederlegten und mir durchaus à tempo zuriefen. »Wissen Sie denn jetzt wer der Fremde ist der oben mit Ihnen auf einem Zimmer logirt?«
Ich machte ein verneinendes Zeichen.
»Der Kerl, welcher sich gegen einen Militair und Edelmann so hochmüthig beträgt, ist nichts anders als ein — — —«
Hiebei machten alle vier mit beiden Händen an ihrem eignen Kopfe eine höchst lächerliche Pantomime. Sie thaten nämlich als ob sie sich selbst das Haupt aus den Schultern sägen wollten, bis der Redner, welcher sein »ist ein« — noch mehrere Male lang gedehnt wiederholt hatte, mit einem
»Scharfrichter«
herausplatzte. Die Berliner meinten, so etwas hätten sie dem »juten Freund«, trotz seines Vornehmthuns schon längst anjesehen. Sie bedauerten dabei nichts mehr als daß ihr jeistreicher Cousin nicht zujegen sei, der hätte dem Scharfrichter mit seinem Witz, wie sie sich ausdrückten, mich nicht dich nichts seinen »hochmüthigen Kopp« wol herunterjehauen. Des wäre eine Scene für Jötter und für Menschen zum Todtlachen jewesen.
Die Frau von Z—, wußte aber schon viel mehr specialia, welche sie in der Küche gesammelt haben wollte. Nach der Köchin Erzählung sei der Scharfrichter ein hessischer Baron, der beim Hühnchenspielen als Kind dreien seiner Geschwister den Hals abgeschnitten habe, und deßhalb von den Eltern Jahrelang eingesperrt und nachher auf einer wüsten Insel ausgesetzt sei. Einer andern unverbürgten Nachricht der Nätherin zufolge wäre der Räthselhafte durch Lesung von Räuberromanen ein Anhänger von Rinaldini geworden, und hätte als solcher bereits experimentirt. Man hätte ihn in das Gefängniß geschleppt, woselbst die Familie, um die Schande zu unterdrücken, mit dem Kerkermeister durchgestochen und den Tod des Knaben vorgegeben, denselben aber dann unter fingirtem Namen in das Ausland geschickt habe.
Ich weiß zwar noch bis zur Stunde nicht wie die Sache zusammen hängt und wie das Dienstpersonal in der Küche zu den Notizen über unsern Mitpassagier gekommen war, indessen bin ich überhaupt nicht abgeneigt etwas Ähnliches, etwa einen leichtsinnigen Jugendstreich, der ihn früh von den Seinigen entfernt hat, anzunehmen. Die Schadenfreude aber, womit das Vierblatt über den Ruf des armen Scharfrichters herfiel, versetzte mich indessen in eine kalte Malice, und versicherte ich dem ehrabschneiderischem Quartett, daß das Ganze fingirt und selbst die Scene mit dem Offizier der Gießen eine Farce gewesen sei, um seine Reisegesellschaft ein wenig zu mystificiren. Sie möchten daher ihren malitiösen Glauben nicht zu sehr cultiviren, weil der Mecklenburgische Graf sie sonst am Ende gar zu sehr auslachen würde.
Der Ernst, womit ich diese Worte aussprach, erregte einige saure Gesichter. Gemeine Seelen empfinden es schmerzhaft wenn Menschen besser sind als ihr Ruf. — Sie haben nicht einmal die Gutmüthigkeit jenes Vechtaer Juden, welcher einen Spaßvogel fragte, ob er denn nicht heute zur Execution eines Raubmörders nach dem einige Meilen entfernten Städtchen Diepholz gefahren sei, und als er die Antwort erhalten, »der Befragte habe hinge 61 wollt, aber sei zu Hause geblieben weil er die Nachricht bekommen, daß der Verurtheilte begnadigt sei,« — ausrief: »Es freut mich für den Menschen — aber, au waih! geschrieen für meine Femilie. Die ist hin zu sehn das Koppabschlagen. Und der Wagen kostet mich, bei mein Gesundheit, Einen Thaler acht und vierzig Grote.«
Schon hatte ich beinahe den Scharfrichterverdacht von meinem Stubengenossen gewälzt, als die Frau von Z., eine Rheinländerin, ausrief:
»Ne dat Ding kann ich nicht globe, de Kechin und das Nähmädchen habe es mir Alles zu gewiß erzählt. Ich muß mit de Behde noch ehnmal darüber spreche.«
»Ick geh’ mit, mein Kind,« bemerkte der Mann und hinkte seiner eilenden Gattin nach, welche die Nachfolge ihres Nicht-Ehegebieters nicht eben zu erfreuen schien.
»Brüderken! gehst du noch mal mit in die Küche?« rief der jüngste Defrene.
»Et is alles egal,« sprach das bejahende Doppelkinn, »laßt uns Mal Ehnen satirischen Feldzug zu die Köchin und zu die Näherin unternehmen.«
Die Quadrupelallianz war bald verschwunden. Ich wartete noch eine Zeitlang auf meinen Contubernalen, und folgte, da dieser sich bei seinen Colle 62 gen zu verspäten schien, der Einladung eines inzwischen eingetretenen Officiers, heute die Maskerade im Schauspielhause mit anzusehen. Leider war hier Spiel, und zwar das verführerische Roulett. Zwei Male kam auch richtig meine Lieblingnummer, »vingt-sept, rouge impair et passe« heraus; das erste Mal aber, als ich in den Saal trat und nicht gesetzt hatte. — Zum Zweiten, als ich den vorhergehenden coup mein letztes Achtgutegroschenstück verloren hatte. Glücklicherweise hatte meine letzte Pistole durch ein Loch in der Tasche des Beinkleides, sich der allgemeinen Conseription entzogen. Sie war in den Stiefel geglitten und bewahrte mich vor gänzlicher Armuth. Ich dankte Gott, daß meine Post bis Hannover, wo ich einen hülfreichen Universitätsfreund hatte, bereits bezahlt war. — Unter den Zuschauern schien Einer viel Theilnahme an meinen guignon zu nehmen. Ich erinnerte mich seit Jahren dankbar. Er gab mir, glaube ich sogar, den wohlmeinenden Rath nicht mehr zu spielen, als ich kein Geld mehr hatte. Aber wie wunderte ich mich, als ich nach mehreren Jahren dieselbe Physiognomie in Nenndorf, als einem Bankier des Hazardsspiels angehörig, wiedersah. Dasselbe fromme Gesicht, dieselbe tremulante Stimme, dieselben dürren Spielfinger, womit er, wenn das Höllenfeuer 63 des Rouletts und des Pharaos ruhte, die Ohren der Kinder seiner Pointeurs, mit Liebkosungen und Segnungen bestrich, indem er wol im Stillen dachte: »O könnte ich Euch gleich so groß so erwachsen in die Höhe ziehn, damit Ihr dasjenige, was Eure Väter noch nicht an mich verloren, anbringen könntet.«
Bei dieser Erinnerung an Nenndorf fällt mir ein, daß dort die Hunde dem Sprichwort »Bankier ist ein Hund« viel Qualität verleihn. Die Hauptspieler sind namentlich Bürger aus Hannover, welche an den Spieltagen, Sonntags und Donnerstags, theils in Geschäftswagen, theils als chevaliers de demie fortune in Einspännern, oder auch wol um alles zu verspielen, gar zu Fuß, ihren Feldzug gegen die Blutsauger unternehmen. Die vornehmeren betrügen bei ihrer Ankunft gewöhnlich ihren Magen, indem sie sich gegenseitig versichern, daß sie noch keinen Appetit zum Essen haben, — und daß sie tüchtig zusammen soupiren wollen. »Die essen jetzt nicht, aus Ungeduld an die Bank zu kommen,« pflegte der alte Zahn dann wohl prophetisch zu flüstern, »geben Sie Acht, die lassen heute Abend die Zeche anschreiben und ich muß Ihnen noch Geld zur Rückreise überher geben.«
Die Honoratioren des mittleren Bürgerstandes 64 pflegen in einem benachbarten Wäldchen Toilette zu machen, wohin sie auch mit ihren leeren Börsen zu ihrer dort oft weidenden Rosinante zurückkehren, und dann bei dem Gesange des Spottvogels ihr mitgebrachtes Abendbrod verzehren. Der Platz hat davon den Namen »Schinkenhölzchen,« und ist der heilige Hain aller Hunde Nenndorfs geworden. Denn kaum hat ein Banquier die letzten drei Züge gethan, so stürzen die vor dem Conversationshause versammelten Vierfüßler nach dem Schinkenhölzchen, um dort mit den auf den Hund gekommene Hanoveranern als nachfolgende Gäste ein Abendessen zu halten, und die Knochen durch Vertilgung derselben, vor der Sünde, wieder ein Würfel zu werden, zu bewahren. — An einem Abend, wo mehrere Hanoveraner über Wunstorf nach Hause fuhren, kamen die betrogenen Hunde ganz traurig zurück und gewährten einen Anblick zum Todtlachen. Sie begegneten den Banquiers welche auch gesenkten Blickes gingen, da ein berauschter Student, der auf meinen väterlichen Rath mit einem treuen Freunde und seinem Gewinn in die Heimath gereis’t war, sie tüchtig ausgebeutelt hatte. Die Blicke der Menschen wie der Hunde schienen sich zu verstehen.
Arm am Beutel, krank am Herzen, kehrte ich in mein Hotel zurück. Ich fand meinen Scharfrich 65 ter im tiefen Schlaf und zwar derb schnarchend, ich hätte ihm gerne ein »dosine tandem carnifex!« zugerufen, ich fürchtete aber, daß er das Schnarchen dadurch nicht, wie August das zum Tode verurtheilen, nachlassen würde. Alles Geräusch, selbst der Versuch ihn zu wecken, war umsonst, ich legte mich bald rechts bald links, der Schlaf floh mich. — Voll Verzweiflung warf ich mich der Poesie in die Arme. Es entstand in dieser Nacht die erste Scene meines Burschenerdenwallen, welches später im Jahr 1826 bei Wilhelm Kaiser erschienen ist und wovon eine Scene als Probe des ganzen Büchlein, hier einen Platz finden mag. Sie ist übrigens eine erlebte.
Ich hatte kaum meine Scene beendet, als das Schnarchen meines Stubengenossen aufhörte. Er warf sich auf die linke Seite, und alsbald strömten einzelne Worte, wie »Vergebung liebe Mutter!« »Folge mir nicht lieber Bruder« an mein Ohr! —
Ich horchte, vernahm aber nichts mehr. Da hörte ich plötzlich einen gewaltigen Lärmen im Hause. Göttinger Studenten mit Pfeifen im Munde, an denen gewaltige Quäste herunter baumelten, traten in mein Zimmer.
»Wo ist die Heidelberger Eminenz?« erscholl es, »wo ist der Secretair der Heidelberger Burschenschaft, der Jenenser Deputirte? Er soll mit uns trinken und morgen den unpartheiischen Zeugen bei unsern Paukereien machen.«
Und als sie diese Worte gesprochen hatten, trat ein Theil vor mein Bett, der andere vor das meines Reisegefährten. — »Laßt den Kerl liegen, das ist ein Philister,« scholl es, endlich, während der Herr von Leben zum Tode, ganz unbeweglich da zu liegen und offenbar nur verstellt zu schlummern schien. —
Aber auf einmal rief wieder Einer der zum Bett des Fremden geschlichen war. »Kinder! der Kerl trägt ein Kainszeichen. Das ist gewiß der Scharfrichter, von dem der Kalenderverkäufer und die beiden Berliner erzählten.«
»Ja wahrhaftig ein Scharfrichter!« riefen Alle. »Und mit dem schläft ein Bursch in Einem Zimmer. Das ist gemein, solch einen Kerl müssen wir stürzen. Der soll sich mit uns pauken.«
Ich hatte Alles nicht ohne Verwunderung angehört, uns erstaunte dabei zu gleicher Zeit über die Frechheit der Studiosen welche in Kassel alle Zöpfe trugen. Jetzt aber war meine Geduld zu Ende. Ich sprang aus dem Bett und rief: »die Eminenz ist Euer Mann. Hätte ich nur einen Secundanten dann wollten wir die Sache gleich abmachen. Ihr seid alle dumme Jungen.« Meine Forderung machte eine wunderbare Wirkung, die Burschen wurden kleinlaut und zogen, einen Heidelberger Cottillon 74 singend, von dannen. Ich verschloß die Thüre und legte mich zur Ruhe.
Aber wunderbar! aus einem großen Wandschranke des geräumigen Zimmers traten plötzlich zwei meiner getreuesten Cerevisianer und versicherten mir auf Cerevis und Ehrenwort, daß sie mir nur voraus geeilt seien um ihre Eminenz würdig zu empfangen. Der eine, der Graf von Schoppentod, (es war bekanntlich in der Winterzeit) übergab mir eine künstliche Josmine und ein solches Weinblatt, so wie eine wirkliche Monatsrose, die von mir gestifteten Ordensembleme, der andere Graf von Bierfedel hatte einen ungemein großen Humpen Cerevis in den Händen, den er mir mit einigen feierlichen Worten kredenzte. —
Ich wollte den edlen Stoff an die Lippen setzen und Bescheid thun, aber, hilf Himmel! der Henkel des Kruges brach und Gefäß und Bier stürzten auf die Erde. — —
Mit einem, »O! über das herrliche Cerevis!« erwachte ich, und merkte nun nur zu deutlich, daß ein Traum mich gefoppt hatte; ich wäre übrigens in der That auch im Wachen ein solcher Bierheld und Raufer wie im Schlaf gewesen.
Unfern meines Bettes saß der Scharfrichter, welcher mich schweigend anblickte. - »Sie haben im 75 Traum viel mit ihren Kameraden zu thun gehabt,« bemerkte er jetzt. —
Besseres als wie du mit Mutter und Bruder, dachte ich mitleidig schweigend. —
Jetzt bemerkte ich erst, daß mein Stubenbursche mein Stammblatt in der Hand hatte. Diese schien ihm zu zittern.
»Haben Sie,« fragte er jetzt mit bebender Stimme, »diese Zeilen mit irgend einer Beziehung auf mich geschrieben?«
Ich erröthete urplötzlich, da mir die Worte und ihre Misdeutung sogleich gegenwärtig waren.
»Ich kann Ihnen versichern,« stammelte ich nach kurzer Pause, »daß ich meine Worte wohlwollend und nicht in der mindesten Absicht geschrieben habe, Ihnen weh zu thun.« —
»Ihre Gesichtsfarbe straft Sie Lügen mein Herr!« rief der Fremde sofort aus dem Zimmer eilend, auf meine Bitten, ruhig da zu bleiben und mich anzuhören, nicht ferner achtend. Ich eilte ihm vergebens nach, er floh wie ein Besessener davon, und war sofort aus dem Hause.
Mit dem Bewußtsein, in den Augen des Unglücklichen für einen erzmalitiösen Menschen zu gelten, schied ich mit schwerem Herzen und leichter Börse von Kassel. Noch jetzt verfolgt mich der 76 Gedanke und ich habe die Worte des König Philipps begreifen gelernt, wenn er von Posa sagt:
Aber vielleicht ist mein Reisecompagnon noch nicht todt. Wahrlich! ich möchte an alle Scharfrichter Norddeutschlands ein Exemplar dieses Buches senden. Vielleicht versöhnte ich den armen gekränkten Hinko noch. Wenn’s noch ein scharfer[1] Richter gewesen wäre! Ich kenne wohl einige, welche einiger exemplarischen Fingerzeige bedürfen, allein die sollen klein von mir denken wenn ich sterbe, dafür bin ich ihnen gut oder schlecht. Meine Memoiren, welch nach meinem Tode heraus kommen sollen, sind kein Phantom, aber wenn auch kein Böttichersohn Klatschereien, denn sie sollen nichts als die verité enthalten, werden sie doch sehr im Contrast zu den Inschriften auf den Leichensteinen stehen, die manchem Lieblosen auf das Grab gesetzt werden.
Meine Schuljahre. Etwas über Uetersen. Reise nach Hamburg. Eine Fête bei Rainville. Professor Zimmermann. Uebersetzung aus dem Terenz. Veit Weber, Prätzel. Travestie der Glocke. Gurlitt. Hipp. Strauch Radspiller. Travestie der Kapuzinerrede. Köstlin. Cornelius Müller. Die Eiermahnspost. Die Kommersche des Primaner. Der Dichterclubb in Altona. Wit von Dörring. Wolff. Palt. Bahrdt.
Der geneigte Leser wird mir verzeihen, wenn ich hier einen Anachronismus begehe und meinen humoristischen Wanderjahren einen Theil meiner Lehrjahre voran sende. Es sind die in Hamburg verlebten, sie werden auch für Norddeutschland wenigstens 78 ein gleiches Interesse wie meine academischen Reminiscenzen haben.
Es war um Michaelis 1814, als mein Oheim und Vormund mich aus der Schule des Rectors Andresen in Uetersen nach Hamburg schickte, um dort auf dem Joanneo meine letzte Vorbereitung zur Universität zu empfangen. Seit 1804 war ich in diesem Klosterflecken und nach dem im August 1809 erfolgten Tode meines Großvaters, des dortigen Prälaten Grafen Ranzau, (vulgo Peter Graf genannt,) in der Pension des gedachten Andresen erzogen. Ich kann nicht sagen, daß ich diesem Manne viel verdanke, denn das thue ich leider! aus sehr traurigen Gründen, Keinem, aber das wenige Gute, was sich in meinem glücklichen Naturell ausgebildet hat, — meinen Haß gegen das Gemeine, meine Schamröthe über das Unsittliche und meine Unbeugsamkeit und Verachtung gegen Vornehmere, die nur voll von jener Rechtschaffenheit, welche sie nichts kostet, und die sie stets auf der gleißnerischen Zunge tragen, nur zu gerne den Stab über Menschen brechen, in denen ihnen eine höhere Natur ahndet — und das Motto meiner humoristischen Blätter: »nil bonum nisi quod honestum« — ich verdanke dies alles ihm dem liebenswürdigen poetischen und wohl unterrichteten Manne, dem 79 schwerlich ein Lehrer in ganz Dänemark verglichen werden kann, aus dessen Schule so viele ausgezeichnete Männer hervorgegangen sind, und der nach sechs und dreißigjähriger Dienstzeit im großen Dänischen Staatskalender, einem Veilchen im fürstlichen Blumengarten vergleichbar, als unscheinbarer »Rector« verzeichnet ist. Indessen werden ihn die Augen seines neuen geistvollen Königs schon finden, und dieser die Anerkennung, welche ich hiermit im Namen von hunderten seiner Schüler ausspreche, auf irgend eine Weise »königlich« bestätigen.
An Uetersen knüpfe ich meine liebsten Erinnerungen. Wenn ich recht diät lebe, recht vielen Leuten geholfen habe, besonders wenn ich Tags vorher recht tüchtig für sie herumgelaufen bin, worin überhaupt meine meiste Bewegung besteht, dann träumt mir von Uetersen (»ich lof nich für mir selber, ich lof für Andere«, sagt jener Jude). Komme ich einmal dorthin, was freilich selten geschieht, so erheben sich die Erinnerungen auf meinen Blutwellen, daß mein armes Gehirn Mühe genug hat, beide zu beherbergen; ich kenne dort jeden Stein, jede Baumwurzel wieder, und beklage es nur, daß alle Häuser kleiner geworden sind, wie die aus Rüben gezogenen Gespielinnen der durchlauchtigsten Prinzessin Rübezahl, oder daß gar neue Häuser ohne Ge 80 schichte die alten Giebel, aus denen jedem tausend und eine Erzählungen zu schnitzen wären, verdrängt haben. Ja, ich besitze eine solche gute Physiognomik, daß ich alle die verschiedenen Geschlechter Uetersen’s mit ihren Abarten, durch der Hölle teuflischen Hohn, recognoscire, so daß ich nach vier und zwanzig Jahren einen Jungen, der wie ein Contrebandier oder wie eine geschwärzte Rübe mit unfreiwillig schmutzigem Gesicht in einer Gosse lag, nach seiner Gentilität, durch den Schmutz durch, errieth, und auch auf die plattdeutsche Anfrage:
Hehtst Du nich Jan Matzen?
die Antwort
»Ne, Klas Matzen.«
erhielt.
Ich erkenne es übrigens für ein Glück, meine Jugend in einem andern Staate, als meine späteren Jahre, verlebt zu haben. Sie ist mir reiner, heiliger und frischer geblieben. Am Ende geht es den Menschen wie den Kartoffeln: sie gedeihen besser, wenn sie verpflanzt werden. Wenn man erst in der Fremde heimisch werden muß, so lernt man den Herrn Jesum Christum auch besser erkennen. —
Ich kann bei diesem Simultaneo, Gott sei Dank! eine humoristische Iliade und Aeneide singen, und das ist viel werth.
Ich reis’te also von Uetersen ab. Mein Abschied wurde mir damals sowol durch die Aussicht, nach Hamburg zu kommen, als durch den Umstand erleichtert, daß Uetersen damals von einer gräßlichen Seuche, der Ruhr, heimgesucht wurde, welche in dem etwa aus 400 Feuerstellen bestehenden Orte damals kaum fünf Häuser, aber auch das unsrige, verschont und fast aus allen ein Opfer gefordert hatte. Kurios ist es, daß überhaupt Holstein, wenigstens in meiner Jugendzeit, viel heftiger, als irgend ein Land, von ihr bedroht wurde, die dermalen viel heftiger wüthete, als es irgendwo die menschenmörderische Cholera ihr nachgethan hat. Gewöhnlich begann sie im Dorf Kaltenkirchen, welches, wenn ich nicht irre, an der Poststraße von Hamburg nach Kiel liegt, und dann sofort gesperrt wurde. Ich habe oft über die Gründe dieses endemischen Uebels nachgedacht, vielleicht sind die frischen Seewinde daran Schuld, welche namentlich des Abends die in der Sommerzeit erhitzte Luft urplötzlich kühlen. Euch, lieben Landsleuten! aber will ich vorläufig ein sicheres Präservativ gegen diese Krankheit anvertrauen. Es ist dieses ein solches, welches ich kürzlich von dem Nichtdoctor, aber geschickten Arzt Prießnitz erlernt und sehr bewährt gefunden habe. Tragt in dieser Zeit ein nasses, ausgerungenes Tuch 82 um den Unterleib, und stärkt Eure Haut dadurch, daß Ihr, sobald Ihr aus dem Bette kommt, Euch eine halbe Minute in eiskaltem Wasser badet. Probatum est. Merke Du Dir es vor allen Dingen, jedesmaliger pro tempore Pastor in Kaltenkirchen!
Mein Weg führte mich über Dummerjan, Jappob, Luhrop[2] nach Hamburg. Der Wirth im ersten Wirthshause, welcher mich von Jugend auf kannte, ertheilte mir seinen väterlichen Segen. Ich habe aber doch nicht den Segen der Dummheit in der Welt gespürt, ohne klug geworden zu sein, und verzweifle daher an der Görgentheorie Gellert’s.
Als ich in Altona ankam, wurde ich zu dem prächtigsten Feste geladen, das meine Augen je gesehen. Es wurde dies in Altona und zwar in dem Rainvill’schen Hotel lediglich auf Kosten des Königs von Dänemark zu Ehren der ganzen russischen Generalität und vorzüglich dem General Grafen von Benningsen gegeben, und soll nach Einigen 83 12,000, nach Andern 20,000 Thaler gekostet haben. Der ganze, nur für die Feierlichkeit erbaute Salon war auf das Geschmackvollste drappirt, und wurde während der Abendtafel, wie durch einen Zauberschlag, gänzlich umgewandelt, indem man alle Seitenwände mit Bildern schmückte, welche die elegantesten russischen Bauten und Gegenden darstellten. Ich vergesse das Erstaunen und die Ausrufungen nicht, welche den guten Skys und Skas und Witschs entströmten, als sie sich so in die heimathlichen Gegenden versetzt sahen.
Die Plätze waren genau berechnet; es hatten sich indessen doch, vielleicht durch die Russische Galanterie bewogen, einige Personen mehr als die Geladenen, namentlich einige unbekannte Damen, eingefunden. Das gab einige überzählige Gäste, von denen ich mich noch eines berufenen, aber vom Schicksal nicht auserwählten Barons erinnere, der sich mit einiger Mühe einige junge Erbsen nebst jungem Lachs eigenfüßig geholt hatte, und dem nun Messer und Gabel fehlten um diese eroberten Dinge auch eigenhändig zu verzehren. Das kleine unansehnliche Männchen, das man spottweise wol »Bandjude« nannte, hatte das Unglück einen sehr massiven Russen mit einem unangestellten Paar Messer und Gabeln zu begegnen, der ihm ein »Passluschai, mai 84 Druk« (Höre, mein Freund!) zurief und in der Meinung, einen Aufwärter in escarpins vor sich zu haben, seinem Mitgast mit martialischer hungriger Miene das mühsam Erworbene rein aufaß, ohne daß dieser, theils aus Furcht, theils aus Galanterie, sich dem Kaukasier widersetzte. —
Am andern Tage ging es zum Professor Zimmermann in die Pension, der damals in der Königsstraße dicht an dem Hause wohnte, worin einst Klopstock gedichtet, und das damals von dessen Wittwe bewohnt wurde.
Zimmermann, der Sohn eines Leinwebers aus Dornburg im Weimarischen, ein Schüler Bötticher’s, war bei Weitem der geistvollste Lehrer an der Hamburger Schule. Leider fehlte es ihm an Ausdauer; er hatte die Prolegomena zu jedem Schriftsteller, sowie die ersten Kapitel auf eine bewunderungswürdige Weise bearbeitet; hätte er sie so durchgeführt, so wäre die statarische Weise seines Lehrens vielleicht von keinem Philologen übertroffen worden. Allein sowol die Politik (er redigirte eine Zeitlang nach dem Hamburger Befreiungskriege, an dem er selbst thätigen Antheil genommen, den Hamburger Deutschen Beobachter), wie seine Liebe für Kunst und Theater, welche ihn zum Autor der bekannten dramaturgischen Blätter machten, zogen ihn leider zu sehr von seinem Berufe ab. Seine philologischen Arbeiten wurden ihm auch im Jahr 1815 oder 1816 durch einen wol nicht ganz ungegründeten Vorwurf verleidet, daß er bei einer Beurtheilung von Horaz Satiren, herausgegeben von Heindorf, sich eines Plagiats aus dem Heft des berühmten Philologen Heinrichs in Kiel habe zu Schulden kommen lassen. Er wurde dadurch hart gestraft, dem Heindorf die 85 letzten Stunden durch eine nicht ungerechte, aber zu scharfe Kritik verbittert zu haben. Dazu kam sein Talent, so wie sein Hang zur Geselligkeit, welche seinen Körper zu sehr zerrütteten, so daß er zuletzt in Geistesabwesenheit verschied, während seine Frau, auch schwachsinnig, in demselben Krankenhause saß. — Uebrigens war Zimmermann eine edle Natur, voll Geist und klassischer Gelehrsamkeit, nur klebte ihm von seiner Jugend eine gewisse Derbheit an die er nicht leicht verleugnen konnte, und die ihm, da er sehr leicht Parthei nahm, mit manchen Leuten verfeindete. In dem berühmten Sängerinnen-Streit zwischen der Becker und der Gley nahm er entschieden Parthei für die erstere, und war in seinen Theaterrecensionen oft zu streng und beißend. Zu jener Zeit kam es auf, bürgerliche Jungfrauen »Fräulein« zu nennen, welches Zimmermann allezeit dahin benutzte, daß er den unbescholtenen Damen des Theaters dieses epitheton, den einigermaßen anrüchigen aber nur den Titel »Demoiselle« ertheilte, wie er denn auch mit gleicher Berücksichtigung die verheiratheten Schauspielerinnen bald »Frau«, bald »Madame« nannte.
Vortrefflich war seine Erklärung und Uebersetzung des Theocrits und des Terenz, worin er die ewigen Thorheiten der Menschen auf eine unvergleichliche Weise in die Sprache des Tages übertrug. Wenn er das Fest des Adonis in das Plattdeutsche übersetzen wollte, so gelang ihm dies zwar nicht ganz, aus Unkenntniß dieser Mundart, allein desto herrlicher war seine Version des Lateinischen, von dem ich, so weit ich dies jetzt aus dem Gedächtniß vermag, hier eine Probe geben will.
Aus dem Eunuchen des Terenz.[3]
Dritter Act. Erste Scene.
Thraso, Gnatho, Parmeno.
(Letzterer wird von beiden nicht gesehen, spricht vor sich und begleitet die Reden jener durch Pantomimen.)
Thraso. Also die Thais ist mir so erschrecklich dankbar?
Gnatho. Unmenschlich.
Thraso. Ne, sagt ’mal, ist sie fidel?
Gnatho. Nicht so sehr über das Präsent, als darüber, daß es von Ihnen kommt, das ist ihr auf Ehre ein Triumph.
Parmeno. Ich muß speculiren, ob die Luft rein ist, um meine Leutchen herzuführen. Aber — was sehe ich, den Offizier!
Thraso. Es ist mir auf Taille! so gegeben: Alles, was ich beginne, schlägt mir ein.
Gnatho. Das habe ich auf Ehre auch immer gefunden.
Thraso. Der König war auch immer äußerst zufrieden mit meinen Handlungen; mit den Geschichten von Andern war es immer au contraire.
Gnatho (bei Seite). Der pflügt gleich wieder mit fremdem Kalbe. (Laut.) Ja, wer soviel Witz hat, wie Sie.
Thraso. Das will ich zwar nicht abläugnen. —
Gnatho. Also die Augen Seiner Majestät waren immer auf Sie gerichtet?
Thraso. Das kannst Du glauben.
Gnatho. Sie waren sein Favorit?
Thraso. Aber seine ganze Armee Einem anzuvertrauen, alle seine Pläne —
Gnatho. Sapperment!
Thraso. Wenn die Menschheit und sein Scepter ihn anekelten, wenn er sich erquicken wollte, wenn er so zu sagen — — Verstanden?
Gnatho. Ja, ja. Wenn er, so zu sagen, die misere aus seiner Seele speien wollte —
Thraso. Gut gesagt. Da müssen Seine Majestät ein Menschenkenner gewesen sein.
Thraso. Ja, so ist er, ein Herr für Wenige.
Gnatho. Ich glaubte, für keinen Menschen, da er nur für Sie lebte.
Thraso. Die Hofleute wurden alle höllisch neidisch. Heimlich cabalirten sie; ich fragte aber nicht die Kanaille danach. Sie barsten vor Neid. Einer aber, der eine Schwadron indischer Elephanten commandirte, crepirte das Ding zu sehr. Als der 91 nun anfing, sich unangenehm zu machen, fragte ich ihn: »Sagen Sie mir, Baron Strato, sind Sie deshalb so grimmig, weil sie die wilden Bestien commandiren?«
Gnatho. Fein gegeben, auf Ehre! wunderschön göttlich! Das heißt: mit Elephantenfüßen todt treten. Und was antwortete er?
Thraso. Er war stumm wie ein Fisch.
Gnatho. Natürlich.
Parmeno. O Gott, Gott! was ist das für ein schändlicher, niederträchtiger Erzschurke!
Thraso. Sagt ’mal, Gnatho, habe ich Euch nie erzählt, wie ich den Rhodier auf einem Kommersch touchirt habe?
Gnatho. Nein, niemals! Um Alles in der Welt, das müssen Sie mir erzählen. (Bei Seite.) Ich habe die Geschichte schon mehr als tausend Male gehört.
Thraso. Es war besagtes rhodisches Jüngelchen mit mir auf einem Kommersche. Zufällig hatt ich ein Mädchen, mit dem er caressiren und mich railliren wollte. »Was will Er?« fuhr ich ihn an, »Er Kiek in die Welt! essen Hasen auch Wildpret?«
Gnatho (überlaut.) Ha, ha, ha!
Thraso. Was kommt Euch an?
Gnatho. Das war superbe, einzig, himmlisch, unvergleichlich! Aber ernstlich, ist der Witz von Ihnen? ich habe ihn uralt gehalten.
Thraso. Habt Ihr ihn schon gehört?
Gnatho. Und wie oft; er steht ja oben an in den Anekdoten zum Todtlachen.
Thraso. Der ist von meiner Fabrik.
Gnatho. Der arme junge Mann von guter Familie dauert mich doch, daß er für seine Unvorsichtigkeit so angekommen ist.
Parmeno. Hol’ Dich der Henker!
Gnatho. Aber sagen Sie ’mal, was antwortete der Mensch?
Thraso. Er war auf’s Maul geschlagen. Die ganze Gesellschaft wollte vor Lachen bersten. Nachher hatte ich aber allerwärts Respekt.
Gnatho. Und das von Rechtswegen.
Zimmermann sah in seinem Hause wenig Gesellschaft, welche zu unterhalten und zu bewirthen die Frau Professorin auch schwerlich verstanden haben würde. Indessen brachte er doch zum Souper zuweilen einige Literaten mit, welche damals in Hamburg sehr leicht zu zählen waren. Ich entsinne mich noch mit dem größten Vergnügen eines Abends, an welchem Veit Weber und der bekannte Prätzel sich dort trafen und, wenn ich nicht irre, kennen lernten. Veit Weber war ein interessanter alter Herr, der gewiß immer seinen Platz in der deutschen Literaturgeschichte mit voller Berechtigung behaupten wird. Nichts desto weniger laborirte der gute Mann an einer gewissen Eitelkeit und Abgeschlossenheit, welche die deutschen Poeten des vorigen Jahrhunderts überhaupt auf eine ganz merkwürdige Weise zu einer gewissen Abgeschlossenheit brachte, die sie keine neueren Productionen junger Dichter mehr anerkennen ließ. Wie einst der Dichter Müller in Itzehoe in meiner Gegenwart erklärte, er würde sich todt schämen, wenn er die Schillersche »Jungfrau von Orleans« geschrieben hätte, so äußerte der gute Weber unverholen, daß er seinen Wilhelm Tell weit über den Schillerschen setze.
In Erzählungen kleiner Schnurren war Weber excellent. Er war eben dabei eine Legende zu er 95 zählen, in welcher der Teufel immer niesen muß, wenn man ein Kreuz schlägt, als er, den aufmerksam zuhorchenden Prätzel anblickend, plötzlich mit den Worten inne hielt: »Nein, ich erzähle nicht weiter, der Prätzel schnappt mir sonst Alles für die Allmanache weg.«
Da halfen keine Contestationen, keine Versicherungen Prätzel’s, Veit Weber blieb heiter, aber erzählte keine Histörchen mehr. »Es ist mir unerträglich,« sagte er, »meine eignen Ideen von einer fremden Feder dargestellt zu sehen. Es ist kein Mißtrauen gegen Sie, liebster Prätzel! Sie sind grade der Mann, um meine Ideen auszuführen; aber warten Sie bis nach meinem Tode, dann verspreche ich Ihnen meine sämmtlichen hinterlassenen Papiere.«
Topp! sagte Prätzel, und Zimmermann schlug durch die vereinigten Hände.
So viel ich glaube, hat der liebenswürdige, lange nicht genug in seinem Vaterlande anerkannte Prätzel das ihm gethane Versprechen, zu welchem ich ihm wol noch einen Zeugen stellen könnte, vergessen.
Zimmermann war sehr jähzornig. Er vergaß sich einmal so weit, einem Primaner eine Ohrfeige zu ertheilen, welches diese so übel nahmen, daß sie 96 nach Studentenweise förmlich auszogen. Ich war damals Secundaner und fühlte mich durch diesen Vorfall veranlaßt, die Glocke zur Hälfte zu travestiren, die hier ihren Platz finden mag. Sie ist freilich die Arbeit eines Schülers, allein ich gestehe zu meiner Beschämung, daß ich nicht im Stande sein würde, jetzt eine bessere zu liefern. Sie ist übrigens gedruckt, wie manche in diesem Werkchen vorkommende Anekdote. Indessen dürfen alle der Vollständigkeit halber nicht fehlen, wie die bereits publicirte Probe einer Uebersetzung in die ganze Version aufgenommen werden muß.
Das Lied vom Prügel.
Vivos ferio, mortuis abstinco, ossa frango.
Prolog zum Michaelisexamen, gesprochen vom Custos.
Als ich Zimmermann diese Travestie mit dem Motto vorlas:
lächelte er zwar anfangs, verbot mir aber später bei Strafe der Relegation, meine Travestie zu verbreiten. Da sie indessen im Ganzen harmlos war, habe ich mich auch an dies Pascha-Verbot nicht gekehrt, zumal da einige der Lehrer mein Gedicht sich heimlich abschrieben, und mich, da sie selbst mala fide waren, nicht bona fide consiliiren konnten. In späteren Jahren hat Zimmermann oft herzlich über die Poesie seines Pensionärs und Secundaners gelacht.
Der Director der Schule war der bekannte Doctor der Theologie »Gurlitt«, welcher von Klosterbergen hierher berufen war, woselbst er eine früher in Hamburg nie gekannte Schuldisciplin eingeführt hatte. Die Schüler zitterten, wenn er in die Classe trat, wohin er freilich mit Ausnahme seiner Prima nur kam, um irgend ein Strafgericht zu halten.
Alle, die den seligen Doctor Gurlitt kannten, werden dahin übereinstimmen, daß dieser wirklich große Schulmann, dem die Primaner mit militäri 108 scher Subordination gehorchten, vor dessen Anblick die Secundaner in den combinirten Stunden fast vor Angst, um mich Heinisch auszudrücken, verquirlten, weil er das Princip der disciplina scholastica mit eiserner Ruthe handhabte, au fond ein höchst humaner und gutmüthiger Mensch war. Incuriosus in Bezug auf die Dinge des Lebens, verwechselte er Fouqué und Fouché, litt nicht, daß die gewandten Hamburger Kutscher ihn schnell fuhren, und obgleich diese Großstädter einen magnetischen Tact haben, die Deichsel des Wagens eine Terze vorher zu fühlen, und ihr auszuweichen; ehe sie den Rücken durchbohrt; rief er nicht selten, der Übersetzer der Pindarschen Gesänge, dem Wagenlenker zu: »Halt Barbar, Du fährst einen Menschen über!« Ein galanter Witz entwaffnete ihn auf eine komische Weise, und er pflegte dann, bestürzt, dieser Geisteskraft ganz ungewöhnliche Benennungen, wie Mathematik oder Poesie zu geben. Als er einmal bei Tische die Bemerkung ausgesprochen hatte, daß es doch nie zwei Tage hinter einander stürme, bemerkte seine Haushälterin witzelnd, daß es auch nie zwei Tage hinter einander regne. — »Wie das?« fragte Gurlitt erstaunt. »Es ist allemal eine Nacht dazwischen,« belehrte ihn die Dame. »Nun das zeigt 109 von mathematischem Verstande!« entgegnete Gurlitt verwirrt.
Einstmal traf er einen holsteinischen Eleven des Johannei, der trotz seines Alters und seiner Größe sich nicht weiter im Examen, als bis zur classis latina et graeca secunda, und das Letztere nur deshalb hatte legitimiren können, weil er auf die mehrmalige Anfrage: »Was das verbum für eine Zeit sei?« mit großem Glücke aoristus primus geantwortet hatte, an einem Sonntage in Harvstehude. Der arme Secundaner hatte seine Schwächen gefühlt, sich nicht einmal Zeit genommen, im ersten Vierteljahre in die Comödie zu gehen, und belohnte heute am Ostertage zum ersten Male seinen Wagner’schen emsigem Fleiß durch einen Spaziergang. Nicht ohne Zagen folgte er dem Ruf des ihn erspähenden Directors, der ihn mit den Worten anredete: »Hören Sie, mein liebes Kind, als ich in Ihren Jahren war, war ich nicht so desparat zurück, wie Sie. Und doch feierte ich den Ostertag, anstatt vor die Thore Leipzig’s zu gehen, nur damit, daß ich aus der Clavis ciceronia, die ich mir vom Morgenbrod abgespart hatte, vertirte und revertirte.« Verdutzt sah ihn der Schüler an. Contestirte er litem, so war er verloren, und Gurlitt nannte ihn gewiß bis nach der Abschiedsrede, 110 wo der Primaner den Beinamen »Hecht« verlor und von ihm liberal behandelt wurde, nur den »Harvstehudegänger.« Bei leichtem jugendlichen Blute sann er bald auf eine humoristische Antwort. — »Das mußten Sie auch thun, Herr Doctor,« versetzte er, »ich habe es aber nicht nöthig!« »Wie so?« versetzte Gulit, entrüstet durch die Replik. »Sie hatten nicht einen so guten Director, bei dem man in der Woche soviel lernte, um sich Sonntags durch einen Spaziergang erholen zu dürfen!« antwortete der Johanniter. »Gehen Sie nur!« antwortete Gurlitt, fast mädchenhaft verlegen, »Sie sind ein Poet.«
Einer seiner oft in der Schule wiederholten Professorenwitze war die Erklärung über den infinitivus historicus. Nachdem er gezeigt hatte, daß dieser gewissermaßen in der menschlichen Natur liege eigentlich der Invinitiv des Affects sei, wie »me hoc pati, me hoc ferre?« den die kindliche Sprache der Grammatik erfunden habe, pflegte er oft hinzu zu fügen: »Es gab viele Theologen, die sich bemühten, den infinitivus historicus durch das ausgelassene Wort »coepit« zu erklären. Dieser falschen Meinung war auch ein alter Scholarch der Schule zu Magdeburg oder Kloster-Bergen, der bei einem öffentlichen Examen den examinirenden, den Livius 111 docirenden Collaborator daran erinnerte, daß er seine Schüler doch fragen solle, von welchem Worte der infinitivus historicus abhänge? Der prüfende Lehrer, der den Ungrund dieser Ansicht kannte, vermied die Frage, bis der Scholarch, am Ende ungeduldig, die Schüler mit den Worten belehrte: »Der infinitivus historicus hängt von coepit ab.« — Schweigend ließ der Lehrer die jungen Leute weiter expliciren, bis am Ende das ihn rächende Wort »coepisse« als infinitivus historicus kam. »Von welchem Worte hängt der infinitivus historicus ab?« fragte nun der gekränkte Collaborator. »Von dem Worte coepit,« rief die Jugend. »Recht,« entgegnete der Lehrer — coepit, coepisse —
Gurlitt’s Lob war sehr spärlich. Zu einem der ersten jetzigen hamburger Prediger sagte er einmal, und das war das größte Lob, womit ich ihn Jemand habe beschenken hören: — »Wenn Sie so fortfahren, fleißig vertiren und revertiren, so ist Hoffnung vorhanden, daß Sie ein Fünkchen lernen.«
In politicis war er dänisch gesinnt, und strich jedesmal den jungen Hamburgern, die in ihrem vitae curriculo beim Eintritt in prima der Besetzung Hamburg’s in der Franzosenzeit nicht zum Lobe jenes Staats erwähnten, mit der Bemerkung: hoc falsum est, ut ex scriptis Hafneri (des dänischen 112 Obristen) apparet. — Am empfindlichsten war Gurlitt gegen Wunden. Die Vorstellung davon und die Erwähnung derselben scheuchte er immer mit den Worten: »Schweigen Sie still, ich kriege Krämpfe.« Hierauf bauend, befreite ein Schüler einmal seinen Kameraden aus dem Karzer, indem er Gurlitt von dem kranken Arm des Arrestanten erzählte.
In religiöser Beziehung war Gurlit ein höchst eifriger Rationalist. Er war einer von den Wenigen, welche es verweigert hatten, die symbolischen Bücher zu beschwören, welches er oft in der Klasse mit den Worten erzählte: »Einige hamburger Rindfleischseelen wollten durchaus, daß ich die symbolischen Bücher beschwören sollte; ich habe es aber doch nicht gethan und der Senat hat mich doch nicht zwingen können, gegen meine Ueberzeugung zu handeln.«
Der zweite Lehrer am Johanneo war der Professor Hipp, der eigentliche Begründer einer kaufmännischen Schule, welche mit der lateinischen verbunden war. Er lehrte in Prima die Mathematik und las den Tacitus, von dem er eine Uebersetzung lieferte, die an Gedrängtheit und Schönheit des Ausdrucks dem Originale nicht nachstand. Es wäre wol der Mühe werth, Nachforschungen darüber anzustellen, ob sich nicht eine schriftliche Version 113 des Tacitus in seinem Nachlasse befindet; Hipp’s Erben würden gewiß gute Geschäfte damit machen. Daß er eine Uebersetzung des Agricola und der Germania schriftlich besessen, weiß ich mit Bestimmtheit. Uebrigens war Hipp ein chamäleontischer Mensch, dessen Laune wie Aprilwetter wechselte, weshalb er auch nicht im Stande war, eine Autorität bei seinen Schülern gehörig zu conserviren. Stets in finanziellen Bedrängnissen war er von bodenloser Gutmüthigkeit, so daß er eines Morgens mit Pantoffeln in die Schule kommen mußte, weil er in der Frühe einem durchreisenden Handwerksburschen sein einziges Paar Schuhe, daß er angehabt, geschenkt hatte. Gegen Gurlitt spielte er sehr den Devoten. Er trat gewöhnlich um zehn Uhr Morgens, zu welcher Zeit seine mathematische Stunde anfing, in die erste Klasse, ließ es sich aber jedesmal gefallen, wenn der alte Schulmonarch ohne ihn zu fragen noch bis halb elf und noch länger fortdocirte, während welcher Zeit er sich zu einem der Schüler setzte, mit der Miene der größten Aufmerksamkeit in dessen Buch sah und oft den alten Gurlitt mit lauten Bewunderungen belobte, während er doch nicht selten, wenn dieser die Classe verlassen hatte, den Succensor des alten Herrn machte. Hipp war übrigens der fleißigste Mensch, 114 den ich in meinem Leben gesehen habe. Kein Tag verfloß ihm ohne funfzehn Arbeitsstunden.
Ein Lehrer der zweiten und dritten Klasse war der jetzige Pastor Strauch in Hamburg, ein Mann von vieler Wissenschaft, ausgezeichnetem Fleiße und guter Lehrergabe. Indessen war sein Tadel oft zu ironisch, welcher mehreren seiner Schüler eine Abneigung wider ihn einflößte. Einer von diesen, der sich zu sehr und zu oft durch Strauch’s Tadel deprimirt fühlte, rächte sich eines Tages auf eine originelle Weise.
Strauch beging den Fehler, Dichter ziehen zu wollen, ohne zu bedenken, daß diese geboren werden müssen. So verlangte er einmal, jeder Schüler solle ihm eine Fabel liefern, was der hamburgischen, höchst unpoetischen Jugend recht schwer wurde, worauf der Antagonist eine Fabel einlieferte, von der mir etwa noch Folgendes erinnerlich ist.
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Der Professor Radspiller war ein alter schwacher Lehrer, an dem fast alle Schüler ihr Müthchen durch gewaltige Ungezogenheiten kühlten. Ich habe immer einen zu großen Respekt für das Alter gehabt, um mich gegen diesen depontanen[4] Mann zu versuchen, der mir in allen Conferenzen das Zeugniß gab, daß ich sein bester Schüler sei, wie ich denn auch in der That durch meine Autorität gar manchen heftigen Aerger von ihm abgewandt habe. Nichts desto weniger habe ich ihn einmal zur Folie gebraucht, um die Wallenstein’sche Kapuzinerrede zu travestiren. Auch diese humoristische Erinnerung an meine Jugend, durch welche ich dem Professor Zimmermann gleichsam eine reparation d’honneur wegen meiner Travestie auf die Glocke machen wollte, möge hier ein Plätzchen finden.
Der Professor Köstlin war ein interessanter und vielseitig gebildeter Mann, wenn gleich seine Schwächlichkeit, welche auch seinen frühen Tod herbei führte, oft seine Stimmung verdüsterte. — Von den 121 übrigen Lehrern ist nicht viel zu referiren. Damals las der jetzige Professor Müller, welcher so eben von der Universität zurück gekehrt war, ein gelehrtes und interessantes Collegium über den Juvenal. Müller hing unbedingt an dem alten Gurlitt, und wurde darum oft als Schmeichler desselben getadelt.. Mich hat diese Anhänglichkeit die gewiß aus reinem Herzen kam, immer gerührt, die, wenn auch Müller keinesweges dem alten Herrn an Gelehrsamkeit so sehr nachstand, doch aus dem schönen Gefühl entsteht, von welchem erfüllt, Schiller seinen Don Carlos aus rufen läßt:
Das Leben der Hamburger Primaner hatte sehr wenig Burschikoses. Nur etwa zwei Male im Jahr wurde so eine Art von Kommersch im Eimbeckschen Hause gehalten, was am andern Tage jedes Mal durch ganz Hamburg bekannt wurde, weil die Vorübergehenden etwas Unerhörtes, »lateinisch Singen« vernommen hatten. Wir Holsteiner hielten uns auch ziemlich unter uns, oder verkehrten oft mit den Altonaer Schülern, und ich vor allen Dingen mit Wit von Dörring, dessen ich bereits im ersten Theile erwähnt habe. Mit ihm, dem liebenswürdigen Professor Wolff in Jena, einem gewissen Pelt und 122 Bahrdt, beide höchst gemüthliche und talentvolle Jünglinge, hatten wir einen Dichterbund gestiftet, der sich monatlich einmal in Altona versammelte, und in welchem Witt, durch sein vielseitigeres Wissen, die erste Rolle spielte.
Wit hat viele und harte Beurtheilungen erfahren und ich will nicht alle seine Handlungen vertheidigen. Eitelkeit und Thatendurst haben ihn in manche Verirrungen gebracht, aus denen ihn übrigens seine bessere edlere Natur jedesmal noch vor dem Verderben herausriß. — Das Geschwür seiner Eitelkeit ist geplatzt und er zeigt der Welt, daß eine gute Haut darunter sitzt. Er lebt im Besitz einer vortrefflichen Frau und liebenswürdiger Kinder, in glücklichen finanziellen Verhältnissen zu Urbanowiz im Preußischen Schlesien, von wo aus er Glück und Segen nach Kräften verbreitet. Zu beklagen bleibt es immer, daß seinem großen Talent, seinen gereifteren und geläuterten Ansichten und seinem redlichen Willen, nicht ein noch größerer praktischer Wirkungskreis vom Staate angewiesen ist, der doch nicht immer mit ihm zürnen und einsehen sollte, daß Wit ein viel zu edles Herz besitzt, um je in Schand und Bosheit willigen zu können. Wenn er, wie ich nicht bezweifle der Verfasser des Büchleins, das etwa so lautet: »Memoiren eines Reisenden der sich ausruht« 123 ist, worin Dänemark vortrefflich geschildert ist, so wäre eine ähnliche Zeichnung der übrigen deutschen Höfe nicht bloß eine interessante Lectüre, sondern sogar ein Gewinn für die Geschichte zu nennen. — Wit’s Mutter war eine vortreffliche, geistreiche Frau, deren Bruder, der bekannte Baron Eckstein, der geistvollster Correspondent der allgemeinen Zeitung ist. Sein Vetter, Ferdinand Teuffer, dies bekannte Holsteinsche cerveau brulè, voll herrlicher Anlagen, ist von seinen ewigen, selbst geschaffenen Leiden, vor Kurzem durch den Todesengel befreit.
v. Struve. Mellis’h. Grote. Das Hamburger Theater. Seine Mitglieder. Eine Hinrichtung in Hamburg.
Hamburg hatte damals zwei Diplomaten, welche zu den ausgezeichnetesten Geistern unserer Zeit gerechnet werden müssen. Der erste war der noch in Hamburg lebende Russische Minister von Struve, ein als Naturforscher ausgezeichneter Gelehrter, bei dem es mir immer zweifelhaft geblieben ist, ob ich mehr dessen Herz ober seinen Verstand, oder den schönen Einklang beider bewundern soll. Ich hoffe daß sein Sohn, mein Coaetane, welcher bereits die Stellung seines Vaters, bei der Russischen Gesandtschaft in 125 Wien, überflügelt zu haben scheint, in die Fußstapfen des vortrefflichen Vaters treten wird, von dem noch als naturhistorisch zu berichten ist, daß dreißig Jahre Leben in Hamburg denselben nicht um Eine Linie älter gemacht haben. — Vielleicht macht die Natur bei ihrem großen Forscher eine Ausnahme, vielleicht werden wir wieder in die alten Zeiten versetzt, in denen der liebe Gott die besten und frömmsten Leute mit einem hohen Alter beschenkte. Vielleicht ist es indessen auch damals besser auf der Erde oder noch nicht so gut wie jetzt im Himmel gewesen. —
Das Englische Consulat in Hamburg ist das einträglichste, welches das Englische Gouvernement zu vergeben hat. Dies bekleidete damals ein gewisser Mellis’h, welches er einem Ministerposten vorzog, den er bei dem Wechsel eines jeden Ministerii zu verlieren riskirte. Mellis’h war ein äußerst gelehrter und vielseitig gebildeter Mann, und machte eins der ersten Häuser in Hamburg. Er hatte in seinem Hause die empfindliche Junggesellensteuer in Hamburg, die Trinkgelder, abgeschafft, mit denen man das Essen in dieser Stadt doppelt und dreifach bezahlen muß, und seinen Domesticken die Annahme eines solchen, bei unfehlbarer sofortiger Entfernung aus dem Dienst verboten. In seinem Hause ging es überaus gastfrei zu, Mellish’ wußte seine Tafel 126 durch eine vortreffliche Unterhaltung zu würzen. Er war ein genauer Freund von Schiller und Göthe gewesen. Von dem ersten besaß er eine große Menge Correkturen seiner eignen deutschen Gedichte, welche auch später, jedoch ohne Hinzufügung des ersteren, gedruckt worden sind, was die literarische Erscheinung um Vieles interessanter gemacht haben würde. Göthe schickte seinem Sohne Charles Mellish’, ein Exemplar seines »Hermann und Dorothee,« mit den schmeichelhaften Worten: »Meinen lieben Pathen, Karl Wolfgang von Mellis’h, dem sein Vater, der beste Dollmetscher dieses Gedichts sein kann, treumeinend Göthe.« — Als Mellis’h nach einer vieljährigen Trennung von Weimar, wo er lange als Kammerherr gelebt hatte, Göthe besuchte, rief dieser beim Anblick seines Freundes, mit dem er mancher Flasche den Hals gebrochen hatte, und dessen Liebhaberei für den Wein er wohl kannte, nur das einzige Wort »Champagner« aus.
Der Sohn des Consuls Mellis’h, Charles, war mit mir bei Zimmermann in Pension. Wir hatten ein gemeinschaftliches Arbeits- und Schlafzimmer. Er war schon damals ein liebenswürdiger Mensch und würde gewiß jetzt in seiner diplomatischen Laufbahn ein weit entschiedneres Glück machen, wenn er nicht unter die torys gegangen wäre, zu 127 denen sein Vater, ein Busenfreund des berühmten Canning, gewiß nicht zu rechnen war.
Das Schlafen ist von früher Jugend auf nie meine Sache gewesen, vor allen Dingen nicht das Einschlafen; auch liegt mein Bischen Ruhe fast immer in einer von lebhaften Träumen gewebten Wiege, die bei dem leisesten Geräusch zerreißt. Anders ging es mit Charles Mellisch, der seine zehn Stunden uno tenore wegschnarchte und sich weder durch meine Bitten, wach zu bleiben, noch durch die bunten Sonnenstäubchen und Bilder, die mein geschäftiger Mund vor seine unempfängliche Ohren und Augen trug, noch durch Spectakel aller Art, nachdem er die Worte: »Gute Nacht, lassen Sie mich in Ruhe!« ausgesprochen hatte, abhalten ließ, in den festesten Schlaf zu verfallen, womit die Natur je einen Dachs, einen Domherrn oder gar den Siebenschläfer vor anderen Geschöpfen begnadigt hat.
Ich mochte nun anfangen, was ich wollte, alle Mittel, den guten Charles zu erwecken von der leisesten Sprache in die Ohren bis zum Feuerlärm, waren vergeblich. Brummende und schreiende kurze Töne waren die einzigsten Früchte, die meine Kehle und meine Phantasie erbeuteten, kein menschlicher Ton leistete meiner beredten Zunge Gesellschaft. Da fiel ich auf den glücklichen Gedanken bald »God 128 save the king«, bald »Rule Britannia« anzustimmen. Und siehe! wie durch einen Zauberstab geweckt, begleitete Mellis’h jedesmal das angestimmte Lied; bald aber bat der Mitsänger mit herzbrechenden Tönen, die durch Schluchzen und Thränen unvernehmlich wurden: »Lassen Sie mich doch schlafen; ich bin ein Engländer und liebe mein Vaterland mehr als meinen Schlaf; allein ich nicke sonst morgen in der Schule ein und kann nicht exponiren.«
Selig, ein Mittel gefunden zu haben, den Fühllosen zu rühren, chicanirte ich ihn die ganze Nacht hindurch, wie die Knaben den allzu musikalischen, aber tyrannischen Küster, dem sie beim Nachmittagsschlaf einen Accord auf dem Positiv nur anschlugen, dann wegliefen, und so den alten Mann zwangen, denselben zu vollenden, bis am Ende auch meine Lebendigkeit bei den Worten: »rule the waves« einen sanfteren Charakter annahm, und die Töne mich in den Schlaf einlullten. Schon im Traum hörte ich noch einen Engel anstatt des Engländers singen: For Britons never shall be slaves.
Am andern Tage verklagte mich mein Contubernalis beim Professor Zimmermann. Ich opponirte die Einrede, daß sich der gute Karl durch keinen andern Lärm, als durch die genannten englischen Nationalgesänge stören lasse und wollte ihm ein 129 privilegium de non cantando nicht zugestehen. Der Professor enthielt sich aller Intervention, Charles wurde abgewiesen und nun meiner Gewalt überantwortet. Aber ich war großmüthig; jeden Abend accordirte ich beim Schlafengehen mit ihm, wie lange er mit mir reden sollte. Er hielt allemal Wort aus Furcht vor meinem Gesange, womit ich denn überhaupt, ein travestirter Orpheus, schon gar viel in meinem Leben durchgesetzt habe. —
Ein ähnliches Beispiel dieser National-Pommade erlebte ich zehn Jahre später von einem Holländer. Ich lernte ihn an der Abendtafel als einen liebenswürdigen jungen Gelehrten kennen. Er erfreute uns durch viele interessante holländische Epigramme und Anekdoten, durch unpoetische Poesien seiner Dichter, die Schiller’s Poesien einen »Misthaufen« nennen, und durch Erzählungen von seiner liebenswürdigen Braut. Plötzlich schlug es zehn Uhr: er gähnte mehre Male, befahl dem Kellner, zu leuchten, und ließ sich durch keine Bitte bewegen, noch unter uns zu verweilen. »Het doet mij leed, dat wij scheiden moeten, ben u soo gefattigeerd?« (Es thut mir leid, daß mir scheiden müssen, sind Sie so ermüdet?) fragte ich ihn worauf er antwortete: Myn Her ik ben gefattigeerd, daar ik morgen vroeg um zes Uur opstaan moet. (Mein Herr, ich bin müde, da ich morgen frühe um sechs Uhr aufstehen muß.)
Der englische Viceconsul, ein vortrefflicher Geschäftsmann und Mellis’hens rechte Hand, hieß Wesselhoeft und bekleidet noch jetzt diese Stelle. So oft ich in Hamburg bin, erinnere ich mich in seinem liebenswürdigen Familienkreise der Englischen Familie, dessen Haupt alle Liebenswürdigkeiten eines Deutschen und eines Engländers vereinigte.
Unter den übrigen Diplomaten zeichnete sich der Preußische Gesandte, ein Graf Grote, der sich immer dadurch dem Publikum bloß gab, daß er nie seine Garderobe, d. h den Titel als maître de la garderobe ablegte, durch Originalität aus. Der alte Herr hatte sich in dem republikanischen Hamburg, wo übrigens die haute volée oft auch sehr an die noble aristrocraci von Amerika erinnert, ganz acclimatisirt. Es wurden demselben auch alle möglichen geselligen Vorzugsrechte eingeräumt, was er denn auch zu seiner Lebenserhaltung bedurfte. Denn der Greis schwitzte große Tropfen, wenn er mit einigen andern Exellenzen auf einem Diner und ungewiß war, wer der älteste von ihnen sei und das Recht habe, den ersten Toast auszubringen. Man erzählte von ihm, daß er zuweilen ganz eigne Noten an den Hamburger Senat erlasse und namentlich an den mit der Polizei beauftragten Rathsherr, bei einer Gelegenheit, wo ein anderer nicht ferne von ihm 131 wohnender Minister bestohlen war — geschrieben habe. »Ich suche Ew. Hochedlen dafür zu sorgen, daß dergleichen Scandal nicht wieder in meiner Nähe passirt.«
Das Theater war zu meiner Zeit vortrefflich. Wie ein geheizt gewesener Ofen noch eine Zeitlang seine Wärme hält, wie Weimar noch einen poetischen Anstrich von der früheren Farbe hat, so lebte noch Schröders Muster in der Erinnerung des Publikums und in dem Bestreben der Schauspieler, ihm zu gleichen. Ich beklage es diesen großen Mimen nur stumm spatzierend, in seinem Garten zu Rellingen gesehen zu haben, den, nach dem Urtheil sachverständiger Hamburger, selbst der geniale Devrient nur als »Franz Moor« erreicht haben soll. Nie vergesse ich Zimmermanns Begeisterung, als er eines Abends aus der Freimaurer-Loge zurückgekehrt war und erzählte, daß Schröder Bürgers »Lenore« im schwarzen Anzuge mit einem weißen Stäbchen in der Hand, so begeisternd gesprochen habe, daß alle Anwesenden die Geistererscheinung mit eigenen Augen wahrzunehmen zu haben geglaubt hätten — Schröder war aber auch in seiner Jugend ein vortrefflicher Tänzer gewesen, wogegen sich unsere jungen Histrionen höchstens eine Radawazka einstudiren.
Schmidt nahm schon damals wol den ersten Rang unter den Hamburger Schauspielern ein, und würde unstreitig einen noch weit größeren Ruf erlangt haben, wenn ihm nicht ein etwas tremulantes Organ im Wege gestanden, das sich freilich ganz vortrefflich zu einigen älteren Rollen, wie im »zerbrochnen Krug« eignete, oft aber auch sehr störend einwirkte. Schmidt hat in Königsberg ehrenwerthe philosophische Studien gemacht, auch ist es sehr zu beklagen, daß er sein entschiedenes Talent als Lustspieldichter so ganz unverantwortlich vernachlässigt, da sein »leichtsinniger Lügner,« welcher damals auch einen Preis erhielt, ihn als so ungemein dazu befähigt darstellt, wogegen seine Schauspiele, z. B. »der Sturm von Magdeburg« sich weniger Beifall im Publikum erworben haben. In Gesellschaften, deren der jetzige Schauspiel-Director zuweilen sehr glänzende und auserlesene giebt, ist Schmidt höchst liebenswürdig und unterhaltend und würzt dieselbe durch treffliche Bonmots. Ein solches, wodurch er einen höchst originellen materiellen Beweis für die Unsterblichkeit führte, fällt mir so eben ein und verdient der Vergessenheit entrissen zu werden.
Das Hamburger Publikum ist ein höchst gutmüthiges dankbares, und voller Pietät gegen seine bei ihm ergrauten Schauspieler. Es kommt mir vor wie ein braver Apotheker, der seinen alt und schwach gewordenen Provisor, auf dessen Knieen er sich als Knabe oft hat schaukeln lassen, nicht verstößt, wenn derselbe auch kaum mehr die Neujahrsrechnungen schreiben kann. Es gab dort einen Pensions-Beifall, der so weit ging, daß man gar keine fremde Künstler in den wenigen Musterrollen, worin hie und da ein alter mittelmäßiger Schauspieler excellirte, sehen wollte. Die kleine niedliche Oper »das Dorf im Gebirge« war immer zum brechen voll, wenn der alte Schrader den Schulmeister mit seiner trocknen Komik gab, wogegen der brave Berliner Kaselitz, welcher Devrient auf einer Reise begleitete, bei einer ganz braven Leistung dieser Rolle fast riskirt hätte, ausgepfiffen zu werden. Jakobi war ein Naturalist, begabt mit einer vortrefflichen Stimme, und hat vielleicht ein halbes Jahrhundert den Don Karlos immer mit gleichem Beifall gespielt. Das Hamburger Publikum zeigt sich darin wie ein tieffühlender Poet, dem seine erste Jugendliebe nie alt wird.
Jakobi war ein origineller Mensch, sein Gefühl wurde zuweilen verstopft, wie eine Wasserleitung, floß aber dann desto reichlicher. Nach 134 Schröders Tode hatte er fast ein Jahr verstreichen lassen, ohne der Frau irgend ein Zeichen von Condolenz zugehen zu lassen. Da ritt er plötzlich, an einem Sonntage, zu der würdigen Wittwe des großen Mimen, nach dem zwei Meilen entfernten Rellingen, erhielt Audienz und brach jetzt in einen so lebhaften Schmerz über den Tod des Großmeisters aus, und suchte so lebendig die arme Wittwe zu trösten, daß ein jeder Gegenwärtiger nothwendig auf die Idee kommen mußte, der gute Schröder sei erst gestern gestorben. So frisch schien Jakobis ungeheuchelter Schmerz, welcher übrigens der Wittwe, trotz aller wehmüthigen Erinnerung ein Lächeln und die Antwort: »Ihre Theilnahme, lieber Jakobi freut mich ungemein. Aber wie kommen Sie denn damit so spät?« entlockt haben soll.
Mit den Schmerz über nahe Hingeschiedene ist es übrigens ein eigen Ding. Es ist nothwendig, aber höchst unpoetisch, daß die Zeit den Gram über den doch so nothwendigen Tod besiegt. Und doch, wer läßt sich in der Zeit des Schmerzes diesen nehmen, wer glaubt nicht an seine Unsterblichkeit? — Welcher Bräutigam denkt je daran, seine verstorbene Geliebte ersetzt zu sehen, welche Wittwe von Gefühl meint an seinem Sarge, daß des seligen Gatten Stelle je wieder von einem Andern eingenommen werden könne? —
Die Indianischen Weiber haben den poetischen Feuertod erfunden, um den Moment des Übergang zum geringeren Schmerz zu coupiren, für den sich vielleicht noch viel mehr sagen lassen würde, wenn eine einzige Geliebte dem verstorbenen Gatten nachfolgte, obgleich die durch den Tod sich versöhnende Eifersucht auch etwas Rührendes hat; ich habe aber einen protestantischen Geistlichen gekannt, welcher den Schmerz durch eine übermäßige Nahrung desselben verkohlen lassen wollte.
Er war nämlich schon etwa eine Stunde aus der Residenz auf dem Heimweg nach seiner Dorfpfarre, als es ihm einfiel, daß er seinen Freund, den ich »Ranz« nennen will, und der seit acht Tagen Wittwer geworden war, nicht getröstet habe.
»Paul! kehr um,« rief er seinem Knechte zu, »ich muß wieder zurück.« »Ich muß Ranz trösten, der sein Weib verloren hat,« sprach dann zu seiner Frau gewendet; »diese Christenpflicht habe ich über diese Einkäufe schändlicher Weise vergessen.« — »Aber, lieber Mann! es regnet, als ob es vom Himmel mit Mulden gösse«, stellte die sanfte Frau vor.
»Thut nichts!« erwiderte der Enthusiast, der, eine nachgemachte zweite Tarpeja, bei einem Deichbruch schon einmal in die Bruchstelle gesprungen war und verlangt hatte, man solle ihn rings umher bedeichen und seinen doch zu Erde werdenden Körper 136 schon als solchen ansehen, »ich muß Ranz trösten und ich werde meine Schnellmittel dabei anwenden.« — —
Frau, Kutscher und Pferde mußten gehorchen. Man fuhr zu Ranzens Pfarrei. —
Ranz lag auf dem Sopha. Er versuchte, Mittagsruhe zu halten. — »Ranz, ich bin hieher gekommen, um Dich zu trösten!« hub der eintretende Freund an, »weine Ranz.« — —
Ranz weinte. Aber kaum fing der Thränenstrom an, zu versiegen, als sein Freund »Homa« ihn durch rührende Erinnerungen an die Verstorbene zu einem neuen Thränenstrom aufforderte. Auch der verlief sich. —
Homa wiederholte diese Thränenerpressung noch einige Male. — Ranz ward endlich thränenlos.
»Du hast dem Schmerz sein Recht widerfahren lassen«, endete Homa, »jetzt aber ermanne dich und sei auch wieder lustig.«
Welche Wirkung dieser verminderte Septimaccord auf Ranz Stimmung gehabt, weiß ich nicht zu referiren. Indessen ist das Mittel originell und ich sehe nicht ein, warum man es nicht bei Jemandem, von dem man doch weiß, daß er seinen Schmerz ohnehin bald überlebt, anwenden sollte. Ich würde freilich einem solchen trösten Wollenden die Thüre zeigen. —
Herzfeld war ein guter Schauspieler, mit einem nur zu sehr sich überschreienden Tone. Vortrefflich waren auch Kühne, jetzt »Lenz« genannt, und der alte Schwarz. Das war ein ensemble, wie ich es niemals wiedergesehen. Lebrun trat zu meiner Zeit zum ersten Male, ich glaube als »Perin« in der Donna Diana auf und erkannte Zimmermann schon damals den künftigen Meister in ihm. Auch Lebrun ist schon von den Brettern getreten und von hartnäckigen körperlichen Leiden, welche übrigens die Kräfte seines Geistes zu steigern schienen, heimgesucht. Indessen habe ich ihn nie liebenswürdiger gefunden, als eben jetzt.
Unter den weiblichen Personen zeichneten sich vor allen eine Demoiselle Wrede, welche durch Gott Hymen vom Theater abgerufen wurde, und die allzu früh verstorbene Doctorin Reinhold aus; zwei Wesen, denen ein solches Unschuldsgas entströmte, daß der Theaterbesuch nur begeisternd auf die idealistische Jugend wirken konnte. Die letzte lernte ich als Primaner einmal bei einer Bostonparthie kennen, wo mich ihr Anblick so sehr entzückte und verwirrte, daß ich, ein vollkommen guter Spieler, die Farben verwechselte und noch mehr confus wurde, und bis über die Ohren erröthete, als die liebenswürdige Künstlerin 138 die richtige Bemerkung machte: »Aber Sie bedienen ja nicht recht, immer Herz!«
Schöne Zeit, in der die Schauspielerinnen so begeistern! —
Unter den Trauerspielen, welche ich in Hamburg gesehen, machten keine mehr Wirkung auf mich, als die erste Aufführung von Müllner’s »Schuld« und die einzigste Hinrichtung, welche ich in meinem Leben gesehen; denn als Gesina Gottfried, die bekannte Giftmischerin, in unserm nachbarlichen Bremen decollirt wurde, hätten wie überhaupt auch keinen von der oldenburgischen geistigen Elite, mich nicht zwanzig Pferde wieder hingezogen, obgleich der damalige Bremer Schauspieldirector »Bethmann« uns Oldenburgern schriftlich anzeigte, daß er in den Tagen mit passenden Stücken aufwarten würde.
Catharina Margaretha Seep, hatte einen Raubmord an einer Verwandtin begangen, welche das Glück gehabt hatte, auf die von ihr geträumten Nummern eine Sechslingambe, etwa drei Preußische Thaler, in der dänischen Zahllotterie zu gewinnen. Ihr Seelsorger war mit den derben Worten: »Verflucht ist wer einen Menschen mordet«, zu ihr in die Gefangenenzelle getreten und hatte durch dies, in der That höchst ungewöhnliche Mittel, die Sünderin so zerknirscht, daß diese bald ganz reumüthig, oder wie 139 Lichtenberg irgendwo sehr irreligiös aber sehr witzig sagt, als ein Kapaun für den Himmel fett gemacht wurde. —
Da acta Hamburgensia ergeben sollen, daß die feierliche Begleitung der Delinquenten, von Seiten der Geistlichen, in den ersten acht Tagen des vorigen Jahrhunderts, die Ursache mancher Mordthaten geworden ist, weil die Leute geglaubt haben, wenn sie auf dem letzten Wege, von einem Hochehrwürdigen begleitet wurden, recht selig zu sterben, so wird jetzt der Inquisit von einem Menschen begleitet, der ihm weiter keine Ehre anthun kann, wenn er gleich oft im Himmel besser vermitteln können mag, als mancher Geistlicher — vom Schinderknecht. Und der jenige, welcher die Begleitung der Catharina Margaretha Seep hatte, schien ein wohldenkender, nicht fühlloser Mensch zu sein, wenn sich gleich die Todesangst, welche er mit der armen Delinquentin theilen mochte, in ziemlich ungeeignete Phrasen auflös’te, von denen ich Ohrenzeuge war, da ich durch die Bekanntschaft mit einem Officier, in den engern Kreis gekommen war, welcher dicht am Eingange, zu dem mit einem Graben versehenen Richtplatze stand. Er tröstete nämlich die, nach dem Richtstuhl starrende und weinende Sünderin in abgebrochenen Sätzen immer also: — Swig man still Magret, — dat is 140 so slimm nig — dat kann den Besten paßeeren, und zeigte auch noch nach ihrem Tode dieselbe Theilnahme, da er, anstatt den beim Schopf gefaßten Kopf, während der Scharfrichter mit seinem Degen vor dem Volk salutirte, ringsumher zu zeigen, ohnmächtig mit demselben in der blutigen Hand hinfiel. — Der Mann würde in Athen ein sehr populärer Henker sein. —
Bei dieser Gelegenheit habe ich erst recht die Stelle in Göthe’s Faust:
verstehen gelernt. Denn in dem Augenblick, da das Schwerdt das Haupt vom Rumpfe trennt, greift man unwillkührlich nach seinem eignen Halse, so daß einige der Soldaten, (es war Gewehr bei’m Fuß commandirt), ihre Waffe unwillkührlich fallen, ließen.
Unter den drei Bruchvögten, welche das Schaffot in Gallauniform, während des Augenblicks der Kopfverkürzung umstanden, war der, mir von mehreren Gastmalen her, wohlbekannte joviale alte Mävius, welcher mir nachher gestand, daß er bei einem solchen Ort immer eine Höllenangst empfinde, daß der Scharfrichter Hennings einmal sich verhaue und 141 dann wie ein durch Blut gereizter Tiger, Alles um sich herum niedersäbele.
Während der Execution ist der Senat in Hamburg versammelt, und die Thore der Stadt sind geschlossen, welche erst wieder eröffnet werden, wenn der Adjutant die Nachricht von der glücklichen Vollziehung der Strafe überbringt.
Das Hamburger Militair. Die Dänen. Pedro Gabe. Zucker-Raffinaderie. Juden. Feuerlöschanstalten. Fürst Blücher. Heyse. Godefroy. Geffcken. Schuhmacher. Gebrüder Fleischmann.
Die Hamburger Bürgergarde wurde zu meiner Zeit neu uniformirt und organisirt. Vor der französischen Zeit standen die Bürger in ihren sehr von einander abstechenden Civilkleidern mit einer Pfeife im Munde, Schildwache, die sie denn auch wol dann und wann verließen, wenn irgend ein Lieblingsgericht sie nach Hause zog, obgleich ein altes Gesetz diese Contravention mit dem Erschossenwerden bedroht hatte. Auf die Unzweckmäßigkeit dieses Ge 143 setzes fußend hatte auch einer von den droken (patzigen) Hamburger Bürgern, welcher durch ein Stück Hamburger Rauchfleisch sich vom Posten nach Hause hatte locken lassen und jetzt deshalb angeklagt war, sich standhaft geweigert, zuerst die ihm auferlegten 1000 m&, dann 500 m& bis auf 7 m& 8 ß hinunter, bis zu welcher Summe man mit ihm hatte accordiren wollen, als Strafe zu zahlen. »Nix« hatte er gesagt, »ick verlang min Recht — Entweder dod schaten wärden oder gar keen Straf ick betahl keenen Sösling, (entweder todt geschossen werden oder gar keine Strafe, ich bezahl keinen Sechsling,) und war dem Vernehmen nach auf diese Weise frei gekommen.
Die früheren Hamburger Stadtsoldaten waren damals ein würdiges Seitenstück zu dem damaligen Bürgermilitair. Man erzählte von einem ihrer Officiere, daß, als der dänische Rittmeister Ewald über einen niedergelassenen Schlagbaum habe setzen lassen, den der Hamburger Lieutnant seiner Instruction gemäß, nicht habe öffnen lassen gewollt, dieser mit den Worten fort gelaufen sei. »Na, wenn Gewalt über Recht geht, so mag der Teufel Soldat bleiben.« Der Chef der alten Stadtsoldaten, ein Obrist aus N. soll gewünscht haben als Hamburg französisch wurde in gleicher Eigenschaft bei der 144 französischen Armee angestellt zu werden, als er aber befragt, wie viel Schlachten er mitgemacht, »keine« geantwortet, soll ihm Prinz Eckmühl erwiedert haben: Point de bataille, point de colonel.
Ein anderer Officier der freien Städte wurde in späterer Zeit einmal von einem deutschen Fürsten gefragt, »Haben Sie schon früher gedient?« worauf dieser sehr harmlos antwortete: »O ja, sechs Jahre beim Senator Meier.«
Die jetzigen, sehr gut einexercirten Hanseaten sind im Begriff, ein recht tüchtiges Corps zu bilden, da sie von Jugend auf militairisch in Oldenburg gebildet werden. Leider fehlt noch in einigen Staaten, wie z. B. in Bremen, die Conscription.
Ein geborner Glückstädter, obgleich ich mich wegen Mangel an Glück lateinisch nie tychopolitanus, sondern bescheiden, fast so zu sagen deutsch weg, glockstadienis schreib, war ich durch meine Geburt doch ein dänischer Unterthan und dies um so mehr weil meine Mutter nur zufällig ihr Wochenbett in meinem großväterlichen Hause zu Glückstadt hielt, mein Vater aber derzeit den Posten eines Landvogts auf der Insel Föhr in der Nordsee bekleidete, dasselbe Amt, welcher etwa 30 Jahre später dem unglücklichen Lornsen übertragen wurde. Unser 145 Lehrer in Uetersen hatte uns den Regentenstamm aus dem Hause Oldenburg auch so lobenswerth bezeichnet, den grausamen Charakter Christians II., den er gewöhnlich den Unglücklichen nannte, und den Don Quixote-Feldzug Johanns I. so mildern dargestellt hatte, daß ich überall sehr dänisch patriotisch gesinnt war. Vollends mußte das nun jeder dänische Unterthan werden, als die Politik der Alliirten so grausam gegen Dänemark verfuhr, daß man dem König Friedrich VI. erklärte, nie anders mit ihm unterhandeln zu wollen, als auf der Basis, daß er Bernadotte Norwegen abtrete. Der König ergrimmte in seinem gerechten Zorn, die für die gute deutsche Sache brennenden Truppen, welche sich schon auf der Wilhelmsburg für dieselbe geschlagen hatten, mußten auf’s Neue für die verlornen Waffen Napoleon’s kämpfen und Hamburg wurde den Franzosen überantwortet. Die Dänen selbst führten die Franzosen in die Stadt. —
Die Hamburger waren ungerecht genug, die Wirkung mit der Ursache zu verwechseln. Sie faßten einen heftigen Haß gegen die Dänen, welcher auch nicht durch die unendliche samaritanische Barmherzigkeit gemildert wurden, womit diese und vorzüglich die Holsteiner an 30,000 Ham 146 burger[8], welche der französische Marschall Davoust, weil sie sich nicht verproviantiren konnten, vor der Belagerung aus der Stadt gejagt hatte, behandelten. Noch mehrere Jahre hießen die Dänen »Schukel-Meier«, welches soviel wie »Schmugler« bedeutet, und darauf ging, daß sie die Franzosen in die Stadt geschwärzt hätten. Man fand damals die unanständigsten Anspielungen auf den König von Dänemark in den Zeitungen, von denen ich nur als einer der minder beleidigenden, der Anzeigen erwähnen will, welche an dem Tage in den Zeitungen stand, als der König von Dänemark auf seiner Reise zum Congreß nach Wien in Altona angekommen war. Damals las man:
»Daß ich auf meiner Reise von Kopenhagen nach Wien glücklich hier angekommen bin, zeige ich hierdurch ergebenst an.
Altona, den...
L. S. Meier,
(id est Schukelmeier.)«
Mit blutendem Herzen habe ich es häufig bemerkt, daß der Stadtsoldat, welcher die dänische fahrende Post von Altona nach Hamburg begleitete, mit Schmutz beworfen, da er unfähig gewesen war, sich gegen den ganzen Hamburger Berg zu vertheidigen, vor dem Königlich dänischen Postamte in Hamburg anlangte. Sowohl ich als meine Landsleute mußten deßhalb manche Neckereien von den Hamburger Commilitonen ertragen, die wir indeß durch unsere geistige und körperliche Superiorität gar bald zum Schweigen brachten.
Ein geistreicher Hamburger war Pedro Gabe der Sohn des dortigen Senators, welcher später in Paris starb. Ich entsinne mich kaum eines Menschen, der so alle Herzen zu gewinnen wußte, wie er. Seine Bemerkungen waren launig und treffend. Er wohnte auf der Kaffeemacherreihe. »Wenn ich zur Börse gehe,« pflegte er zu sagen, »so mache ich das ganze menschliche Leben durch.«
»Ich gehe in die ABC-Straße; das ABC ist dasjenige, was die Menschen zu erlernen pflegen. Von dort wandere ich auf den Gänsemarkt, welcher für mich die Flegeljahre bedeutet. Vom Gänsemarkt führt es zum Jungfernstieg.«
»Ich gerathe nun auf die Kunst, die mich an das Streben geistreicher Männer erinnert. Jetzt liegen drei Wege vor mir: links das Zuchthaus, der Weg der Gottlosen; gerade aus der St. Petrikirchhof, der frühe Tod; rechts das Johanniskloster, für das beschauliche, ascethische Leben gemacht. Ich aber, als rüstiger Geschäftsmann, überwinde den Berg, denke in der Reichenstraße an den Gewinn und verfolge so meinen Weg zur Börse.«
Schon im Jahre 1814 fing die große Tirannei an, nachzulassen, welche seit vielen Jahren von den hamburger Zuckerbäckerknechten auf den Straßen verübt worden war, die oft an acht Mann, Arm in Arm, mit ihren weißen Nachtmützen und ihren feinen weißen Schürzen, durch die Straßen schritten, ohne irgend Einem, selbst nicht dem Bürgermeister, auszuweichen. Es waren Menschen von herkulischer Körperstärke, und zum Theil von gutem Herkommen, da damals auch die Söhne der reichen Raffinadeure ihr Handwerk unter ihnen erlernen mußten. Ich habe gesehen, daß ein solcher 225 Pfd. mit dem kleinen Finger hob, und daß ein anderer, es klingt zwar spanisch, als acht spanische Soldaten mit gefälltem Bajonett ihm den Ausgang aus dem Hause verweigerten, die Bajonette des vierten und fünften Mannes ergriff, und, ein parodierter Winkelried, 149 sowohl nach der rechten wie nach der linken Seite warf, so daß die guten Catalonier rechts und links auf der Erde lagen. Ehe diese sich mit ihren Waffen wieder erheben konnten, war der unbewaffnete Sieger entflohen.
Die hamburgische Zucker-Raffinaderie ist hauptsächlich durch die Industrie der Holländer zu Grunde gerichtet. Hunderte von Matadoren, welche früher auf der Börse ihr Folium hatten, sind jetzt spurlos verschwunden, so daß ich, selbst auf Nachfragen kundiger Leute, nichts von dem Aufenthalt der Nachkommen einiger meiner Bekannten unter diesen erfahren konnte.
Die Juden waren zu meiner Zeit in Hamburg, wie in allen freien Städten, sehr unfrei. Ihrer rastlosen Thätigkeit verdanken sie indessen, daß sie sich in den Besitz der einträglichsten Geschäfte gesetzt haben. Wer kennt nicht den Namen Salomon Heine als den des Rothschild von Hamburg, der auch im Verhältniß seines großen Vermögens die reichen Christen durch Wohlthätigkeit beschämt? Als sein Schwiegersohn, der jetzige Präsident von Halle, ein Schulcamerad von mir, der übrigens auch von allen hamburger Juristen diesen ehrenvollen Posten mit dem allergrößesten Rechte bekleiden mag, denselben, trotz der Concurrenz mit dem Dr. Hein 150 chen, erhalten hatte, äußerte ein Spaßvogel nicht unwitzig: »Was kann Heinchen wider Heine!« Schon damals spielten sie gewöhnlich den schöngeistigen Kunstrichter; indessen schlug ihnen dabei nicht selten das materielle Interesse in den Nacken, so daß sich ihr Witz inmitten der artistischen Beurtheilung auch über dieses verbreitete. An dem Abend, als die »Schuld« von Müllner zum ersten Male gegeben wurde und ein ungemein großes Interesse erregte, auch die Israeliten zum lautesten Beifall hinriß, erhob sich plötzlich während der rührendsten Scene ein heftiges Gelächter unter diesen, welche, wie einst im coin du roi im Theater francais die pariser Schöngeister rechts im Parterre gewöhnlich zusammengeschaart standen: »Haben Sie gehört den Witz von Herrn Kohn?« erscholl es von allen Seiten. »Herr Kohn steigt eben auf die Gallerie und sagt: das ist acht Viertel breiter Gingham.« Ich konnte den Witz nicht begreifen, der die Juden zu ersticken drohte, erfuhr aber nachher, daß Gingham, der damals erst aufkam, nur eine Breite von vier Viertel-Ellen habe. Der Spottvogel mußte sich daher über einen Stoff mockirt haben, welcher dem Gingham an Güte nicht gleich kam.
Die Juden wohnen fast alle in der Neustadt und zwar auf dem Steinwege, wo sie eigentlich nur aufgenommen sein sollen, um die Cloaken der Stadt 151 zu reinigen. Als ein Judenknabe in einer der christlichen Straßen von den Buben geschlagen wurde, hörte ich ihn ganz ruhig mit Resignation ausrufen:
»Hier iß keen Kunst nich, aber kommt mal nahn grauten Steenweg, da is min Broder mit de graute Hand, de sleit ju dat ji den Deubel krigt.« (»Hier ist es keine Kunst; aber kommt nur mit nach dem großen Steinweg, da ist mein Bruder mit der großen Hand, der schlägt Euch, daß Ihr den Teufel kriegt.)« —
Einige Jahre später reis’te ein Hamburger Jude durch eine Universitätstadt; er hatte einen Studenten seiner Vaterstadt zu Tische geladen, und dieser sich der Einladung aus besondern Gründen nicht erwehren können. Der Hebräer tischte mit der Großmuth auf, die das unglückliche verachtete Volk nur zu gern vor Andern zeigt, um das wider sie herrschende Vorurtheil des Geizes zu entkräften.
Eine Flasche verdrängte die andere, und die ganze Weinkarte ward praktisch durchstudirt. Endlich aber rief der Gastgeber, »Eins müssen wir noch trinken, lieber Herr Müller!« Dieser dankte, für ein Mehreres. Da aber der Israelit nicht aufhörte, diese Aufforderung zu wiederholen, und im 152 mer mit dem Refrain endete: »Rathen Sie doch mal!« da fiel endlich der Student auf den heute nicht getrunkenen Champagner und Saint Peray. Lächelnd schüttelte der Jude fortwährend den Kopf indem er hinzu fügte: »Viel etwas Besseres!«.
Als der Musensohn sich endlich dem geistigen Bankerotte näherte, und versicherte, die Aufgabe nicht lösen zu können, rief die Sphinx: »Smollis (Brüderschaft) müssen wir trinken!«
Die Hamburger Feuer-Lösch-Anstalten sind vielleicht die besten in Europa. Die Häuser, und namentlich die sogenannten Twieten, enge Gänge, sind von der Art gebaut, daß es fast unmöglich wird, das Feuer zu dämpfen; und dennoch sind, so viele Feuer leider jetzt in Hamburg vorkommen, was häufig auch nicht mit rechten Dingen zugehen mag, die Beispiele, daß Menschen bei einer Feuersbrunst ihr Leben verlieren, sehr selten; obgleich einige der Sprützenbeamten selbst wohl ihr Leben dabei verlieren. Noch vor einem Jahre, erzählte mir ein Hamburger Freund, ist einer von diesen wackeren Leuten auf eine schreckliche Weise ums Leben gekommen. Er hatte sich zu weit auf ein dem Feuer nahestehendes Dach gewagt, um dieses zu schützen. »Wasser her!« rief er in der Todesangst, »Besprützt mich,« und da ihm weder Hülfe noch 153 hinlängliche Kühlung sogleich gereicht werden konnte, stürzte er mit den Worten: »Nun so helfe mir Gott,« wie ein Indianisches Weib, in das ihn von seiner Todesangst errettende Feuer. Einen ähnlichen edlen Tod erlitt in früherer Zeit der Sprützenmeister Repsold, welcher aus einer heitern Gesellschaft kommend, unverzüglich zur Rettung herbeieilte, sich zu weit wagte und seinen Tod in den Gluthen fand.
Mich haben Kolbenstöße von einer ähnlichen Gefahr, die zu bestehen, ich mich auch wol fähig halte, abgehalten; denn als ich kaum einige Tage in Hamburg war, gerieth das Haus des Lotterie-Collecteurs Bingo auf dem Dreckwall in Flammen. Erzogen auf dem Lande, habe ich von Jugend auf keinen größeren Lebenswunsch gehabt, als einen Menschen vom Feuertode zu retten. Ich eilte also beim ersten Signal zu der nicht weit entfernten Feuersbrunst, sah aber bald, daß die herbeigeeilten Bürgergardisten nebst den eigends dazu bestellten Leuten, welche das Wort »Retter« am Hute tragen, mir jede Mithülfe unmöglich machten. Gedrängt von ihnen flüchtete ich auf die Schwelle eines Juden, der, wenn ich nicht irre, Cohn hieß. Obgleich mehrere Christen mit mir die Treppe vor seinem Hause inne hatten, so antwortete dieser Mann doch auf die Frage: »Sind alle die Leute, welche hier auf der 154 Treppe stehen, von Ihrer Familie?« — »Sie sind alle von meiner Familie, nur nicht der lange dünne junge Herr,« auf mich hinweisend. Dies hatte die Folge, daß die Diensteifrigen mich, den retten Wollenden, mit ihren Kolben von meinem Asyl vertrieben. Das ist die letzte physische Gewalt, die an mir ausgeübt ist. In geistiger Hinsicht habe ich diese Kolbenschläge oft noch nachher empfangen, wenn ich mit Ueterser, von meinem guten Rektor, eingesogenen Enthusiasmus, Menschen retten wollte. Uebrigens ist es drollig, daß ich noch nie in Hamburg gewesen bin, ohne ein Feuer erlebt zu haben, und daß ich solches zu den Dingen rechne, die ich dort unvermeidlich zu betrachten habe. Ich kann dem nicht entgehen, wie mein guter Ueterser Rektor, der »Bestürmung von Smolensk,« welche sechs Male nach der Reihe gegeben wurde, wenn derselbe nach langen Intervallen sich einmal einen vergnügten Abend in Hamburg machen wollte. — Es war allezeit eine reine Prädestination, welche sich für die Lehrer von der Gnadenwahl anführen ließe. Da half kein Lesen der Hamburger Zeitung. Dreimal war eine Oper angezeigt gewesen, allemal war eine Sängerin krank geworden oder etwas Anderes dazwischen gekommen und »die Bestürmung von Smolensk« war als Ersatzmann eingetreten. Ich aber 155 rief, als angehender humoristischer Troßbube, dem zum sechsten Male von Hamburg heimkehrenden Rektor mit Sicherheit zu: »Nicht wahr, Herr Rektor, es ist wieder die Bestürmung von Smolensk gegeben worden,« worauf er, halb ärgerlich halb lachend, die Bestätigung ertheilte.
Ich habe mich seit der Zeit daran gewöhnt alle Ereignisse, die sich um mich her zutragen, zu meinem Nutz und Frommen in diejenige Flüssigkeit zu verwandeln, welche man »Humor« nennt, und nur eine mühsame Existenz durch diese Procedur ertragen erlernt. Die Ereignisse meines Lebens sind aber auch so abentheuerlich und fratzenhaft geworden, daß ich kein Buch kenne, welches in dieser Beziehung es mit meinen Erlebnissen aufnehmen kann, selbst »Tausend und eine Nacht« reicht ihnen nicht das Wasser. Ich erzähle sie nicht alle, aus Furcht, ein Lügner gescholten zu werden, und wenn ich auch zu Gütern und Würden kommen könnte, welche die Familie Münchhausen im Hannöverschen hat. Ich werde aber einige davon in meinen Memoiren nach meinem Tode zum Besten geben, denen man freilich auch schwerlich selbst dann, wenn meine Mitbürger mir das Zeugniß eines wahrhaften Menschen gegeben haben, Glauben beimessen wird.
Das Bestreben der Abentheuer, sich an mich zu drängen, ehre ich übrigens, wie ein Fürst die Liebe seiner Unterthanen. Ich gehe zu allen Feuersbrünsten, Aufläufen, und andern tumultarischen Auftritten mit höflichem Ernst, weil ich weiß, daß sie mir zu Ehren vom Weltgeiste veranstaltet sind. Oft zeige ich mich nur der Etiquette willen, bei solchen Gelegenheiten, aber ich zeige mich doch.
Ich muß hier einer großartigen Antwort eines Einfaltspinsels erwähnen. — Als ich im Jahre 1830 mit Heine und Zimmermann im Schweizer Pavillon an der Alster saß, riß ich mich aus dem interessanten Gespräche mit ihnen, beschworen durch einen plötzlichen Feuerlärm-Ruf. Bei der jetzigen Schule, die, wenn ich nicht irre, auf dem Adolphsplatze liegt, brannte es fürchterlich schön. Ich eilte hin, da aber die Hamburger Feuerofficianten bald Herren des Brandes zu werden versprachen, begab ich mich zu Hause und zwar in »den wilden Mann,« auf dem Hopfenmarkt. — Als ich am andern Morgen neu gestärkt vom Schlafe wählig im Bette lag, fragte ich den hereintretenden, mich anglotzenden Kellner übermüthig: »Brennt die Stadt noch?« worauf er mir die unvergeßliche Antwort gab? »Kann nicht dienen, will aber gleich Mal nachfragen.« Er verschwand darauf und kehrte alsdann 157 mit der Paroli-Antwort zurück: wie in dem Hause und auf der Nachbarschaft Niemand wisse, daß in der vorigen Nacht Feuer in Hamburg gewesen sei. — Anders ist es bei uns in Oldenburg, hier besprechen wir das Feuer.
Der verstorbene Herzog hatte während seiner langen Regierung das Glück, äußerst selten seine Residenz von Feuerlärm beunruhigt zu sehen. Entstand ein solcher, so wurde der Brand gar bald durch die Thätigkeit der Oldenburger, in Gegenwart des herbeieilenden Fürsten bekämpft. Dadurch entstand bei dem sonst keineswegs abergläubischen Volke die Meinung, sein Herzog Peter könne das Feuer besprechen. —
Als nun beim Antritt der Regierung des jetzigen, gnädigsten Großherzogs auch eine bald gedämpfte Feuersbrunst ausbrach, die, trotz heftigen Windes nur ein Gebäude verzehrte, wozu die Gegenwart und die Aufmunterung des jetzigen Regenten gewiß einen großen Theil beitrug, raunten sich die guten Leute zu: »Der hat das Besprechen vom Vater gelernt, und kann es das erste Mal schon fast eben so gut, wie der selige Herr!«
Im Jahre 1814 oder 15 kam der alte Blücher nach Hamburg. Die Erwartung den zu sehen, 158 von dem Follenius in seinem Liedern an der Katzbach so schön singt:
bewegte mein Herzblut.
Drei Abgeordnete der ehemaligen Hamburger Freiwilligen, und unter diesen mein Professor Zimmermann, waren dem großen vaterländischen Helden entgegengefahren, um ihn auf der Hamburger Grenze zu begrüßen. Es war schon ziemlich spät geworden als es endlich erscholl: »Blücher kommt.« Ich stürzte mit Vielen aus dem Benneschen Kaffeehause an der Petrikirche und folgte, in den Jubel der Hamburger einstimmend, dem sich rechts nach dem Jungfernstieg drehenden Wagen, worin Blücher sein sollte, während ein anderer Vierspänner über den Berg nach der Börse hineilte. — Aber, wie groß war mein Erstaunen, als Blücher nicht am Jungfernstieg anhielt, der Kutscher vielmehr über den Gänsemarkt nach der Königstraße hinfuhr und hier vor meiner eigenen Wohnung Halt machte. Und siehe! es stieg nur mein Professor mit seinen beiden Begleitern heraus, während ich athemlos dastand und mich nicht wenig ärgerte, diesen Herren doch eine gar zu große Verehrung bewie 159 sen zu haben, und Zimmermann lachend meinte, daß ein solcher Respect vor ihm, und eine solche Begeisterung für meinen Lehrer, bei mir ganz in der Ordnung sei. — Jetzt ging es nach der Börsenhalle, wohin der alte Fürst gefahren war und wo man, wie die Welt sagte, ihm sofort ein kleines Pharo zu Ehren arrangirt hatte. Der Enthusiasmus war ungemessen; er mußte fast nach jeder Taille wieder erscheinen; allein, obgleich er vortrefflich und anhaltend redete, so kam doch von dem lauten, fortwährenden Jubel getödtet, keins seiner Worte lebendig zur Erde.
Die Stadt war wie in einem Nu erleuchtet, jeder Zauderer aber durch Steinwürfe zur sofortigen Erfüllung des allgemeinen Willens gezwungen.
Blücher hielt sich reichlich acht Tage in Hamburg auf, in welcher Zeit man ihm eine verdiente, übermenschliche Ehre erwies. Ich hatte die Freude, vor ihm auf dem Heiligen Geistfelde mit zu turnen. Eines Tages besuchte er die Wittwe des Dichters Klopstock; unsere Nachbarin, deren großer Verehrer er in früherer Zeit gewesen sein soll. Mühsam kam ihm die Alte entgegen und wollte den Fürsten auf der Treppe vor dem Hause empfangen. Allein der agilere Blücher winkte ihr zu auf der Hausflur zu bleiben, indem er ihr zurief: »Mit dem Sprüngemachen ist es vorbei; wohl dem der 160 welche gemacht hat.« Die guten Hamburger, gewohnt, an Blücher Alles zu vergöttern, posaunten am andern Tage den großen Sinn des Fürsten für deutsche Literatur aus und priesen den Helden, der, kaum in Hamburg angekommen, zu der Wittwe des Messiassängers gefahren sei.
Am Vorabende, vor der Abreise Blücher’s hatten sich eine Menge Honoratioren verabredet, demselben eine Nachtmusik zu bringen, welche mit Wachsfackeln auch ausgeführt wurde, ohne daß davon etwas unterm Pöbel verlautete. Es wurde ein Lied auf die Melodie des: »God save the king« gesungen, das Blücher vom Balcon anhörte und nach dessen Beendigung er uns haranguirte. Ich gestehe, nie eine bessere Rede aus dem Stegreif gehört zu haben, welche wie ein warmer Mairegen auf dürre Saaten, auf uns niederfiel und jedem Auge Zähren entlockte.
Die Todtenstille, die während seiner Rede herrschte, dauerte noch fort, als diese schon verstummt war, bis ein alter Hamburger mit lautschluchzender Stimme sie mit den Worten »Danke! lieber Vater Blücher, Danke!« unterbrach, welche die Thränen der Rührung verstärkte, aber auch einige der Komik hervorrief.
Von meinen Schulcameraden sind Mehrere, arge Philister geworden. Einer, bei dem ich dritte 161 halb Jahre gesessen, und den ich nach einer Trennung von 10 Jahren im vorigen wiedersah, antwortete mir auf die Frage: ob er seinen alten Commilitonen wol wiederkenne: »Jawohl lieber Meier, ich erkannte Dich gleich.« Einige wissen Einem nichts als ein Diner vorzusetzen, noch Andere sind geistig im materiellen Wohlleben untergegangen. Mit Freuden gedenke ich des geistreichen Doctors Carl Ludwig Heise, des liebenswürdigen Richard Godefroy, des biedern Gottfried Geffcken, des poetischen August Schuhmacher und der sich immer gleichbleibenden Gebrüder, Carl und Christian Fleischmann, in deren väterlichen Hause ich auf der Schule schon so viele Güte und Gastfreundschaft genossen hatte. Ich tröste mich oft in Hamburg mit dem, freilich unwahren Satz, den mein ältester Bruder einmal im Unmuth ausstieß, der aber ein gutes Expediens ist wenn man sich in einem Menschen getäuscht sieht. »Distinguendum.« Einige Menschen sind unsterblich und einige sind es nicht.
Uebrigens thut man weise daran die geistreichsten Menschen in Hamburg unter dem Kaufmannsstande zu suchen, nicht unter den im Durchschnitt sehr materiell gewordenen Gelehrten.
Die Dänischen Postwagen. Ankunft in Kiel. Der Compagnie-Chirurgus E.......... Harms. Kiel. Das Hoch der Studenten. Das Vogelschießen. Das Hazardspiel. Steffens. Junker Slenz. Die Advocaten D—s und D—r. Meine Botschaft als Secundant. Landfriedensbruch und Wegelagerung. Citation vor das Arctius.
Zu den Ueberresten der Tortur gehörten damals die Dänischen Diliganzen, welche aus offnen Leiterwagen bestanden, auf denen nur der Conducteur auf dem Wege von Altona nach Copenhagen, einen ledernen Stuhl hatte, worauf man den Ehrenplatz 163 bei demselben oft auf Wochen im Voraus belegte, und durch Freihalten des Schirrmeisters, während fünf Tage und fünf Nächte, dankbar in der höchsten Potenz vergütete. Und um diesen elenden, menschenmörderischen Posten bewarben sich bei jedesmaligen Vacanz Hunderte, — ich will nur an den ehemaligen Kapitain »Kurzhals« erinnern, der entweder die letzte Silbe seines Namens oder ein paar Male den Arm in seinem Dienste gebrochen hat, was in der Regel freilich jedem seiner Collegen passirte. Noch ärger war es indessen mit dem Mecklenburg-Schwerin’schen Postwagen nach Hamburg, auf dem ich mir, ein langer, dünner Primaner, ein menschliches Ausrufungszeichen, im Jahre 1815, einen Platz von Ratzeburg aus, und zwar, nach dem Dänischen Präjudiz, bei’m Conducteur erwirkt hatte. Dieser hatte aber nicht einmal eine sella curulis, war aber ein vierschrötiger Mann, in eine so große Menge Mantel eingewickelt, das diese mich fast schon meines dürftigen Sitzes beraubten. Kaum war er, auf dem einst da gewesenen sich immer wieder geltend machenden Steinpflaster ruhig eingeschlafen, so lehnte er sich sogar auf mich, und setzte mich die ganze Nacht in den Nothstand, ihn mir vom Leibe oder vielmehr wie ein Kind, wenn auch ein sehr vergrößertes, in meinem Arm zu halten — —
Nach einer regnerischen Nacht, welche ich auf einem gottverfluchten Postwagen zugebracht hatte, langte ich gegen Mittag in Kiel an. Ich hatte nichts Eiligeres zu thun, als meinen Bruder, den Historiker aufzusuchen, der mir zwar schon auf der Straße begegnete, mich aber nicht recht erkannte. Zum Theil mochte mein Wachsthum, zum Theil auch meine etwas ehrwürdige Garderobe daran Schuld sein. Er rief mich beim Zunamen, von dem er, als ich aufhorchte, auf den Vornamen überging; dann führte er mich in seine Wohnung, welche er in dem Hause eines alten Compagniechirurgen E........., von einigen achtzig Jahren hatte, zu einem alten Mann der auf eine bewundrungswürdige Weise seine angeborne Unwissenheit neben einer sehr tüchtigen körperlichen Gesundheit conservirt hatte. Der Greis von ehrwürdigem Aeußern war auf eine humoristische Weise in jedem Gebiet des Geistes, selbst in dem der Religion mit sich fertig; seit dem schweren Winter von 1788 hatte er kein medizinisches Werk mehr gelesen. Von Harms, der damals ganz Holstein bewegte, pflegte er zu sagen: »Der Harms soll sehr gut predigen, und wie man sagt, eine sehr brave neue Religion erfunden haben, welche die Menschen zu sehr guten Dingen anhalten soll. Allein ich müßte doch ein niederträchtiger Kerl sein 165 wenn ich mich in meinen Jahren noch bessern wollte.
Ueber Harms habe ich in meinem Aufsatz »Holstein zu meiner Zeit,« welcher im ersten Theil der kürzlich erschienenen Pandora, manches in die Lesewelt geschickt, das selbst durch die Kirchenzeitung und andere Journale zu sehr in der Lesewelt verbreitet ist, als daß ich es wagen sollte, es abermals ihren Augen hier vorzuführen. Indessen wird es mir vergönnt sein, um der Vollständigkeit meiner humoristischen Erinnerungen aus jenen Jahren willen, hier einen Passus aus jenen Skizzen einzuschalten.
»Die Hauptstadt des Herzogthums Holstein ist Kiel, welches an einem Busen der Ostsee liegt. Die Bewohner treiben einen ausgebreiteten Handel und Schiffahrt, und unterhalten Tabacks-, Zucker-, und andere Fabriken. Kiel hat 10,000 Einwohner, und war bis 1773 die Hauptstadt des gottorpschen (kaiserl. russischen) Antheils am Herzogthum Holstein, welcher im genannten Jahre gegen Oldenburg und Delmenhorst an Dänemark vertauscht wurde. Die Universität ward 1665 vom Herzoge Christian Albrecht von Holstein gestiftet, weshalb sie auch Christiana Albertina heißt, und zählt etwa 300 Studirende. Diese sind mit ausgedehnten Privilegien versehen, welche, wenn ich 166 nicht irre, von der russischen Kaiserin Katharina herstammen. Zu diesen gehört denn auch ein sogenanntes »Hoch«, welches bei feierlichen Gelegenheiten, als Anwesenheit des Königs von Dänemark in Holstein, Universitätsjubiläen, u. dgl. m. von den Studenten gebracht wird. Diese wählen alsdann einen Generalbeschließer, welche drei Tage nach demselben diese Würde bekleiden, Generals-Uniform tragen, den Titel »Excellenz« führen und als solche nicht bloß die militairischen Honneurs genießen, sondern auch bei Anwesenheit Sr. Maj. des Königs als Excellenzen zur Tafel gezogen werden.[9] Sämmtliche Studenten, welche eine recht geschmackvolle Uniform tragen dürfen, erscheinen alsdann in solchen. Da ist aber dann streng militairische Disciplin eingeführt, das trauliche »Du«, das Smollis aufgehoben, und Alles bewegt sich in den unnatürlichen Formen militairischer Etiquette. Nur eine Amme machte zu mei 167 ner Zeit einen Verstoß dagegen. Sie hatte gehört, daß ihr Säugling, der Sohn eines reichen Postmeisters, die ehrenvolle Charge eines Generalanführers bekleidete, in einem großen, auf sieben Tage gemietheten Palais wohne und machte sich daher zu Fuß auf, um ihre Helden in Friedenszeiten zu bewundern. Sie achtete nicht des Adjutanten im Vorzimmer, welcher sie erst melden wollte. »Ich bin seine Amme« rief sie, Alles fortstoßend, was ihr in den Weg trat, und gelangte so in das vornehmste Zimmer, wo ihr Abgott den städtischen Behörden eben eine Audienz ertheilte. Sie trat sofort neben den General, den alsbald Stolz und Dankbarkeit zu geniren anfingen, und rief endlich: »Peter, Peter, wat bist du schön und förnehm! Schade is et, dat de Ehre man söben Dage duhrt; wenn ick de König were ick leet di so.« (Schade, daß die Ehre nur sieben Tage dauert; wenn ich der König wäre, ich ließe Dich so.) — Die Ehre, eine solche Charge zu bekleiden, wird freilich von den Eltern theuer bezahlt, und schlägt man diese siebentägige Ehre meistens auf eben so viele hundert Thaler an.
»Die Kieler Einwohner entwickeln in Beziehung auf ihre Lebenslust einen süddeutschen Character. Die Vergnügungsörter in und um die Stadt sind meistens von Besuchern erfüllt; namentlich wird 168 die Schießkunst von allen Ständen exercert, so daß es nicht selten vorkommt, daß man in dem Kieler Wochenblatt an demselben Tage, in denselben Umkreise von einer Meile sieben bis acht Vogel- resp. Scheibenschießen angekündigt findet. Der Preis des besten Schusses ist sehr verschieden, und sinkt von bedeutenden Silbersachen bis zu einigen Pfunden Aale hinab, welche die ärmeren Fischer dem Sieger erkennen. Die Stadt Kiel hat eine grüne Schützengarde, von der sich auszuschließen zu meiner Zeit den Schimpf des Bankerotts noch überstieg. Als die alte Mutter eines dieser Gardisten zum Erstaunen des Lombardverwalters das beste Weißzeug des Hauses versetzen wollte, und dieser hierüber seine Verwundrung äußerte, antwortete sie mit derselben Ruhe, womit ein Vernünftiger die Wirkung einer Naturnotwendigkeit anerkennt: »Et is ja dat Vagelscheten.«
Während des Umschlags fehlt auch nicht das Hazardspiel. Der Kammerherr und Oberst v. T., den sein Onkel, der reichste Privatmann in Holstein, wegen dieser Sorte Industrie enterbt hatte, ließ in drei Kaffeehäusern Bank halten, und verschmähte es selbst nicht, die ritterlichen Finger zum Abschlag einer Taille in Bewegung zu setzen. Wahrlich, es ist eine Schande, daß Deutschland im 19. Jahr 169 hundert solche Glücksritter duldet, daß Fürsten sie bebändern und zur Tafel ziehen, was jeder ehrliche Schinder zehnhundertmal eher verdient, als diese Agenten der Hölle. Und können diese Ungeheuer einmal nicht entbehrt werden, warum belastet man sie nicht mit der Infamie ihres Geschäfts, wie einst ungerechter Weise die Freiknechte, Müller, Leineweber und Schweineschneider anrüchig waren? Warum erlaubt man ihnen in den Bädern an der Table d’hote zu speisen, und in den Promenaden gleich andern ehrlichen Leuten zu wandeln? Warum tragen sie nicht ein polizeiliches Abzeichen? Warum sind sie nicht in Wachstuch vernäht, wie es Leuten zukömmt, welche Pestkranke herumschleppen? — Wahrlich ich sage Euch, Ihr Fürsten! Ihr könnt höchstens auf den Titel eines Stiefvaters aber nicht auf den des Landesvaters Anspruch machen, so lange ihr das Spielergezücht in Euren Ländern duldet, ohne es wenigstens durch ein Abzeichen zu beschimpfen. Glaubt mir, der Gegenstand ist wichtig genug, um meine Worte zu beherzigen, und möchte sich gar wohl zu einer vertraulichen Sitzung des Bundestages eignen.
Unter den Professoren meiner Zeit ist außer dem humoristischen Pfaff, dem vielgeliebten Dahlmann, dem Menschen rettenden Ritter, vor allen Dingen der Statsrath Cramer zu merken, 170 der sowohl als Jurist wie als Philolog eine der ersten Stellen auf deutschen Kathedern einnahm. Nie habe ich ein fertigeres und schöneres Latein als von ihm gehört. Dabei war er ungemein launig. Als einst ein Student, seinem vortrefflichen L’hombrespiele zusehend, mit dem Gesichte fast auf dessen Schultern ruhte, zog Cramer mit der größten Ruhe sein Sacktuch aus der Tasche, und ergriff damit die Nase des Studenten, als ob er sie schneuzen wolle, indem er sogleich eine erschrockene Miene affektirte, und sich dann mit den Worten entschuldigte: »Verzeihen Sie mein Herr, ich glaubte, es sei meine Nase.« Mit dem Professor der deutschen Sprache, Adolph Nasser, einem süßflötenden und lispelnden Männchen aber von dem besten Herzen, dem es gar komisch anstand, wenn er das Nibelungenlied erklärte, und sich selber vor der starken Brunhild, welcher die Männer an die Wand aufhing, zu fürchten schien, — hatte Cramer einst L’hombre gespielt, und Nasser, der sein ganzes Geld auf Sonderbarkeiten verwendete, eine bedeutende Summe an ihn verloren. Nasser hatte im besten Glauben das Dreifache seiner Schuld zu zahlen, Cramer eine Gemme gebracht, welche diese zwar lächelnd angenommen hatte, die ihn aber doch veranlaßte vor jeder künftigen Partie mit Nasser zu bemerken: »Herr 171 Professor, wir spielen aber nicht um Steine.« Höchst merkwürdig war es, daß Cramer, der später in Wahnsinn verfiel, ein Werk geschrieben hat, wovon er sich nach erfolgter Heilung nicht das Mindeste erinnerte. Dieses Manuscript, voll von geistlichen Sarkasmen, ist meines Wissens nicht gedruckt, sondern durch Cramers Familie von einem Buchhändler, der es bereits käuflich an sich gebracht hatte, wieder erstanden, und vielleicht für die Nachwelt aufbewahrt.
Die Freigebigkeit und Ungehörigkeit der dänischen Titel zeigte sich auch an einigen Mitgliedern der Universität. Es giebt vielleicht kaum ein friedlicheres Geschäft, als das eines Geburtshelfers. Nichts destoweniger war der eine, Namens Wiedemann, Justizrath, der andere, ein Herr Maas, Kriegsrath.
Die Kieler Studenten theilen sich in solche, welche auch andere Universitäten besucht haben, und in »Kümmeltürken,« welche in Kiel absolviren. Da zu meiner Zeit die Matrikel vom Soldatendienst frei machte, so sah man gar viele Bauerburschen, welche das Geld, das eigentlich einem Stellvertreter gebührt hätte, in Kiel vergeudeten, und später, wie Phocion aus der Schlacht, vom Kommersch zu den Rüben zurückkehrten.
Die ewige Selbstverspottung, worin die Hol 172 steiner zu leben pflegen, und womit sie sich und ihre Landsleute weidlich züchtigen, macht es jeder Individualität schwer, sich auszuzeichnen, und sich als solche geltend zu machen. In einer eng abgeschlossen, geistig etwas langsamen Nationalität, bei der engen Verknüpfung der Persönlichkeit und ihrer Verhältnisse untereinander wo Jeder dem Andern in die Fenster und in den Mund guckt, erzeugt sich leicht jene etwas philisterhafte Vorliebe für die abstracte democratische Gleichheit im Gebiete des Geistigen, und ein Widerwillen gegen jede hervorragende oder überragende Persönlichkeit, die auf der andern Seite wieder die Scheu als solche heraus, ja überhaupt nur frei aufzutreten nach sich zieht. Das erinnert an die Ephesier, die den Hermodorus durch Ostrazismus verbannten, weil unter ihnen keiner besser und geschickter sein solle als die Anderen eben auch. Der Demos von Ephesus sprach also das: »Wir brauchen keine gescheite Leute!« schon über 2000 Jahre vor den guten Holsteinern aus. —
Noch an demselben Abende, da ich in Kiel angelangt war, besuchte ich einen Jugendfreund, den ich für meine Universitätsbekannte hier mit seinem Spitznamen, Junker »Slenz«[10] bezeichnen 173 will. Slenz war eine ehrliche Haut, voll Mutterwitz, allein kein Verehrer vom Brodstudium. Und doch konnte er, wenn gleich von einer sehr angesehenen Familie, dem Examen in Schleswig nicht entgehen. Er lebte daher jetzt in Düsternbrock bei dem Kaffetier Bruhn, woselbst er »ochsen,« (der technischem Ausdruck der Studenten für »fleißig sein«) wollte. Allein des Morgens schadeten die Katzen dem Ochsen. Denn Slenz hatte die Manier, sobald er irgend einer Katze ansichtig wurde, und in Düsternbrock war grade ihr Congreßplatz, auf dem sich damals schon viele mit Frühlingsahnung einfanden, — sie mit seiner Flinte zu verfolgen, wobei er denn seine Abhandlung über den »salvum conductum« denn oft ganze Stunden suspendirte. Am Nachmittag aber zogen die kneiplustigen Musensöhne den oben meditirenden Candidaten mit mehr als 174 Katzengewalt, wieder als alten Burschen in ihre Zirkel hinunter, wo sie seinen ritterlichen Burschenthaten und Erzählungen, in denen viel Wahrheit und viel Dichtung war, zuhorchten.
Ich traf Slenz auf seinem Zimmer im wissenschaftlichen Gespräch mit dem biedern und gelehrten Doctor Steffens, meinem Universitätsfreunde von Heidelberg her, dessen Verdienste um des Examensfieber der Holsteiner und Schleswiger, welche fünf Tage ein mündliches und ebenso lange ein schriftliches Examen bestehen müssen, ein unsterbliches genannt werden kann. Meine Erscheinung störte natürlich Slenz wieder in seiner juristischen Verpuppung, ich mußte Nachrichten über den Stand der Burschenschaften, über die Zahl des Corps, über den Biercomment, über die Art und Weise wie man losging, (sich duellirte,) über die Existenz einiger hübschen Philistertöchter, ob man grüne und weiße Fläuse trage, und dergleichen Dinge von Wichtigkeit mehr, geben.
Steffens war schon längst fort, als wir noch im eifrigsten Gespräche waren. Slenz erzählte grade von der berühmten Stürzerei, wo mein Freund v. H. in Göttingen siebzehn Kurländer gefodert hatte, weil diese sich nachtheilig über einen Freund von ihm geäußert hatten, als es ungestüm an die Thüre pochte, und ohne das »Herein« abzu 175 warten, ein kurzer kräftiger Vierziger, sichtbar erhitzt, mit funkelnden Augen herein trat.
»Herr von Slenz,« rief er aus, »ich bitte daß Sie mir secundiren, daß Sie den verdammten D—r fodern.«
»Haben Sie endlich mit ihm angebunden? Hat er Sie endlich touchirt?« versetzte mein Freund.
»Freilich hat er das. Er hat mich einen niederträchtigen Kerl genannt,« versetzte der Fremde. »Aber er soll es mir büßen. Fodern Sie ihn ja nur morgen früh, liebster Herr von Slenz. Meine Ehre brennt mir, ich muß sie in Blut abwaschen.«
»Sie wissen mein lieber Herr D—r,« versetzte Herr von Slenz, »daß ich mich mit Paukereien gar nicht abgebe, weil ich ochse. Zudem habe ich schon mehrere Male das consilium unterschrieben, und möchte nicht gern vor dem Examen wieder in eine solche Suite verwickelt werden.
»Aber da ist hier mein Freund, der thut das gleich. Der hat noch keine Stunde Carcer gehabt (Nich wahr lüt Tedor, Du deihst dat glick? Nicht wahr kleiner Theodor du thust das gleich?)« fuhr er gegen mich gewendet fort.
Slenz sprach nur plattdeutsch, wenn er Geld borgen oder Jemanden sonst überreden wollte.
»Ich muß doch die Herren miteinander bekannt machen,« endete er.
»Der Herr Obergerichtsanwald D—s, ein braver couragöser Philister, der geistig immer Bursch geblieben und Herr Theodor v. Kobbe, Secretair und Deputirter der Heidelberger Burschenschaft, Eminenz der Heidelberger Cerevisia.«
»Da mein Freund Slenz es wünscht, so will ich die Herausfoderung überbringen,« sprach ich nach dem Sprichwort, qui cito dat, bis dat, schnell, aber nicht ohne einige Verstimmung. — Es galt aber doch auch in Kiel forsch zu debütiren, ich erkannte eine burschikose Notwendigkeit an.
O Sie Goldmann! rief D—r. Sie schaffen mir meine Ehre wieder! —
»Ich glaube nicht, daß der Kerl überall sich schlägt,« bemerkte Slenz.
»Muß, muß, muß, muß,« protestirte D—r. Auf Pistolen oder Degen, einerlei. Eine Narbe soll ihm schon gut stehen, in seinem fieberhaften Basiliogesicht. Wann befehlen Sie morgen frühe, daß ich zu Ihnen komme und Sie näher instruire?«
»Um acht Uhr stehe ich zu Dienste,« versetzte ich. Die acht Schläge waren noch nicht verklungen, als D—s in mein Zimmer trat. Nach einigen Minu 177 ten führte er mich vor die Wohnung des Advokaten D—r.
D—s war von einer angesehenen Kieler Patrifamilie. Auf dem Hinwege sprach er bei vielen seiner Jugendfreunde vor und erzählte ihnen, daß ich jetzt im Begriff sei, den Injurianten D—r zu fodern. Diese Mittheilung schien übrigens nicht viel Sympathie zu erregen, was mich verdroß. — Indessen, wer A gesagt hat muß B sagen, und geschah ja Alles aus Liebe für Slenz.
D—r war ein reicher Advokat. Man schätzte seinen Verdienst auf 8000 Rt. jährlich. Das war übrigens noch nicht das Meiste, welches ein Anwald verdiente. Der Advokat Adler in Altona hatte sogar eine jährliche Einnahme von 20000 Rt. angegeben, deren saurer Erwerb ihm freilich auch am Ende den Verstand kostete. — Zum Theil verdienten diese Herrn, und thun es noch, diese Summen durch Geldgeschäfte. Inzwischen wußten sie auch die juristischen Arbeiten schnell zu improvisiren. Der Advokat Hagemeister in Kiel, vulgo von den Bauern ohne alle Ironie »Hagelmeister« genannt, kam einmal in ein Gasthaus nach Neumunster, wohin sogleich mehrere Eingesessene des Ortes strömten, welche beim Landgericht einen Prozeß verloren, ihm das Urtheil zeigten und ihn um 178 Rath fragten, ob sie appelliren sollten, und ob er in zweiter Instanz ihre Sache beim Glückstädter Obergericht führen wolle.
»Kinder,« erwiederte Hagemeister theilnehmend »ich habe gestern Abend schon von dem unglücklichen und unvernünftigen Urtheil gehört« — und nun las er aus seinen mitgebrachten Papieren, die einen ganz andern Gegenstand betrafen, und die vor dem Neumünster Amt verhandelt werden sollten, indem er dann und wann umblätterte, den horchenden triumphirenden am Ende ihren Prozeß im Geiste schon gewonnen habenden Bauern eine Deduction, ganz aus der Luft gegriffen vor, — so daß diese begeistert ausriefen: »Bravo, Herr Hagelmeister! dat schall Ihr Schad’ nich syn dat Se disse Nacht vör uns schreben hebbt.« — »Bravo Herr Hagelmeister! das soll Ihr Schaden nicht sein, daß Sie diese Nacht für uns geschrieben haben.« — — —
Ich trat also in D—r.’s Haus. Ein gallonirter Bediente meldete mich. Ich wurde in ein Staatszimmer geführt, in welches auch der Herr alsbald eintrat.
»Sind Sie nicht, lieber Herr von Kobbe! ein Neveu von Grafen R.?« Mit diesen Worten empfing er mich. Ich nickte bejahend. —
»Wie freue ich mich, Sie kennen zu lernen?« 179 fuhr er verbindlich fort? »Mein Schwager K., der damals ein Sekretair Ihres Herrn Onkels war, hat mir hundert Male von Ihnen erzählt, namentlich von einer Travestie der Glocke, die Sie schon als Schüler verfertigt haben und die so allerliebst sein soll. Wie lange sind Sie schon in Kiel?«
»Seit gestern,« versetzte ich bald unmuthig über die Tücke des Schicksals, die mich zu einem tantalischen Nicht-Frühstück eingeladen hatte, denn sofort schellte D—r. und bestellte bei dem so schnell eintretenden wie verschwindenden Diener Austern und Madeira. —
Ich deprecirte.
»Setzen wir uns, Sie müssen eine Kleinigkeit bei mir genießen. Ich lasse Sie nicht.«
Er zog mich auf das Sopha. —
»Herr D—r« unterbrach ich ihn in einer komisch verdrießlichen Stimmung, »es thut mir leid, allein ich darf hier im Hause nichts annehmen und nichts fordern, als Sie selbst. —«
»Wie so? lieber Herr von Kobbe. —«
»Ich soll Sie vom Advokaten D—s. auf Pistolen oder Degen, gleich viel wie, fordern.«
»So?« rief D—r. gedehnt. »Aber darf ich fragen, wie Sie zu der Bekanntschaft des Herrn D—s. kommen?«
In dem Augenblick servirte der Famulus Austern und Dry-Madeira. Herr D—r nöthigte kalt, ich dankte warm. Die Frage durfte ich nicht beantworten. — Slenz hatte mir verboten, seiner Intervention zu gedenken. — Ich drang daher, wie ein Gesandter am Türkischen Hofe auf eine unumwundene Erklärung.
»Wenn Herr D—s,« fuhr Provocat feierlich fort »erst den Schimpf ausgewetzt hat, der ihm dadurch geworden, daß ihn der Advokat Hagemeister vor 20 Jahren die Treppe hinunter geworfen, wenn und wenn — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — und wenn — — — — — — — — — — — — — — —«
Alle Vordersätze enthielten lauter Vorwürfe, nach denen D—s noch alte Scandäler auf sich sitzen lassen habe, was ich freilich noch bis zur Stunde von D—s. Persönlichkeit nicht glaube, und andere Criminationen, von denen ich übrigens noch eine sehr ergötzliche zu erzählen weiß. Sie enthält nämlich eine Anweisung, wie man angesehenen Staatsdienern und Magistratspersonen Ohrfeigen austheilen kann, ohne befürchten zu brauchen, deßhalb zur Verantwortung gezogen zu werden, und geht von der wahren Voraussetzung aus, daß die meisten 181 Staatsdiener, und grade den höchst gestellten, am Besten besoldeten und so zu sagen verzogenen am Ersten einmal eine ungebührliche Aeußerung über ihren Landesherrn entfährt.[11]
D—s soll nämlich gegen einen frühern längst verstorbenen Bürgermeister, eine große Malice gehabt und nun einen Moment abgewartet haben, wo dieser in No 1, dem Professoren und Philister-Zimmer, des Bruhnschen Kaffeehauses zu Düsternbrock ein Sprudelkopf sich etwas ungezogen über die Dänische Majestät ausgedrückt hatte, dann aber sofort dem Bürgermeister coeram multis testibus eine heftige Ohrfeige applicirt haben, die er noch durch die Worte gepfeffert hatte: »Ich sehe ein, ich habe mich übereilt, verklagen Sie mich immer hin, Herr Bürgermeister! allein ich kann es nicht hören, wenn man auf meinen König schimpft. Ich will gerne Strafe leiden, wenn der mich nicht begnadigt, um dessen willen ich sie verwirkt habe.«
D—r concludirte endlich nach allen »Wenns« dahin, daß, wenn alle diese »Wenns« nicht wären, 182 er nicht ermangeln würde, dem Hrn. D—s die verlangte Satisfaction auf Degen oder Pistolen zu ertheilen.
Mit dieser betrübenden Wendung eilte ich sehr verstimmt davon. Ich beklagte meine Voreiligkeit, die mich übrigens seit Lebzeiten gewitzigt hat, — und berichtete dem Hrn. D—s und seiner ihn umgebenden Schaar getreulich die Gründe, welche Hrn. D—r bewögen, die von mir geschehenen Forderung zu verweigern.
»O über den Cujon!« lachte D—s — »er glaubt, eine exceptio litis ingressum impediens zu haben. Allein das soll ihm nichts helfen, Herr von Kobbe, ich räche Sie und mich eclatant.«
Ich ging zu Hause und mußte zu dem unglücklichen Feldzug noch die verdienten Vorwürfe meines Bruders, mich auf die Geschichte überall eingelassen zu haben, ertragen.
Von dem Augenblick an entschloß ich mich, jedem burschikosen Treiben zu entsagen. Wer mein academisches Leben von jetzt an verfolgt, wird mir das Zeugniß anhaltenden Fleißes nicht versagen. Ich war aber auch recht sehr zurück, ich mußte wol mit drei bis vier Studentenkraft arbeiten, und habe es am Ende doch nicht weit gebracht, weil ich sehr kränklich wurde. Ich bekam nämlich die gallopirende Schwindsucht, die mein vortrefflicher Arzt, der 183 Doktor Ritter, dessen Liebe oder Kunst ich mein Leben verdanke, erst in den Trab, dann in Schritt setzte und die mich endlich aus Langeweile gänzlich verließ. —
Die Geschichte mit dem Advokaten ist noch nicht aus. Am ersten schönen Frühlingstage ging D—r im Schloßgarten. Bald darauf hörte man Hülfe rufen. Der Rathsdiener, welcher sich in der Nähe auch auf einem Spatziergange von der Sonne bescheinen ließ, und überhaupt gerne bei Verhinderung des Hochweisen Senats das Geschäft eines Friedensrichters übernahm, folgte unverzüglich dem Angstgeschrei und fand: — — — — — Man hörte ihn, sobald er in das Dickicht getreten war, ausrufen:
»Im Namen Seiner Majestät des Königs Friedrich des Sechsten von Dänemark, Erben von Schweden und Norwegen, Herrn von Ditmarsen, Wagrien, Stomarn Administrator[12] der Grafschaft Ranzau u. s. w. u. s. w. beschwöre ich Sie, meine sehr verehrtesten 184 Herren Obergerichtsadvocaten! nicht den Landfrieden durch handgreifliche Betastungen, welche durchaus dem Charakter von Realinjurien an sich zu tragen den Anschein gewinnen möchten, zu stören und nicht den Schloßgarten Seiner Majestät diesen durch und durch befriedeten geheiligten Ort, durch solche Acte unfreiwilliger Gerichtsbarkeit zu entweihen.« —
Am andern Tage hieß es in Kiel, der Advocat D—r sei gestern vom Advocat D—s im Schloßgarten angefallen und gemißhandelt worden. Nur die Intervention des rechtskundigen Rathsdieners habe größeres Unglück verhütet.
Der Advocat D—r reichte sofort eine Denunciation wegen Landfriedenbruchs und Wegelagerung bei dem competenten foro des delicti commissi ein. Wir, der Rechtswissenschaft Beflissene, fanden die erste Beschuldigung doch zu sehr übertrieben und waren der Meinung, daß zum Landfriedensbruch doch wenigstens ein Pluralis gehöre.
Ein halbes Jahr darauf wurde ich vor das arctius citirt, welches, wenn ich nicht irre, aus der Quintessenz, wenigstens aus fünfen des academischen Senats bestand.
Ich wurde aufgefordert, zu erzählen, welch eine Bewandtniß es mit einer angeblich von mir über 185 brachten Forderung des Advocaten D—s an den Herrn Advocaten D—r habe.
Ich referirte dem arctius die Sache, wie jetzt dem verehrten Leser, und wünsche bei dem letzten dieselbe unverbissene Hilarität zu erwecken, die ich damals bei den ehrwürdigen Vätern zu erregen schien. Als diese indessen in ein nicht länger verhaltbares Lachen ausbrechen wollten, mußte ich abtreten.
Nach wenigen Minuten wurde ich wieder vorgerufen. Ich befürchtete innerlich jetzt, die erste academische Rüge zu erhalten. — Denn wenn ich ja einmal in Heidelberg hier und da eine verdient hatte, so pflegte ich reiche, auch im Philisterio dereinst unabhängige Füchse hin zu schicken, die von der Natur dazu construirt waren, einen Tag Carcer zu ihren Lebensfreuden zu rechnen, und Nichts eifriger zu thun hatten, als solche und ähnliche Memorabilien zu sammeln, um sie dereinst als Rittergutsbesitzer, oder im Besitz städtischer Ehrenposten beim Glase Champagner wieder zu erzählen.
»Der arctius kann nicht umhin,« begann der Vorsitzende der Burschen-Hermandad, »Sie, lieber Herr von Kobbe! darauf aufmerksam zu machen, wie nahe Sie daran gewesen wären, die Gesetze zu übertreten, wenn die Forderung des Advocaten D—s vom Advocaten D—r angenommen worden wäre.«
Eine solche Nachsicht war mir unerwartet. — Ich dankte für gnädige Nichtstrafe sehr lebhaft.
»Schon gut!« bedeutete man mir.
Allein ich war im Fluß der Rede und kam parlando nimmer mehr hinein. Meine Dankbarkeit wurde immer gränzenloser. Mir war zu Muthe, als ob ich inspirirt werde. Ich stieg immer höher in meinem Lobe. Ich verglich, wenn ich nicht irre, die Gerechtigkeitsliebe meiner Professoren mit der der unterirdischen Oberappellationsräthe Minos und Consorten, ihre Güte mit der himmlischen Indulgenz. — Da klingelte zuletzt der Präsident, und befahl dem Pedell, mich ohne Weiteres in’s Carcer zu sperren, wenn ich noch ein Wort des Lobes rede.
Glücklicherweise fiel mir der Satz ein:
Ich schwieg und zog von dannen.
Mein sehr gutes Kieler Zeugniß enthält keinen Tadel über die versuchte Kanonisirung ihres arctius.
Ich aber muß noch in meinen alten Tagen darüber lachen, wenn ich daran denke, wie den fünf Professoren, deren Stand gewöhnlich viel Lob vertragen kann, einem nach dem andern dasselbe doch zu arg wurde.
Burchardi. Des Vaters Tod. Die Brüder. Santo. Dr. O., der Würgengel. Fischer. Heinrich. Schluß. —
Der Professor Burchardi wollte damals promoviren und veranlaßte mich, ihm zu opponiren.
Ich war von Rendsburg, wo ich daselbst zum Besuch bei meinem Vater gewesen, nach Kiel zurückgekehrt. Am Vorabende wurde ich mit meinem ältern Bruder von einem Ball, der auf dem Schlosse gegeben wurde, abberufen, und erfuhren wir jetzt, daß unser guter unser vortrefflicher Vater, ein Engel in Menschengestalt, todt auf dem Markte in Rendsburg niedergesunken sei.
Am andern Tage erschien mein zweiter Bruder, der vier Jahre mit der alliirten Armee in Frankreich gewesen war. Nach mehrjähriger Trennung sahen wir uns Drei an der Leiche des Vaters wieder.
Es kam mir bei dem Wiedersehen vor, als ob der Vater aus Liebe und Erbarmen erwachen wollte. — Allein ich irrte mich! — Wir haben für unsere »Liebe zu ihm, für unsern Schmerz um ihn keine Worte«, endete unsere Anzeige seines Todes. Ganz Rendsburg trauerte um ihn, und es thut mir noch wohl, dieser Stadt in Liebe zu gedenken. Ich grüße Euch, Ihr Freunde des Vaters! —
Wir drei Brüder zogen jetzt zusammen nach Kiel. Ich hatte das Glück, ihr Lehrer im Lateinischen zu werden. Sie überflügelten mich bald. Der älteste hat jetzt eine römische Geschichte geschrieben, welche die von Niebuhr in so mancher Hinsicht entstellte Vulgata restituiren wird; der zweite hat jetzt seine zweite Ausgabe einer vortrefflichen Uebersetzung des Ciceros über den Staat besorgt. Beide waren früher dänische Offiziere. Mit Brüdern renommiren, ist verzeihlich. Mit mir selbst kann ich das leider nicht. —
In Kiel hatten wir einen Bekannten von einer der angesehensten Familien Holsteins, die aber verarmt war. Der junge Mann war uns früher, da 189 sein Vater noch nicht einen Prozeß verloren, der ihn um sein ganzes Vermögen gebracht, von alten Tanten als ein Muster vorgestellt worden, sogar von seinem ehemaligen Lehrer, der ihn übrigens nichts gelehrt hatte, wenn auch nur aus dem Grunde, daß er selbst nichts wußte.
Dieses ehemalige Vorbild besuchte uns täglich. Da wir gewöhnlich beschäftigt waren, mußte er fast immer lesen bis zum Thee, bei dem wir nach vierzehnstündiger Arbeit ruhten. Er nahm gewöhnlich den dänischen Staatskalender, in den er übrigens selbst nie gekommen ist zur Hand.
Eines Tages erzählte er uns, daß er auch auf einen Studentencommersch zu gehen beabsichtige. Sein Vater habe es ihm erlaubt, ihm indessen verboten, Brüderschaft mit Theologen zu trinken. »Denn«, habe er gesagt, »es wäre doch immerhin möglich, daß wir unsere jetzt verpfändeten und in Prozeß befangenen Güter wieder erhielten und daß ein solcher Universitätsfreund einmal unser Pfarrer würde, dann würde sich aber eine Brüderschaft zwischen Euch beiden doch nicht schicken.«
Welche Eventualmaxime!
Jährlich, zur Zeit der Messe, »Kieler Umschlag« genannt, wegen dessen näherer Beschreibung ich gleichfalls auf meinen Aufsatz in der Pandora ver 190 weisen muß, war in Kiel Theater. Der Schauspieldirector Santo war ein vortrefflicher Musikkenner und hätte daher wenigstens etwas für die Oper gethan, wenn er nicht allzu öconomisch gewesen wäre. Er hatte zwei Pflegetöchter, Kinder des verstorbenen Schauspieldirectors Breyther, welche die Lieblinge des Publikums und in specie der Studenten waren, in deren Namen ich im Jahre 1819 noch nach Beendigung des Umschlags vom dermaligen Magnificus, dem sehr liebenswürdigen Professor Falk, die Erlaubniß zu einer Vorstellung, welche zum Benefiz der Breyther’schen Kinder dienen sollte, erbat. — Ich hatte dabei zur Bedingung gemacht, das aufzuführende Quodlibet wählen zu dürfen, und suchte nun lauter Scenen worin meine Protegnes vorzüglich glänzten. Leider hatte die älteste, ein liebliches Mädchen, ihre erste Liebe an einen jungen ausschweifenden Menschen, den Tenoristen und Sohn eines berühmten Hamburger Schauspielers weggeworfen, der, wenn er, was häufig der Fall, von nächtlichen Orgien heiser war, bloß auf der Bühne gesticulirte, während ein anderer Schauspieler, ein Sachse, dem Hände und Füße im Wege standen, zwar nur nicht mit gleich schöner, aber doch mit frischer Stimme, das Alibi, der anderen hinter den Coulissen ergänzte, ohne daß das Kieler Publikum während des ganzen Mark 191 tes diesen Betrug bemerkte. Louise Breyhter wollte aber nicht von ihrem Schatz lassen, ja sie ging in der Nacht nach jenem Benefiz wovon sie indessen wenig bekommen haben mag, mit ihrem Geliebten durch.
Wir hatten alle schon eine halbe Ahnung davon, denn sie sang das Duett:
mit ihrem Geliebten, indem sie auf Santo, der im Theater dirigirte, auf den sie Beide mit dem Finger hinwiesen, in solcher Laune, daß man eine italiänische Oper, worin zwei Liebende und ein geprellter Alter agiren, nur zu lebendig vor Augen sah. Ein donnernder Applaus hatte das liebende Paar vielleicht noch insbesondere zu ihrer leichtsinnigen Reise auf gemeinschaftliche Kosten begeistert.
Einer der witzigsten Studenten war der joviale Dr. med. O.... in Krempe. In der Neujahrsnacht schrieb er an die Thür des damaligen Polizeiministers, der ein braver Mann war, aber etwas zu sehr brevi manu entschied: »Fiat justitia«, und an die Thür dessen Nachbars eines theoretisch sehr gebildeten Arztes, der aber am Krankenlager nicht glücklich war: »Pereat mundus.« Diese für keinen Arzt schmeichelhafte Inscription war für den Beleidigten um so 192 betrübender, als derselbe den Spottnamen Würgengel führte, den er daher hatte, daß er einmal Arzt in einer Ruhrepidemie gewesen war, wo der Familienvater Frau und sieben Kinder verloren. Als nun der Gebeugte, nachdem er die Seinigen begraben, seinen Verlust im Wochenblatt angezeigt, hatte er dies mit den Worten gethan:
was die böse Welt anstatt auf den »Todesengel« auf den »Hausarzt« bezogen hatte. —
Als O.... seine Doctordisputation hielt, opponirte ihm ein jüdischer Mediciner voll Gelehrsamkeit, der ihn namentlich durch seine große Gewandtheit im Lateinsprechen in große Verlegenheit setzte. Als O. zu sehr sich eingeschlossen sah, endete er den ganzen Streit, indem er die ganze Disputation mit den Worten selbst schloß: Sed sat iam verba fecimus, hoc tibi tribuo testimonium te fortissimis pugnatoribus atque adeo Maccabeis esse anumerandum. Hoc tibi concedo. (Wir haben genug geredet, ich stelle Dir aber das Zeugniß aus, daß du zu den tapfersten Kämpfern, ja sogar zu den Makkabaern zu rechnen bist.) Dieses concedire ich Dir.
Der alte um das holsteinische Partikularrecht sehr verdiente Schrader war eben verstorben. Da der alte Professor gewöhnlich seine Vorlesungen mit 193 den Worten: »Meine Herren? ich will Ihnen einen cosus für einen casus verzählen,« angefangen hatte, so war ihm der Spitznamen Herr »Cosus« seiner Frau der »cosa« geworden. Die Söhne und Töchter wurden aber respective cosellus und cosella genannt. —
Ein interessanter Lehrer war der alte Anatom Fischer, bei dem ich die medicina forensis hörte die er mit einem ungemeinen Humor docirte. Seltsam war sein Ernst, wenn er auf die Todesstrafen kam, von denen er nur das Ertränken und den Tod des Hängens statuirt wissen wollte und uns fast allen das Wort abnahm, wenn wir dereinst in unserm Beruf darauf zu wirken im Stande sein würden, nur diese Arten den Menschen vom Leben zum Tode zu bringen einzuführen. »Das Messer, die Guillotine,« pflegte er zu sagen, »giebt zwar einen momentanen Tod, allein der Schmerz ist ein so ungeheurer, daß der tausendste Theil hinreichen würde, um einen Menschen zu tödten, während die vom Strick geschnittenen und aus dem Wasser gezogenen Scheintodten welche wieder in das Leben zurück gerufen sind, Alle bezeugen, daß sie ohne Schmerz und ohne Angst in den Zustand der Bewußtlosigkeit gesunken sind. — Diese Bemerkung überantworte ich den Gesetzgebern und Machthabern zur Erwägung.«
Uebrigens war Fischer zu jener Zeit in einem humoristischen Streit verwickelt. Er hatte an dem Sitzfleisch des später ermordeten Dänischen Ministers v. Q. die glücklichste Operation seines Lebens, durch Beseitigung eines Fistelübels gemacht, und sich dessen unbedingte Dankbarkeit erworben, die sich aber doch opponirte, als der Retter die Krankheitsgeschichte seines hohen Patienten mit dem in Kupfer gestochenen leidenden Theil publiciren wollte. »Der Undankbare,« pflegte Fischer zu sagen, »er will nicht einmal einen unbedeutenden Theil seines Körpers in efigie Preis geben, um damit die Wissenschaft zu bereichern.«
Der Professor Heinrich, einer der berühmtesten Philologen seiner Zeit, hatte damals schon Kiel verlassen. Es waren mehrere Histörchen von ihm im Gange, von denen mir immer die als die komischste erinnerlich ist, daß er, während das Schwedische Hauptquartier in Kiel lag und er Proreiter war, er nach einem fröhlichen Souper, bei dem der Wein oft gekreist hatte, mit dem verstorbenen Dr. L— aus Plön in einen so lauten Wortstreit über das »Thema,« wie viel Füße ein Krebs habe, gerathen sein soll, daß beide von einer schwedischen Patrouille auf die Hauptwache gebracht worden, von wo aus erst ein an den Commandanten geschriebener Brief 195 dem Patriarchen der Studenten seine augenblickliche Freilassung bewirkt haben soll. — So schaden Krebse nicht bloß den Buchhändlern sondern auch den Gelehrten. — Heinrich hatte etwas Imponirendes, das er noch durch eine seltene Kälte zu steigern verstand. Ein junger Mann, den wir A nennen wollen, aufgebracht über einige Ausdrücke, welche der Professor über mehrere Damen geäußert hatte, ging in seine Wohnung, und redete ihn mit den Worten an:
A. »Herr Professor, haben Sie das und das über die und die Dame gesagt?«
H. »Ja.«
A. »Das müssen Sie zurück nehmen?«
H. »Das thue ich nicht.«
A. »Das sollen Sie.«
H. »Das will ich nicht.«
A. »Nun dann weiß ich, was ich zu thun habe.«
H. »Das wissen Sie nicht.«
Und so war es, der junge Mann wußte in der That nicht, was er zu thun hatte. Er schlich von dannen, und die Sache blieb ohne Erfolg. —
Doch es ist Zeit, meine beiden Bändchen zu schließen. Ich hoffe meine academischen Jugendfreunde und Landsleute durch die Erzählung dieser Erinnerungen eine frohe Stunde bereitet zu haben, 196 wie sie mir die Recapitulation meiner Remniscenzen verursacht hat, und damit ist mein Zweck erreicht. —
Ich habe nur etwa noch hinzuzufügen, daß ich jetzt schon 20 Jahre im Oldenburgischen Dienst stehe, und das Glück habe, unter einem Fürsten zu leben, der Seinesgleichen wie Seinen Unterthanen ein unerreichtes Vorbild an Güte des Herzens bleibt. — Diese Hände bezeugen dabei, daß sie Namens Seiner Hohen Gemahlin mehr Gold als sie fassen können, erhalten haben, um Thränen des Schmerzes und Kummers zu lindern und längst versiegte Freudenthränen hervor zu rufen. Von dieser letzten Sorte wird meine Herrin dereinst einen Halsschmuck im Paradiese tragen. Ich fürchte nicht der Kriecherei gezüchtigt zu werden, wenn ich solch Zeugniß hier öffentlich ablege, ja, daß ich dies öffentlich und unbefangen kann, spricht für meine Freisinnigkeit und innere Unabhängigkeit.
Einen sauren Richterdienst verwaltend, habe ich nur sehr wenige Freistunden, welche meine Muse oder meine Freunde deren ich mehrere und vortreffliche besitze, in Anspruch nehmen. Ich habe die Liebe für die Welt, und meinen Respect vor dem Himmel frisch behalten wie ich beide von Kindheit her im Herzen trug, lache und weine dabei über die Thorheit des Menschen und werde mein Rittergut, das ich nächstens in der Lotterie gewinne, »Heraclitsruhe« und 197 »Demokritslust« nennen. Mein Jugendland Holstein liegt wie eine glückliche Insel vor den Blicken meiner Erinnerung, nichts desto weniger fühle ich mich ganz Oldenburgisch, und weiche in dieser Gesinnung keinem Eingebornen, gebe einigen sogar auf die Parthie Patriotismus mehrere Points vor.
Für dießmal schließe ich. Mein nächstes Werkchen wird über Prießnitz und Gräfenberg im Jahre 1840 handeln.
Ende des zweiten und letzten Bändchens.
Beim Verleger dieses ist ferner erschienen:
Kobbe, Theod. von, die Schweden im Kloster zu Uetersen: Historischer Roman. 8. 1830.
1 Rt. 4 ggr.
— — humoristische Skizzen und Bilder. 8. 1831. geh.
21 ggr.
— — Die Leier der Meister in den Händen des Jüngers, oder: achtzehn Gedichte in fremder Manier, und eins in eigener. gr. 8. 1826.
12 ggr.
— — Reiseskizzen aus Belgien und Frankreich. Nebst einer Novelle, der anonyme Brief. 8. 1835. brosch.
— — Wesernymphe. Novellen und Erzählungen. gr. 8. 1831, brosch.
1 Rt. 8 ggr.
— — Briefe über Helgoland, nebst poetischen und prosaischen Versuchen in der dortigen Mundart. 1840. brosch.
12 ggr.
Sodann erschien so eben:
Greverus, Reiselust in Ideen und Bildern aus Italien und Griechenland. 2 Bde.
1r Bd.: Reise in Italien
1 Rt. 12 ggr.
2r Bd.: Reise in Griechenland.
1 Rt. 12 ggr.
Gall, Ferd. v., Reise durch Schweden. 2 Bde.
1 Rt. 16 ggr.
Fußnoten:
[1] Ich verstehe darunter die Menschen vom Regiment »Lieblosigkeit.«
[2] Ich habe schon anderweitig bemerkt, daß die Namen der Wirthshäuser bei Hamburg größtentheils vom Anhalten der Pferde hergenommen sind, als Luhrop (Laur auf), Stahwedder (Steh wieder), Jappob (Japp auf), Kruppunner (Kriech unter), und Oha.
[3] Die Personen sind: Thraso, ein Offizier. Gnatho, dessen Schmarotzer. Parmeno, ein Diener des Phädria.
[4] Senex depontanus. Ein Greis, der nicht mehr über die Brücke zu den Volkscomitien gehen durfte.
[5] Name des damaligen Custos.
[6] Die Anspielung ist etwas à la Pater Abraham a Santa Clara. Dieser predigte: »Es giebt allerhand Narren: Tanznarren, Freßnarren, Hofnarren, Spielnarren, Saufnarren, Geldnarren. Daher steht auch geschrieben: Narraverunt patres et nos narravimus omnes.«
[7] Die Bäckergesellen hatten sich dermalen mit ihren Meistern veruneinigt und waren ausgezogen gewesen, jedoch nach stattgehabter Vereinigung zurückgekehrt.
[8] Und diese Zeit wandte der Director der Altonaer Schule Professor Struve, den bekannten Virgil’schen Vers
sehr glücklich parodirend auf Hamburg und Altona an:
[9] Das Verlangen der Musensöhne, ihre Siebentagsfliegen Excellenzen mit einer Schildwache vor ihren Häusern zu ehren, wurde in Gnaden abgeschlagen. Dagegen ritten sie, mit den Rang eines Generallieutnants bekleidet, rechts am Kutschenschlag neben den Majestäten, während sich die wirklichen Obristen mit dieser Ehre an der linken Seite des Wagens begnügen mußten.
[10] Junker Slenz war bekanntlich der Commandeur eines Freicorps im Anfang des sechszehnten Jahrhunderts, das er an fremde Potentaten zu einzelnen Kriegszügen vermiethete. Er fand seinen Tod in Ditmarsen, wohin er den König Hans von Dänemark begleitete. Seine Soldaten trugen die Devise »Wahr di Buhr, de Gard de kummt.« Als diese aber schwer bewaffnet im Morast stecken geblieben, wurden sie von den leichtfüßigeren des Terrains kundigen Ditmarsen mit den Contrevolutions-Worten »Wahr di Gard de Buhr de kummt« erschlagen.
[11] Die Lastthiere des Staats, die am Meisten mit Arbeit Geplagten sind immer die Frommsten. Freilich! wie soll die auch der Hafer stechen? da die Pferde, die ihn am Meisten verdienen, ihn bekanntlich nicht bekommen.
[12] Diesen letzten Titel hat der König von Dänemark seitdem abgelegt und die früher confiscirten reichsunmittelbaren Ranzau’schen Güter ganz dem guten Dänemark einverleibt. Das ist hart für die Gräflich Rauzau’schen Schwerdtmagen und Spielmagen, und, da ich zu den letzten gehöre, auch für meinen Magen. — Wer will meinen Anspruch an die dänische Krone kaufen? Drei Herrschaften und drei und dreißig Edelgüter — Wer bietet Geld?
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