The Project Gutenberg EBook of Adelina oder Der Abschied vom neunzehnten Lebensjahre, by Bohuslav Kokoschka This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.org/license Title: Adelina oder Der Abschied vom neunzehnten Lebensjahre Aufzeichnungen Author: Bohuslav Kokoschka Illustrator: Oskar Kokoschka Release Date: July 3, 2016 [EBook #52486] Language: German Character set encoding: ISO-8859-1 *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK ADELINA ODER DER ABSCHIED *** Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net
Bohuslav Kokoschka
Aufzeichnungen
Kurt Wolff Verlag · München
Bücherei „Der jüngste Tag“ Band 76/77
Gedruckt bei Poeschel & Trepte in Leipzig
Mit einer Zeichnung von Oskar Kokoschka
Copyright 1920 by Kurt Wolff Verlag, München
Mir selber gewidmet
Motto:
Hier liegt begraben ein neunzehntes Lebensjahr.
Was Leben war
Ward zum Kadaver
Unter einem Buchdeckel.
Mit dem versah er
Die Gruft,
Daß in der Weltluft
Seines ferneren Lebens
Dies Leben sich nicht zersetze ...
„Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten“
(Goethe)
Ach, meine Kammer!
Ich bin jetzt Florestan in deinen Mauern, und Feuchtigkeitsflecken an den Wänden und von mir behütete zarte Spinnenwebe in den Ecken nehm ich als Tränen und Zeichen der Trauer, und daß meine gütige Kammer Eins ist mit mir und meinem Kummer ...
Odalisk, Plakatschönheit, langer Nagel an der Wand rostet ein in ihrer weißen Stirne ... Luise, Handelsschülerin, Lukretia, erblüht, groß geworden und vergiftet im Odem der Kärntnerstraße, Franka H. und zwölfjährige Dorothea ... Flüchtlinge vor dieser Welt, denen ich ins Stammbuch schrieb: Wie dies Buch in meiner Hand, voll weißer Blätter, unbeschrieben ..., et ceterae, ihr alle seid mir wie: Aden, Freemande, Brisbane, Amboina, Yokohama, Mahé, seligstes Hinlallen, Erinnern des greisen Weltreisenden, Einsamen im Lehnstuhle, bei dem kalten Schein der Lampe, Junggesellenzimmer — Museum, vor dem Schlafengehen zu Gott ...
Ich ziehe den weißen Vorhang vom Fenster weg und ein lichter Einbrecher kam in die Kammer ...
An einem Morgen war das, und ich stehe am Fenster und lächle meine Kammer an.
Ja, diese Blätter werden davon berichten. — — —
Lateinischer Himmel über den Telegraphendrähten von einem Dach zum andern!
„Wirklich!“
als er den Saum des Vorhangs in der Hand hält ... Sonntag, und die liebe Amateurstimme, das ist ein böhmisches Dienstmädchen. Es hat noch keinen Liebsten und deshalb läßt es sich Zeit. Und zwischen seinem Singsang der Klang von silbernen Löffeln, die gerade in die Schieblade verwahrt werden.
Fenster sind sämtlich offen, und die Stockwerke herunter an Fenster und Wand brennt die Sonne. Julisonne im März!
*
„Ach ja, und von Adelinen ahnen Sie wohl nichts. Ich hätte, ja, ebensogut hätte ich sagen können: Adelina.
Adelinen ...“
„Gehen wir, ich bitte Sie!“ Eindringlich sagt es Luise zu ihrem Galan.
Ja, es war ein Galan mit lila Strümpfen und dem Girardi in der Hand. Denn seine Haare waren gebrannt.
Er blies seine Brust auf, schüttelte das Hosenbein zurecht und „erfüllt ihren Wunsch“.
„O, guten Tag, Fräulein Emma! Entschuldigen Sie; ich weiß es, ich habe Sie heute schon mehrere Male gegrüßt, aber ich versichere, für Sie habe ich immer ein echtes, ja echt — man nimmt so in die Hand und sagt echt — echtes Gefühl der Freundschaft gehabt. Sie waren es doch, die sagte, zu kurzen Hosen paßten gestreifte Strümpfe mit rotem Rand? Sie lachen? Ja, Sie glauben doch nicht, ich hätte etwas getrunken? Ach, Emma!“
Aber Emma war schon weg.
Ja, er hatte plötzlich zu reden begonnen, ohne daß es jemand geahnt hätte, zu wem.
Da verhielt sich ein Mensch die halbe Stunde, die er hier war, vollkommen ruhig, einmal sieht er an seiner linken Achsel herab und an seinem linken Mundwinkel zieht etwas, dann verhält er sich wieder ganz wie vorher.
Plötzlich aber redet er, redet, und ein junges Mädchen steht auf, sagt etwas zu ihrem Begleiter, und beide gehen fort.
In diesem Augenblicke kommen Emma und Olga. Sie sind wieder da und haben etwas Listiges auf dem Herzen. Sie haben etwas ausgeheckt, Emma und Olga. Ach, man war gespannt, auf ihren Gesichtern stand geschrieben: Man verspricht sich Erfolg von dieser Unternehmung.
„Wir fragen Sie, in wen sind Sie eigentlich verliebt?“
„In wen? Wie?! Was?!“ Er springt auf. „Das heißt also ...“
Plötzlich beruhigt er sich und sagt: „Fräulein Emma und Fräulein Olga, bitte setzen Sie sich da neben mich, so, links und rechts, ja?
Ich werde Ihnen eine Geschichte erzählen:
Da hat jemand ein Schauspiel geschrieben. Gegen Schluß des vierten Aktes, denken Sie sich — geben Sie her den Schirm, bitte (es war ein Riesenschirm), ich werde ihn halten — gegen Schluß des vierten Aktes, die erste Persönlichkeit der Stadt im Kreise ihrer Familie.
Im Hintergrunde ein leuchtendes Transparent: „Es lebe hoch usw., die usw.“, und Volk. Und jetzt, glauben Sie, Fräulein Emma und Fräulein Olga, daß ich es jetzt so machen werde, wie der:
Aufrecht: „Was da auch kommen mag“, bleich, die Hand ausgestreckt. „Das ist noch nicht alles“, sagt die Hand. Er schüttelt den Kopf.
Nein, der Kopf weiß noch mehr!
Und die Augen schließen sich wieder, und der Mund öffnet sich abermals, dieser widerspenstige Mund, der alles ausplaudert.
„Was sagt er?“ fragen viele Stimmen. „Was fällt diesem Menschen ein?“ liest man auf allen Gesichtern. Ja, ja, in der Tat, alles das hat mit dem Transparent nichts zu tun ...
Er blickt zurück in den Kreis der Familie, da steht die, leuchtenden Auges und ihr Auge sagt: „Du herrlicher Mensch, stark sein!“
Da muß er (ach er muß), er will es, der Dichter; leise muß er zu seiner Frau sagen: „Betty, fasse dich und ertrage was jetzt kommt.“ Und es ist dies keine Regiebemerkung. Ja, das sagt er. Und Betty faßt sich, die Gute ..!
Dann wendet er sich zum Volk, und ein schwarzer Sprung im erbleichenden Gesicht plaudert alles aus. Alles.
Wie hübsch sich das ausnahm von der dritten Galerie (dieses einzige Mal, das ich in einem Theater war). Gleichsam ein Pointejunges, das auf der Pointe selber saß, die sich vier Akte hindurch geschwollen völlerte. Und jetzt, jetzt war es ihr endlich gegönnt, durch einen schwarzen Sprung aus einem bleichen Gesicht zu platzen. Wie ein Donnerschlag!
Herr Rohrland muß sagen: „Wie ein Donnerschlag!“ Und es ist dies keine Regiebemerkung. Und sie tut es, die Pointe.
Selbst das Volk auf der Bühne zog ab.
Das ist die Tat der Pointe!“
Emma und Olga sehen sich an. Ach, daß sie beide denselben Gedanken hatten! Ist er verrückt?
Sie sahen sich an und lachten, Emma und Olga.
„Ja, in wen Sie eigentlich verliebt sind, wollten wir ja wissen?“
Er holt tief Atem, lehnt sich zurück und steckt die Hände in die Hosentaschen.
Dann fing er wieder an:
„Sie waren gespannt auf eine Pointe, die der ganzen Sache so gewissermaßen eine Krone aufzusetzen hätte; sehen Sie, eine Pointe“, und er wog mit der Hand ...
„Ich aber würde Wahrheit erzählen, liebes Fräulein Emma und Fräulein Olga, o Wahrheit,“ sagte er glühend. „Und Wahrheit hat keine Pointe. Nein, sie bedarf ihrer nicht! Holla, sie geht nicht auf dem Schreibtisch spazieren!“
Er sprang auf und eilte fort.
*
Einmal sah ich sie beisammen sitzen. Sie und ihn. In einer Nische des Hotelparks. Sie besahen sich gerade ein fadendünnes Goldkettchen, ein Medaillon war daran.
Und er mußte sie lehren, wie man das Medaillon öffnet und wieder zumacht. Und gleich, gleich nimmt sie es ihm aus der Hand.
Ach, voll Eifer ist sie ...!
Da entdeckt sie etwas darin, und die Freudenröte breitet sich über ihr Gesicht. Strahlt sie nicht? Sicuro, sie strahlt ...
Und dann, was tat sie nicht alles mit ihrem Medaillon und in ihrem Glück! Sie legt das Medaillon auf den Handrücken, läßt es da eine Weile so liegen und betrachtet es, das gelbe, glatte Gold, auf dem hellen Handrücken.
Dann, als sie sich das Medaillon um den Hals hängen will, nimmt er es ihr aus der Hand, schaut ihr in die Augen, hängt es ihr um.
Mit eigener Hand ...
Sie hält sich still und willig. Es leuchtet aus ihren Augen, frattanto sie vor sich hin auf den Boden blickt ..
Windstill war es im Garten.
*
Dieses Medaillon ist von ihm.
Wohl, wohl, ihm, dem kahlrasierten Herrn. Aber wartet nur bis die Jahreszeit kommt, da man die Haare wachsen läßt! Hähä! ...
Aber wo gerate ich hin!? Elastizität! Elastizität!
Da sehe ich, wie ein Herr plötzlich in seinen Taschen sucht. Seine Finger übereilen alle die Gegenden an seinem Leib, wo Taschen sein könnten; da bin ich bei ihm und lächle: Bitte?
Er springt auf, nickt, nickt und brennt sich die Zigarette an, und die Hand in der Rocktasche bleibt darin. Dann verbeugt er sich, ich sehe an ihm vorbei und auf die Bank, und von da blicken mich zwei graue Augen an. —
Ob man will oder nicht. Es ist nichts auszusetzen an ihm ... Und ich gehe wieder fort und an der Brustwehr entlang.
Da bleibe ich stehen, gerade da, und aus der Brusttasche nehme ich die Karte von Damenhand und lasse sie in das Wasser fallen.
Fast möchte ich sagen: Mit Elastizität.
Es macht ein paar Ringe, das Wasser.
Es ist ihm ganz gleichgültig, dem Wasser.
Bitte, wäre es vielleicht löblich, von einem Stück alten Papier, Anderer (des Wassers), glückliche Ruhe zu stören?
Nein, das nimmermehr.
Und es ist schon so gut wie es ist, und ich lobe Gott den Herrn:
O mögest du mir dieses in meiner Einfalt so naseweis geredete, nicht als Sünde anrechnen ...!
*
Der, dieser glattrasierte Herr!
Wie lange ist es wohl, daß ich mir ein Reklameschild gemerkt habe ...? O, genau gemerkt ...
Eine Engelshand streicht über mein Angesicht, wenn ich an dieses Reklameschild denke ... Und es ist doch nur ein gewöhnliches Reklameschild, Wind und Wetter haben sich daran gut getan.
Freilich, es gehört noch ein Stückchen Trottoir dazu und ganz, ganz wenig von der Straße, strada, gerade genug für einen schmalen Fuß ...
Und meine Sehnsucht ist:
Wenn ich mich damals, damals an dieses Reklameschild gedrückt hätte, ganz platt daran ... Und wie mir später einfiel, mit dem Kopf genickt und mit dem Hut ...
Vielleicht ... Vielleicht ...
Aber für diese meine Sehnsucht ist keine Erfüllung mehr, nein. Und das Datum, das könnte ich noch genauer aufschreiben. O, viel genauer!
Aber das brauche ich wohl nicht, nein, denn ich habe es ja im Gedächtnis ...
*
Auf der Promenade vor dem Hotel Viertelsiebenuhrsonne.
Der Asphalt ist wie mit rötlichem Goldpapier belegt. Eine Brustwehr ist da, aus Schmiedeeisen, und ihr entlang eine Reihe wohlsituierter Bäume. Und da sitzen die Passagiere des Hotels bis spät in die Nacht. In angenehmen Korbstühlen und die Bäume machen: www ... Und dann reden die Passagiere nur ganz gedämpft. Oder sie schauen auf das Meer hinaus. Auf das Meer ...
Eine kühle Windwoge kommt vom Meer, die Meerbrise, und fältelt den Saum eines farblosen, spinnewebedünnen Schleiers zwischen Zeige- und Mittelfinger einer Sechzehnjährigen.
Und die ist Frau ... Ihre Rechte aber ruht in der Hand ihres Mannes, der mit ihr logis genommen hat im Hotel.
Als die Passagiere des Zuges Nr. 54 noch eine halbe Stunde zu ihrem Ziel hatten, riefen sie: der See, der See! Also war es der See und nicht das Meer? Aber als sie das riefen, war es ihr Thalatta. Und somit ist es das Meer. — Und weit weg von der Brustwehr taucht ein Dampfer auf. —
Alles sieht die Lichter und vielleicht auch noch den weißgestrichenen Schiffskörper. Das nicht mehr, daß auf dem Bug „Himmelsschlüssel“ aufgemalt ist und Blumen dazu, mit Liebe.
Und aller Augen begleiten das Schiff auf seiner Fahrt. Auf dem einsamen Meere draußen, Ozean ...
Sie reden jetzt fast nichts, die Passagiere des Hotels, sie schauen nur und horchen noch so nebenbei auch auf die (Miniatur-) Wogenkämme, die sich unter der eisernen Brustwehr brechen.
Zerschellen Tag und Nacht!
Rote Feuerpunkte im Dunkel, unter den tiefen Baumkronen, in den Strandkörben und hinter, d. h. ober den Lehnen der Rohrsessel. Aber das ist nichts Gefährliches, nein, das sind nur Zigaretten ... Viele von den Herren haben weiße Strandanzüge und biegsame Stöckchen, und einer ist unter ihnen (von denen mit weißen Strandanzügen und biegsamen Stöckchen), der seinen Schädel glatt rasiert hat, ganz glatt.
Aber ich weiß es, warum er ihn so glatt rasiert hat. —
So eine kleine Schwäche ist Schuld daran, eine kleine menschliche Eitelkeitsschwäche, wie ich in diesem Falle erklären müßte ...
Hähä!
Und ich stehe an der schmiedeeisernen Brustwehr und nehme einen Brief aus der Tasche, den ich gestern geschrieben habe, um ein Uhr nachts, und jetzt lasse ich ihn ins Wasser fallen, an einer ganz ruhigen Stelle. Das Wasser macht ein paar Ringe, das ist seine ganze Aufregung ...
*
In fünf Minuten Abfahrt.
Und ach, die Träumer vom Hotel!
Jeder, der gerade nichts zu sagen hat, seine Gedanken schon weit und dabei plötzlich tief aufatmet, verspürt den leisen Schauer auf dem Rücken und er sieht seinen Gefährten an ...
Sogar die Apparate, ach die Apparate, auf dem Bahnhofe tragen etwas bei und machen einen Höllenlärm.
Ich schreite die Waggons ab, in gemessener Ruhe, wie eine Ew. Herrlichkeit.
Dann, da bleibe ich stehen, bei dieser Bank mache ich Halt. Es sind ja so viele Bänke hier auf dem Perron, aber gerade, accurato bei dieser Bank machte ich Halt ...
Da sehe ich ja genau in einen Waggon hinein!? Bitte, alle Ehre seinem Fabrikanten; eine junge Dame darin nimmt einem Herrn eine Hauskappe ab. — —
Hauskappe?! Reisekappe ...
Nein: Hauskappe, und nichts habe ich gesagt, nein ...
Jawohl, und sie haben auch faktisch ein kleines Zimmer für sich in diesem Waggon. Ein Zimmer mit Betten ...
Aber ich habe noch etwas zu sagen, ich bin noch nicht fertig, noch etwas sah ich von meiner Bank aus, auf dem Perron ...
Kusch!
Die junge Dame streicht mit ihrer Hand über sein Haupthaar ... Und was war das für ein Haupthaar ...?
Kusch!
Sie streicht darüber hin und lächelt und der breite Ring glänzt an ihrer Hand und ein Medaillon hing an ihrem Hals, das sah ich auch ...
Und er, was tat er?
Er, er schaut unter ihrer Hand ... Hand ... auf zu ihr ..., wie man das so tut.
Und das Haupthaar, ja das Haupthaar ... weißgefleckt ... weiß-ge-fleckt. Der Zug rollt davon.
Und während ich dem Verbot zum Trotz, just über die Schienen steige, sag ich zu mir: Guten Grund hast du, es zu bedenken, daß noch windig deine Erfahrungen sind ...
Da faßt mich ein Uniformmann.
*
Der Brief hinter dem Spiegel.
Paris, den ...
Mio Signore!
Ihren kleinen Brief, den Sie mir nach Trouville schrieben, habe ich heute hier vorgefunden, er wurde mir nachgeschickt. Wir bleiben noch einige Zeit in der Seinestadt, dann geht’s nach Hamburg und von da schauen wir, daß wir nach Hause kommen, das heißt von nun an Chigago. Ich bin neugierig, wie ich mich in meiner neuen Heimat fühlen werde. Jetzt werde ich wohl längere Zeit meine Lieben und mein Goldorangenland nicht sehen!
In Trouville war es ganz hübsch. Wir waren die ganze Zeit im Kasino beim Baccarat, ich habe sogar ein wenig gewonnen. Courmachen ist dort nicht üblich, die Menschen haben nichts im Kopfe als das Spiel und le neuf ist ihnen lieber, als die reizendste Frau.
Hier habe ich sehr viel zu tun. Herbsthüte anschauen, Briefschreiben und Dummheiten kaufen. Mein Mann ist furchtbar nett zu mir, er hat sich bereits alle meine Gewohnheiten gemerkt und respektiert sie. Augenblicklich schreibt er die Adressen auf unzählige Karten, zu denen ich Grüße dranzuschreiben habe; an Sie ist auch eine darunter.
Also ich grüße Sie herzlichst und verspreche Ihnen auch eine schöne Ansichtskarte aus Chigago zu senden.
Adelina Farweller.
P. S. Grüßen Sie meine Freundin, die Luise, von mir, wenn Sie wieder einmal bei der Handelsschule warten, Sie Araber!
*
Ich will alles aufschreiben, der Reihe nach und wie es vorfiel!
Am 25. Dezember, am Weihnachtstage, war ich wieder im Hamerlingpark. Luise war da und alle die anderen. Alle hatten sie Weihnachtsgeschenke mitgenommen, zeigten sich die und besprachen. Luise brachte einen großen schwarzen Muff, aus Astrachan in Sibirien.
Ein Neuling, Hella, war auch da, und ich fragte Lockenberg aus. Lockenberg, der alle kannte.
Da promeniert Luise an uns vorbei, sie hat einen breiten, schwarzen Samthut mit einem Kranz weißer Samtrosen darauf. Die tiefschwarzen Haare, romantisch um ein ophelienbleiches Antlitz, stark gewellt. Und laut sage ich:
Heute ist die Luise schön.
Zu Lockenberg sage ich das und Luise geht an uns vorbei.
Sie hatte sich umgedreht und mich angeblickt. —
Ich fühlte: An Luise, oder: Ferne Lilie ... etcetera etcetera ...
Dann, wie sie wieder an uns vorbeikommt, bleibt Luise stehen: „Gute Nacht, Herr Lockenberg ...“ — und mir bot sie die Hand ... Sie sah weg, lächeln mußte sie ...
Zu ihrem Profil sagte ich einmal nächtens: Julia, Desdemona ...
(Nein, Luisenamen ist für sie der süßeste.)
„Die schönen, weißen Rosen auf Ihrem Hut“ ... sage ich.
Sie sah noch immer weg. Ach, ich hielt noch immer ihre Hand ...!
Und die Schönbauer? fragt Luisens Freundin Mary plötzlich. (Ach, jetzt konnte ich auch schreiben: Luisens ...)
Luise blickt Mary an. Mary hatte ihr von der Zunge gesprochen.
„Niemals!“ sage ich langsam und dann: eine lange Pause ...
„Fräulein Luise, ich erkenne Sie heute nicht mehr“ ... Lockenberg sagt es plötzlich und damit schneidet er sich eine lange Gedankenreihe in seinem Kopfe ab. (Ich hielt noch immer ihre Hand ...)
„Soll ich euch vielleicht Sessel herbringen!“
Es war die Schönbauer. Sie war auf einmal da, in einer Entfernung von fünf Schritten sagte sie dies und machte dabei einen Hofknix. Luise wandte sich ab.
„So, jetzt muß ich schon gehen“, sagte sie schnell. Lockenberg bedenkt laut: Es ist halb sieben!? Er hatte die Uhr in der Hand. „Um halb sieben muß ich schon zu Hause sein“, antwortet Luise ...
Luise ging mit den Vöglein schlafen ...
*
Werther hatte Luise geliebt, mit der ganzen Hingebung seines noch nicht zwanzigjährigen Herzens. Da geschah etwas und das kam so:
Es war der zehnte März, ach, damals war ihr Herz noch der Buchenhain mit der süßen Melancholie des Vogelliedchens darin, und der kühlen Gruft, die so lange für ihn bereit stand. In die er sich dann bestatten wollte, die Hände über der Brust gekreuzt, und nach jener unglücklichen Liebe ...
Aber Luise rät: „Und Mary?“
(Von Adelinen ahnte sie nichts.)
„Die Mary ist mir nichts, Luise ...!“
Wie ein Pilgrim erschöpft hinsinkt an den Stufen vor der sich verschließenden Pforte, auf der Fahrt ins gelobte Land. So war dieses „Luise“.
Sie schwiegen beide, dann Luise:
„Nein, ich kann nicht, Bob.“ Bob stammte aus dem Roman „Starke Herzen“ im Frauenjournal.
„... Bob, Sie haben sich nur gespielt.“
Es hatte sich nur gespielt Bobchen, und da war jetzt alles umsonst.
Es regnet.
Er, Bob, sah wie die weiße Taube ohne Ölzweig zurückkam ... Luise blieb unerschütterlich.
Aber das merkte Bob, es kam sie hart an, ja. — Und da gibt er ihr Bedenkzeit. (Ach, da schon alles verloren war.)
Zwei Wochen gibt er ihr.
Und Luise ist noch einmal gut zu Bob und ist es einverstanden. „Also ja“ nickt sie ...
Er sah, daß sie in der Hand, die die Schultasche trug, Schneerosen hatte. Eine liebe Schulfreundin hatte ihr die wahrscheinlich geschenkt. Der Luise ...
*
Im März, dem 28., war es, da ging Luise mit zwei Freundinnen, und es war schon warm.
Er ging ihnen nach.
Nach einer Weile entdeckten sie ihn, aber Werther ging nur nach und ging an ihnen vorbei, als sie zurückblieben.
Plötzlich kam Luise auf ihn zu, directement.
Sie fragte lieb: „Wünschen Sie etwas von mir?“
„Luise, warum danken Sie mir nicht, wenn ich Sie grüße?“
Pause.
„Wir sind gesehen worden, von jemanden von der Schule, und dann ...“ nach einem Gedankenstrich erklärte sie, „habe ich Ihnen schon gesagt: Nein.“
„Warum: Nein?“
„Ich will nicht.“
Da regte sich in ihm etwas:
„Aber Sie hätten doch früher einmal gerne gewollt? ...“ Mit den Fingern streicht er geräuschvoll über Bartstoppel im Werden.
„Sie werden doch nicht sagen, daß ich Ihnen nachgelaufen bin?“ Sie stützt die linke Hand in die Hüfte.
„Nein, das nicht“, und seine Hand fällt herab.
Eine Freundin kam auf Luise zu. Sie wollte sich empfehlen, die Freundin.
„Also gute Nacht, ich habe keine Zeit,“ sagte Luise. Und sie bot ihm die Hand.
Werther trat an sie heran: „Luise, liegt Ihnen an Ihrer Freundin mehr wie an mir?“ Und Gesichtsmuskel zucken, die Freundin war schon da.
„Natürlich“, sah sie ihre Freundin an. „Also gute Nacht“, und daran ändert niemand etwas. Sie hielt ihm ihre Hand hin.
25. Dezember, denkt er ... und ihm, ohne ihn anzusehen, bot sie die Hand. Und das war am 25., Monat: Dezember.
Er hatte es sich genau gemerkt. Seine Rede zu Lockenberg war: Heute ist die Luise schön. Es war sechs Uhr, abends. Luise hatte sich nach ihm umgedreht.
Und dann bei der nächsten Runde kam das mit der Hand.
Das im Hamerlingpark. Schnee und darauf Laternenlicht, und Mond um sechs Uhr ...
„Luise, ich kann Ihren Entschluß nicht so ruhig hinnehmen“, sagt er heftig.
„Sie müssen“, schließt sich ihr Mund.
Plötzlich war sie ganz anders. Um ihren Mund ein Lächeln und „müssen“ hingesagt, langsam, das war der Genuß. —
Luisens Freundin sieht zuerst sie, dann ihn an.
Die Freundin war ernst und sicher blutarm, und ihre Augen waren, als ob sie beständig nachsähen.
„Also gute Nacht“, sagt er kurz. Ihre Hand nahm er nicht.
*
5. Mai.
Inkognito schreibe ich jetzt an meinem Tagebuch. Mein Glück!
Ich muß es auf jemanden abwälzen, deshalb schreibe ich inkognito fortan.
Ach, mein an Leid gewöhntes Herz!
Das wird gewiß wieder mein längstes Tagebuchblatt.
Ich werde nicht versäumen, auch das kleinste Unbedeutendste aufzuschreiben und mich daran freuen.
Heute, den fünften Mai, ist es bereits der dritte Tag.
Ich wollte alles schon am ersten Tage aufschreiben, aber es blieb nur dabei, daß ich die Feder in die Hand nahm.
Ich sah immer anderswohin, und die Worte fielen mir aus der Hand. Ach, in welchem Fiebertaumel befand ich mich!
Jetzt, am dritten Tage, habe ich mich schon mehr gesammelt, kann nun schreiben. Ach alles, alles!
Aufschreiben, und nichts vergessen ...
Diesmal war es im Schönbornpark. Und da ich Schönbornpark schreibe, denke ich wieder an alles, was im Hamerlingpark geschah. Auf dem Boden latern- und mondbeglänzt der glatte Schnee, um sechs Uhr ...
An das mit der Hand ...
Aber jetzt habe ich schon ein weißes Blatt vollgeschrieben. Also: Fräulein Kammacher ging mit mir in der Allee und sagte: „Jetzt sollte ich daheim sitzen und lernen. Mineralogie. Wir haben ja so viel auf,“ fing sie zu klagen an. „Der Schremmer sagte: Besonders die Kammacher werde ich mir am Freitag ausleihen. So ein ekliger Mensch!
Aber das gute Fräulein Kammacher geht mit Herrn (pst!) spazieren. Ich steh halt morgen um sechs auf.“
Das sagte sie.
Er sah sie an und lachte und zog die Schultern über die Ohren. In diesem Augenblick kommt Luise mit ihrer Freundin.
Ach diese beiden, unzertrennlich waren sie!
Ich nehme die Gelegenheit wahr und grüße. Sie dankte, aber sie sah ihn nicht an ...
Das ganze Stück Weges, das sie ihn sehen mußte, hatte Luise auf den Boden geblickt und so geht Luise an ihm vorbei ...
Jetzt sah ich auch, daß sie ein neues Kleid anhatte. Das stand ihr gut ...
Luise und Freundin kamen an die kleine Parkpforte, da will Luise die Stufen hinunter und meine Füße bleiben stehen: Er hatte etwas gesehen ..., gleich bedenkt er sich aber und setzt seinen Weg fort.
Was er zu Fräulein Kammacher sagte?
Gott mag wissen, was es war, sie lachte hell auf. An was haben Sie jetzt gedacht, rief sie ...
Luise aber wird von ihrer Freundin am Arm gezogen und Luise muß wieder herein in den Park.
*
Als Werther einige Stunden später in sein Zimmer trat, begegnete er sich in dem kleinen Wandspiegel, er sah bleich aus. Sein Blick verweilte nicht darin; er sah überhaupt nirgends hin, obgleich er die Augen offen hatte. Der Türschlüssel fällt zu Boden ...
Er hatte die Tür mit aller Ruh zugedrückt? Werther stand eine Weile und sah dorthin, wo der Schlüssel fiel, dann geht er ans Fenster, läßt den Rollvorhang herunter und warf er sich aufs Bett.
Jetzt war Werther sich gewiß, daß er alles verdorben hatte. Sein Schuhabsatz bohrt sich in die zarte Rohseidene, die er immer so schonungsvoll behandelt hatte, aber plötzlich steht er auf, schlägt die Bettdecke zurück und warf er sich wieder hin, und Messingbett kreischt auf ...
Sein Gesicht drückt sich in den Polster, Schultern rissen am Körper. Er weint: ...
Luise hatte wieder ihr neues Kleid an, sie war heute allein ... Es war im Hamerlingpark, um 6 Uhr.
Als sie sich zum zweitenmal begegneten, kam sie auf ihn zu und machte einen Scherz, sie sagte lieb: „Soll ich Ihnen aushelfen, heute?“
Sie lachte und sah ihn von der Seite an. Die linke Halbschuh(...)schuhspitze stellte sich auf dem Wegsand auf und so blieb Luise stehen, die linke Hand in den weißen Spitzen am Hals. Und der kleine emaillierte Amor hing daran und hielt sein Füllhorn ...
Da wurde in Werther ein böser Gedanke lebendig; er fühlte, wie dieser seinen ganzen Körper angriff, und mit einer von tausend Gefühlen gepeinigten Stimme sagt er langsam: Nein, danke ...
Luise stellte den linken Fuß nieder, fast stampfte er, ihr Kopf machte eine unvollendete Bewegung, die Finger ließen die Spitzen los, aber die Hand blieb an der Brust. Selbst der kleine Amor wird konfus und verliert das Gleichgewicht unter seinem Füllhorn. Luisens Mund öffnet sich, und schweigt ...
Plötzlich fixiert sie ihn, einen Schritt zurücktretend, ihre Nasenflügel beben, etwas Hartes liegt in ihrem Gesicht und sie macht Kurzsichtigkeitsfältchen bei den Augen ...
Sie lachte auf, ha, ha!
Er verharrt auf seinem Platz.
Pause.
Luisens Freundin kam gerade die Stufen in den Park herauf. Luise ruft sie an, und eilt ihr mit ausgebreiteten Armen entgegen ...
Er drehte sich langsam auf dem Absatz herum, die Hand auf dem Rücken und schaut ihr nach, Lächeln im Gesicht ...
*
Mai, Firmlingssonntag.
Warum so traurig, fragte ein fünfzehnjähriges Fräulein mich. Aber ich wußte es ganz bestimmt, ich war nicht traurig. —
Warum höre ich niemand heimlich hinter der Tür flüstern: Heute hat er wieder seinen melancholischen Tag.
Jeder geht darüber hinweg, summt sein Liedchen und merkt nichts.
Ich hörte mich: Ach, das ist nur heute so. Und vielleicht ist es nur Laune. Aber wie oft tröstete ich mich so?
Nein, Launen können nur verwöhnte Hündchen haben, oder doch nur minderwertige Menschen. Und ich möchte doch kein minderwertiger Mensch sein. Und wollt ihr jetzt noch, es sei Laune, kann ich euch erwidern: Könnte da ohne jedes Arg sein, was ich sage, tue und denke? Aber alles und alles habe ich lieb und so kann es wieder nicht Laune sein ...
In der Adriaausstellung hörte ich, wie die Kalanderlerche leise trillert.
Aus einem kleinen, finstergemachten Bauer kam dies Vögleintrillern.
Aber es fand keine Beachtung, nein, man hörte es ja kaum.
Wenn sie aber viele Meter hoch oben in der Luft singt, unter dem Himmel, im Äther ... wer lauscht ihr da, der kleinen Kalanderlerche?
Der liebe Gott, basta.
Die Hände gekreuzt über die Brust, den Kopf auf die Seite geneigt, so ist er ganz Ohr ... Dann sah ich einen Firmling ...
Blaßgelbe Halbschuhe. Und Strümpfe von blaßgelber Seide. Und ein blaßgelbes Seidenspitzenkleid, darunter ein rosa ... War es wohl schon ein sechzehnjähriges Fräulein und das Kleid, schon etwas länger war es ...
Schmale langsüße Beine, wie die der kaffeeschänkenden Luisen in den Frühlingsgärten auf den Wandgemälden ... Offenes, kastanienbraunes Haar, Langlocken, Locken der Jenny Lind.
Die Kähne glitten unter den Seufzerbrücken weg, und die zahllosen Wimpel, von einem Mast zum andern, flattern im Maiwind und die Schnüre, an denen Glühlampen aufgehängt waren, baumelten.
Ein Boot legt an, und in dieses wird er einsteigen, der Firmling ... der Gondeliere, Plecha von der Donaulände, graziös reicht er die Hand ihrem Leben. Und die Augen des Firmlings glänzen, und unter seinen Augen glüht es heiß ...
Ach, wie ich diesen Firmling gleich liebte und alles ...!
*
Westbahnhof. Im Gewühl der Menschen schreibe ich dieses:
Wir fahren aufs Land!
*
Ich machte die Milchglastür hinter mir zu. Das Milchglas zitterte leise und die Milchglasgenie, mit dem Fruchtkorb auf dem Kopfe, zitterte mit.
Es war zwölf Uhr und ich ging schlafen.
Mein Großvater, der Herr Waldförster, hatte gesagt: Trab, trab, Kinder, schlafen gehen, und damit meinte er seine vielen Enkel, die alle in Großvaters und Großmutters Stuben zusammengekommen waren, aus der Stadt und von dort und von da.
Großvater und Großmutter hatten diamantene Hochzeit zu halten gehabt und auch ein wenig getanzt. Und jetzt war es zwölf Uhr nachts und Wein, Braten und Torten, Birnen und Nüsse lagen verlassen auf der langen Tafel.
Und als er das gesagt hatte, der Großvater, sagte ich auch gute Nacht und fromme Wünsche, war folgsam und ging in das Zimmer, das Großvater und Großmutter für mich bestimmt hatten.
Über den Gang ging ich und hier war es schon längst stockfinstere Nacht, auch als in den Stuben noch heller Sonnenschein brannte und nicht die vielen Lichter, die Großvater und Großmutter angezündet hatten, zu ihrem Fest in der Augustnacht ...
Über den Gang ging ich und machte die Milchglastür hinter mir zu ...
Welch herrlich feuchter Grasduft, der das Zimmer erfüllt!
Die Fenster waren offen und weiße Vorhänge schwanken langsam und blähen sich auf. Jedesmal, wenn ein Windzug draußen an den Baumblättern herabglitt, der auch die Hirschzungen am Fenster nicht ruhen ließ ...
Ich gehe einen Augenblick ans Fenster und spreite meine Ellenbogen auf das weiße Fensterbrett. Ach, alles hier war mir lieb und teuer.
Die Garten- und die Wiesenvögelchen wollten noch nicht schweigen!?
Von ganz hinten im Garten hörte ich einen Vogel. Aber es war keine Nachtigall, nein, ich hätte noch nie eine gehört, antwortete ich einmal auf eine Frage ...
Da trillert plötzlich irgendwo eine Lerche empor. Von meines Großvaters, des Herrn Waldförsters Graswiese!
Jetzt um zwölf!?
Was mochte ihr da eingefallen sein?
Aber ganz oben verstrickte sich ihr Gesang wie eine zarte Spinnwebe im Buschgezweig und brach ab ...
Ich gehe vom Fenster weg und die Kommode (liebes altmodisches Wort), ein Klavier, Stühle, Vasen und Photographien blickten mich freundlich an, obwohl ich ja hier nur ein Fremdling war ...
Dann legte ich mich in das Bett. Auf dem Sofa.
Corra und ich hatten sie ausgeführt, diese eine Improvisation.
Decken und Leintuch! Es fröstelte einem beim Hineinlegen, so frisch waren sie und die Zusammenlegefalten konnte man von der Tür aus sehen, bei aller Dunkelheit — —
Um zwei Uhr früh zündete ich die Kerze an, Adelina, dann las ich deinen Brief ...
Wenn ich zurückdenke, an den Pfosten der Türe zum Vorhaus mich erinnere!
Nachtfinsternis, draußen spielt sich ein Gewitter ab. Und Corra geht und macht den einen Flügel der Vorhaustüre zu. Damit der Regen nicht so hereinkartätschte.
Mein Großvater, der Waldförster, hat es aus dem Zimmer heraus anbefohlen.
Ach, und was jetzt folgt, hat Corra wahrscheinlich einmal auf einem Bilde gesehen: ... Corra stellt sich neben mich, faßt meinen Arm und:
„Schau das Gewitter an ...“
Die Wolken hingen in dicken Fetzen und romantisch, braune Kupferkessel, fast bis zur Erde, und die Bäume bogen sich und pfiffen und schüttelten mit Riesenlaubbüscheln, benahmen sich wie hysterische Weiber.
Ein reißender Bach fuhr bereits an den Vorhausstufen vorbei, in den der Regen hineinprickelte. Bei jedem Blitze, mit Siebenmeilenstiefeln über Land, sah sie mich an ...
Ach, schaute zu mir auf. Und ich: Jedesmal aufwärtsblickend: Sie vertraut sich dir an ... Sie vertraut sich dir an ...
Aber eine dritte Person in der Nachtfinsternis neben uns!?
Hans!?
Ach, er hat sogar ein Butterbrot!
Plötzlich fühle ich etwas an meinem Arm.
Butter!?
„Mein neuer Anzug!!“
Corra zieht mich ins Gewitterlicht. (Sie hüpfen ordentlich vor Ausgelassenheit, die zwei ...)
Und sie faßt ihre blaue Schürze, Corra „Komm, komm ...“
und wischt sorgfältigst Butter von meinem Ärmel ...
Sie liest dabei in meinen Augensternen.
Auch das, was ich in meinem Innersten denke: Nie, nie werde ich dir dies vergessen ...
(Der Anzug war mir nichts ...)
Wir gingen wieder auf unseren Platz in der Nachtfinsternis, ihr Arm schlüpft unter meinen: Ich beschwöre mich: Pst ... Pst ... p.. p..
Ein weißes Blatt Papier wirbelt in der Gewitternacht empor!!
„Das ist das Blatt, das wir im Gartenhaus vergessen haben, das Blatt, das wir im Gartenhaus vergessen haben!!!“
Sie gerät in Bewegung, sie klatscht in die Hände, und auf drei Sekunden ganz an mich gedrückt, wag ich’s nicht, mich zu rühren ...
Ach, es wollte gewiß zu den verlassenen Abendsternen, dieses weiße Blatt Papier ... Es kämpfte einen gräßlichen Kampf mit der Gewitternacht.
Liebes, weißes Blatt Papier, diese deine Sehnsuchten nach den Abendsternen, nie werden sie erfühlt werden ... vielleicht wirst du noch aufgespießt von einem rechtwinkeligen Blitz. Auf dieser, deiner Irrfahrt ...!
Morgen finde ich dich in einer Feldlache, zerweicht, zerknittert, beschmutzt ...
*
Der Regen hatte aufgehört, man konnte wieder die Sonnenschirme ausspannen, und also nahmen sie die, Mutter und Schwester, und gingen aus.
Der Herr Sohn bleibt zu Hause?
Bei diesem schönen Wetter bliebe er zu Hause?
Er wolle ein wenig üben, sagte er ...
— Nun so solle er üben.
Und damit hatten sie ihre Schirme genommen und waren gegangen, Mutter und Schwester.
Er trank ein Glas Wasser, dann ging er auf sein Zimmer hinüber.
Da waren die Fenster offen und er schloß sie. Nein, ein halbes konnte ja offen bleiben und so ließ er ein halbes offen.
Draußen liegt die Luft wie stille See. Eine graue Taube läßt sich vom Schlag herunter, sie hält die Flügel ausgebreitet und bewegt sie nicht. Dicht über dem Boden beginnt sie mit den Flügeln zu schlagen und in Blätter, die da liegen, kommt Leben; die Blätter gleiten einen Menschenschritt an der Erde hin und das ist für sie wie eine Erinnerung an eine glückliche Zeit ...
Da sie noch an den Zweigen hingen, an dem schlanken Stengel!
Ja, die Blätter wollten es mit den Vögeln halten, das stille Leben da auf dem Baume hatte ihnen nicht mehr behagt und im Winde sich schaukeln war ihnen nicht genug. Hinflattern, wohin es ihnen beliebte, wollten sie.
Da lagen sie nun, irregeführt, im Staub und spürten die Lebenskräfte schwinden.
Ja, da mochten sie jetzt sehen, wie es ihnen erging!
Die Sechsuhrsonne hing an olivengrünen Tapeten, an kastanienrotem alten Gerümpel.
An dem wächsernen Christus unter dem Glassturz fließt ein dünner, gelber Strahl vorbei.
Der kam durch ein Loch in der Gardine.
... Er blickt auf die glänzende, weiße Tür; es war ihm so wohl ... Er nahm seine Noten vor.
— — Chopin? ...
Ja, Chopin würde er spielen.
Er legt das Heft auf das Pult und stimmt. Ein paar Striche, Griffe übers Griffbrett herunter, dann faßte er die Geige mit dem Kinn, stieß mit der linken Hand den Ärmel zurück und: Piano ...
Das rechte Handgelenk bog sich sanft, ruhig wie ein Schwanenhals und die süßen Triller flogen wie kleine Kalanderlerchen ans Fenster und setzten sich dort auf dem Fensterhaken ...
Wer spielt denn da oben? — Er hielt inne.
— Ich! —
Pause.
... Ein Damenlachen beugt ihn zum Fenster heraus. Mit der Geige unter dem Arm, da prallt er zurück, die Blonde in Trauer stand unten.
An der Hand hatte sie ein vierjähriges Mädchen. Das hielt eine Puppe im Arm und sah dorthin, wo Mama hinsah ...
Nach vier Tagen.
— Sie sind der Violinspieler?
— Ja.
Er lächelt. Sein rechtes Knie zittert, er habe noch um Entschuldigung zu bitten, sagt er.
— Nein, der Herr nimmt dir deine Blumen nicht, sei still, Martha ... Was war es, was Sie spielten?
— Chopin. Ein Nocturne.
Sie überging ganz, was er vom Entschuldigen gesagt hatte.
— Chopin ..., sie sah an ihm herunter. Ihr Blick hielt bei seinem Knie und blieb da:
— Ja, wie komme ich da jetzt aus diesem Wald heraus?
Er deutet mit der Hand:
— Dann kommt eine Bank, von da geht ein Weg hinunter, gerade bis hinter das Haus des Herrn Presoli.
— Wie, Sie wissen sogar wo ich wohne? die schwarze Glacéhand am Kinn.
— Sie standen unter dem Tor und redeten mit ihm, Herrn Presoli, er hielt die Mütze in der Hand. Und dann gingen Sie mit ihm in die Zimmer hinauf; an einem Freitag war es.
— An einem Freitag? Ja, ja, da bin ich hiehergekommen.
Sie heftet die Augen auf einen Punkt und sagt das so hin, dabei klopft sie mit dem Finger auf die weißen Zähne.
— Also guten Tag!
— Gestatten Sie, daß ich Ihnen den Weg bis zur Bank zeige?
— Ach nein, danke! Jetzt finde ich ihn ja.
Sie lächelt und nickt, dann ging sie.
Er verschwand schnell. Hinter einem Baum sah er ihnen nach. Das Jäckchen des kleinen Mädchens war schwarz, kaum so groß wie ein Bilderbuch und der kleine Hut war schwarz, nur das Röckchen war weiß und die Strümpfe und Schuhe waren wieder schwarz ...
So trippelt es einher neben seiner Mama, die behend und aufrecht zwischen den Bäumen hinuntersteigt ...
Er ging hinauf bis zum „Kamm“.
Der Sonnabend fiel aus den Bäumen. Auf dem Waldboden, in den dürren Nadeln blitzte es, daß es in den Augen weh tat.
Plötzlich wandte er sich um: Sie stand unten auf der Fahrstraße ...
Ein Holzweib sagt etwas zu ihr und die Frau öffnet die kleine Handtasche ...
Sie stieg langsam herauf.
Durch das Weggesträuch mit ihren langsamen Schritten. Plötzlich ist sie zwischen den Bäumen verschwunden. Aber da kam sie schon wieder auf den Weg heraus und er ist froh ...
Das Gesicht zurückgewandt, den einen Fuß vorgestellt, verweilt sie und schaut hinab zu den roten Dächern ...
Als sie wieder ihren Weg fortsetzt, tut er so, als wäre er wegen der Aussicht da und stellt sich auf.
Ein paar Schritte noch und sie war heroben.
Jetzt sah er auch, was sie in der Hand hatte, ein Babyhut war es, aus weißem Leinen. Den hält sie sich vor das Gesicht. Wie sie an ihm vorbeikommt, hat sie ein graugrünes Kleid an und weiße Handschuhe bis über den Arm hinauf.
Da setzt sie sich auf eine Bank und legt den Arm auf die Lehne.
Sein Herz klopft und treibt ihm das Blut ins Gesicht und als er sich der Bank nähert, werden seine Beine unsicher. Er vermag es nicht, den Arm zu heben und zu grüßen ...
Aber zwei Augen gingen mit ihm und um den Mund war ein Lächeln, das sagte: Ja, ja, ich bin es, mein Lieber.
Die Schuhspitze klopft auf dem Boden ... Der Arm auf der Banklehne spielt mit dem weißen Hütchen und der andere liegt wie eine schöne, weiße Schlange im Schoß ...
Er atmet auf, als er auf dem Plateau anlangt. Das hieß „der Kamm“, und es hat der Wind freies Feld da.
Er lächelt mit sich und blickt zu Boden; in seinem Hirn ging es drunter und drüber ...
Er sieht sich nach ihr um, da schaut sie zu ihm herauf: Er geht langsam zurück.
Und vorbei ... Nein, er wagte es nicht.
Sie verzieht den Mund und „du Kipfel“ heißt das.
Nach zehn Minuten taucht er wieder auf. Aber er ging wieder bis zum Plateau —
Sie schaut in den Wald hinein, fächelt mit dem weißen Kinderhut, da kommt Presoli.
Wie der auf dem Plateau ist, stützt er sich auf seinen Stock, steht so, betrachtet sich die zwei und denkt wohl: Ei ja ... Ein Blick nach ihm hin, er trollt sich und verschwindet.
Das kleine weiße Hütchen auf dem Knie, spitzt sie den Mund, und sie pfiff ...
Er wagt es; aber gerade jetzt stand sie auf und ging hinunter!
Er eilt ihr nach. Rechts von ihr: Verzeihen Sie, ich möchte Ihnen das geben ...
— Was? fragt sie im gröbsten Dialekt.
Hinter ihrem Festungswall, dem Babyhut, und sie ist brennrot im Gesicht.
Er hält ihr einen Brief hin mit der rechten Hand.
— Haha!
Dasselbe glaubt auch der Wald, denn er wiederholt es.
Sie nimmt den Brief mit der Linken. Eine feine Hand ist in dem weißen Handschuh, hinter der weißen Kappe lacht die Frau.
Nicht ganz so groß ist sie wie er. Ihre Schritte erinnern an die blendender Stuten vor dem Leichenwagen, denen der Galopp versagt ist.
— Er läßt sie über den Weg und sie geht hinunter.
... Nun war er wieder auf dem Plateau. Und viel weiter unten, da stand sie, ihr graugrünes Kleid nach der neuesten Mode.
Das Körpergewicht ruht auf dem rechten Bein, so stand sie und las. Vom Gemeindeplatz tönten die Glocken herauf. Dann geht sie rasch weiter und ihre rechte Hand mit dem Blatt Papier schwenkt übertrieben stark in der Luft.
Mondnächte, wie in dem Tanzmärchen, da das adelige Fräulein Strohlendorf plötzlich mitten auf dem Märchen-Waldboden stand, hergeweht von den Cephyren. Auf einem Bein, Kopf hintenüber, erstarrt, in Hingebung ... Unbekanntem ...
... Und eine Hoboe die Sterne herabflötet zu ihr ...
— Auf dem „Kamm“ hatte der Wind seine letzten Seufzer ausgehaucht. Kein Hälmchen rührt sich. Das einzige, was sich regt, das Flimmern der Sterne. Da raschelt es im Laub und zwischen den Bäumen kommen zwei daher. Im grünen Mondlicht, das an den Bäumen herabfließt, am Boden weiterrieselt und irgendwo unter dem modernden Laub in die Erde lautlos hineinrinnt. Puck, Bohnenblüte, Oberon.
Langlangsam ...
Kommen zwei daher, eng aneinander, sie stehen Brust an Brust, dann gehen sie wieder ...
Warum hast du mir das nicht gesagt? fragt sie. Keine Spur von Dialekt. Das Lächeln mit geschlossenen Augen, das zittert in ihre Stimme hinein ...
Auf dem Fußweg im Lärchenwald kollert ganz plötzlich der Mond.
Der Junge ging da und taumelte, bald über den Weg, bald zwischen den Bäumen und hielt die Hand ans Gesicht gedrückt.
Er setzt sich auf einen Baumstrunk ...
Die Front des Hauses ist im Dunkeln. Der Mond steht verklärt auf dem Dachfirst und schaut von da in den Himmel hinauf.
Ein einziges Fenster ist schwach erleuchtet, ein unschuldiges Lichtchen brennt hinter den Scheiben.
Drei weiße Fensterpölster sind da, die schimmern durch die Nacht ...
Jetzt kämmt sie sich, denkt er, und sitzt auf seinem Holzstoß im Schupfen. Die Torflügel sind ausgehoben und die halbe Welt liegt vor dem flügellosen Tor und der Himmel darüber ist angefüllt mit Sternen.
Ein Fenster ist weit geöffnet und ein Fensterhaken hängt nach.
Aber er baumelt nicht, nein, nein, die Luft liegt wie Öl.
Jetzt hast du dein Licht ausgelöscht?!
... Leise hustet jemand im Zimmer.
Jetzt kommt sie ans Fenster! denkt er, und seine Hände legen sich langhin auf den Holzstoß ...
Vor dem Tor wächst ein Halm, der bewegt ein einziges Mal seine Spitze, dann steht er wieder kerzengerade ...
... Da ist sie?!
Aber es war das nur der Vorhang, der plötzlich vom Mondstrahl getroffen wurde.
Eitel Silber rauscht armdick aus der Brunnenröhre und in die Kufe und das ist das einzige Geräusch auf dem großen Hof.
Er wartet und wartet, und auf seinem herrlich mit Wasser frisierten Scheitel glänzt der Mond.
Die Sonne ist schon fort. Ein hochrotes Wolkenband brückt über den Himmel weg. Unter ihm fährt der Abendzug weg. Eine weiße Säule, schräg in den Himmel, über sich ...
Das Kinn an den Hals gedrückt, stand er da. An seinem Leib konnte man die Rippen zählen, durch das dünne Sommergewand.
*
Ich wandere, beschließe ich. Bleibt ihr alle da, wollt ihr nicht mit mir!
Ich habe Mond und Sterne auf meiner Seite, sie gehen mit mir. Das ganze Firmament!
Ich laufe auf dem Schienenweg und probiere die Sterne aus.
*
Ich bin reisefertig.
Corra ging noch einmal hinauf in ihr Zimmer, um die Jacke; die Abende werden jetzt schon kühl. Ich stehe an den Pfosten der Türe zum Vorhaus gelehnt und warte. Und das macht mir Freude, daß ich hier so stehen darf, gelehnt an den Pfosten und warten ...
Und sie lassen mir ihn, den Pfosten, die hier heroben sind und hausen. Menschen voll Güte ...!
Ich stehe an den Pfosten gelehnt und überschaue von da aus die große weite Welt.
Corra kommt. Sie hat ihre Jacke, im Gehen ruft sie dem Küchenmädchen zu, ob sie die Levkojen hineingenommen habe. Marie?
... Ja, tönt es zurück.
Levkojen? frage ich.
Ja, sagt sie und lächelt. Und so kommt es, daß meine Augen noch einmal über das Haus gleiten müssen ... Und heimlich verabschiede ich mich von den großen, weißgetünchten Schornsteinen und von dem Himmel, der gleich hinter dem Dachfirst anfängt. Die paar Wölkchen, die ganz rot dahergesegelt kommen, inbegriffen. Und dann vom Dache extra. Das hat seine helle, ziegelrote Farbe schon ein wenig eingebüßt.
— Liebe Corra, laß mich deine Jacke tragen.
— Nein, ich habe meine neue Jacke mitgenommen, du verdrückst sie mir.
Und ich lasse ab, von diesem meinem Wunsche und denke bei mir: Corra hat eine neue Jacke mitgenommen und im Geiste lege ich den Finger auf die Stirne: Die neue Jacke ...
Jetzt vergesse ich, mich noch einmal umzusehen! Nach dem Pfosten der Türe zum Vorhaus zu schauen ... Und die weißgetünchten Schornsteine? Aber alles ist schon untergetaucht und verschwunden ... Ja und das mit der Jacke war unser ganzes Gespräch. Corra geht zwei Schritte weit neben mir, dann drei ... Und jetzt geht sie gar lächerlich nahe neben mir ... Corra?
Ich werde grob und sage zu mir: Halts Maul! Und jetzt erinnere ich mich, daß sie tralala machte.
Wer nun war daran schuld, wie ich, daß sie nun wieder weit von mir in der Herbstsaat herumstieg!
Eine ganze Straßenbreite weg stiefelt (...) sie in der Ackererde.
Corra kommt zu mir herüber, legt ihren Arm auf den meinen, schaut mir ins Gesicht (...) und sagt: du, du kannst meine Jacke tragen ...
... Und sie gibt ihre Jacke ...
Die neue Jacke ...
Und sie tut das ganz offen, ohne sich ein Blatt vor den Mund zu nehmen.
Meine Arme waren lahm ... Meine Füße gingen mechanisch. Corra hängt sich sogar in mich ein.
Und sie gehen fort, eine geschlagene Stunde, miteinander ... Und, du, du kannst meine Jacke tragen, bleibt unser ganzes Gespräch ...
*
Aus roter Erde,
Sparsam windgestreut in Kalkfelsenspalten,
Hängen Büsche Salzkristalle.
Und in dunkle Meeresfalten
Rollen Steine.
Weit,
Ein einzig Fleckchen Erde,
Gott behielt es sich zu seinem Acker.
Sonst alles tot und leer ...
Wär nicht ein flüchtig Rad
Zweier Delphine,
Enteilt es übers Meer,
Stille stünd’ die Zeit ...
*
Wien, 30. September 19..
Plötzlich waren Sie wieder da, bei Vater, Mutter und Schwester.
Ein Wagen stand vor dem Tor, unter der Laterne.
Den Wagenschlag öffnet eine Frau, im Tor hat sie gewartet und lange dagestanden und die Straße hinauf und hinunter geblickt, ein weißes Taschentuch an den Mund gedrückt.
Jetzt war der Wagen da und sie eilt zum Wagenschlag und öffnet ihn.
Und da ist es eine junge Dame im Reisekleid, die aus dem Wagen steigt, langsam und bleich. Ihre Hände in grauen Handschuhen ringen sich um den Hals der Frau und so bleiben sie, Mutter und Tochter ...
Zugleich schlägt oben in den Stockwerken ein Fenster zu und ein Schrei, der, an den geschlossenen Fenstern der stillen Gasse noch fortflatternd, sich zerstört ... Und die den Schrei tat, ein junges Mädchen, Leonarda, die Schwester der Dame im Reisekleid, kommt aus dem dunklen Tor hervor, sie weint laut, stürmisch faßt sie die Angekommene unter dem Arm, die Schwester, die noch immer und wortlos an dem Hals der leise schluchzenden Mutter hängt.
Der Kutscher schaut vom Kutschbock herab auf die drei; eine Gruppe vor einem dunklen Tor in stiller abgelegener Gasse, bei dem gelben Schein einer Laterne, verweilen drei Frauen, leise schluchzend die eine, während das junge Mädchen seinen Gefühlen freien Lauf läßt, laut weint, zu allen Fenstern hinauf, in der stillen Gassennacht ...
Und das Gesicht der Dritten liegt bleich, auf dem Hals der Mutter, ohne Träne, unbeweglich, mit zugefallenen Lidern wie ein Marmorgesicht ...
Und dann in dem dunklen Hausflur, sehe ich, wie sie nun langsam den Fuß vom Boden abhebt und vor den andern setzt.
Das Marmorgesicht liegt auf der linken Achsel der Mutter und an derselben Seite geht Leonarda mit kleinen Schritten und stützt mit beiden Händen die Schwester.
Und ich habe sie erkannt, Frau Farweller ...
Und Ade sagten Sie, Frau Farweller, und blickten zur Erde hinab, flogen auf mit zwei Flüglein ins Himmelreich ... Angemeldet, abgemeldet ...
Und da stand ich, bei dem Tor, drehte mich, stieg vor dem Tor auf dem Trottoir herum, und ging an der Häuserreihe, an den Wänden, wieder zurück ...
Und da fällt es mir ein, wie ich diesen Weg auch oft mit Ihnen gegangen bin, als Sie noch Schulmädchen waren, damals.
In respektierter Entfernung natürlich.
So sagen wir eine Straßenbreite, bis zu Ihrem Hause. ... Sie sprachen noch eine Weile mit der Freundin, einem Vize-Adelinenwesen. Es war ein heißer, weißer Sommer, der die Menschen matt macht, und Blässe lag auch auf Ihrem und Ihrer Freundin Gesicht. Dann gebt Ihr Euch die Hand ... Sie gehen durch den Hausflur und bei der Stiege bleiben Sie stehen, Ihre Füße kommen gerade da zusammen und so bleiben Sie stehen ...
Mit der linken Hand halten Sie die Schultasche und die rechte ist darauf gelegt ...
Ihre Gestalt sehe ich im Profil ... Ein weißes Alltagssommerkleid sagten Sie ... Und Ihr Kopf wendet sich mir zu und nickt. Und ganz allein mir galt es ...
Pronti!
Ich gehe augenblicklich über Felder, springe über Gräben. Einen großen tiefen Graben habe ich auch zu überschreiten gehabt. Ein incredibile langes Brett! Es stammte gewiß aus Nordamerika, eine Conifere!? Brett aus den Felsen-Waldbergen, Grizzlys Heimat ...!
Friedliche Tiere habe ich aufgescheucht, aus ihrem Schlaf, aber es war nicht Absicht, junge Frau, Sternennacht ...
Warum weine ich?
*
(Kein Auge blieb trocken). —
Da kommt sie, das Unglückswesen, sagt eine weibliche Stimme hinter mir.
Und wirklich! Immer bist du es, die ich heute zum drittenmal sehe, Hermia, dieselbe.
Jedesmal behielt ich dieses Bild im Herzen:
Das Bukett Rosen mit dem Brieflein: Graf ... In den Handschuhmacherladen hinein ...
Nein, der „Graf“ war dir nichts. Nur ihn, ihn küßtest du, als du seinen Brief küßtest, und die Rosen küßtest und an Mund und Augen und Wange drücktest ... Hermia ..., daheim, in deiner Kammer ...
Eines Abends, nach Geschäftsschluß: ob ein Wiedersehen möglich wäre ...? Nein, nein, nein, Hermia schüttelt den Kopf, und wie sie die Rosen lieb anblickt. (Nein, gewiß, nimmer würde sie von euch ihre Hand lassen ...)
Dann, hinter dem Haustor blickt sie noch durch das Torfensterchen und macht mit der Hand Pa...
Und oben in deinem Kämmerlein, Hermia:
Gleich Wasser, für die Blumen, o, wenn man all den Duft mit einemmal einsaugen könnte ...!
Arme Hermia, dann war es wohl die erste im Reigen der unruhigen Nächte ...
Nächsten Tages. —
... Welche Freude es für ihn wäre, sie Sonntag nachmittag am Jägerweg erwarten zu dürfen, zu einer Automobilfahrt! —
„Vielleicht um vier Uhr, wenn es Ihnen recht ist?“
Graf Udo Ferdinand N. —
Ein weißer Mädchenschirm, der im Wegsand stochert; Wind, alter Lebemann, vermag nicht abzulassen von eines jungen Mädchens weißem Kleide!
Weiß, der Sommer prallt daran ab.
Das Automobil schwankt heran.
Hermia kehrt dem plötzlich den Rücken und geht drei Schritte:
Nein, es kann nicht wahr sein, nicht wahr sein! Hermia, es ist das Glück ... Es lächelt dich an ...
So denkt Hermia, und neigt den Kopf, denn sie sieht da die Steinchen im Wegsand nicht mehr. Feuchte Augen trüben den Blick ...
Eine Stunde später: Die Bank am Waldespfade ... Beide setzen sich ...
Einstweilen nimmt er das Blatt weg, das auf ihr Knie gefallen war ...
Auf das himmlische Knie unter dem weißen Kleide ...
Horch, was ist das? —
Nichts, Waldesrauschen. —
Das Automobil wartet. Auf der breiten Straße mit den Kilometersteinen. Der Chauffeur trinkt sein Bier und liest die Zeitung: Die parlamentarische Kommission der konservativen Rechten ...
Er legt die Hand um ihre Taille. Sie erbebt, erhebt sich, wächst empor, und wie die Lilie im Zauberwald ..., streift langsam seine Hand ab ... behält ... sie ... in ihrer Hand ...
Vielleicht strömt ihr bisheriges, stilles Leben an ihr vorbei?
Vielleicht eine Szene hinter dem Ladentisch? Wie sie gerade mit der Schere ein widerspenstiges Haarlöckchen abschnitt, sorgenfrei ...
Sie wendet langsam ihr Gesicht ihm zu: die Augen blicken ernst, der Mund ist halb offen.
Er sieht ihre eingefallenen Wangen und wie die Brust atmet. Und Hermiens Augen werden groß und matt, wie es die Sonne jetzt tut im Westen.
Hermia steht auf dem Felsgrat. Und in blauen Tiefen sieht sie die Sphären schwingen. Wird Hermia schwindelfrei sein, und die Tiefe unter ihr nicht ihren weißen Nacken lähmen?
Wird sie es vermögen, den blauen Tiefen noch rechtzeitig ihr nicht weniger tiefes Blauauge zu entreißen, hinter sich zu blicken und einem schwachen Mädchenfuß alte Kraft und Sicherheit wiedergewinnen zu lassen, froh und befreit niederzuwandern zwischen Bergblumen?
Siehe, aber sie vermochte es nicht, Hermia, als sie hinaustrat auf den Felsgrat ihres Lebens. —
Hermia hatte nicht gelernt auf Felsgraten zu tanzen.
Die schwingenden Sphären nahmen sie an sich, komm zu uns, komm zu uns, riefen sie und Hermia fühlt, wie sie aufgehoben wird, abgehoben von dem Fels unter ihren Füßen, und hinabgleitet: — Sie fällt ihm um den Hals, Hermia, Graf Udo Ferdinand N., und birgt ihr Gesicht an seiner starken Brust.
Sein ist Hermia und die Seele blickt auf ...
Harmonium solo.
Und dann wird es das alte Lied: Hermia liegt zu Bett. Das hat an Kopf und Fußende ein kaltes, eisernes Gestänge. Und da sind noch viele Betten, und eines sieht dem anderen ähnlich auf ein Haar ... Neben dem großen Bett steht ein kleines Bettchen. Es ist nicht die Himmelswiege, es ist das große Bett aber en miniature.
Darin bewegt sich das Würmchen ...
Hermia aber liegt stumm, dann und wann tun sich die großen Augen auf und schauen die Zimmerdecke an ...
Neben Hermiens Bette sitzt die alte Wärterin, sie stickt.
Sie hat zeitlebens nur Anna geheißen und Kranke gepflegt, an Peppo gewürgt, und Peppo ist es in den Geschichtchen der Hermien, die hier im Spitale liegen und mit großen Augen der Wöchnerin zur leeren weißen Saaldecke schauen, nach den Bildern ihrer Erinnerung.
Und jetzt war Peppo sogar Graf, Graf Udo Ferdinand N., erzählt Hermia ...
Vielleicht könnte sie sich ein wenig im Bette aufsetzen? Anna ist ihr behilflich.
Nein, sie kann es nicht, Hermia, sie ist noch zu schwach und sie sinkt wieder zurück.
Die schönen schmalen Hände liegen wieder neben dem Körper, bleich auf der Decke ...
In den ersten Nachmittagstunden, das Krankenzimmer liegt an der Sonne. Ein Sperling singt auf dem Fenstersims Frühlingslieder. Hoch oben unter der Saaldecke ist das Fenster, und es ist offen. Unter ihm schläft das Kleine in seinem Bettchen. Es hat sich mit den Ärmchen müde gespielt.
Hermia erzählt. Sie erzählte so gern ...
Sie wünscht, daß Anna ihr das Etui mit dem Medaillon herüberreiche. Anna tut es und mit einem mitleidsvollen Blick (der von Hermia nicht gesehen werden darf). —
Hermia nimmt das Medaillon heraus. Wie sind die Hände so langsam und die Finger spitz ...!
Sie schaut das Medaillon an und ihr Hals macht dabei unter dem Kinn eine Falte. Er muß den Kopf ein wenig heben, der Hals, daß die großen Augen das Medaillon sehen können und da macht er die Falte. Können denn die Hände das Medaillon nicht höher halten? Nein, sie sind zu schwach.
Hermia legt das Medaillon in das Etui, gibt dieses der Anna zurück ... Sie möge es zu dem kleinen Ferdinand neben ihr ins Bettchen legen.
Will sie sich denn schon vorbereiten zum Sterben?
Ja, abends war sie tot. —
Sie starb an Schwäche. Ganz still, niemand hörte es ...
... Die Ärzte breiteten ein weißes Leintuch über sie.
Als der junge Graf endlich (zu spät!) auftauchte, geschah es, daß er sich über das sanfte Bild warf, das das weiße Leintuch behütete, und nur noch dieser heutige Tag seine Zeit lang von jener frühen Morgenstunde trennte, da das Zügenglöckchen ertönt — (Harmonium solo). Er weint. — Die Ärzte lassen ihn allein, und geben auch der Wärterin Anna einen Wink.
Darin küßt er das Händchen des kleinen Ferdinand. (Nach ihm so benannt ...)
Die achtzehnjährige Ninette hatte sich den kleinen Ferdinand, süß schlummert er, auf den Arm genommen. Neben ihm stand sie, dem großen Ferdinand, und da küßte der große Ferdinand das Händchen des kleinen Ferdinand. —
Sie, Ninette, herzte ihn noch eine Weile und legte ihn wieder in sein Bettchen zurück, das kein Himmelbett war. Dann bekam er eine andere Mutter ...
*
„Oft wandelt die Liebe in Haß sich! —“
Doch wenn ich dich Blümchen anseh,
Nun schon vergilbt, kein Duft mehr
An dir, zwischen zwei weißen Blättern:
Kannst ärger du wüten, o Schmerz,
So wüte!
Nicht scheint mir begreiflich dein Spruch ...
Werther schlug die Zeit tot.
Plötzlich ging er ein Stück Weges zurück und kehrte wieder um ...
Der Wegsand war feucht vom Regen in letzter Nacht.
Einer lauen Sprühregennacht, die Schuhe drücken sich leicht im Sande ab.
Er ging und sah auf den Boden, die Hand plötzlich an der Wange ... Da war es das zweite Mal, daß er zurückging.
Die Sonne war im Untergehen und ihr ganzes Dekorationsinventar stellte sie zwischen den Bäumen auf, und zwischen den Bäumen wandelt plötzlich jemand daher.
Luise ...
Sie hatte wieder ihr neues Kleid an. Und so schön war sie, als er sie so ruhig dahergehen sah, mutterseelenallein.
Hinter ihr ging die Sonne unter ...
Ach, er blieb stehen und hielt den Atem ein. Wenn sie ihn nur noch eine kleine Minute lang nicht bemerkte! Und er blickte zum Himmel, daß ihm die Bitte erfüllt werde ...
In der Hand hatte sie eine einzige, kleine Blume, die mit der Hand hin und her, langsam durch die Luft strich. Luise neigte den Kopf ein wenig zur Seite, und wie gewöhnlich, blickte sie auf den Boden hin.
Sie sang leise ...
Da stehen sie sich gegenüber. Sie atmet schnell, kneift den Mund zusammen und heißrot steigt es in ihr Gesicht, und das ist nicht Luisens Farbe, und über der linken Braue steht eine kleine Falte.
Einige Minuten vorher konnte sie ein Lied singen ...
„Fräulein Luise, es war nicht Absicht“, er spricht’s in den Wald hinein.
Lodernde Fackeln stehen auf im Umkreise und das Feuer rauscht und knistert, und gelbe Flammen gehen nieder und erlöschend im Gleitflug vor Luisens Füßen.
Herbstwald ...
Sie sagt nichts; der Wald rauscht. Sie hält das Gesicht zur Seite gewendet und blickt weg. Das Weiße in ihren Augen glänzt.
Jetzt war sie wieder wie damals im Hamerlingpark, um sechs Uhr abends.
Als er das erste Gespräch mit ihr hatte ...
Sie legt die Finger ineinander und läßt sie so auf dem Schoße ruhn.
Nach einer Weile sagt er: „Fräulein Luise, so allein sollte ein junges Mädchen nicht gehen, im Wald, in der Nähe einer so großen Stadt!“
Sie blickte ihn an, aber sah wieder weg:
„Sie haben ja einmal gesagt, alle Mädchen sind Ihnen gleichgültig.“
Sie schaut auf einen Punkt und drückt die Lider zusammen, und die Kurzsichtigkeitsfältchen sind wieder da. Sie ging. Langsam setzt sie einen Fuß vor den andern ... Er ging unschlüssig ihr nach, da sah er die Spur, die zurückblieb, wenn sie den Fuß vom Boden abhob.
Er stand bei ihr, er zitterte; „Luise!“ er wendet das Gesicht ab. Es brandet über den Wipfeln und saust fort.
Werther: Augen schließen und Niagara übers Herz ... Ein leidvolles Lächeln.
Ach, wie er sich hielt mit fester Hand. An seinem Mundwinkel zog es. „Ich weiß nicht, was Ihnen so schwer fällt“, plötzlich sagte sie es, mezzavoce; sie steht wieder, ihre Fingerspitzen berühren seinen Arm und sie blickt ihn an ...
Welcher blinde Zufall wollte da unbedingt, daß er ausgeliefert werde?!
Und sollte sein selbstloser Plan nicht in Erfüllung gehen, nein? Er war doch hierher gekommen, um zu leiden, still, ohne einen Laut ...
Da kam sie daher und drohte mit einer Frage, ihm alles zu vernichten.
„Darf ich mit Ihnen gehen?“ fragt er plötzlich ganz ruhig. Es sah wirklich so aus.
„Ja, aber weil sie mir schon bange gemacht haben.“
Über der linken Braue stand wieder die kleine Falte. Sie war wieder hart. Luise war wieder hart.
Er ging mit.
Nein, er konnte es nicht begreifen, sie war es, die er hier traf? Und sie hatte sich jetzt gerade unter seinen Schutz gestellt.
Er sah dies Bild: Die Hände vor der Brust, blickt sie ängstlich zurück, während er dicht vor ihr stand und bei ihr ..., seine Hände über sie hielt und sie schützte ...
Ach, wie gern würde er Qualen erdulden!
Da, mich, seid einmal gütig in eurem Leben, würde er ausrufen. Nach peinvollen Minuten: Meine Wunden lassen mich noch eine halbe Stunde am Leben?
„Ja, eine knappe halbe Stunde“, sagen sie darauf.
So ist es gut, antwortet er.
Und zu Luise gewendet: Jetzt kann ich dich noch begleiten, und er lächelt glücklich. Bei der Tür zu dir erst werde ich stürzen, aber ich kann dann noch nachblicken, du ... Und da wendet er sich noch einmal zu jenen Männern und winkt ihnen mit der Hand: Ich bin Euch dankbar, gut waret Ihr, ich bin Euch dankbar ...
Da merkte er plötzlich, daß sie ihn die ganze Zeit von der Seite ansieht. Und da er sich zu ihr wendet und dies sieht, sagt sie: „Sie sehen leidend aus, waren Sie krank?“
Da wird in ihm all sein Leid wieder wach, lebhafter denn je, eine Garbe von weichen Gefühlen drängt es nach außen; da preßt er sie an sich, seine Hand zuckt, so wild reißt er sie an sich. Der linke Arm schlingt sich um ihren Kopf und die Hand drückt auf die Stirne; ganz sinnlos ist er und merkt nicht, daß er ihr mit dem Finger am Auge weh tut. Er bedeckt sie mit heißen Küssen, Mund, Wange, und benetzt sie mit Tränen ...
Dann läßt er sie los, wendet sich ab, und bedeckt sein Gesicht mit der Hand. Sie steht da, und in ihrer Ratlosigkeit streicht sie sich mit den Fingern über das Gesicht. Da eilt sie zu ihm hin, legt die rechte Hand auf seine Brust und die Linke zieht die seine vom Gesicht weg ...
„Wein’ nicht“, sagt sie. — — — — — — — —
Solchen Phantasien gab er sich hin, die seine Landregenstimmung vollends herunterbrachten. Das Rosa der durchschimmernden Augenlider war das Letzte, was ihm von dieser Welt im Bewußtsein zurückblieb, bis auch das weg war; sein Kopf sank matt zurück, er verfiel in traumlosen Schlaf.
Da lag er hinter dem Busch, hingefallen wie ein Selbstmörder.
Er lag so mehrere Stunden ...
*
Bauplätze, allerhand Graswuchs, um Tümpel im Lehmboden.
Eine Allee, ein Geländer lief mit, flog es in die Ferne wie telegraphiert, auf, ab, auf, ab, längs abschüssiger Wiesengründe.
Ein kleiner Hügel, der aus dem Tal herauf will, klammert sich an die Straße. Aber das kostet ihm den Kopf, auf seinem Rumpf stellt Stadtrat Sch.s Antrag Bänke auf: und alte Alleebäume müssen die Eindringlinge respektieren, und sie tun es mit einer in langem Leben erworbenen Gelassenheit, vollführen hinter den Bänken einen Halbkreis und gehen weiter, schweigend, einen schnurgeraden Trott.
Und hinter Hügel und Geländer der Brand von Rom!
Die Uhr ist sieben.
Zwei Männer stehen da, dem einen hängt die Pfeife aus tabakschwarzen Zähnen, der andere hält die Hände hinter dem Kopf verschränkt und gähnt, auf der Straße wird es finster.
Nach einer Weile sind die Bäume schwarz, das Geländer schwarz und die Grasspitzen Silhouetten, die in den Himmel stechen.
Er hat seinen Arm um ihre Taille geschlungen, so gehen sie und haben keine Eile.
Vielleicht lese ich in einigen Tagen in der N. F. P.: „Die Anna H. kam täglich in den Laden, wo Kropetz bedienstet war, um das Fleisch für den Mittagstisch ihrer Dienstherrschaft zu holen. Die jungen Leute fanden Gefallen aneinander und bald entwickelte sich zwischen ihnen ein Liebesverhältnis. Dies sollte aber bald getrübt werden.
Eines Tages mietete sich Johann W., der aus Mähren zugereist kam, im Nachbarhause der H. ein. Das Dienstmädchen erkannte in ihm einen Bekannten aus ihrem Heimatdorfe und sprach nun öfter mit diesem. Auch ließ sie sich von ihm zu einer Sonntagsunterhaltung führen, da sie ja Schulkameraden seien, wie er sagte. Kropetz stellte die H. tags darauf zur Rede. Sie erklärte ihm den Sachverhalt und sagte noch: „Dir bleib ich ja doch treu, wenn ich auch einmal mit ihm geh ...“ Kropetz glaubte seiner Geliebten.
Doch es war nur Schein. Als ...“
Heut Nacht regnet es, sagt sie. Ihre Stimme ist seltsam bewegt ...
Er blickt sie an mit seinen Rehaugen.
„Georg ...“ sagt sie ...
Der Polizist steht plötzlich wieder da, er hat den Helm in der Hand und wischt ihn mit dem Taschentuch trocken; es war tagsüber sehr heiß.
Es ist der, der vor Gericht dann aussagt: Die zwei wären ihm gleich nicht ganz richtig vorgekommen ...
Dann gerate ich auf einen Pfad. Der hat auch sein Geländer, das sich in die Baugründe hineinekelt, es aber bald aufgibt, wie es einsieht, daß es hier nichts mehr zu schützen gibt ...
*
B. Kokoschka.
Ach, ich seh dich gu-ten Mond schon wie-der
wan-dern! Mein Freund, war-um so bleich?
Sahst du mit ei-nem an-dern die Ge-
lieb-te?
Reich von dei-nen Wan-gen ihr
ei-nen Strahl ... Und sag’:
Sieh, wie mei-ne Wan-gen sind die
sei-nen fahl ...
Wiedererwacht aus einem Halbschlaf, der drei, vier Stunden gedauert hat, sieht er, wie sich graues Morgenlicht auf den Fußboden hinabräkelt, und er hört die treue Amsel singen ...
Fort fliegt sie; führt er die Hand an die Stirn, läßt sie daran herunter und über die Wange gleiten, und die Augen schlagen auf.
Sie blicken auf den weißen Polster unter der Wange, feucht noch von Tränen im Schlaf. — — — — — —
Hat es nur einmal mit diesem elenden Regen sein Ende, ging er auf und ab im Zimmer.
Am Fenster stehend sieht er nach des Kaufmanns Markus Vieldbich altem Haus, es bekommt einen neuen Anstrich. Meergrüner Lack.
Gestern war erst das oberste Drittel meergrün. Heute standen die Anstreicher bereits auf dem Pflaster. Die Arbeit ging unaufhaltsam von statten. Das Gerüste wirkte wie übereinandergestellte Dächer und der Regen konnte die Arbeit nicht behindern.
Er wandte sich vom Fenster weg, da erschreckt er im Spiegel: Die Augen lagen tief in den Höhlen und die Lider waren grau. Und jetzt merkte er erst, daß es ihm zur Gewohnheit geworden war, sie nicht ganz offen zu halten, sah er genau hin, waren tausend Fältchen da. Auch war das Gesicht nicht ganz rein.
Ja, mit ihm war es abwärts gegangen. Er war wie ein winziges Insekt, das an dem heißen Lampenzylinder herabfällt.
Luise? Nein. Seitdem sie von ihm gesagt hatte, mangelnde Galanterie seinerseits hätte sie beide auseinandergebracht, schien sie ihm ein gewöhnliches Wesen. Sie hieß auch gar nicht Luise, wie die Gattin Napoleons, und Mutter des Königs von Rom. Sie hieß Aloisia, nach dem braven Großvater, und spielte falsch auf dem Klavier.
Was war es dann, das ihn nicht ruhen, ihn mit zuckenden Nasenflügeln in tollste Lustigkeit ausarten und plötzlich wieder in heller Verzweiflung in einen Stuhl zusammenbrechen ließ?
Abends bei der Lampe, und dem trauten Gespräch im Familienkreis, ihm Sehnsucht die Brust durchgreift und er aufspringt mit dem heißen Wunsch: Ach! Laßt mich eine Gewalttat verüben!
*
22. November 19..
Ich richte mich im Bette auf, und denke: 22. November ...!
Ein zu Tode ermatteter Luftzug streicht zum Fenster herein! Neben meinem Bette, wo zwei Asternstöcke stehen. ... „Weißaster und Astern in anderen Farben, ihr seid Totenblumen, und euer ist der einsame Friedhofgarten!
Euer Hauch ist der der Grüfte, und das Licht der Sonne liebt ihr, kommt es, getrübt, durch ein Kapellenfensterchen ...
Wohlan!“
*
Lichtreklamebilder, Passanten, Lungerer.
Laternenträger: Maxim, Süßes Mädel, Moulin rouge, Bajadere, Maison de danse, Fledermaus ...
Schöne Frauen, mit ihren in kostbare Pelze gezwängten Dickbauchmännern, Freunden, Freundinnen ...
„Auto bitte.“
Winternacht ...
Mizzi, Antschi, Viki, Lu-Lukretia ...
Lukretia wandte plötzlich den Kopf nach mir. „Bubi ...“, sagte sie.
Eine Goldplombe hatte sie im linken Mundwinkel.
*
Bei des Himmels Morgenkerzen
Hüll’ ich mich in meine Decken,
Von dem vielen Drücken, Herzen
Kann ich kaum die Glieder recken.
Wie der Wind am Sparren zieht
Pfeift zu der Arbeit sich ein Lied.
Ich bin so matt ...
Vorüber geht die Nacht,
Und schlafen will ich jetzt
Eh’ noch erwacht
Das Geheul der Stadt!
*
„Die Küche wollen Sie auch sehen“, lächelte sie. Vier Uhr, Winternachmittag.
„Also dann kommen Sie, Wettl ist nicht da, wir können also ruhig eindringen in ihr Reich.“
Sie wendet den Kopf zurück und lacht.
Durch ein dämmeriges, kleines Zimmer: „das gehört Wettl.“ Sie drückt eine weiße Tür auf und bleibt an ihr stehen: „Das ist die Küche.“
Weiß in Weiß, ach, wer da ein Fisch sein könnte!
Unter diesem bis ins Gelbweiß gewaschenen Beil, welche Wonne zu sterben ...! Oder der Hase, dessen Herzblut hier abrinnen durfte ...
„Kochen Sie auch hie und da, Fanny?“
(Stefanie! Stefanie!) Ich durfte „Fanny“ sagen ...
„Selten, für meinen Mann des Abends, dann und wann, eine Kleinigkeit. Wenn Wettl sich fortbettelt.“
Sie spielt mit den Fingern hinter dem Rücken an der Tür und lächelt.
Ach, der es sein durfte, für den diese Hand mit dem Kochlöffel in der Pfanne umrührt!
„Bitte, Fanny, nehmen sie da diesen Löffel. Diese Pfanne stelle ich auf den Rechaud.“
Sie lachte und steht bei dem Rechaud, plötzlich sagt sie: „Ich hab eine Idee.“
Sie nimmt meinen Kopf in beide Hände: „Ich hab eine Idee!“
Sie dreht den Gashahn auf. Ich muß mich setzen. Da setz dich, sagte sie ...
Sie machte die Kredenztüre auf.
Butter, Honig und Milchbrot.
Sie kocht Kaffee ...
Fanny kocht für mich und sich Kaffee ... Ich darf hier schon „mich“ zuerst sagen; Fanny und ich wissen ja den Grund: Poesie, Poesie ...
In der Küche Weiß in Weiß.
Und sie trinken dann beide den Kaffee ...
*
Wind, Waldraser, Wasserschlinger, Abstürzler, Hochtourist,
Und was du noch alles bist,
Möchtest sein; — —
Plagst dich viel,
Ich spann einen Seufzer dir vor
Und rascher bist du am Ziel!
*
Mein Herz schlägt warm,
Von deinem Blute,
Mutter, hast du zu viel mir drein getan
Von deines Herzens Gute?
Ich fühl’s voll der Unmäßigkeit!
In deine lieb verschlungenen Hände
Möcht ich’s legen heut
Und sagen:
Es gellt
Ins Ohr die Welt
Mir, sieh, ich kann nicht leben!
Und möcht mein Leben, leise, daß du’s nicht merkst
Zurück dir geben ...
*
Heute geh ich an dem Laden des Herrn Markus Vieldbich vorbei.
Ein Plakat hing an seinem Ladentisch herunter, das habe ich im Vorbeigehen gesehen. Und ich konnte es dort entdecken, weil ich langsam vorbei ging.
Und als ich zum viertenmal vorbeigehe, steht Herr Markus Vieldbich in der Ladentüre. Da machte ich eine kleine Schwenkung, geradewegs in den Laden hinein. Herr Markus trat höflich zurück. Und ich kaufe.
Ja, einmal schickte meine Mutter Mandeln und Rosinen weg in eine andere Stadt. Es war eine ganze, kleine Kiste. Aber noch andere süße Sachen waren darin, insgesamt war alles an ein arges Leckermaul.
Eine Schnur brauchte sie, Nägel und Siegellack, sie meine liebe Mutter.
Also ich kaufe Mandeln, Rosinen, eine Schnur, Nägel und Siegellack.
„Bitte, ach, nehmen Sie doch dieses Plakat zum einpacken: ‚Marke Odalisk‘ ist die beste. Zu haben in allen Wein- und Mineralwasserhandlungen.“
Und er packt mit Odalisk Mandeln und Rosinen. Ach, keinen Grund hatte ich, bange zu sein!
Jetzt wird bezahlt.
Herr Markus macht eine Reihe Zahlen vom oberen Rand des Papiers bis zum unteren; dann fährt sein Bleistift vom unteren Rand mit immenser Schnelligkeit zweimal nach dem oberen, ein Strich, fertig, Punkt.
„Bitte sehr, bitte schön.“
Ich lege das Geld auf den Tisch. Ob es seine Richtigkeit habe?
Herr Markus streicht mit der Hand darüber hinweg.
„Stimmt, haargenau.“
„Das Papier, mit dem Sie mein Paket gemacht haben?“ O, das koste nichts. Das wäre ihm noch schöner. —
In der Finsternis habe ich das Plakat geglättet.
An der Wand taste ich nach einem Nagel.
Jetzt werden die Fenster geschlossen; Gardine herunter!
Ist auch die Tür abgesperrt? Ja. —
(Mein Herz ... Mein Herz ...!)
Licht!!!
„Marke Odalisk ist ...“ Ich suche nach einen geeigneten An- Anredewort.
„Od... Odalisk ... hiemit mache ich Sie zur Königin in meinem Reich!“
Erschöpft sinke ich auf einen Stuhl.
Ja, sie hat die schönsten Augen der Welt ...!
*
Ende
End of the Project Gutenberg EBook of Adelina oder Der Abschied vom neunzehnten Lebensjahre, by Bohuslav Kokoschka *** END OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK ADELINA ODER DER ABSCHIED *** ***** This file should be named 52486-h.htm or 52486-h.zip ***** This and all associated files of various formats will be found in: http://www.gutenberg.org/5/2/4/8/52486/ Produced by Jens Sadowski and the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net Updated editions will replace the previous one--the old editions will be renamed. Creating the works from public domain print editions means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. Special rules, set forth in the General Terms of Use part of this license, apply to copying and distributing Project Gutenberg-tm electronic works to protect the PROJECT GUTENBERG-tm concept and trademark. 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