The Project Gutenberg EBook of Die Komposition des Buches Jes. c. 28-33., by Martin Brückner This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.org/license Title: Die Komposition des Buches Jes. c. 28-33. Author: Martin Brückner Release Date: April 9, 2016 [EBook #51705] Language: German Character set encoding: UTF-8 *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE KOMPOSITION DES BUCHES *** Produced by Alexander Bauer, Jana Srna, Reiner Ruf, and the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung der Doktorwürde
bei der
philosophischen Fakultät der Universität Leipzig.
Eingereicht
von
Martin Brückner, Pastor.
Seite: | |
Einleitung | 1–3 |
I. Die jesajanischen Stücke: | |
Ihre innere Zusammengehörigkeit | 3–14 |
a) Ihre Gleichartigkeit nach Form und Inhalt | 3–8 |
b) Ihr sachlich-chronologischer Zusammenhang | 9–14 |
Ihre äussere Unvollständigkeit und Zusammenhangslosigkeit | 14–24 |
a) Die mangelhaften Eingänge | 14–21 |
b) Das Fehlen redaktioneller Verbindung | 21–24 |
Die Herkunft der jes. Stücke aus einem grösseren geschichtlichen Zusammenhange | 25–34 |
a) Die verschiedene Redeform der einzelnen Stücke | 25–30 |
b) Die Eingänge von c. 28,7. 28,14. 29,19. 30,8. 31,4 | 30–34 |
Bestätigung des gewonnenen Resultates | 34–48 |
a) Die kurzen Stücke | 34–37 |
b) Die geschichtlichen Darstellungen in c. 6–8,18 Zusammenfassung. c. 32,9–14 |
37–48 |
II. Die nichtjesajanischen Stücke: | |
Ihr Verhältnis zu den jesajanischen Stücken | 48–54 |
Ihr Verhältnis zu einander | 54–61 |
Die Fortsetzungen jesajanischer Stücke | 54–56 |
Die selbstständigen Stücke | 56–61 |
Resultat und Abfassungszeit | 62–65 |
III. Zusammenfassende Darstellung der Entstehungs-Geschichte des Buches Jes. c. 28–33 | 65–69 |
Schlussbemerkungen | 69–71 |
Anhang: | |
c. 28,23–29 | 71–77 |
c. 32,15–20 | 77–84 |
Im ersten, ungedruckten Teile der vorliegenden Dissertation ist namentlich auf Grund der von Duhm in seinem Kommentare zu Jesaia[1] und von Hackmann in seiner Schrift über die Zukunftserwartung des Jesaia[2] vorgenommenen Untersuchungen eine eingehende Analyse des Buches Jes. c. 28–33 gegeben worden. Dieselbe hat zu folgendem Resultate geführt:
1. Von Jesaia stammen folgende Stücke: c. 28,1–4, v. 7–13, v. 14–22, c. 29,1–3. 4a. 7, v. 9 f., v. 13 f., v. 15, c. 30,1–5, v. 6 f., v. 8–17, c. 31,1–4, c. 32,9–14.
2. Die übrigen Abschnitte: c. 28,5 f., v. 23–29, c. 29,4b. 5 f. 8, v. 11 f., v. 16–24, c. 30,18–26, v. 27–33, c. 31,5–9, c. 32,1–8, v. 15–20, c. 33 gehören einer späteren Zeit an.
Schon Duhm und Hackmann sind bei ihren Untersuchungen über die Entstehung unseres Buches unabhängig von einander[3] in der Hauptsache zu auffallend gleichem Resultate geführt worden.
Die Ergebnisse meiner Untersuchungen stimmen meist mit denen Hackmanns überein und sind nur eingehender begründet worden, als es für Hackmann im Rahmen seiner Schrift möglich war.
Zu bedeutenderen Abweichungen in der Analyse bin ich nur in betreff der beiden Stücke c. 28,23–29 und c. 32,15–20 gekommen. Die Begründung meiner Stellungnahme[S. 2] zu beiden Stücken soll deshalb der vorliegenden Schrift in einem Anhange beigefügt werden.[4]
Es ist nun die Aufgabe der vorliegenden Abhandlung, nachzuweisen, wie es gekommen ist, dass die verschiedenen Bestandteile des Buches Jes. c. 28–33 zu dem vorliegenden Buche zusammengeschmolzen sind. Wir haben also die Entstehungsgeschichte des Buches zu rekonstruieren.
Diese positive Arbeit der Kritik ist ebensosehr wünschenswert wie notwendig.
Sie ist wünschenswert zur eigenen Rechtfertigung der kritischen Arbeit. Denn es würde sich ja sonst die Frage erheben, wie es möglich sei, dass ein Buch aus so disparaten Bestandteilen entstanden und zu einem Ganzen zusammengewachsen sei. Stellt es sich aber heraus, dass sich für die Beantwortung dieser Frage wissenschaftlich wohl zu begründende Hypothesen aufstellen lassen, so erhält dadurch die Richtigkeit der im ersten Teile gewonnenen Resultate eine neue und starke Stütze. Denn bisher sind alle Versuche gescheitert, die Komposition unseres Buches oder einzelner Kapitel desselben, namentlich des c. 28, bei Annahme jesajanischer Autorschaft zu erklären.
Wünschenswert ist die Beantwortung der Frage nach der Entstehungsgeschichte unseres Buches auch aus sachlichen Gründen. Einmal wird erst dadurch Zweck und Anlage des Buches klar, wenn man weiss, wie es entstanden ist, und sodann wirft die Erkenntnis der Entstehung des Buches auch ein Licht auf die Verfasser und ihre ganze Zeit.
Diese sachlichen Rücksichten machen die Arbeit aber auch notwendig. Die Aufgabe der Kritik erschöpft sich keineswegs damit, dass vorhandene Anschauungen zerstört oder als irrig nachgewiesen werden, sondern es ist vielmehr das Ziel und der eigentliche Zweck derselben, an Stelle der alten Anschauungen neue, der Wahrheit entsprechendere zu setzen.
Wenden wir uns nun der Lösung dieser Aufgabe an unserem Buche selbst zu, so ergeben sich aus dem im ersten Teile unserer Untersuchung festgestellten Charakter des Buches ganz von selbst zwei Teile zur Behandlung des vorhandenen Materials:
Im ersten Teile wird zu fragen sein, ob die jesajanischen Bestandteile unseres Buches ein zusammengehöriges Ganze für sich bilden, oder woher sie, falls und soweit das nicht der Fall ist, entnommen sind.
Sodann wird zu untersuchen sein, ob und wie weit die nichtjesajanischen Stücke von dem Hersteller des Buches selbst verfasst oder auf verschiedene Autoren zurückzuführen sind.
Als Abschluss des Ganzen soll dann aus den gewonnenen Resultaten in kurz zusammenfassender Darstellung ein Ueberblick über die Entstehungsgeschichte unseres Buches gegeben werden, wobei vor allem Zweck und Anlage des Buches berücksichtigt werden müssen.
Auf diese Weise werden wir in der Beantwortung der Frage nach der Komposition des Buches Jesaia c. 28–33 zu annähernd sicheren Resultaten gelangen können.
Wir haben es also zunächst mit den jesajanischen Bestandteilen unseres Buches zu thun.
Wenn man die oben angegebenen jesajanischen Stücke des Buches c. 28–33 hintereinander durchliest[5], so fällt zunächst ein doppeltes auf, das man sonst im ganzen Jesaia-Buche nicht wieder antrifft, nämlich einmal der durchweg gleichartige Charakter der einzelnen Stücke, und sodann[S. 4] die innerhalb derselben erkennbare chronologisch-sachliche Entwicklung.
Auf beides ist im ersten Teile der Untersuchung schon hingewiesen worden, muss aber an dieser Stelle noch näher eingegangen werden. Was die Gleichartigkeit aller dieser Stücke betrifft, so bezieht sich diese sowohl auf die Form als auch auf den Inhalt derselben. Schon ganz äusserlich, in wiederkehrenden Wendungen und Gedanken, fällt diese Gleichartigkeit auf. Bezüglich des Ausdruckes ist hinzuweisen auf das immer wiederkehrende הוי im Anfange der Rede c. 29,1. 29,15. 30,1. 31,1; ferner auf das העם חזה 28,11. 28,14. 29,13. vgl. ferner die Wendungen und Gedanken c. 28,12 mit c. 30,15; c. 29,15 mit c. 30,1 und 31,1; c. 28,7 f. mit c. 29,9 f; c. 30,5 mit c. 30,7; c. 30,1 mit 30,9; c. 28,21 mit 29,14 und c. 31,2 (c. 28,11); c. 28,15. 17b. 18a. mit c. 30,2 f.
Sämmtliche Stücke enthalten Drohworte, sei es in Form der Rede oder Schilderung. Die Adressaten der Reden sind immer die Leiter des Volkes, die Propheten und Priester oder die weltlichen Würdenträger; an sie sind die Drohreden gerichtet, die aber doch immer in ihrem Verlaufe das ganze Volk bedrohen.
Endlich ist auch die Anlage der Reden meist gleichartig: erst kommt der Grund der Drohung, dann folgt die Drohung selber. So ist es c. 28,9 ff. c. 28,14 ff. c. 29,13 f. c. 30,1 ff. c. 30,8 ff. 31,1 ff. Dabei ist auch die äussere Gleichmässigkeit der Form zu beachten; mehrere Reden wiederholen das Schema: לכן כה אמד יהוה — יען כי vgl. c. 28,15. 16 mit c. 29,13. 14. und c. 30,12; c. 30 und 31 sind ganz parallel gebaut.[6]
Sehen wir nun auf den Inhalt der Drohungen und ihrer Begründung, so ergiebt sich auch hier eine durchgehende Gleichartigkeit. Ganz deutlich ist es in c. 30 und 31 aus[S. 5]gesprochen, um was es sich bei den Drohreden Jesaias handelt, nämlich um das ägyptische Bündnis. Die Volksleiter führen damit einen Beschluss aus, der nicht von Jahwe ist, und um dessentwillen sie seinen Mund nicht befragt haben c. 30,1 f. c. 31,1. Es ist an diesen Stellen nicht nur ausgesprochen, dass sich Jesaias Drohreden wider das ägyptische Bündnis richten, sondern auch zugleich gesagt, warum sie das thun, nämlich weil der Anschluss an Aegypten wider Jahwes Willen ist; weil sie sich damit nicht nur an fremde Hülfe wenden, sondern das auch thun mit Umgehung Jahwes und seines Propheten. Halten wir diese Begründung fest, dann wird es klar, dass auch in den vorhergehenden Stücken nur von diesem ägyptischen Bündnisse die Rede sein kann. Am durchsichtigsten ist das noch bei c. 29,15. Hier weist nicht nur die ganze parallele Anlage, sondern auch der Ausdruck עצה darauf hin, dass unter dem Beschluss, den man vor Jahwe und seinem Propheten verbergen will, derselbe gemeint ist, wie in c. 30,1 f., nämlich „hinabzuziehen nach Aegypten um Hülfe“.
Aber schon in c. 29,13 f. scheint von diesen politischen Dingen nicht mehr die Rede zu sein. Es scheint vielmehr nur ganz allgemein die ethische Seite der Religion gegenüber dem blos äusserlichen Kultus hervorgehoben zu werden. Indessen glaube ich einmal, dass man immer gut thun wird, sich bei den Aussprüchen der alten Schriftsteller, namentlich der bedeutenderen unter ihnen, nicht bei allgemeiner Deutung zu beruhigen, sondern nach besonderen, konkreten Beziehungen zu fragen, und sodann scheint mir hier die an den Ausspruch angeknüpfte Drohung auf ein bestimmtes Faktum hinzuweisen. In v. 14b wird gesagt, dass sich die Weisheit der Weisen des Volkes verstecken, und die Einsicht seiner Einsichtigen untergehen wird. Die Drohung geht also auf die Leiter des Volkes, die sich in ihren Plänen verrechnet haben werden. Das führt uns im Blicke auf die folgenden Stücke auf das ägyptische Bündnis oder auf damit zusammenhängende Maassnahmen, etwa den Abfall von Assur.[S. 6] Dann lässt sich aber auch v. 13 gut auf diese politischen Dinge deuten. Die Entfernung des Herzens von Jahwe besteht darin, dass man ihn nicht um Rat fragt, dass man in Ungehorsam wider ihn diese politischen Dinge unternimmt und doch dabei äusserlich, in Opfern und Gottesdienst sich gebährdet, als ob man ihn auf das Höchste ehrt. Darum ist Jahwes Urteil darüber:
דאת ם אתי מצות אנשים מלמדה
„Ihr mich fürchten“, ist hier Ausdruck für „Religion“, indem es das Wesen des Begriffes religio bezeichnet und damit andeutet, worin ihre Religion bestehen müsste, nämlich in Gottesfurcht, die sie abhalten müsste, wider Jahwe und seinen Propheten zu handeln, ihre Religion ist aber nur ein gelerntes Gebot, „ein bindender Rechtsbrauch, der gelernt werden muss“ (Duhm).
Für das kurze Drohwort c. 29,9 f. lässt sich natürlich auch nicht mit absoluter Sicherheit eine konkrete Beziehung angeben. Nur so viel lässt sich sagen, dass sich der Ausdruck und der Ton des Stückes am besten aus der Beziehung auf jene politische Dinge erklären lässt. v. 9b: Seid trunken, doch nicht von Meth, taumelt, doch nicht von Wein, weist auf den Taumel des von Freiheitsdurst und Siegesträumen erhitzten Volkes hin. Bezüglich des Tons der Rede hebt Duhm hervor, dass die Erregtheit, mit der sie hervorgestossen wird, einen Kampf mit den Volksleitern zu reflektieren scheint.
In der Rede c. 29,1 ff. findet sich keine Begründung der Drohung. Die ironische Aufforderung: fügt Jahr zu Jahr, lasst die Feste kreisen! will ihnen nur entgegenhalten, dass ihnen die blos äussere, wenn auch noch so eifrige Ausübung des Kultus als blosser Lippendienst (c. 29,13) nichts helfen wird.
In c. 28,14 ff. kann unter der v. 13 und 18 f. erwähnten Geissel nach allem, was wir sonst von Jesaia wissen, nichts anderes gemeint sein, als Assur. Damit hat auch diese Rede inhaltlich politischen Charakter genommen, was damit[S. 7] stimmt, dass sie an die Beherrscher des Volkes gerichtet ist. Deshalb könnte man annehmen, dass auch der Bund mit dem Tode und der Vertrag mit Scheol v. 15 auf politische Verträge mit Assur oder Aegypten zu deuten seien. Es scheinen aber vielmehr nach den Ausdrücken, die gebraucht sind, abergläubische Praktiken gemeint zu sein. Zu diesen Mitteln greifen sie, anstatt bei Jahwe Zuflucht zu suchen, aber deshalb, weil sie durch ihren ohne Jahwes Befehl vollzognen Abfall von Assur den Zorn und die Rache Jahwes heraufbeschworen haben.
Davon, dass sie wider Jahwes Willen abgefallen sind und den Krieg mit Assur herbeigeführt haben, scheint c. 28,12 zu reden. Das Stück c. 28,7–13 wendet sich gegen die Priester und Propheten, die den Willen Jahwes nicht verstehen oder nicht verstehen wollen, jedenfalls aber Prophezeiungen geben, die den Offenbarungen, welche Jesaia erhalten hat, widersprechen. Jesaia forderte im Namen Jahwes Unterwerfung und Ausharren, jene werden, wahrscheinlich auch im Bewusstsein, in Jahwes Namen zu reden, zu Abfall von Assur und Krieg geraten haben. Der Spruch Jahwes v. 12: „Dies ist die Ruhe, gebt Ruhe dem Müden, und dies ist die Erholung!“ bedeutet dann im Zusammenhange die Verzichtleistung auf politische Unternehmungen. Das ist jedenfalls die beste und auch genügende Erklärung der sonst unverständlichen Worte, die auch durch den parallelen Ausspruch c. 30,15 ihre Bestätigung erhält.
So haben alle Stücke[7] des Buches Jesaia c. 28–31 ihre Beziehung auf dieselben politischen Verhältnisse, nämlich auf den Abfall Judas von Assur und das damit zusammenhängende ägyptische Bündnis.
Dementsprechend haben auch die Drohungen den gleichen Inhalt in allen Stücken, nämlich die Unterwerfung und Vernichtung Judas durch Assur. In einigen Stellen tritt das ganz klar zu Tage. In c. 29,3 wird die Belagerung Jeru[S. 8]salems durch Schanzen und Belagerungswerke, die das feindliche Heer errichtet, beschrieben. In c. 30,17 wird gesagt, dass die judäischen Truppen trotz der ägyptischen Hülfe von dem feindlichen Heere zersprengt werden würden, so dass von ihrem ganzen Heere nur versprengte Flüchtlinge, wie ein einzelner Signalmast auf dem Berge, übrig bleiben werden. Nach c. 31,3 wird Jahwe wie ein Löwe im Heerzuge über den Berg Zions und seinen Hügel herfallen. Es ist schon oben erwähnt worden, dass die c. 28,15 und 18 erwähnte Geissel nichts Anderes bedeuten kann als Assur, und auch v. 21 lässt auf eine aus Kriegsgefahr entstehende Not schliessen. So wird auch das Bild von der einstürzenden Mauer c. 30,13 f. im Munde des Jesaia auf den Sturz der Mauern Jerusalems zu deuten sein, vgl. 29,1 ff., auch 32,13 f., c. 22 und 5,1 ff.
Die Vergleichung der einzelnen jesajanischen Stücke unseres Buches ergiebt, dass dieselben sowohl der Form als auch dem Inhalte nach zusammengehören. Ausgenommen sind dabei das erste und das letzte Stück des Buches, c. 28,1–4 und c. 32,9–14. Das erste Stück c. 28,1–4 hat es überhaupt nicht mit Juda und Jerusalem zu thun, sondern mit Ephraim und weissagt den schnellen Untergang Samarias durch Assur. Das letzte Stück c. 32,9–14 wendet sich zwar gegen Jerusalem und weissagt sogar am deutlichsten den definitiven Untergang der Stadt; es zeigt aber doch so bedeutende Abweichungen von den vorangehenden Stücken, dass es nicht ohne Weiteres mit denselben zusammengethan werden kann. Nicht nur in der poetischen Form weicht es von denselben ab, auch inhaltlich unterscheidet es sich von ihnen dadurch, dass es nicht an die Volksleiter, sondern an die Frauen Jerusalems gerichtet ist, und dass ihm im Zusammenhange damit jede Beziehung auf das ägyptische Bündnis fehlt. Abgesehen von diesen beiden Stücken aber herrscht, wie wir gesehen haben, eine weitgehende formelle wie sachliche Uebereinstimmung unter den jesajanischen Stücken des Buches c. 28–33. Wir werden aber[S. 9] noch weiter gehen können. Es lässt sich zeigen, dass innerhalb derselben eine chronologische und sachliche Entwickelung stattfindet.
Nach c. 31,2 f. nimmt Jesaia, wie schon bemerkt worden ist, als ausgemachte Thatsache an, dass die Aegypter Juda zu Hülfe kommen und darum auch mit demselben zu Grunde gehen werden. Das setzt voraus, dass das Bündnis mit Aegypten eine abgeschlossene Thatsache ist. Aus v. 1 und 3a ist übrigens auch zu schliessen, dass die Aegypter Juda nicht blos sachliche Unterstützung, etwa Geld und Pferde, sondern auch die Hülfe eines Kriegsheeres versprochen haben, und v. 3a zeigt, wie grosse Hoffnung die Judäer auf diese Unterstützung gesetzt haben. Aus c. 30,9 ff. ist das noch nicht klar; da richtet sich auch die Drohung nur gegen Juda. Indessen ergiebt sich dort auch aus v. 15 ff., dass der Vertrag mit Aegypten bereits abgeschlossen ist.
c. 30,1 ff. wendet sich gegen die, die einen Beschluss ausführen wollen, der nicht von Jahwe ausgegangen ist, die Gussopfer giessen wollen, aber nicht mit Jahwes Geist, d. h. die nach Aegypten hinabziehen, um dort den wider Jahwes Willen eingegangenen Bund abzuschliessen.
c. 30,6 f. schildert sie, wie sie den dafür zu entrichtenden Tribut nach Aegypten bringen.
Dreimal also, in c. 30,1 ff, in c. 30,6 f. und in c. 31,1 ff. ist von einem Hinabziehen nach Aegypten die Rede. Aber jedes Mal hat dasselbe einen anderen Zweck. Duhm meint, dass c. 30,6 f. inhaltlich ziemlich identisch mit dem vorhergehenden sei und hält c. 31,1 ff. für ein vom Redaktor zusammengestelltes kürzeres Seitenstück zu c. 30. Das ist indessen nicht der Fall. In c. 30,1 ff. ziehen sie hinab, um den Bund abzuschliessen (vgl. v. 1 und die Ausdrücke in v. 2b), nach c. 30,6 f. thun sie es, um ihre Güter und Schätze hinzubringen, d. h., um den für die versprochene Hülfe zu leistenden Tribut zu entrichten; endlich nach c. 31,1 ff. ziehen sie dem versprochenen Hülfsheer entgegen. Darauf deuten die Ausdrücke in v. 1: die auf Rosse schauen und auf[S. 10] den Tross, weil er gross, und auf die Reiter, weil sie sehr stark sind. Darauf deutet auch der weitere Inhalt der Rede, der sich mindestens ebenso sehr gegen die Hülfe der Aegypter als gegen Juda selbst wendet.
Man wird zwar diese inhaltliche Unterscheidung innerhalb dieser drei Stücke, die sich gegen die wenden, die „nach Aegypten hinabgehen“, nicht mit absoluter Gewissheit machen dürfen; aber neben den doch mit ziemlicher Deutlichkeit im Texte gegebenen Andeutungen führt noch eine Erwägung allgemeiner Art auf die Notwendigkeit überhaupt, derartige Unterscheidungen besonders bei Reden von so konkreter Veranlassung festzustellen. Will man nicht, was doch gewiss niemand thun wird, annehmen, dass Jesaia seine Reden, ehe er sie hielt, predigtähnlich ausgearbeitet habe, so ist kein irgendwie durchschlagender Grund einzusehen, warum er nachträglich Reden von so gleichartigem konkreten Inhalt in nur variierter Form zu Papier gebracht und herausgegeben haben sollte. Mündlich konnte und wird Jesaia sich mehrfach über denselben Gegenstand ausgesprochen haben; aber schriftlich genügte eine Aufzeichnung völlig zur Dokumentierung seiner Ansicht.
Wir kommen zu c. 29,15. Dieses kurze Stück besagt ein doppeltes über das Bündnis mit Aegypten: 1. dass die Volksleiter den Beschluss, mit Aegypten ein Bündnis zu schliessen, definitiv gefasst haben, aber heimlich vor Jahwe und seinem Propheten, und 2. dass Jesaia davon Kunde erhalten hat. Es geht also chronologisch und sachlich den folgenden, oben besprochenen Stücken voran. Als Jesaia das Wort c. 29,15 sprach, war gewissermassen im Staatsrate beschlossen, in Aegypten um ein Bündnis wider Assur nachzusuchen. Die folgenden Stücke wenden sich gegen die Ausführung dieses Staatsbeschlusses.
Sehen wir uns nun die vorhergehenden Abschnitte in c. 28 und 29 an, so haben sie gegenüber den folgenden dies gemeinsam, dass in ihnen von diesem förmlichen und definitiven Beschluss der Volksleiter noch nicht die Rede ist.[S. 11] Denn wir haben gesehen, dass auch die Stelle c. 28,15 nicht direkt auf den Bund mit Aegypten bezogen werden darf, obwohl derselbe auch dort schon im Hintergrunde steht. Die Situation, welche die jesajanischen Stücke in c. 28 und 29 voraussetzen, ist folgende. Die Vorgänge in Assur haben die schon vorhandenen ägyptenfreundlichen Neigungen und Strömungen Judas mächtig geschürt. Das ganze Volk ist erfüllt von Freiheitsdurst und Thatendrang, es sehnt sich danach, das drückende und verhasste Joch Assurs abzuschütteln. Diese patriotische Begeisterung wird von Priestern und Propheten geteilt und genährt; auch die Leiter des Volkes treten dafür ein und haben sich über das Gelingen des Planes durch Nekromantie und allerhand Zaubermittel Gewissheit verschafft.
Diese Situation spiegeln die Stücke in c. 28 und 29 nun auch unter sich in gewisser chronologischer und sachlicher Ordnung wieder.
c. 28,7–13 hat es mit den Priestern und Propheten zu thun, die das Feuer der Begeisterung im Volke durch Opfer und Weissagungen schüren. Jesaia kommt ihnen in seiner Nüchternheit einfältig vor, so dass sie über ihn spotten. Aber eine andere Begeisterung hat auch ihn erfasst, die Begeisterung, im Dienste seines Gottes und der Wahrheit zu stehen, und in gewaltiger Drohrede voll erhabenstem Schwung giebt er ihnen ihren Spott zurück.
Das zweite Stück, c. 28,14–23, wendet sich gegen die Volksleiter, die sich von Priestern und Propheten haben „fest“ machen lassen. Dass das unter anderem auch durch Orakel geschehen ist, zeigt v. 19: „und es wird rein Entsetzen sein, Orakel zu deuten“. Das setzt voraus, dass sie dem Propheten Orakel entgegengehalten haben, die ihnen das Gelingen ihres Planes verheissen, eine weitere Bestätigung für unsere Auffassung von v. 15. In v. 22 deuten die Worte, „dass nicht fest werden eure Bande“, auch darauf hin, dass der Plan des Bündnisses mit Aegypten noch nicht zum definitiven Staatsbeschluss erhoben worden ist.
In c. 29,1 ff. ist von dem Bündnisse mit Aegypten nicht die Rede; aber die Gewissheit, mit der Jesaia hier die Belagerung Jerusalems kommen sieht, beweist, dass der Plan vorgeschritten ist, und dass seine Reden dagegen fruchtlos geblieben sind. c. 29,9 f. setzt, wie wir schon gesehen haben, einen erbitterten Kampf Jesaias mit den Volksleitern voraus, zeigt aber zugleich, dass sie in ihrer wilden Begeisterung (v. 9 b) blind gegen seine Warnungsreden sind (v. 9 a), so dass Jesaia an ihnen verzweifelt und in ihrem Verhalten das definitive Verstockungsgericht Jahwes erkennt (v. 10).
c. 29,13 f. endlich wendet sich an das Volk, das in fanatisiertem Eifer nur um so mehr den äusserlichen Jahwekult betreibt. Jesaia verachtet es um seines Lippendienstes willen, erkennt aber zugleich, dass es von seinen „Weisen“ verführt ist v. 14.
Ueberblicken wir diese innerhalb der einzelnen jesajanischen Stücke nachgewiesene chronologisch-sachliche Entwicklung noch einmal, so erkennen wir innerhalb derselben zwei scharf von einander unterschiedene Phasen. Die erste umfasst die Abschnitte in c. 28 und 29 bis zu dem Stücke 29,13 f. In ihr ist noch alles in Bewegung und der Plan des ägyptischen Bündnisses noch nicht zum Staatsbeschluss erhoben; von c. 29,15 an ist dagegen dieser Staatsbeschluss gefasst und kommt zur Ausführung. Das ergiebt nun eine formelle und inhaltliche Unterscheidung dieser beiden grösseren Abschnitte, die freilich ihren inneren Zusammenhang nicht zerreisst, sondern vielmehr nur die Richtigkeit der nachgewiesenen chronologisch-sachlichen Entwicklung bestätigt.
Der äusserlich gleichmässige Eingang der Reden in c. 29,15, c. 30,1 ff. und 31,1 ff. ist schon erwähnt worden. Alle drei Reden beginnen mit dem „Wehe denen, die u. s. w.“ In dem ersten Abschnitt findet sich weder diese Form noch überhaupt solche Gleichmässigkeit. Das kommt daher, dass der Prophet im zweiten Abschnitte immer dieselben Gegner vor Augen hat, nämlich die, welche den Bund beschliessen[S. 13] und zur Ausführung bringen, während er sich im ersten Abschnitte bald an die Priester und Propheten, bald an die Volksleiter, bald an das Volk wendet, um das Zustandekommen des Beschlusses zu verhüten. Damit hängt auch zusammen, dass im ersten Abschnitte die Drohung noch unbestimmter, an einer Stelle c. 28,22 sogar halb hypothetisch ausgesprochen ist. Jesaia sagt nur, dass sie straucheln und zerschellen werden, dass er Untergang und Entscheidung von Jahwe gehört habe, dass Jahwe sie wunderbar behandeln werde. Nur c. 29,1 ff. redet er bestimmt von der Belagerung Jerusalems; denn freilich ist er von ihrer Unverbesserlichkeit überzeugt c. 29,10. Aber doch ist seine Strafverkündigung im zweiten Teile bestimmter und konkreter. Da heisst es nicht mehr: wenn ihr das thut, sondern: weil ihr das gethan habt, so werdet ihr untergehen c. 30,12 f., 15 f. c. 31,1 ff. vgl. auch 30,2 f. Da redet c. 30,13 f. von der gänzlichen Zerstörung Jerusalems, c. 30,16 f. von der völligen Vernichtung ihres Heeres, und c. 31,1–3 verkündet den verbündeten Heeren den Untergang ebenso wie c. 31,4 die rettungslose Zerstörung Jerusalems.
Dieser Unterschied in beiden Teilen der in Betracht kommenden Stücke hebt darum aber den oben nachgewiesenen inneren Zusammenhang nicht auf, sondern bestätigt nur die Richtigkeit der nachgewiesenen Entwicklung, indem er ein Moment der Erklärung fordert, welches gerade in dem definitiven Beschluss, das ägyptische Bündnis einzugehen, ausreichend gegeben ist.
Das Urteil Dillmanns über den Zusammenhang der Kapitel 28–32, dass Jesaia den Plan des ägyptischen Bündnisses in denselben von seinem ersten Auftauchen an bis zu seiner schliesslichen Ausführung Schritt für Schritt mit seinen Warnungsreden verfolgt, hat sich also auch für uns, wenn auch in anderer Weise und jedenfalls in sachlich zutreffenderer Weise als richtig herausgestellt. Die jesajanischen Stücke unseres Buches, mit Ausnahme des ersten und des letzten, stehen nicht nur unter einander in formellem und sachlichem[S. 14] Verwandtschaftsverhältnis, sondern weisen auch in der uns vorliegenden Reihenfolge eine stufenweise chronologische und sachliche Ordnung und Entwicklung auf.
Diese Thatsache ist es auch gewesen, die die Kritik so lange verhindert hat, an die scheinbar dadurch so geschlossene Einheit der Kapitel 28–32 ihren Hebel anzusetzen. Nachdem das aber nun geschehen ist, und die jesajanischen Bestandteile dieser Kapitel trotzdem dieselbe, ja eine noch viel engere Geschlossenheit aufweisen, so sollte man meinen, dass wir nun in den jesajanischen Bestandteilen das eigentliche, von Jesaia selbst verfasste Buch, vor uns haben. Indessen wird die weitere Untersuchung doch zeigen, dass auch diese jesajanischen Bestandteile des Buches wenigstens nicht in der Gestalt, in der sie uns jetzt vorliegen, als ein einheitliches Ganze aus der Hand des Jesaia hervorgegangen sein können. Nehmen wir diese zusammengehörigen Stücke so vor uns, wie wir sie jetzt haben, so fehlt ihnen zunächst der Anfang.[8]
Das Stück c. 28,7 ff. beginnt mit den Worten:
וגם אלה בלין שגי ובשכר תעו
Die Worte וגם אלה weisen ganz notwendig auf etwas Vorhergegangenes. Wollte man sie aber als einen nachträglichen Zusatz des Redaktors streichen, der durch dieselben das Stück c. 28,7 ff. mit dem Vorhergehenden habe verbinden wollen, so bliebe doch auch so noch der übrige Anfang des Stückes unerklärt und unverständlich. Mit den Worten: „im Wein schwindeln und im Meth schwanken sie“ kann Jesaia auch nicht ein Buch oder eine Redesammlung angefangen haben. Man kann aber auch nicht die ganze Einleitung zu der folgenden Scene, also v. 7 und 8, für einen nachträglichen, erläuternden Zusatz erklären, denn die v. 9 ff. geschilderte Szene bedarf notwendig eines solchen Zusatzes und ist erst recht kein passender und verständlicher Eingang der folgenden Rede oder gar der ganzen Sammlung. Es ist also notwendig anzunehmen, dass dem v. 7 noch etwas Anderes vorausgegangen ist. Was ist dies aber?
Auf v. 5 und 6 kann hier keine Rücksicht genommen werden, da diese Verse nicht von Jesaia sind. Dagegen bieten sich uns die Verse 1–4 unseres Kapitels als eine scheinbar sehr befriedigende Lösung unserer Frage dar. Das Stück c. 28,1–4 wendet sich gegen Samaria und seine Trunkenen, die v. 1 und 3 erwähnt werden, und droht den schnellen Untergang der Stadt durch einen Gewaltigen Jahwes an. An diese Drohung scheint sich nun v. 7 f. äusserst bequem anzuschliessen. Besonders eindrucksvoll scheint dann das וגם אלה zu sein, indem es so zugleich auch auf die Strafe hinweist, die auch den jerusalemischen Trunkenbolden droht. Zudem scheint das Stück wie geschaffen als Einleitung in eine derartige Sammlung wie die vorliegende. Der Eingang dieser Drohung lässt an poetischer Kraft und Fülle sonstigen Eingängen Jesaias in Reden und Redesammlungen nichts nach. Deshalb steht auch Duhm nicht an, anzunehmen, dass Jesaia selbst die Verbindung in v. 7 f. mit v. 1–4 hergestellt habe, als er nämlich alle einzelnen Stücke zu einem Büchlein vereinigte. Allein diese Annahme Duhms bereitet doch Schwierigkeiten, die sich nicht beseitigen lassen, und die deshalb diese[S. 16] Annahme für unser Stück mindestens widerraten, für andere Stücke aber geradezu unmöglich machen.
Dass man nicht etwa annehmen darf, dass Jesaia c. 28,1–4 und v. 7 ff. in einem Zuge in Jerusalem gesprochen habe, ist im ersten Teile dieser Abhandlung schon bewiesen worden. Die Ereignisse, auf die sich c. 28,1–4 bezieht, liegen 20 Jahre früher, und v. 7 ff. bilden gar keine eigentliche Rede, sondern enthalten die Schilderung einer wahrscheinlich im Tempelvorhof vorgefallenen Szene.
Es kann sich also nur um nachträgliche schriftstellerische Verbindung beider Stücke handeln. Dies kann nach der gangbaren Vorstellung der Entstehung jesajanischer Schriften nur geschehen sein, als Jesaia das Stück v. 7–13 niederschrieb, oder als er die Sammlung der einzelnen vorliegenden Stücke vornahm. Die erstere Annahme ist an sich sehr unwahrscheinlich. Denn es ist nicht wohl denkbar, dass Jesaia als Einleitung zu dem kurzen Stücke v. 7–13 eine fast gleich lange Rede gesetzt habe, die sich inhaltlich auf ganz andere Umstände und Zeitlage bezieht. Denn die Trunkenheit der Priester und Propheten bildet doch nur den Ausgangspunkt und Hintergrund der Szene, während sich die eigentlichen Auseinandersetzungen auf ganz andere Dinge beziehen (v. 12). Vor allen Dingen aber sollte man erwarten, dass dann der Prophet irgendwie auf seine Einleitung Bezug genommen hätte. Da dies aber nicht geschehen ist, so ist auch an eine engere schriftstellerische Verbindung zwischen v. 1–4 und v. 7–13 nicht zu denken.
Aehnliche Einwände erheben sich gegen die Annahme Duhms, dass Jesaia die Verbindung zwischen v. 1–4 und v. 7 ff. erst später hergestellt habe, als er die einzelnen Stücke unseres Buches zu einer Sammlung vereinigte. Welche Gründe sollte wohl der Prophet gehabt haben, diese inhaltlich und zeitlich so fern liegende Drohrede mit den andern so eng zusammengehörigen Stücken zu vereinigen, und dieselbe als Einleitung an die Spitze derselben zu stellen. Denn ein besonderer Grund musste doch dafür angegeben[S. 17] werden können, aus dem Jesaia dieses Stück aus der Zeit vor der Zerstörung Samarias mit den aus der Sanherib-Zeit stammenden Stücken verbunden haben könnte. Nun ergiebt sich aber aus einem Vergleich dieses Stückes mit den übrigen Abschnitten
1. dass in den sämmtlichen übrigen Stücken auch nicht ein einziges Mal ausser in c. 28,7, auf c. 28,1–4 Bezug genommen wird.
2. dass c. 28,1–4 in inhaltlicher Beziehung völlig andersartig ist als die sämmtlichen anderen Stücke. In letzteren handelt es sich, wie wir gesehen haben, um politische Dinge; der Grund aller Drohungen ist das wider Jahwes Willen geplante und vollzogene Bündnis mit Aegypten. In c. 28,1–4 wird dagegen als Ursache des Unterganges von Samaria die sittliche Verkommenheit seiner Bewohner angeführt, die sich in ihrer Völlerei kundgiebt.
Die einzige Beziehung hat das Stück c. 28,1–4 zu den Versen 7 und 8 dieses Kapitels, und zwar auch nur darin, dass in v. 7 und 8 auch von Trunkenen die Rede ist. Allein diese Beziehung ist doch eben nur sehr äusserlich und kann deshalb eher einem Redaktor als dem Jesaia selbst zugetraut werden. Ein solches Armutszeugnis dürfen wir doch dem Jesaia nicht ausstellen, dass er nicht eine selbstständige Einleitung zu seiner Sammlung habe herstellen können, sondern dass er dazu ein möglichst wenig passendes Stück aus früherer Zeit gewissermassen an den Haaren herbeigezogen habe. Es spricht auch noch ausser den inneren Gründen ein äusserer Umstand dafür, dass c. 28,1–4 nicht von Jesaia, sondern von einem späteren Redaktor an die Spitze der Sammlung gestellt sei, das sind die beiden unechten Verse 5 und 6. Wären v. 1–4 von Anfang an eng mit v. 7 ff. verbunden gewesen, so wäre es kaum denkbar, dass sich zwischen v. 4 und das וגם אלה v. 7 jene beiden Verse eingedrängt hätten. Ist aber die Verbindung von v. 1–4 mit v. 7 ff. erst vom Redaktor hergestellt, dann stammen jedenfalls auch die dieselbe herstellenden Worte von ihm, und[S. 18] wahrscheinlich ist dann überhaupt v. 7 f. eine für jene Verbindung vom Redaktor hergestellte Umarbeitung einer etwas anderen jesajanischen Einleitung zu der v. 9 ff. geschilderten Szene im Tempelvorhof. Denn es ist schon im ersten Teile der Abhandlung hervorgehoben worden, dass v. 7 f. wahrscheinlich nicht so, wie wir sie haben, von Jesaia niedergeschrieben worden sind. Eine jesajanische Einleitung hat sicher vor v. 9 ff. gestanden, weil dieselben sonst unverständlich wären und keinen Eingang hätten. Aber der Redaktor hat wahrscheinlich das darin von der Trunkenheit der Priester und Propheten Gesagte stark betont und weiter ausgemalt, um einen möglichst engen Anschluss an v. 1–4 zu erhalten, und hat dagegen Manches weggelassen, was uns vielleicht für das Verständnis von v. 9 ff. wertvoller gewesen wäre. Ob aber die Verbindung von c. 28,1–4 mit den übrigen Stücken dadurch entstanden sei, dass in der jesajanischen Aufzeichnung erzählt war, wie der Prophet sich im Streite mit den trunkenen Jerusalemiten auf die ehemalige Weissagung über Samaria und auf ihre vor Augen liegende Erfüllung berufen hat, wie Hackmann[9] annimmt, lässt sich nicht mehr ausmachen. Nötig ist diese Annahme keineswegs, da die späteren Sammler durchaus keine Rücksicht auf die Chronologie nahmen, und für denselben zur Aufnahme des Stückes z. B. auch das חוי im Anfange sehr wohl ausschlaggebend gewesen sein kann.
So viel scheint mir wenigstens erwiesen zu sein, dass der Anfang der zusammengehörigen jesajanischen Stücke unseres Buches nicht mehr erhalten, sondern von einem anderen durch das allerdings auch jesajanische, aber unserm Zusammenhange fremdartig gegenüberstehende Stück Jes. 28,1–4 ersetzt worden ist.
Aber auch die übrigen sachlich zusammengehörigen Stücke können so, wie sie uns vorliegen, trotz ihres grossen sachlichen Zusammenhanges und ihrer strengen zeitlichen[S. 19] Reihenfolge nicht als eine von Jesaia selbst hergestellte Sammlung angesehen werden. Duhm vertritt allerdings diese Meinung. Er sagt[10]: „Ich halte es für möglich, dass Jesaia die Stücke, die wir jetzt von c. 28,1 an lesen, die sich recht gut als eine durch Jesaias eigene Hand redigierte Schrift auffassen lassen, in ihrer dem Anschein nach beispiellos korrekten chronologischen Reihenfolge zusammengestellt habe; diese Schrift geht dann mindestens bis c. 30,17 umfasst aber vielleicht auch noch c. 30,27–31,9.“
Aber Duhm vermag es selbst nicht, diese seine Ansicht für alle jesajanischen Stücke innerhalb des von ihm angenommenen Rahmens durchzuführen.
Das ist zunächst bei dem Stücke c. 30,6 f. der Fall. Das Stück trägt die Ueberschrift:
משא בהמות גנב
Hätte dieses Stück ursprünglich dicht neben c. 30,1–5 gestanden, so wäre nicht einzusehen, wie diese Ueberschrift gerade zwischen v. 5 und 6 hineingekommen wäre. Denn auch v. 1–5 reden von dem Zuge nach Aegypten, gehören also äusserlich und innerlich ziemlich eng zusammen, und kein Mensch würde v. 6 f. für ein besonderes, für sich bestehendes Orakel gehalten haben. Man müsste also erwarten, dass dann die Ueberschrift vor v. 1 stünde. Duhm findet es daher wahrscheinlich, dass das Stück einst, wegen seiner Stichwortüberschrift neben c. 21. 22 gestanden habe und erst von dem letzten Redaktor hierher versetzt worden sei. Ob sich nicht eine andere, ebenso befriedigende Erklärung dafür wird finden lassen, werden wir nachher sehen; hier soll nur festgestellt werden, dass das Stück v. 6 f. sich nicht ursprünglich direkt an v. 1–5 angeschlossen haben kann.
Zweifelhaft erscheint es Duhm ferner, ob das Stück c. 29,13 f. die Fortsetzung zu v. 9 f. bildet. Die einleitenden Worte: der Herr sprach, scheinen ihm auf einen andern,[S. 20] vielleicht historischen Zusammenhang hinzuweisen, aus dem der Sammler das Stück herausgebrochen hat. Dass sein Inhalt für seine Zuweisung zur Periode Sanheribs spricht, ist an sich noch kein Beweis für die Ursprünglichkeit seiner jetzigen Stellung. Denn wir haben auch jetzt noch an anderen Stellen des Jesaia-Buches Stücke, die jener Periode zugehören. Es handelt sich hier nicht um den Inhalt, sondern um die Form des Anschlusses. Und da muss doch gesagt werden, dass die einleitende Formel „und es sprach der Herr“ nicht zum direkten Anschlusse von v. 13 f. an v. 9 f. passt. Denn diese Formel würde, falls sie von Jesaia zur Verbindung der beiden Stücke geschrieben wäre, beide zu einem Ganzen verbinden. Dass das aber nicht geht, ist bereits im ersten Teile der Abhandlung gezeigt worden.
Das einzige Stück, welches ausser dem eben besprochenen noch eine scheinbare Verbindung mit dem vorhergehenden aufweist, ist c. 28,14 ff. Aber auch hier zeigt grade die Art dieser Verbindung, dass dieselbe nicht von Jesaia zum Zwecke des direkten Anschlusses von v. 14 ff. an v. 7–13 hergestellt sein kann. Denn die Verbindung von v. 14 ff. mit dem Vorhergehenden durch לכן ist ungeschickt und verdunkelt den Sinn. Es ist oben gezeigt worden, welche Schwierigkeiten dieses לכן den Auslegern bereitet, und zu welchen gezwungenen Erklärungen es geführt hat. Denn einmal enthält das Stück v. 14 ff. selbst in v. 15 die Begründung zu der folgenden Drohung, auf die auch ausdrücklich in v. 18 Bezug genommen wird; andrerseits ist aber in v. 7 ff. von einer solchen Begründung, auf die doch das לכן weisen müsste, gar keine Rede. Daher ist das לכן entweder nachträglich vom Redaktor hergestellt, oder weist, was noch wahrscheinlicher ist, auf einen anderen Zusammenhang hin. Denn es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass ein Sammler, der doch sonst jesajanische Stücke ohne besondere Verknüpfung aneinandergereiht hat, ohne Grund diese unpassende Verbindung hergestellt haben sollte.
So ergiebt sich uns also, dass grade die Stücke, die mit[S. 21] dem vorhergehenden schriftstellerisch verbunden zu sein scheinen, eben um dieser Verbindung willen nicht von Jesaia selbst so zusammengestellt sein können, sondern dass ihr Eingang vielmehr auf einen anderen, als ihren jetzigen Zusammenhang hinweist. Doch ehe wir auf die Frage eingehen, welches etwa ihr ursprünglicher Zusammenhang gewesen sein könne, müssen wir uns noch mit den übrigen jesajanischen Stücken befassen. Es sind die Stücke: c. 29,1 ff., 29,9 f., 29,15, 30,1 ff., 30,8 ff., 31,1 ff. Alle diese Stücke stehen ohne irgendwelche schriftstellerische Verbindung neben einander.
An sich ist das Fehlen redaktioneller Verbindung der Stücke nun freilich kein Grund, ihre Zusammenstellung dem Jesaia abzusprechen. Es ist im Gegenteil oft der Fehler bei der Erklärung prophetischer Schriften, dass man eine Verbindung zwischen einzelnen Reden herzustellen sucht, die nicht vorhanden und nicht beabsichtigt ist.
Aber wenn wir die in Rede stehenden Stücke betrachten, so werden wir doch zu dem Schlusse gedrängt, dass diese Stücke in ihrer jetzigen Gestalt nicht von Jesaia selbst zu einem Buch zusammengestellt sein können.
Zunächst müssen wir c. 30,8 ff. aus der vermeintlichen Sammlung ausscheiden. Denn dieses Stück setzt in seinem Eingange unbedingt einen anderen Zusammenhang voraus, als er in dem vorhergehenden Stücke gegeben ist. Das Stück beginnt mit den Worten:
Mag der Vers auch nicht mehr ganz in Ordnung sein[11], so bleibt doch immer bestehen, dass Jesaia aufgefordert wird, „jetzt“ hinein (?) zu gehen und „es“ aufzuschreiben. Worauf bezieht sich das עתה, und was ist mit den Suffixen in den Verben gemeint? Da uns das nicht im Folgenden gesagt wird, so müssten wir erwarten, dass es im Vorhergehenden[S. 22] irgendwie angedeutet sei. Das Witzwort in v. 7 b kann es nicht sein; denn erstens stammt es nicht von Jesaia, und zweitens steht es in dem Stück v. 6 f., das, wie wir gesehen haben, auch nicht ohne Weiteres dem Zusammenhange angehört. In dem vorhergehenden Stück c. 30,1–5 lässt sich aber auch nichts zur Erklärung finden. Dann ist aber klar, dass auch dieses Stück nicht als unmittelbare Fortsetzung des vorhergehenden von Jesaia niedergeschrieben sein kann.
Die noch übrigen Stücke fordern in ihren Anfängen keine Beziehungen auf etwas Vorangegangenes. Sie könnten also an sich wohl in ihrer Reihenfolge von Jesaia zu einer Sammlung zusammengestellt worden sein. Aber ein anderer Umstand widerspricht dieser Möglichkeit. Würden wir nämlich die vorherbesprochenen Abschnitte aus dieser Sammlung herausnehmen, so würde dadurch der sachlich-chronologische Zusammenhang der Stücke, den wir oben nachgewiesen haben, zerstört werden. Wir kämen ja auch dann zu der unglaublichen Annahme, dass Jesaia seine eigenen zusammengehörigen Stücke nur zum kleinen Teil geordnet habe, und dass es erst einem späteren Bearbeiter gelungen sei, für alle Stücke die chronologisch-sachliche Ordnung herzustellen. Dieser Annahme ist jedenfalls die andere vorzuziehen, dass die Zusammenstellung der Stücke in der Gestalt, in welcher sie uns vorliegen, überhaupt nicht auf Jesaia, sondern auf einen späteren Sammler zurückzuführen ist.
Zu diesem Resultate werden wir auch noch durch eine andere, etwas allgemeinere Erwägung geführt. Wenn wir fragen, in welcher Weise Jesaia die vorliegende Sammlung hergestellt haben könnte, so bieten sich zur Beantwortung dieser Frage überhaupt nur zwei Möglichkeiten. Entweder hat der Prophet seine früher vereinzelt und nacheinander aufgeschriebenen Stücke und Reden in einer späteren Zeit geordnet und zusammengestellt, oder er hat die in einer früheren Zeit nur gehaltenen Reden selbstständig reproduziert und zu Papier gebracht. In letzterem Falle wäre dann die Sammlung gewissermassen wie aus einem Gusse ent[S. 23]standen. Aber in diesem Falle müssten erst recht alle einzelnen Stücke der Sammlung unter einander verbunden sein und auch schriftstellerisch zusammen ein wohl abgerundetes Ganze bilden. Das kann man aber von den vorliegenden Stücken trotz ihrer korrekten sachlichen Ordnung nicht behaupten.[12]
Darum müssten sie auf die erstere Art entstanden sein, wenn sie in ihrer jetzigen Form eine von Jesaia hergestellte Sammlung bilden sollten. Es ist aber unmöglich, sich alle einzelnen Stücke auf diese Art entstanden sein zu denken. Ueberhaupt ist diese ganze gangbare Vorstellung von der Niederschrift wirklich gehaltener prophetischer Reden schwer zu vollziehen. Man muss Hackmann Recht geben, dass es „beinahe etwas ebenso Unnatürliches hat, zu denken, der Prophet habe seine in der Glut des Geistes geredeten Worte nachher schriftlich wiederholt, wie wenn man annähme, er hätte sie vorher wie eine zu haltende Predigt ausgearbeitet.“ So lange wir indessen nicht eine andere genügende Erklärung für die Aufzeichnung prophetischer Reden in unsern Prophetenbüchern haben, wird diese Vorstellung wohl weiter gangbar bleiben. Wir müssen darum auch an dieser Stelle mit ihr rechnen und hoffen, sie wenigstens für unser Buch zerstören zu können.
Auf diejenigen längeren Reden unserer Stücke, welche deutlich Schuld und Strafe verkünden, und die auch einen selbstständigen Eingang und Abschluss bilden, lässt sich vielleicht die angegebene Vorstellung ihrer Niederschrift anwenden. In ihnen hatte der Prophet dann, entweder für sich, oder für seine Zeitgenossen und die späteren Geschlechter deutlich seine Meinung aufbewahrt.
Aber es giebt grade auch unter den uns vorliegenden Stücken solche, bei denen man für sich allein weder erkennt, an wen sie gerichtet sind, noch worauf sie sich beziehen; kurze Sprüche, die für sich allein überhaupt gar keinen Sinn geben.
So hätte sich der Prophet aus der Zeit, in der er den definitiven Entschluss der Volksleiter, sich mit Aegypten zu verbinden erfuhr, nur c. 29,15 notiert! Ist es ferner vorstellbar, dass sich Jesaia als Wiedergabe einer oder mehrerer Reden und heftiger Kämpfe mit den Volksleitern c. 29,9 f. aufgeschrieben habe לְעֵד עד עולם?! Oder was mochte wohl Jesaia damit bezwecken, als er, nicht als Rede, sondern in Form der Erzählung die Thatsache niederschrieb, dass die judäischen Gesandten auf dem Wege nach Aegypten seien (c. 30,6 f.)? Dieselbe Frage erhebt sich gegenüher der Schilderung jener Szene im Tempelvorhof c. 28,7 ff. Endlich müssten wir auch annehmen, dass die jetzt in ihrem Anfange unvollständigen Stücke schon bei ihrer ersten Aufzeichnung von Jesaia so unvollständig niedergeschrieben wären, da es sonst unbegreiflich wäre, warum er sie nicht vollständig in seine Sammlung herübergenommen hätte. Aus allen diesen Gründen ist die Annahme, dass Jesaia die vorliegende Sammlung aus einzelnen früher selbstständigen Stücken hergestellt habe, unzulässig, und damit ist überhaupt die Sammlung der Stücke in der uns vorliegenden Gestalt durch Jesaia selbst unerklärlich.
So hat uns also nicht nur die Untersuchung der einzelnen Stücke auf ihren Zusammenhang untereinander, sondern auch die Erwägung allgemeinerer Art zu demselben Resultate geführt, dass die inhaltlich zusammengehörigen Stücke unseres Buches, so wie sie uns jetzt vorliegen, nicht von Jesaia zusammengestellt sein können.
Sie müssen daher von einem späteren Sammler in ihren jetzigen Zusammenhang gebracht sein. Aber woher hat sie dieser spätere Sammler entnommen? Er kann sie jedenfalls nicht aus einzelnen Aufzeichnungen Jesaias zusammengestellt haben. Denn wir haben gesehen, dass es undenkbar ist, dass Jesaia alle diese einzelnen Stücke zu verschiedenen Zeiten einzeln und als selbstständige Stücke aufgezeichnet habe. Ausserdem wäre auch ein späterer Sammler kaum im Stande gewesen, die in der Reihenfolge der Stücke waltende grosse sachliche Ordnung herzustellen.
Daher müssen die einzelnen Stücke aus einem grösseren Zusammenhange stammen. Darauf führt 1. ihre chronologisch-sachliche Ordnung, 2. der Umstand, dass mehrere Stücke teils in ihrem Anfange unvollständig sind (c. 28,7 ff. c. 30,8 ff.), teils auch durch die Art ihres Anfanges auf etwas Verlorengegangenes schliessen lassen (c. 28,14 ff. c. 29,13 f.). Halten wir die beiden Punkte zusammen, so lässt sich vermuten, und zwar namentlich aus der innerhalb der einzelnen Stücke herrschenden chronologischen Ordnung, dass der grössere Zusammenhang, aus dem die einzelnen Stücke entnommen sind, ein geschichtlicher Zusammenhang gewesen ist.
Es gilt nun im Folgenden zunächst, diese Vermutung wissenschaftlich näher zu begründen, und zu zeigen, dass sich durch diese Annahme eines ursprünglich geschichtlichen Zusammenhanges der in Frage stehenden jesajanischen Stücke des Buches alle vorhandenen Schwierigkeiten beseitigen lassen.
Der einzige, der bisher diese Vermutung ausgesprochen hat, ist Hackmann, in seiner Schrift über die Zukunftserwartung des Jesaia. Er sagt dort Seite 47: „Unwillkürlich umgiebt man diese Reden mit Geschichte, und — sollten sie nicht auch ursprünglich in geschichtlicher Umrahmung gestanden haben? Anzeichen für ein früheres Vorhandensein historischer Einkleidung liegen wohl vor. Das cap. 28 steht so sehr mit einem konkreten geschichtlichen Vorgange in Verbindung, dass die Vorstellung nahe liegt, eine kurze Darstellung der begleitenden Verhältnisse sei einmal damit Hand in Hand gegangen. Manche Einzelheiten sind wie eine Bezugnahme auf eine nebenhergehende Erzählung; v. 9 f. setzt eine Unterbrechung der Rede durch Einwürfe der Trunkenen voraus; v. 15 redet in Anspielungen von einem Faktum, über welches ursprünglich vielleicht auch einige Worte verloren waren. Aehnlich ist es mit Stellen wie 30,1. 6. 15 und 16. Natürlich ist nur ein kurzer und einfacher Rahmen der Situation für die einzelnen Aussprüche anzunehmen, in der Weise von c. 7 und 8.“
Es gilt nun im Folgenden, diese von Hackmann mehr andeutungsweise ausgesprochene Vermutung näher zu begründen und allseitig sicher zu stellen.
Ein starker Wahrscheinlichkeitsgrund für die Richtigkeit dieser Annahme liegt ja vor allen Dingen in der oben nachgewiesenen chronologischen Reihenfolge unserer Stücke. Wir müssen uns aber auch nach möglichst starken äusseren Stützen für dieselbe umsehen. Diese liegen nun aber meines Erachtens nicht zuerst in den von Hackmann hervorgehobenen Anzeichen einer früheren geschichtlichen Umrahmung, obwohl auch diese, wie wir nachher sehen werden, stark mit ins Gewicht fallen.
Der Hauptbeweis für die Annahme eines früheren geschichtlichen Zusammenhanges unserer Stücke liegt vielmehr in der Beschaffenheit dieser Stücke selbst.
Diese enthalten nämlich keineswegs alle, wie man bisher meist angenommen hat, Reden, sondern sind zum guten Teil selbst noch geschichtliche Darstellungen, zum Teil geben sie auch Reden in geschichtlich referierender Form wieder.
Eigentliche Reden enthalten überhaupt nur folgende Stücke: 1. c. 28,14–22. Dieses Stück wendet sich mit direkter Anrede gleich in v. 14 an die Machthaber in Jerusalem und behält die Form der Anrede bis zum Schlusse bei. 2. c. 29,9 f. Wer in dem kurzen Stücke angeredet ist, ist nicht gesagt; wahrscheinlich sind es die Volksleiter, denen Jesaia das Verstockungsgericht Jahwes ankündigt. 3. c. 30,1–5. Indessen ist hier schon zu merken, dass die Rede erst von v. 3 an mit dem והיה לכם direkte Anrede wird. In v. 1 f. ist der Spruch Jahwes in dritter Person referierend wiedergegeben. Denn die Worte: הוי בנים סוררם נאם יהוה darf man nicht übersetzen: Wehe euch widerspenstigen Söhnen, ist der Spruch Jahwes; sondern sie heissen: Wehe über die widerspenstigen Söhne u. s. w. Das geht klar hervor aus c. 29,15. Das Stück beginnt ganz parallel: הוי המעמיקים und fügt dann den Nachsatz in dritter Person an, wie aus[S. 27] dem מעשיהם und dem ויאמרו hervorgeht, vgl. auch c. 31,1 f. 4. c. 30,12–17. Die Rede wendet sich an die Volksleiter und verkündet ihnen wegen ihres Ungehorsams gegen den Willen Jahwes den Untergang. Aber diese Rede will nicht die Wiedergabe einer Rede Jesaias an das Volk sein. Jesaia steht gar nicht vor dem Volk, sondern sitzt in seinem Hause und schreibt diese Rede als eine Rede Jahwes an das Volk für einen späteren Tag auf. Denn mit den Worten: לכן כה אמר קדןש ישראל (v. 12) ist dieselbe nicht nur als Rede Jahwes bezeichnet, sondern auch eng an die vorangehenden Verse 8–11 angeschlossen. Damit ist natürlich nicht gesagt, dass Jesaia nicht ähnliche Reden an das Volk gehalten hat. Aber es kommt hier auf die Form an, in welcher die vorliegende Rede aufgezeichnet ist; und darnach ist dieselbe nicht die Wiedergabe einer an das Volk gehaltenen Rede, sondern einer dem Jesaia von Jahwe geoffenbarten Rede, die ihm zum Zeugnis dienen soll ליום אחרון.
Die vier Reden sind die einzigen direkten, in der zweiten Person an das Volk oder dessen Leiter gerichteten Reden unserer Stücke. Und auch diese erfahren in ihrer Bedeutung als solcher, wie wir gesehen haben, Einschränkungen.
Neben diesen direkten Reden an das Volk stehen andere, die in erzählender Form in der dritten Person berichtet sind. Dazu gehören, wie oben zu c. 30,1–5 schon bemerkt worden ist, die Wehereden in c. 29,15 und c. 31,1 ff. Es sind Zornesausbrüche Jesaias im Namen seines Gottes, hervorgerufen durch das Zustandekommen und die Ausführung jenes Beschlusses, durch welchen sich das Volk in seinen Führern definitiv vom Gehorsam gegenüber Jahwe losgesagt hat. Es ist fraglich, ob Jesaia diese Aussprüche je mündlich vorgetragen hat; sie eignen sich mehr zu schriftlichen Drohworten, und nach c. 30,8 scheint es, als ob sich Jesaia von da an überhaupt auf Weisung seines Gottes vom Schauplatz der öffentlichen Thätigkeit zurückgezogen habe. Die Form von c. 31 überhaupt ist nicht die einer feurigen Rede,[S. 28] als vielmehr die einer grimmigen und doch siegesgewissen Argumentation. Man achte auf das וגם הוא חכם ויבא רע in v. 2 und die Gegenüberstellung Jahwes und Aegyptens in v. 3; ebenso auf das siegesgewisse: כי כה אמר יהוה אלי in v. 4. Er weiss es, dass Jahwe zu ihm und durch ihn geredet hat, und dass er darum zuletzt noch Recht behalten wird seinen Gegnern gegenüber.
Jedenfalls ist auch c. 29,1 ff. zu diesen indirekten Drohreden zu rechnen. Das ergiebt sich schon daraus, dass Ariel (der Opferherd) angeredet ist. Aber das Stück bietet solche Schwierigkeiten, dass sich seine Form überhaupt nicht mehr wird mit Sicherheit feststellen lassen. In v. 1 redet Jesaia, v. 2 geht unvermittelt in die Rede Jahwes über, so dass anzunehmen ist, dass zwischen v. 1 und 2 etwas ausgefallen ist, was auch der völlig abweichende Text der LXX wahrscheinlich macht. Gehört v. 7 zum ursprünglichen Text, dann ist die Rede überhaupt in Schilderung übergegangen. Denn in v. 7 ist Ariel in der dritten Person genannt.
Wir kommen nun zu einer dritten Gruppe von Stücken, in denen Worte Jahwes an Jesaia berichtet werden; und weil dies ganz in der Gestalt geschieht, wie sie dem Jesaia gegeben werden, so tragen diese Stücke vollkommen die Form der Erzählung. Zu diesen Stücken gehören c. 29,13 f. und c. 30,8 ff.
Zu c. 29,13 f. bemerkt schon Duhm, dass dieser Spruch wegen der Einleitung der Herr sprach, vielleicht auf einen historischen Zusammenhang hinweise. Aber nicht nur die einleitenden Worte, sondern auch die Worte der Rede Jahwes tragen die Form der historischen Darstellung. Es heisst ja nicht: weil ihr euch nähert... sondern weil sich dies Volk nähert... drum siehe behandle ich es wunderbar. Der Angeredete ist der Erzähler.
In c. 30,8 bezieht sich nun auch der Inhalt der Rede Jahwes auf Jesaia, Jesaia erzählt hier einen Befehl Jahwes, den er erhalten hat, mit den Worten Jahwes wieder; das[S. 29] ist also auch keine Rede Jesaias, sondern historische Darstellung einer Rede Jahwes an Jesaia. Wahrscheinlich gehören die mit כי angeschlossenen Worte v. 9–11 noch mit zur Rede Jahwes als Begründung des Befehls. Jahwe wird zwar in v. 9 und 11 in dritter Person erwähnt; aber es hat nichts Befremdliches, wenn Jahwe von sich in dritter Person redet. Ueber die weitere Fortsetzung v. 12 ff. ist schon oben die Rede gewesen.
Nun bleiben noch zwei Stücke übrig, die jedes für sich behandelt werden müssen: c. 30,6 f. und c. 28,7 ff. c. 30,6 f. enthält überhaupt keine Rede, sondern reine Erzählung. Es steht zwar jetzt: Orakel „Wüsten des Südlandes“ darüber; aber auch diese geheimnisvolle Ueberschrift kann natürlich für uns nicht die Erzählung in eine Rede verwandeln. „Im Land der Enge und Angst.... führen sie auf... Eseln ..... ihre Schätze zum Volk, das nicht nützt.....“ Dieser einfache Satz ist durch einiges poëtische Beiwerk erläutert und erweitert. Das ist das geheimnisvolle Orakel. Das Land der Angst ist die Wüste, die Schätze sind der Tribut für die versprochene Hülfe, das Volk, das nicht nützt, ist Aegypten. Es liegt derber Spott in dieser Schilderung Jesaias.
c. 28,7–13 ist weder blos Erzählung noch blos Rede, sondern es ist Erzählung, direkte und indirekte Rede zusammen, kurz, es ist die lebendige historische Darstellung einer gewaltigen im Tempelvorhof vorgefallenen Scene. Die Einleitung erzählt oder vielmehr hat erzählt die Situation; denn wie wir oben gesehen haben, ist sie jetzt wahrscheinlich von einem späteren Bearbeiter stark modifiziert. In v. 9 f. folgt dann in direkter Rede die Wiedergabe der Anrede oder besser der Hohnrede der trunkenen Priester und Propheten. Sie reden nicht Jesaia, sondern sich gegenseitig an, da sie von Jesaia in der dritten Person reden. Und darauf folgt — nicht eine Anrede an, sondern ein Urteil Jesaias über die Trunkenen und ihre Rede; denn von den Trunkenen ist im Folgenden in der dritten Person geredet. Wenn wir fragen wollen, an wen Jesaia sich dieses Urteil[S. 30] über die Trunkenen und ihre Rede gerichtet dachte, so werden wir wohl antworten müssen, dass er dabei nicht jene Spötter, sondern die Leser seines Buches im Auge hatte. Dass Jesaia nicht eine ähnliche Drohrede jenen Spöttern ins Gesicht geschleudert habe, soll damit wieder nicht gesagt sein; die hier so drastisch und lebendig dargestellte Szene hat Jesaia gewiss selbst erlebt. Aber die Form der Wiedergabe seiner Entgegnung ist doch nun einmal nicht Rede — dann müsste die zweite Person stehen —, sondern urteilende Darstellung.
Der Überblick über die Form der in Frage stehenden jesajanischen Stücke hat uns gezeigt, dass dieselben nur zum kleinsten Teil wörtlich wiedergegebene Reden enthalten, dass die Aufzeichnung auch vieler Reden in indirekt referierender Form gehalten ist, und dass, was für unsere Frage die Hauptsache ist, sich sogar mehrere Stücke in rein historischer Darstellung finden. Um die letzteren noch einmal aufzuzählen, so sind dies c. 28,7–13. c. 29,13 f. c. 30,6 f. c. 30,8–11.
Dieser bisher immer übersehene Thatbestand ist natürlich ein sehr entscheidendes äusseres Moment für die Richtigkeit unserer Vermutung, dass die zusammenhängenden jesajanischen Stücke unseres Buches ursprünglich einem grösseren historischen Zusammenhange angehört haben. Denn bei dieser Annahme erklärt es sich allein, dass sich in den uns erhaltenen jesajanischen Stücken unseres Buches bald die Form der direkten, bald der indirekten Rede findet, und dass sogar einige Stücke die Form der reinen Erzählung tragen, während sich dieser Wechsel der Form bei der bisher üblichen Vorstellung der Entstehung jesajanischer Stücke doch durchaus nicht verstehen lässt. Wie sollte Jesaia dazu gekommen sein, solche zum Teil abgerissenen und unvollständigen Stücke von Reden, Erzählungen und Szenen aufgeschrieben und später zusammengestellt zu haben!
Auf einen grösseren ursprünglich historischen Zusammenhang weisen nun auch zweitens die oben besprochenen Ein[S. 31]gänge einzelner Stücke hin, die jetzt zum Teil völlig Unzusammengehöriges eng mit einander verbinden. Es sind die Eingänge c. 28,7. 28,14. 29,13. 30,8. und in weiterem Sinne noch c. 31,4.
Am deutlichsten ist das bei c. 29,13. Die Worte ויאמר יהוה können, wie wir gesehen haben, nicht v. 13 mit v. 10 verbinden. Es muss also vor v. 13 etwas ausgefallen sein, woran die Worte ויאמר יהוה ursprünglich angeknüpft haben. Dann weist aber das Stück, das selber erzählende Form trägt, gerade auch mit seiner der Erzählungsform entnommenen Einleitungsformel unabweislich auf einen historischen Zusammenhang hin. Der Inhalt lässt sich natürlich nicht mehr bestimmen, muss aber mit der angeführten Rede Jahwes irgendwie in Beziehung gestanden haben.
Über den Eingang in c. 28,7 ist oben schon näher die Rede gewesen. c. 28,9 ff. fordern eine Einleitung, die die Situation beschreibt. Wären die Worte in c. 28,7 אלה נגם jesajanisch, dann würden sie, wie Hackmann meint, allerdings auf eine ähnliche historische Beschreibung der trunkenen Ephraims zurückweisen. Aber die Ursprünglichkeit des überlieferten Textes in v. 7 f. ist nicht sehr wahrscheinlich. Andererseits weist aber gerade auch der überlieferte Text darauf hin, dass vor v. 9 eine ähnliche und jedenfalls umfassendere historische Einleitung gestanden haben muss; denn der Bearbeiter kann die jetzige nicht aus der Luft gegriffen haben, zumal im Folgenden von der Trunkenheit der Priester nicht mehr die Rede ist, und dann liegt es auch durchaus, wie wir noch sehen werden, der Art des Bearbeiters unserer Stücke fern, derartige geschichtliche Einleitungen zu bilden; er hat sie im Gegenteil, überall, wo es möglich war, entfernt und nur die Reden in seine Sammlung aufgenommen.
In c. 28,14 bereitet das לכן, wie wir gesehen haben, den Auslegern grosse Schwierigkeiten. Dasselbe setzt voraus, dass der Grund der folgenden Drohrede im Vorhergehenden[S. 32] angegeben war. Nun ist derselbe aber in v. 7–13 nicht angegeben. Also muss vor v. 14 etwas ausgefallen sein, was den Grund der folgenden Drohung enthalten hat. Das kann aber nicht etwa der Anfang der Rede selbst gewesen sein. Denn in der v. 14 ff. angeführten Rede ist der Grund der Drohung in v. 15 voll und ausreichend angegeben vgl. v. 17 f. Dieser Umstand fordert vielmehr nothwendig die Annahme, dass der Grund der Drohrede vorher in geschichtlichem Bericht gegeben war. Man könnte höchstens noch annehmen, dass das לכן v. 14 überhaupt nicht ursprünglich zu dem jesajanischen Stücke gehört habe, sondern vom Bearbeiter hinzugesetzt sei, um v. 14 ff. mit dem Vorhergehenden zu verbinden. Aber einmal hat der Sammler auch sonst in unserem Buche jesajanische Stücke ohne besondere Verbindung nebeneinander gestellt, und es wäre kein rechter Grund ersichtlich, warum er grade dieses durch ein nachträglich hinzugefügtes לכן mit dem vorhergehenden verbunden haben sollte; sodann aber setzt auch die Art und Weise, in der v. 15 der Grund der Drohung angegeben wird, eine Rückbeziehung auf konkrete geschichtliche Verhältnisse voraus, die ohne vorhergegangene Erläuterung dunkel bliebe und darum auch für uns thatsächlich dunkel ist. Hier kommen wir mit Hackmann überein, der in seiner oben angeführten Ausführung sagt, v. 15 rede in Anspielungen auf ein Faktum, über welches ursprünglich vielleicht einige Worte verloren waren. Wir meinen, dass das לכן in v. 14 noch deutlich diesen Ausfall erkennen lässt.
In c. 30,8 ist es nicht die Form, sondern der Inhalt des Verses selbst, der auf geschichtliche Beziehungen zurückweist, deren Angabe einmal vor ihm gestanden haben muss. Sowohl der Zeitpunkt des עתה, als auch der Inhalt dessen, was Jesaia aufschreiben soll, muss einmal irgendwie vor v. 8 erzählt gewesen sein. Denn jetzt steht der Vers völlig in der Luft und die Suffixe in den Verben haben keine Beziehung auf etwas Vorhergehendes, die sie doch notwendig fordern.
In c. 31,4 endlich kann sich der Eingang: כי כה אמר יהוה אלי zur Not als Fortsetzung an v. 3 anschliessen. Wahrscheinlich ist dies indessen nicht. Denn einmal hat das Stück v. 1–3 in den Worten:
וכשל עוזר ונפל עזר
einen gewaltigen und völlig genügenden Abschluss erreicht; und zweitens passt der Inhalt von v. 4 nicht genau zu 1–3. Denn v. 1–3 stellen Ägypten in den Vordergrund, während v. 4 von der Belagerung Jerusalems handelt. Ist aber v. 4 von v. 1–3 zu trennen, dann verlangen die Worte: כי כה אמר יהוה אלי eine Ergänzung, die jetzt ausgefallen ist. Die Annahme wird dadurch noch wahrscheinlicher, dass das letzte Sätzchen in v. 3 mit seinem יחדו und יכליון jedenfalls mit Duhm für einen vom Sammler hinzugesetzten Abschluss zu halten ist.
Die besprochenen Eingänge in c. 28,7. 28,14. 29,13. 30,8. und 31,4 machen also wahrscheinlich, dass den durch sie eingeleiteten Stücken andere, und zwar zum Teil sicher in geschichtlicher Form, einst vorangegangen sind. Dasselbe ist natürlich auch bei den übrigen, nicht besprochenen Stücken, nicht ausgeschlossen; es finden sich in denselben nur keine Anzeichen mehr vor, die noch mit einiger Deutlichkeit darauf hinweisen.
Diese Untersuchungen bestätigen die Vermutung Hackmanns, dass unsere Stücke ursprünglich in geschichtlicher Umrahmung gestanden haben. Die inneren Gründe, die er als Stützen seiner Vermutung anführt, lassen sich freilich nicht so beweisen, dienen aber dem geführten Beweise zur Bestätigung. Denn dass wirklich manche Einzelheiten in unseren Stücken wie eine Bezugnahme auf eine nebenhergehende Erzählung erscheinen, wird jeder zugeben, der die Stücke mit Aufmerksamkeit liest. Ueber c. 28,15 ist vorhin schon die Rede gewesen. Aehnliches wird man von den auch inhaltlich ähnlichen Versen c. 30,15 f. sagen dürfen. Doch c. 30,6 kann nicht mit angeführt werden, da v. 6 f. nicht Rede, sondern Erzählung enthalten. Ebenso ist es mit[S. 34] c. 28,9 f., das nach Hackmann eine Unterbrechung der Rede Jesaias durch Einwürfe der Trunkenen voraussetzt. Denn die v. 9 f. vorausgehenden Verse 6 und 7 sind nicht Bestandteile einer Rede Jesaias, sondern bilden die geschichtliche Einleitung zu der v. 9 ff. dargestellten Szene.
Doch wir bedürfen auch keiner weiteren Beweise mehr für die Richtigkeit der aufgestellten Hypothese, dass die zusammengehörigen jesajanischen Stücke unseres Buches ursprünglich einem grösseren geschichtlichen Zusammenhange angehört haben. Wir haben folgende Thatsachen festgestellt:
1. Den in Betracht kommenden jesajanischen Stücken liegt eine streng chronologisch-sachliche Ordnung zu Grunde.
2. Dieselben enthalten nur zum Teil die Wiedergabe von Reden des Propheten; zum Teil enthalten sie auch erzählende Darstellungen von Reden und Ereignissen.
3. Die Eingänge mehrerer Stücke nehmen deutlich auf einst vorhergegangene geschichtliche Darstellungen Bezug.
Diese Thatsachen finden ihre Erklärung nur durch die Annahme, dass unsere Stücke einst in einer grösseren geschichtlichen Umrahmung gestanden haben.
Diese Annahme wird nun noch durch folgende Umstände bestätigt. Zunächst erklärt sich durch dieselbe am leichtesten die Beschaffenheit, in welcher uns die jesajanischen Stücke vorliegen. Die jesajanischen Partieen unseres Buches bestehen aus lauter einzelnen, zum Teil abgebrochenen Stücken und lassen jede schriftstellerische Verbindung unter einander vermissen. Diese Thatsache findet allein eine genügende Erklärung in der Annahme, dass dieselben aus einem grösseren Zusammenhange herausgebrochen sind.
Dadurch erklärt sich vor allem auch das Vorhandensein vieler so kurzer Stücke, die jetzt wegen ihrer Zusammenhangslosigkeit als selbstständige Stücke behandelt werden müssen, ohne dass man einsieht, wie sie entstanden sein und für sich allein existiert haben könnten. Solche Stücke[S. 35] sind c. 29,9 f. 13 f. 15 c. 30,6 f. Man kann nicht sagen, dass ihnen am Anfange oder Schlusse etwas fehlt. Duhm nimmt dies zwar von c. 29,15 an: „was etwa noch fehlt, scheint unleserlich geworden und darum vom Redaktor durch v. 16–24 ersetzt zu sein.“ Allein in diesen Versen lässt sich nichts entdecken, was die Annahme Duhms begünstigen könnte. Das nimmt auch Duhm nicht an; er hat keinen anderen Grund für seine Annahme als die Unwahrscheinlichkeit, dass dieses kurze Stück einst selbstständig existiert habe. Innerhalb einer geschichtlichen Darstellung kann aber auch eine so kurze Rede sehr wohl gestanden haben.
Dasselbe gilt von den anderen Stücken. c. 29,9 f. ist als selbstständig aufgezeichnete Rede völlig unerklärlich. Man weiss weder, an wen sie gerichtet ist, noch, worauf sie sich bezieht, noch, was sie droht. Ist es wohl wahrscheinlich, dass Jesaia solche kurze Sätze aufgezeichnet hat? Eine irgendwie genügende Erklärung dafür kann man nicht finden. Dagegen liefert die Annahme, dass ein späterer Redaktor diese Reden aus einem geschichtlichen Zusammenhange herausgebrochen habe, eine vollständig genügende Erklärung sowohl für ihre Kürze als auch für ihre sonst befremdliche Unverständlichkeit. Denn in ihrem ursprünglichen Zusammenhange können alle ihre uns jetzt zum Teil dunklen Beziehungen sehr deutlich gewesen sein.
Einer besonderen Erklärung bedarf noch das kurze Stück c. 30,6 f., das jetzt die Ueberschrift משא בהמות נגב trägt. Dass dieses kurze, noch dazu rein erzählende Stück einst eine besondere und selbstständige Aufzeichnung Jesaias gebildet haben soll, ist undenkbar, trotzdem, dass es jetzt als besonderes Stück behandelt werden muss und auch schon von dem Verfasser jener Ueberschrift als solches behandelt worden ist. Aber Duhm will nun eben um dieser Stichwortüberschrift willen das Stück ganz aus seinem jetzigen Zusammenhange entfernen und hält es für wahrscheinlich, dass es einst neben c. 21. 22 gestanden hat und erst vom letzten Redaktor an seine jetzige Stelle versetzt worden ist.[S. 36] Allein die in c. 21 mit Stichwortüberschriften versehenen Orakel sind nicht jesajanisch und werden auch von Duhm nicht für jesajanisch gehalten, und c. 22 gehört nicht derselben Zeit an wie unsere Stücke. Andrerseits passt das Stück c. 30,5 f. seinem Inhalte nach vorzüglich hinter v. 1–5, während es doch nicht einzusehen ist, dass es der letzte Redaktor, der es doch gewiss unter der dogmatischen Brille seiner Stichwortüberschrift betrachtet hat, an seinen geschichtlich richtigen Platz gesetzt haben sollte. Ich glaube aber, dass sich bei unserer Annahme eines ursprünglich geschichtlichen Zusammenhanges unserer Stücke eine genügende Erklärung für das Stück und seine Ueberschrift geben lässt.
Es ist nämlich klar, dass der Sammler unserer Stücke, wie der von c. 1 (resp. 2) — 12 und der von c. 13 ff. eine Sammlung von משאות ישעיהו hat geben wollen vgl. c. 1,1. 2,1. 13,1. Dazu gehörten vor allem alle Reden, die Jesaia gehalten hat, oder die ihm als חזון (c. 1,1) von Jahwe offenbart worden sind. Daraus erklärt es sich, dass unsere sämmtlichen Stücke Reden, sei es von Jesaia, sei es von Jahwe enthalten, und dass der Sammler grade die sie verbindenden geschichtlichen Partieen weggelassen hat. Er hat nun diese Reden wörtlich so aus ihrem geschichtlichen Zusammenhange herausgenommen, wie er sie vorfand; daher es kommt, dass viele durch ihre Form noch den geschichtlichen Zusammenhang verraten. Nur in c. 28,7 f. hat er eine kurze geschichtliche Einleitung stehen lassen, um v. 9 ff. mit v. 1–4 zu verbinden.
Ausser diesen Einleitungsversen ist nun das Stück c. 30,6 f. das einzige, welches überhaupt keine Rede, weder von Jesaia, noch von Jahwe, enthält, sondern der reinen Erzählungsform angehört. Wie kommt es nun, dass es der Hersteller unseres Buches dennoch aus seinem Zusammenhange herausgelöst und seiner Sammlung einverleibt hat? Es lässt sich kein anderer Grund dafür finden als der, dass er es dennoch für eine משא ישעיהו gehalten hat. Entweder that er dies, weil er die Stichwortüberschrift, vielleicht am[S. 37] Rande seines Exemplares, schon vorfand, oder er hat dieselbe, was auch möglich ist, erst selbst verfasst und zugesetzt, weil er die Verse für ein „Orakel“ des Jesaia hielt und sie als solches kennzeichnen wollte. Denn es wird ja immerhin auch für seine damaligen Leser nicht ganz leicht gewesen sein, in diesen Versen ein „Orakel über die Tiere des Südlandes“ zu erkennen. So erklärt sich m. E. die Ueberschrift dieses Stückes so wie auch die Aufnahme desselben in unsere Sammlung am leichtesten.
Es lassen sich also alle Schwierigkeiten, die sich aus der Beschaffenheit der jesajanischen Stücke unseres Buches für ihre Herkunft und Aufnahme in unsere Sammlung ergeben, durch die Annahme eines ursprünglich geschichtlichen Zusammenhanges derselben beseitigen, während sie sonst unerklärlich bleiben würden. Dieser Umstand stützt und bestätigt daher die Richtigkeit unserer These.
Es lässt sich aber noch eine andere, sehr wertvolle Bestätigung derselben aufweisen. Das ist die Thatsache, dass sich auch sonst im Jesaia-Buche unzweifelhaft jesajanische Stücke in geschichtlicher Darstellung finden. Es sind dies die Abschnitte c. 6–8,18, c. 20 und c. 22.
Es ist klar, von welcher Bedeutung diese Thatsache für die Annehmbarkeit unseres Ergebnisses sein muss. Fänden sich nämlich im Jesaia-Buche sonst keine derartigen, von Jesaia stammenden geschichtlichen Darstellungen, sondern nur, worauf etwa c. 1–5 führen könnten, Redesammlungen, so würde sich immer wieder gegen unser Ergebnis das Bedenken erheben, dass es doch sonst nicht Jesaias Art sei, derartige geschichtliche Darstellungen zu geben.
Wir müssen deshalb noch kurz auf das Verhältnis der übrigen Prophetieen des Jesaia zu den in unserer Sammlung enthaltenen eingehen. Es wird sich zeigen, dass nicht nur wenigstens die in c. 6–8 enthaltene Schrift der unserer Sammlung zu Grunde liegenden nach Zweck und Anlage sehr ähnlich ist, sondern auch, dass diese geschichtlichen Darstellungen den wesentlichsten Teil von allem ausmachen,[S. 38] was Jesaia überhaupt gegen Jerusalem und Juda geschrieben hat.
Gewöhnlich nimmt man an, dass c. 6–9,6 eine kleine, von Jesaia selbst hergestellte Sondersammlung seiner Prophetieen sei. Richtig ist an dieser Annahme nur, dass der Hersteller der grösseren Sammlung, etwa der von c. 2–12, c. 6–9,6 bereits als abgeschlossene Sammlung vor sich hatte; denn sonst hätte er c. 6 an den Anfang seiner grösseren Sammlung gestellt. Aber Hackmann hat meines Erachtens entscheidend nachgewiesen, dass das Büchlein c. 6–9,6 nicht von Jesaia zusammengestellt sein kann.[13] Denn die hinter c. 8,18 folgenden Worte bilden ein Fragment aus allerlei zerbröckelten Stücken, und sind dazu zusammengetragen, um den Uebergang zu c. 9 herzustellen. Hackmann macht nun darauf aufmerksam, dass c. 8,16–18 den Eindruck eines Schlusses machen. „Die Schlussworte:
sind ein guter Abschluss“.
Da nun c. 6 ein in sich geschlossenes Ganze für sich bildet, so liegt die Folgerung nahe, dass die Zusammenhänge von c. 7 und 8 in c. 8,16–18 ihren Abschluss finden.
Und in der That ist es grade die Sammlung c. 7–8,18, die der dem Buche c. 28–33 zu Grunde liegenden jesajanischen Schrift nach Zweck und Anlage so überaus ähnlich ist.
Dieselbe kann dem von uns gefundenen Resultate einer ursprünglich geschichtlichen Form jener Schrift um so mehr zur Bestätigung dienen, als hier die geschichtliche Darstellungsform in den einzelnen Stücken noch viel deutlicher zu Tage tritt. Sehen wir uns dieselben daraufhin etwas näher an!
c. 7,1–17 enthält nach Duhm einen „Bericht“ von[S. 39] Handlungen und Reden Jesaias beim Herannahen der Syrer und Israeliten gegen Juda. Wirklich enthält auch c. 7, auch wenn man v. 1 (= II. Kön. 16,5) vom Sammler entlehnt sein lässt, um den verlorenen Eingang einigermassen zu ersetzen, nicht die Wiedergabe einer Rede Jesaias, sondern einen Bericht, eine Erzählung aus des Propheten Feder.
Zuerst erzählt der Prophet kurz von dem Herannahen der beiden Heere und den darob entstandenen Schrecken beim Hause Davids. Darauf giebt er den ihm von Jahwe zu teil gewordenen Auftrag wieder, dem Ahas auf die Strasse des Walkerfeldes ans Ende der Wasserleitung des oberen Teiches entgegenzugehen und ihm Mut und Trost zuzusprechen. Hieran schliesst sich die Wiedergabe der Unterredung zwischen Jesaia und dem Könige: Jesaia bietet dem Ahas ein Zeichen (או ת) an; Ahas schlägt es ab; Jesaia bestimmt nun selbst ein tröstliches Zeichen baldiger Rettung, knüpft aber zugleich wegen des verstockten Unglaubens des Königs eine Drohung gegen ihn und das Reich Juda daran.[14]
In c. 8,1 und 3 f. erzählt Jesaia zwei weitere Versuche, das verstockte Volk zur Umkehr und zum Glauben zu bewegen. Da seine Reden nichts helfen, versucht er, durch ein anderes Wahrzeichen (אות) seinem Volke nahe zu[S. 40] kommen. Er nimmt eine Tafel und schreibt darauf: Maher-schalal-chas-baz. Dann giebt er diesen Namen seinem bald darauf geborenen Sohne. So viel hat Jesaia gethan, um das Volk zur Umkehr und zum Glauben zu bringen. Es hat aber nichts geholfen: c. 8,6:
מאס העם הזה את מי השלח ההלכים לאט
Nun folgt das Verwerfungsurteil über Juda in mehreren Drohreden c. 8,6–18, die wohl inhaltlich zusammengehören, aber auch wie in c. 28 ff. die schriftstellerische Verbindung nicht mehr aufweisen.
Wie in der in c. 28 ff. enthaltenen jesajanischen Schrift ist auch hier der Zweck derselben, dem verstockten Volke das Verwerfungsurteil Jahwes zu verkünden und zu begründen. Auch diese Schrift zerfällt in zwei Teile: c. 7–8,4 schildern die Bemühungen Jesaias um die Bekehrung des Volkes; c. 8,5–16 verkünden dem verstockten Volke das Gericht.
Dass c. 8,5 ff. wirklich mit dem Vorhergehenden zusammenhängen, zeigt v. 5:
ויסף יהוה דבר אלי עוד לאמר
Nur kann Jesaia unmöglich die mit diesen Worten eingeleitete Rede so an das vorhergehende Stück angeschlossen haben. Denn v. 3 f. enthalten eine tröstliche Zusage an Juda, v. 6 ff. dagegen eine scharfe Gerichtsdrohung. Es muss also zwischen v. 4 und 5 etwas ausgefallen sein; und zwar muss vor v. 5 eine ähnliche Drohrede gestanden haben wegen des יוסף und des עוד in v. 5. Das ist vielleicht die Drohung gewesen, die jetzt in c. 7,18 ff. enthalten ist (vgl. vorige Anmerkung).
Dass auch dieser zweite Teil der Schrift ursprünglich in historischem Rahmen gestanden hat, beweist der in der Form eines Berichtes abgefasste Eingang zu v. 11 ff., beweist auch der Schluss der Schrift v. 16–18, der keine Rede enthält und von dem Vorhergehenden losgerissen sinnlos wird.
Der gegebene Überblick über den Zusammenhang und die Darstellungsform von c. 7–8,18 zeigt, dass wir hier auch eine in der Form der geschichtlichen Darstellung ver[S. 41]fasste Schrift Jesaias vor uns haben. Auf die litterarische Beschaffenheit derselben kann hier natürlich nicht näher eingegangen werden[15]; es ist nur noch zu fragen, wann etwa Jesaia diese Aufzeichnungen gemacht haben könnte. Wir werden anzunehmen haben, dass c. 7 und 8 eine längere Wirkungsperiode Jesaias umspannen, dass namentlich zwischen c. 8,4 und 8,5 ff. Ereignisse liegen, die den Umschwung in Jesaias Prophetie begründet und veranlasst haben. Diese Ereignisse haben den Jesaia bewogen, sich vom öffentlichen Auftreten zurückzuziehen, c. 8,16–18. Sie müssen daher sein Auftreten nutzlos gemacht haben. Da sie auch nur politischer Natur gewesen sein können, denn um politische Ereignisse dreht sich der ganze Inhalt von c. 7 f., so kann nichts Anderes gemeint sein als die Botschaft des Ahas an Thiglath-Pileser 2. Kön. 16,7. Also ganz ähnlich wie in c. 28 ff. ist es auch hier das Bündnis mit einer auswärtigen Macht, um das es sich handelt. Statt auf Jahwe zu trauen,[S. 42] setzt „dies Volk da“ seine Hoffnung auf eine heidnische Grossmacht.
Stellen wir nun noch einmal die Vergleichungspunkte der in c. 7 f. und in c. 28 ff. enthaltenen geschichtlichen Aufzeichnungen Jesaias zusammen. Analog ist:
1. Die Veranlassung derselben. In beiden Fällen handelt es sich um das Zustandekommen eines Bündnisses mit einer heidnischen Weltmacht, gegen das Jesaia vergeblich gekämpft hat. Da sein Reden nutzlos geblieben ist, zieht er sich zurück und schreibt (c. 8,16 ff. 30,8).
2. Der Zweck derselben. Sie sollen beide ein ewiges Zeugnis dafür sein, dass Jesaia die Schuld des Volkes erkannt und gebrandmarkt, sowie die Strafgerichte Jahwes vorhergesagt habe.
3. Die Anlage derselben. In beiden schildert Jesaia zuerst seine vergeblichen Versuche, Volk und König zum Glauben zu bewegen, um dann dem verstockten Volke den Untergang zu verkünden.
4. Einzelheiten des Inhalts und der Form: c. 7,4 mit 30,15 f., 7,9 mit 28,16, 8,6 f. mit 30,12 f., 8,9 f. mit 29,9 f., 8,15 mit 28,13., 8,14 mit 28,16., 8,16–18 mit 30,8.
5. „v. 16 (in c. 8) klingt wie ein Abschiednehmen von der Arbeit unter dem Volke (Duhm).“ Dasselbe gilt von dem עתה בוא c. 30,8.
Eine geschichtliche Aufzeichnung Jesaias haben wir nun ferner in c. 6, in welchem Jesaia seine Berufungsvision erzählt. Sie ist uns dem Anscheine nach noch vollständig so erhalten, wie sie aus der Hand des Propheten hervorgegangen ist[16].
In diesem Kapitel haben wir also eine weitere wertvolle Bestätigung dafür, dass Jesaia in geschichtlicher Darstellung auch sonst geschrieben hat. Wollte man darauf hinweisen, dass die Schilderung dieser Berufungsvision eben etwas ganz Besonderes sei, so ist dagegen zu erwidern, dass der Zweck ihrer Niederschrift dennoch ganz derselbe ist wie der der Aufzeichnung von c. 7 f. und c. 28 ff.
Es ist oben schon darauf hingewiesen worden, dass das Kapitel sicher vom Propheten erst später aufgezeichnet worden ist, und ebenso ist der Versuch Hackmanns, seinen Inhalt auf Nordisrael zu deuten, als unhaltbar nachgewiesen worden. Der Ausdruck העם הזה fordert gerade auch in diesem Kapitel (v. 5 und v. 1) seine Beziehung auf Juda. Der Zweck des Kapitels geht natürlich aus dem Inhalte der dem Jesaia gewordenen Offenbarung v. 9 ff. hervor: in v. 9 f. wird das Verstockungsgericht über das Volk ausgesprochen; in v. 11 (-13) wird ihm als Strafe dafür der gänzliche Untergang verkündet. Dieser in c. 6 ausgesprochene Zweck setzt voraus, dass der Niederschrift dieses Kapitels eine längere Wirksamkeit vorausgegangen ist. Nicht, als ob Jesaia im Beginne seiner Wirksamkeit nicht ähnliche Gedanken oder Offenbarungen gehabt haben könnte; über solche Möglichkeiten lässt sich schwer streiten; aber niedergeschrieben haben kann Jesaia solche Gedanken erst, nachdem sich das Volk wirklich seiner Predigt gegenüber verstockt gezeigt hat. Daher wird Duhm recht haben, dass die Niederschrift dieser Berufungsvision neben den c. 8,16 und c. 30,8 erwähnten ein neues Dokument von der Wahrheit und Wahrhaftigkeit seiner Mission sein soll.
Mir scheint es nun inhaltlich dem c. 30,8 erwähnten Dokumente, d. h. also der in c. 28 ff. enthaltenen jesajanischen Schrift näher zu stehen. Denn einmal erscheint Jesaia dort mehr als in c. 7 f. von Anfang an von der Unverbesserlichkeit des Volkes überzeugt (vgl. c. 6,9 f. mit c. 29,9 f.), und dann entspricht auch die radikale Verkündigung des Unterganges von Juda in c. 6 mehr den Drohreden in c. 28 ff. als[S. 44] den in c. 8[17]. Wir haben also in c. 6 eine weitere wertvolle Bestätigung für unser Resultat bezüglich der geschichtlichen Darstellungsform der in c. 28 ff. enthaltenen Schrift.
Es kommen nun noch als geschichtliche Stücke c. 20 und c. 22 in Betracht, über die wir aber schnell hinweggehen können.
c. 20 gehört seiner Überschrift und seinem Inhalte nach ins Jahr 711. Es ist aber seiner Herkunft nach nicht ganz unverdächtig. Möglich wäre es, „dass es ähnlichen Ursprung hätte wie c. 36–39, und zu Gunsten dieser Annahme könnte man auf den in mehrfacher Beziehung verdächtigen v. 2 hinweisen (Duhm).“
c. 22 fällt in die Zeit nach 701. Es ist bezüglich seiner Einheitlichkeit und Darstellungsform durchaus nicht allgemein anerkannt; da ich es aber für eine geschichtliche Darstellung halte; so sollte es wenigstens nicht unerwähnt bleiben[18].
Diese im Vorhergehenden besprochenen geschichtlichen Darstellungen bilden nun nicht etwa den kleinsten, sondern vielmehr den weitaus grössten Teil dessen, was der Prophet Jesaia gegen Juda und Jerusalem überhaupt geschrieben hat. Denn ausser den besprochenen Abschnitten sind nur noch das kurze Stück c. 32,9–14 und die in c. 1–5 enthaltenen Drohreden gegen Juda und Jerusalem dem Jesaia zuzuschreiben[19].
Eine vollgültige Bestätigung dieses statistischen Befundes können wir nun noch aus des Jesaia eigenen Worten entnehmen, nämlich aus den beiden Versen c. 30,8 und c. 8,16.
In c. 30,8 heisst es: Jetzt geh hinein und schreib es nieder! Also, nachdem Jesaia lange vergeblich durch öffentliche Rede unter dem Volke gewirkt hatte, erhielt er den göttlichen Auftrag, sich vom Schauplatz der öffentlichen Thätigkeit zurückzuziehen und seine Drohungen niederzuschreiben לעֵד עד עולם. Dieser Auftrag Jahwes an Jesaia enthält doch offenbar für unsere Frage ein Doppeltes:
1. dass Jesaia bis dahin seine Reden nicht aufgeschrieben hat, dass also die gewöhnliche Annahme, dass er gewissermassen ein Tagebuch über seine Reden geführt habe, gegenüber den eigenen Worten Jesaias nicht stichhaltig ist;
2. dass es für Jesaia eines besonderen Auftrages Jahwes oder eines besonderen Zweckes bedurfte, seine Weissagungen niederzuschreiben.
Der Zweck ist auch in c. 8,16 besonders hervorgehoben:
צור תעודה חתום תורה בלמדי
Der Zweck der Niederschrift ist also nach beiden Stellen wie bei der Aufstellung der Tafel c. 8,1 f. und der Namengebung seiner Söhne c. 8,3 f. 18 der, dass sie einer späteren Generation (עד עולם c. 30,8 und בלמדי 8,16) zum Zeugnis (לעד c. 30,8 und תעודה 8,16) der Wahrheit und Wahrhaftigkeit seiner Prophezeiungen dienen soll.
Jedenfalls geht aus beiden Stellen hervor, dass der Prophet erst deshalb zur Niederschrift schreitet, weil er erkennt, dass die mündliche Predigt aussichtslos sei. Das wird daher auch von den anderen Stücken gelten, die etwa noch auf ihn zurückzuführen sind. Ein eigentlicher Schriftsteller wie Jeremia und die späteren Propheten, ist Jesaia noch nicht gewesen. Da nun die Niederschriften, auf welche jene beiden Stellen weisen, c. 7 f. und c. 28 ff., die Hauptperioden der Wirksamkeit Jesaias umspannen, so werden wir a priori anzunehmen haben, dass sie auch den grössten Teil dessen ausmachen, was Jesaia gegen Jerusalem und Juda geschrieben hat. Durch diese Stellen wird also das durch den statistischen Befund herausgestellte Verhältnis bestätigt.
Der Ueberblick über die schriftstellerische Thätigkeit des Jesaia hat gezeigt, dass die Annahme einer ursprünglich geschichtlich-darstellenden Gestalt der jesajanischen Stücke in c. 28–33 durch die Beschaffenheit der in den anderen Sammlungen enthaltenen Stücke nicht widerraten, sondern vielmehr empfohlen wird. Ja, es ist gezeigt worden, dass jene in darstellender Form geschriebenen Stücke den weitaus grössten Teil von allem ausmachen, was Jesaia gegen Jerusalem und Juda geschrieben hat.
Kehren wir nach diesem Ueberblicke über die Entstehung der übrigen jesajanischen Stücke zu unserem Buche c. 28 ff. zurück, so können wir jetzt folgendes Resultat feststellen:
1. In dem Buche c. 28–33 sind drei verschiedene jesajanische Schriften enthalten, nämlich ausser den beiden kurzen Stücken c. 28,1–4 und c. 32,9–14 eine Anzahl Bruchstücke aus einer grösseren Schrift Jesaias.
2. c. 28,1–4 enthält eine Weissagung Jesaias von dem Untergange Samarias. Die Abfassung dieses Stückes fällt also jedenfalls vor 722, wegen des Schweigens über Aram und Damaskus wahrscheinlich nach 732; vielleicht liegt ihm als bestimmter Anlass der Abfall Hoseas von[S. 47] Assyrien zu Grunde, dann stammt es etwa aus dem Jahre 725/24[20].
3. Die in c. 28,7–31,4 enthaltenen Bruchstücke gehören ursprünglich einer grösseren geschichtlichen Darstellung der Kämpfe Jesaias mit den Volksleitern wider das Zustandekommen des ägyptischen Bündnisses an. Jesaia hat diese Schrift etwa im Jahre ± 703 v. Chr. selbst verfasst zum Zeugnis für einen späteren Tag.
4. Es bleibt noch das kurze Stück c. 32,9–14 übrig. Ueber die Abfassungszeit dieses Stückes lässt sich aus seinem Inhalte nichts absolut Sicheres entnehmen. Jesaia kündigt den Weibern Jerusalems die völlige Verwüstung der Stadt und ihrer anmutigen Umgebung an. Das könnte Jesaia freilich zu jeder Zeit seiner Wirksamkeit gethan haben. Aber die Verkündigung klingt so radikal und unbedingt, dass sie mit ihrem Inhalte auf Anzeichen ihrer Verwirklichung zu deuten scheint. Vor allem ist hier der Ton etwas anders als sonst. Man könnte die Dichtung fast ein Klagelied nennen. Die Anrede in v. 9 ist weniger bitter als traurig. Statt des sonstigen harten und verächtlichen העם הזה steht hier v. 13 das mitleidig empfindende עמי. Man hat den Eindruck, als ob einerseits Jerusalem mitten im Unglück stände, Jesaia die Erfüllung seiner Drohungen eintreten sähe, als ob aber das Volk und namentlich die Frauen Jerusalems nicht recht daran glaubten. Die Stimmung ist ähnlich wie in c. 22; vgl. namentlich v. 4: lasst mich bitter weinen! auch v. 11 b. 13 f. Dieses Kapitel ist nach dem Vorgange Sörensens[21] mit Hackmann in die Zeit nach dem Abzuge Sanheribs zu setzen[22]. Die überstandene Not hat die Jerusalemiter nicht gebessert; der Prophet schaut tiefer. Er sieht in ihrer Unbussfertigkeit die Besiegelung ihres gewissen Unterganges: „Wahrlich, nicht wird diese Sünde euch ge[S. 48]sühnt, bis dass ihr tot seid.“ v. 14. Dieselbe Stimmung atmet unsere Weissagung, nur fehlt ihr die Bitterkeit. Vielleicht fällt sie deshalb noch vor den Abzug Sanheribs in das Jahr 702/1. Sicheres lässt sich nicht aussagen.
Wir stehen am Ende mit der Besprechung der jesajanischen Stücke unseres Buches. Sie hat uns nicht nur einen interessanten und lehrreichen Einblick in die schriftstellerische Thätigkeit des Jesaia gegeben, sondern sie wird uns nun auch die Beantwortung der Frage, wie diese Stücke in ihren jetzigen Zusammenhang gekommen sind, wesentlich erleichtern. Halten wir an der Annahme fest, dass der Bearbeiter unseres Buches, um eine Sammlung von משאות ישעיהו herauszugeben, die meisten seiner jesajanischen Stücke aus einem grösseren Zusammenhange herausgenommen hat, so werden wir auch verstehen, wie er dazu gekommen ist, sie mit eigenen Zuthaten und Ergänzungen zu versehen. Die Komposition unseres Buches, die sonst bei seinem mosaikartigen Charakter und den beiden sich widersprechenden Gedankenreihen ein Rätsel bleibt, wird so erklärlich.
Wir haben es also jetzt mit der Arbeit einer späteren Zeit zu thun. Es liegt in dem ganzen Charakter derselben begründet, dass wir mit ihren Erzeugnissen mehr auf das Gebiet der Vermutungen als der sicheren Ergebnisse gestellt sind. Denn dieselben haben es meist nicht mit der Gegenwart, sondern mit der Zukunft, und zwar alle mit derselben Zukunft, nämlich mit „jenem Tage“, zu thun. Sie sind daher meist zu wenig zeitgeschichtlich bestimmt, als dass man für die Frage nach ihrer Herkunft unumstösslich festen Boden gewinnen könnte.
Das gilt auch von den nichtjesajanischen Stücken unseres Buches. Es wäre vergebliche Mühe, wenn man aus den einzelnen Stücken Schlüsse auf Verfasser und Herkunft ziehen[S. 49] wollte. Ebenso würde es zu nichts führen, wenn man, wie wir es bei den jesajanischen Stücken unseres Buches gethan haben, die Frage aufwerfen wollte, ob die einzelnen Stücke resp. welche unter einander in Zusammenhang stehen. Sie behandeln alle das eine Thema: die goldene Zukunft, und dieses würde sie unter einander ebenso sehr und ebenso wenig verbinden, wie sie selbst in sich dadurch verbunden sind. Ob man z. B. c. 29,16–24 mit c. 30,18–26 zu einem Stück vereint oder jedes der beiden in zwei oder mehr Stücke teilt, macht für ihren Inhalt und Gedankengang nichts aus.
Um daher für die nichtjesajanischen Stücke unseres Buches bezüglich ihrer Herkunft und Zeitansetzung zu einem einigermassen sicheren Ergebnisse zu gelangen, müssen wir einen anderen Weg der Untersuchung einschlagen.
Wir werden zunächst das Verhältnis dieser Stücke zu den jesajanischen Partieen ins Auge fassen. Es wird festzustellen sein, welche unter ihnen sich als unmittelbare und beabsichtigte Fortsetzungen jesajanischer Partieen geben, und welche etwa selbstständig daneben stehen.
Sodann haben wir zu untersuchen, ob sie unter einander auf denselben oder mehrere Verfasser schliessen lassen. Dann erst können wir nach Anzeichen einer genaueren Zeitbestimmung fragen.
Endlich wird dann aus den gewonnenen Resultaten eine Uebersicht über Zweck, Art und Zeit der Zusammenstellung unseres Buches zu geben sein.
Es wird sich zeigen, dass wir auf diesem Wege zu einem annähernd sicheren Resultate über die Entstehungsgeschichte unseres Buches werden gelangen können.
Das erste Stück, mit welchem wir es zu thun haben, ist c. 28,5 f. Dieses ist ganz deutlich zum Zwecke der Fortsetzung von v. 1–4 komponiert. Das zeigt erstens die Anknüpfung an das Vorhergehende durch die Worte: ביום ההוא und zweitens die Wahl der Bilder und Ausdrücke,[S. 50] die aus dem Vorhergehenden genommen sind. Die Bilder, die Jesaia vorher von Samaria und dessen trunkenen Grossen gebraucht hat, werden hier in geschmackloser Nachahmung auf Jahwe angewendet vgl. v. 5 mit v. 1 und 3.
Ob wir in c. 29,5 ff. eine einfache Fortsetzung des jesajanischen Stückes v. 1–4 oder eine Umarbeitung einer ursprünglich jesajanischen Fortsetzung haben, ist nicht mehr sicher zu entscheiden. v. 4b ist spätere Parallele zu 4a, v. 8 zu v. 7, und zu dem Stücke v. 1–4 fehlt der Schluss. Jedenfalls ist klar, dass v. 5–8 kein selbstständiges Stück für sich bildet, sondern entweder als Fortsetzung oder als Umarbeitung von einem späteren an v. 1–4a angeschlossen ist.
Aehnlich ist es mit c. 31,5 ff. Der Anschluss an v. 1–4 ist dadurch hergestellt, dass der Verfasser neben das Bild vom knurrenden Löwen das andere von den flatternden Vögeln gestellt hat, das ihm als Bild des Schutzes jedenfalls geeigneter erscheinen musste.
Ob er im Folgenden jesajanische Ueberreste mit benutzt hat, lässt sich hier noch weniger feststellen, da sich kein Vers mehr als ursprünglich jesajanisches Gut zu erkennen giebt; nur ist wahrscheinlich, dass v. 4 einst eine erläuternde Fortsetzung gehabt hat, und möglich, dass die Hand des Späteren schon in v. 4b verbessernd eingegriffen hat, da das ירד nicht ganz der ersten Hälfte der Vergleichung entspricht. Aber dass v. 5–8 jetzt wirklich die Fortsetzung Von v. 1–4 bilden sollen und dazu hergestellt sind, geht auch sonst aus seinem Inhalt und den gebrauchten Ausdrücken deutlich hervor. v. 6 weist mit seinem Inhalte auf v. 1b, in seiner Form העמיקי auf c. 29,15. Besonders deutlich ist v. 8 eine Nachbildung von v. 3. Dem אדם ולא אל in v. 3 steht gegenüber das לא איש בחרב in v. 8; dem בשר ולא רוח in v. 3 das חרב לא אדם in v. 8. Dass diese Nachbildung des Ausdruckes mit ihrem doppelten חרב und ihrer wunderbaren Vorstellung sehr glücklich wäre, kann man nicht behaupten. Um so deutlicher zeigt sich aber gerade[S. 51] darin die Nachbildung. Hinzuweisen ist auch noch auf das אור v. 9, bei dem man mit Recht an das אריאל c. 29 denkt.
Auch c. 32,15–20 giebt sich als direkte Fortsetzung von v. 9–14. Die Worte עד יערה עלינו רוח ממרום knüpfen mit ihrem עד unmittelbar an das עד עולם in v. 14 an. Dass diese inhaltlich scheinbar unmögliche Verbindung nur von einem Solchen vollzogen werden konnte, dem die eschatologischen Ideen der späteren Zeit dogmatisch feststanden, ist schon im ersten Teile gezeigt worden. Aber Inhalt und Form zeigen auch deutlich, dass auch diese Verse überhaupt erst als Fortsetzung von v. 9–14 entstanden sind. In v. 9–14 wird zuerst die Verwüstung der Gärten und Fruchtgefilde, und dann die Zertrümmerung der menschlichen Wohnungen gedroht; in v. 15–20 wird zuerst verheissen, dass die Wüste zum Fruchtgefild werden soll und dann werden den Menschen sichere Wohnungen in Aussicht gestellt. Zur Entlehnung der Ausdrücke ist vor allem v. 9 f. mit v. 18b zu vergleichen. Die Prädikate der Frauen Jerusalems שאננות und בטחות werden hier auf die Wohnungen übertragen. Vgl. auch v. 17 am Schluss.
In c. 29,9 f. musste es für die Späteren unverständlich sein, was unter dem dort verkündeten Verstockungsgerichte gemeint sei. Der Verfasser von v. 11 f. hat eine Erklärung von v. 9 f. im Sinne der späteren Zeit gegeben. Er sieht darin, dass seinen Zeitgenossen „das Gesicht von dem allen“, d. h. die dem Jesaia gewordenen Offenbarungen wie ein Buch mit sieben Siegeln erscheint, eine Erfüllung der Weissagung v. 10, und es ist offenbar seine Absicht, durch seine Zusätze den Schleier des Verständnisses zu lüften. Der Anschluss der Verse an die vorhergehenden durch ותהי und die Beziehung von חזות כל auf das Vorangegangene zeigen, dass die Verse keine selbstständige Bedeutung haben können und wollen.
An das kurze Stück c. 29,15 schliesst sich eine längere Auseinandersetzung über eschatologische Dinge an. Der Ausruf: הפככם geht unmittelbar auf die in v. 15 getadelte[S. 52] Frage zurück und steht inhaltlich schon mit v. 14 in Zusammenhang. Der Verfasser fasst die Frage in v. 15 als Verzweiflungsfrage der Elenden seines Volkes auf, und giebt deshalb trostreichen Aufschluss. v. 18, ähnlich wie v. 11 f., geht auf die Worte: והיה במחשך מעשיהם in v. 15 zurück. Zu v. 24 vgl. c. 28,9 f., zu v. 17 c. 32,15. Diese beständige Bezugnahme auf seine Umgebung beweist, dass auch dieses Stück kein selbstständiges Produkt eines andern Autors, sondern erst zum Zwecke der Erläuterung und Fortsetzung von v. 15 und den vorangegangenen Versen geschrieben ist.
Dasselbe gilt auch von dem Stücke c. 30,18–26. Durch ein ולכן ist es eng an das Vorhergehende angeschlossen. Und der, welcher es angeschlossen hat, hat es auch geschrieben. Duhm meint zwar, dass das „darum“ v. 18 so gänzlich unmöglich als Fortsetzung von v. 17 sei, dass man nur annehmen kann, der Ergänzer habe das Auge mehr auf seinen eigenen früheren Einsatz, als auf den Text des alten Propheten gerichtet gehabt. Man muss aber eben bedenken, dass derselbe auch v. 8–17 unter eschatologischem Gesichtspunkt angesehen hat. Für ihn ist das Volk, zu dem er redet, der in v. 17 genannte Rest. Die Drohung sieht er bereits erfüllt; und grade die Erfüllung derselben ist ihm ein Beweis, dass auch die Erfüllung der Verheissung nahe bevorsteht, dass Jahwe voll Ungeduld ist, seinem Volke Huld zu schenken v. 18.
Und nicht nur v. 18 schliesst sich an das Vorhergehende eng an, auch die übrigen Verse stehen damit in Verbindung. v. 20 stellt Jahwe als Lehrer seines Volkes hin, weil in v. 9 von der תורת יהוה die Rede gewesen ist. v. 21 weist auf den rechten Weg, von dem sie nach v. 11 abgewichen sind; v. 26b nimmt ganz das Bild von v. 13 f. wieder auf. Berg und Hügel in v. 25 sind aus v. 17b; der Tag des grossen Würgens, „wenn Türme fallen“ spielt auf v. 13 f. an.
Es bleiben nun noch vier Stücke übrig, die inhaltlich nicht in so reger Beziehung mit ihrer Umgebung stehen und[S. 53] in sich selbst einen mehr geschlossenen Zusammenhang bilden: c. 28,24–29, c. 30,27–33, c. 32,1–8, c. 33. Diese bedürfen deshalb noch einer besonderen Besprechung.
c. 28,23–29 enthält ein dem Landbau entnommenes Maschal mit einer besonderen, dem Volksliede nachgeahmten Einleitung. Schon um dieser Einleitung willen wird es von den Auslegern als besonderes Stück behandelt, das Jesaia erst bei der Zusammenstellung seines Buches an seine jetzige Stelle gesetzt habe. Dass es indessen nicht von Jesaia sein kann, ist oben bewiesen worden. Sein Inhalt ist rein tröstlicher Natur. Aber grade deswegen nimmt es zu seiner Umgebung bezw. zu den voraufgegangenen jesajanischen Stücken dieselbe Stellung ein, wie die besprochenen unjesajanischen Stücke zu den ihren. Es bringt gegenüber den vorangegangenen Drohungen die Verheissung, indem es zugleich durch seinen Inhalt die Drohung und Strafe erklärt. Dass das Maschal zu den voraufgegangenen Stücken wirklich auch in diese Beziehung gebracht sein will, geht deutlich aus v. 29 hervor. Dieser Vers ist das Gegenstück zu v. 22. In v. 22 heisst es:
כי כלה ונחרצה שמעתי מאת יהוה צבאות
In Vers 29 wird gesagt:
גם זאת מעם יהוה צבאות יצאה
Es ist klar, dass dieser Vers mit seinem גם זאת auf v. 22 zurückweist, dass er also auch erst um dieser Rückbeziehung willen geschrieben ist. Aber damit ist nicht gesagt, dass auch das Maschal erst um der vorangehenden Stücke willen gedichtet worden ist. Bestimmte Bezugnahmen auf das Vorhergehende in Inhalt und Form finden sich in demselben nicht. Wir werden es daher vorläufig als ein besonderes Stück zu betrachten haben. Die Frage, ob es nicht mit den anderen Stücken trotzdem denselben Verfasser haben könne, wird nachher erörtert werden.
Wir kommen zu c. 30,27–33. Auch dieses Stück ist eine besondere Weissagung, welche von dem Erscheinen Jahwes zum Entscheidungskampfe mit „Assur“ handelt. Sie[S. 54] beginnt ohne irgendwelche Anknüpfung an das auch selbst schon unjesajanische Stück v. 18–26 mit dem volltönenden Eingänge:
הנה שם יהוה בא
Das Stück ist aber auch in sofern selbstständig, als es keinerlei Anspielungen und Rückbeziehungen auf die jesajanischen Stücke unseres Buches enthält. Assur wird in denselben nicht einmal erwähnt.
Ohne Anschluss an ihre Umgebung nach vorwärts und rückwärts ist auch die messianische Weissagung c. 32,1–8; auch sie setzt völlig neu ein mit ihrem הן v. 1. Andrerseits ist aber doch hervorzuheben, dass sich in diesem Abschnitte manche Anklänge an jesajanische Stellen unseres Buches finden, die wie Rückbeziehungen und Nachahmungen aussehen, v. 2b erinnert an c. 28,12, v. 3a an c. 29,9 f. 30,10; die Stammler in v. 4 an c. 28,7 ff., 30,10. 2.
Diese Beziehungen sind ja freilich für sich genommen keine zwingenden Beweise dafür, dass das Stück c. 32,1–8 der Herstellung unserer Sammlung seine Entstehung zu verdanken hat; wir werden aber nachher sehen, dass noch andere Gründe stark für diese Annahme sprechen.
c. 33 ist wieder ein für sich selbstständiges Stück. Es ahmt zwar mit seinem הוי in v. 1 den jesajanischen Stücken nach; es schliesst sich aber weder unmittelbar an jesajanische Partieen an, noch ist in seinem Inhalt und seiner Form etwas zu entdecken, was sonst auf dieselben hinwiese und als Erklärung oder Berichtigung derselben aufgefasst werden könnte.
Wir kommen jetzt zur Besprechung des Verhältnisses der unjesajanischen Stücke zu einander. Hierbei ist eigentlich schon im Voraus anzunehmen, dass die Fortsetzungen und Ergänzungen der zusammmengehörigen jesajanischen Partieen von demselben Verfasser herrühren. Denn die Herstellung unseres Buches durch Entnahme jesajanischer Stücke aus einem grösseren Zusammenhange kann nur das Werk eines Mannes sein. Höchstens können spätere Leser hier[S. 55] und da Worte oder Sätze in den Zusammenhang eingeschoben, oder sich schon in dem dem Verfasser vorgelegenen jesajanischen Buche fremde Bestandteile befunden haben. Auf diese letztere Möglichkeit werden wir später noch zurückkommen. Für die meisten dieser Fortsetzungen und Ergänzungen lassen sich aber auch litterar-kritische Gründe aufweisen, die die Herleitung von ein und demselben Verfasser empfehlen.
Hierfür kommt vor allem in Betracht die Gleichartigkeit der schriftstellerischen Form, in der die Stücke hergestellt sind. Alle sind gleichmässig eng und doch sehr äusserlich mit den jesajanischen Stücken verbunden, vgl. das ויהי c. 29,4 und 11; das ולכן c. 30,18; das הפככם c. 29,16; die Gegenüberstellung der verschiedenen Bilder c. 31. Alle Stücke entlehnen bei ihrer Bezugnahme auf die jesajanischen Partieen gleichmässig in ziemlich äusserlicher und wenig geschickter Weise Bilder und Ausdrücke aus denselben, wie oben gezeigt worden ist. Aber auch sonst zeigen diese Stücke unter einander manche Aehnlichkeiten. Das tritt namentlich in den beiden längsten von ihnen, c. 29,16–24 und c. 30,18–26, hervor. Die Anlage von c. 30,18 ff. ist der von c. 29,16 ff. ziemlich ähnlich. Zuerst heisst es c. 30,18, dass Jahwe voll Ungeduld wartet, seine Huld zu offenbaren. Das entspricht dem הלא עוד מעט מזער in c. 29,17. Die Not, von der c. 30,18 redet, ist in c. 29,22 ff. geschildert. c. 30,20 entspricht inhaltlich c. 29,24. Dort ist gesagt, dass die Juden ihren „Lehrer“ Jahwe sehen sollen (es heisst nicht: auf ihn sehen sollen); hier werden sie „die Lehre lernen“; aus Finsternis heraus werden die Augen der Blinden sehen v. 18.
Auch die in beiden Stücken vorausgesetzte Situation scheint dieselbe zu sein. c. 30,20 ist von Brot der Not und Wasser der Drangsal die Rede; das scheint auf erlittene Drangsalierungen und vielleicht sogar Belagerung zu deuten vgl. auch v. 26. Aehnlich ist 29,16 ff. 22 b wohl von äusseren Feinden die Rede, vor denen „Jakob erbleicht“, beson[S. 56]ders aber c. 28,6 f., wo gesagt ist, dass Jahwe denen zur Heldenkraft werden soll, „die den Kampf zum Thor zurücktreiben“, vgl. auch 29,8. Endlich ist auch allen diesen Stücken die Stimmung gemeinsam, dass das Volk, zu dem sie reden, die Offenbarungen seiner Apokalyptiker nicht mehr recht glauben will, dass es blind und taub ist (c. 29,81 f., 18, 24. c. 30,20 f.), murrt c. 29,24 und sich unverständig zeigt c. 29,16. Deshalb geben sich auch alle diese Stücke die möglichste Mühe, die Notwendigkeit und Möglichkeit eines baldigen Umschwunges der Dinge zu beweisen c. 29,8. 11 f. 16 f. c. 30,18 f. vgl. auch c. 28,23–29. c. 32,6 f.
Aus allen diesen Gründen zusammen mit der oben hervorgehobenen inneren Wahrscheinlichkeit wird man das Recht haben, alle Fortsetzungen und Ergänzungen der zusammengehörigen jesajanischen Stücke von demselben Verfasser herzuleiten.
Von demselben Verfasser scheint mir auch der Zusatz von c. 28,1–4 herzurühren. Wir haben schon gesehen, dass c. 28,1–4 mit v. 7 ff. schriftstellerisch verbunden ist. Es gehört also jetzt eng zu den zusammengehörigen jesajanischen Stücken unseres Buches. Die Art seines Anschlusses an das jesajanische Stück sowie der Benutzung des darin gebrauchten Bildes und die in v. 7 vorausgesetzte Situation einer Bedrängung resp. Belagerung Jerusalems sind der Art und Stimmung der anderen Stücke ziemlich ähnlich.
Anders ist es mit dem Zusatz zu c. 32,9–14. Zwar ist auch hier die Form des Anschlusses an das jesajanische Stück (durch עד יערה) der der übrigen Stücke völlig analog, und auch die oben besprochene Art der Benutzung von Ausdruck und Inhalt desselben entsprechend. Aber doch hat man den Eindruck, dass c. 32,15–20 nach Form und Inhalt andersartig ist als die übrigen Zusätze. Das Stück ist in seiner ganzen Stimmung nicht so darauf angelegt, den Lesern in tröstlicher und lehrhafter Weise die Gewissheit und den baldigen Eintritt des grossen Umschwunges der Dinge ans Herz zu legen, als dass es vielmehr kompilatorisch und[S. 57] apodiktisch eine Aussage des eschatologischen Dogmas an die andere reiht. Von der Ausgiessung des Geistes, die der Verfasser als bekanntes Dogma einführt, ist nur hier die Rede, obwohl z. B. c. 30,18 ff. und c. 29,18 Gelegenheit geboten hätten, davon zu reden. Sämmtliche Aussagen in v. 15–20 klingen wie Anspielungen und Nachahmungen aus den vorhergehenden Zusätzen. v. 17 setzt deutlich c. 32,1 voraus; v. 18 lehnt sich im Ausdrucke an 32,9 und 30,15 an; v. 20 ist zusammenfassende Nachahmung von c. 30,23–25; v. 15b ist etwas veränderte Wiederholung von c. 29,17. Nun könnte man ja grade aus diesen Anklängen auf denselben Verfasser schliessen; aber die Art und Weise, wie z. B. c. 29,17 in v. 15b wiederholt wird, macht doch wahrscheinlich, dass ein anderer diese Wiederholung vollzogen hat, denn der Sinn in c. 29,17 ist ein völlig anderer als in c. 32,15. Dort ist die völlige Umwandlung der Natur gemeint: der Libanon soll zum Fruchtgefilde, und dieses zum Waldgebirge werden. Hier dagegen soll die einstige Fruchtbarkeit des ganzen Landes in Aussicht gestellt werden: die Wüste soll Fruchtgarten, und dieser Wald werden. Es kommt dadurch natürlich eine etwas verunglückte Klimax heraus, aber das macht gerade um so wahrscheinlicher, dass v. 15b Nachahmung von c. 29,17 ist (Stade), als umgekehrt (Duhm).
Mit c. 32,15–20 steht nun c. 33 im engen Zusammenhange. Das hebt auch Dillmann hervor, der wegen der Anklänge von c. 33,5 f. 16 an c. 32,15 f. 18 annimmt, dass derselbe Schriftsteller, der c. 33 überarbeitet hat, auch c. 32,9–20 einer Schlussredaktion unterzogen habe. Für uns geht aus diesen Anklängen nicht die Annahme einer Schlussredaktion, sondern die der Zusammengehörigkeit beider Stücke hervor. Denn mit Jesaia haben c. 32,15 ff. und c. 33 nichts zu thun. c. 33,16 f. erinnert zwar auch stark an 30,20 und Duhm glaubt deshalb, in beiden Stücken dieselbe Hand sehen zu müssen, „v. 17 ff. haben wie c. 29,16 ff. die Tendenz, die Gesetzestreuen zu trösten und zum Ausharren anzufeuern, man erkennt, warum das Büchlein c. 28–33 zusammengestellt[S. 58] ist, nicht aus blossem Sammeleifer, um den prophetischen Kanon zu kompletieren, sondern aus demselben Grunde, aus dem das Buch Daniel geschrieben wurde.“[23] Aber eben diese Tendenz war damals für jeden Apokalyptiker die gleiche und lässt deshalb keinen Schluss auf Identität der Verfasser zu; die Art aber, in der hier diese Tendenz vorgetragen wird, ist nicht ganz so lehrhaft wie in c. 29 und 30; und wenn wir in c. 32,15 ff. einen anderen Verfasser erkannt zu haben glauben wie in c. 29 f., so wird dies auch von c. 33 zu gelten haben, das sich mit c. 32,15 ff. berührt.
Ist unsere Annahme richtig, so kämen wir auch von der Betrachtung der nichtjesajanischen Stücke aus zu dem Schlusse, dass c. 32,9 bis c. 33,24 ursprünglich nicht zu dem Buche c. 28 ff. gehört haben, sondern erst später als Nachträge an dasselbe angeschlossen worden sind. Und zwar werden wir zwei solcher Nachträge anzunehmen haben: c. 32,9–20 und c. 33. Denn einmal setzt c. 33 neu ein und ist in seinem Anfange eine äusserliche Nachbildung des „Wehe“-Buches c. 28 ff., und dann erklären sich so auch die angeführten Beziehungen zwischen ihm und c. 32,15 ff. am besten.
Betrachten wir nun noch die drei noch übrigen nichtjesajanischen Stücke unseres Buches. Den Abschluss desselben bildet die messianische Weissagung in c. 32,1–8. Duhm will dieses Stück mit c. 2,2–4 und c. 11,1–8 in ursprünglichen Zusammenhang bringen. Da auch diese Stücke uns nicht als jesajanisch gelten[24], so wäre das auch für uns möglich. Aber gerade der Umstand, den Duhm als ein starkes Hindernis für nachexilische Ansetzung geltend macht, dass nämlich ein nachexilischer Dichter nicht so trocken von dem Messias hätte sprechen können, wie c. 32,1 ff. thut, macht es doch unmöglich, das Stück mit c. 11,1 ff. von demselben Verfasser abzuleiten, der in c. 11,1 ff. so begeistert und poetisch redet. Vielmehr passt gerade die trockene und[S. 59] lehrhafte Art unseres Stückes ausgezeichnet zu den übrigen nichtjesajanischen Partieen unseres Buches, und da, wie wir gesehen haben, unser Stück namentlich in v. 3–5 beständig auf die vorhergehenden Partieen Bezug nimmt, so ist es höchst wahrscheinlich, dass der Zusammensteller unseres Buches das Stück selbst als Abschluss desselben gedichtet hat. Der messianische Anfang und die Aehnlichkeit im Versbau mit c. 11,1 ff. erklärt sich vielleicht daraus, dass der Verfasser das mit c. 11,1 ff. schliessende Buch gekannt hat und seinem Buche einen ähnlichen Abschluss geben wollte.
Wegen seines lehrhaften Charakters ist man nun auch berechtigt, das Maschal in c. 28,23–29 dem Hersteller unseres Buches zuzuschreiben. Wir haben gesehen, dass es durch v. 29 eng als Erklärung und Ergänzung der jesajanischen Partieen in c. 28,7–22 vom Verfasser des Buches an das Vorhergehende angeschlossen ist, dass sich aber aus dem Text keine Anknüpfungspunkte dafür ergeben, dass es erst zu diesem Zwecke gedichtet sei. Aber sein lehrhafter Inhalt und die trockene, lehrhafte Form, in welcher derselbe vorgetragen wird (namentlich v. 23. 25. 28) passt vorzüglich zu der sonstigen Art unseres Verfassers, namentlich auch zu c. 32,7 f. Sodann spricht ein Umstand dafür, dass das Maschal in unserm Zusammenhange seine ursprüngliche Stelle hat, nämlich der, dass es keine selbstständige Nutzanwendung hat und wahrscheinlich nach seinem ganzen Bau niemals gehabt hat, dass es also auf einen derartigen Zusammenhang, wie den unsern, angewiesen ist. Endlich könnte man auf den Vergleich von v. 25 mit 29,17 hinweisen. In beiden Fällen wird in schulmässig lehrhafter Weise mit dem Fragewort הלא eine argumentatio e concessis eingeführt. Auch erinnert das לא לנעה in v. 28 dem Sinne nach an das עוד מעט מזער c. 29,17 und an das בכו לא תבכה c. 30,19: du sollst nicht immerfort weinen.
Es bleibt nun nur noch c. 30,27–33 übrig. Dieses Stück ist in sich vollkommen selbstständig und hat zu den jesajanischen Partieen unseres Buches gar keine innere und[S. 60] äussere Beziehungen. Es unterscheidet sich aber auch in Form und Inhalt vollständig von den nichtjesajanischen Stücken desselben. Statt der lehrhaften Auseinandersetzungen haben wir hier schwülstige Schilderungen und groteske Bilder. Es ist schon deshalb kaum anzunehmen, dass es von demselben Verfasser herrührt wie die anderen Stücke. Zudem folgt es auf ein nichtjesajanisches Stück, und man dürfte wohl annehmen, dass der Verfasser seine eigene Fortsetzung mit dem Vorhergehenden in etwas engere Beziehung gesetzt haben würde. Auch inhaltlich unterscheidet sich das Stück von den anderen nichtjesajanischen Stücken. Während es in den vorhergehenden Stücken darauf ankam, das Volk über sein Unglück zu belehren und auf das baldige Eintreten der goldenen Zukunft zu vertrösten, wird hier ein Schlachtlied wider „Assur“ angestimmt. Nur c. 31,8 f. hat ähnlichen Inhalt. Es ist aber auch ganz deutlich, dass diese beiden Verse von unserm Stücke abhängen und auf dasselbe Bezug nehmen. Denn Assur wird in c. 31,8 als bekannt eingeführt, der Fels erinnert an c. 30,29b; endlich das Feuer und der Backofen in Jerusalem v. 9b ist eine Anspielung auf c. 30,33, wonach das feindliche Heer auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden soll. c. 31,8 f. ist nun ohne Zweifel vom Hersteller des Buches als Fortsetzung und Ergänzung von v. 1–4 verfasst (v. 8 ist Nachbildung von v. 3). Das beweist nun aber eher gegen als für die Identität des Verfassers von c. 30,27 ff. und c. 31,8 f. Denn es ist nicht anzunehmen, dass der Verfasser sich selbst so ausgeschrieben und auf seine eigene Dichtung als auf den „Spruch Jahwes“ hingewiesen haben sollte, wie v. 8 f. thun. Viel wahrscheinlicher ist, dass der Hersteller des Buches das Stück c. 30,27–33 für jesajanisch gehalten und darum in seine Sammlung aufgenommen hat.
Der Sammler hat nun das Stück entweder schon in dem grösseren Zusammenhange, aus dem er seine jesajanischen Stücke entnommen hat, vorgefunden, oder er hat es, wie c. 28,1–4 als ein besonderes Orakel besessen. Bei der letzteren Annahme lässt sich allerdings kein genügender[S. 61] Grund entdecken, warum er das Stück dann in den jesajanischen Zusammenhang vor c. 31,1–4 eingeschoben hätte; es hätte auch nach c. 31 seinen guten Platz gehabt, während es an seiner jetzigen Stelle mit seiner Umgebung nach vorn und hinten ohne Zusammenhang steht. Daher werden wir wohl anzunehmen haben, dass der Sammler das Stück in dem von ihm benutzten geschichtlichen Zusammenhange schon vorgefunden hat. Diese Annahme bereitet auch gar keine Schwierigkeiten, wenn man bedenkt, wie z. B. in den geschichtlichen Anhängen des Jesaia-Buches, c. 36–39, auch nachträglich noch grössere Stücke, wie c. 38,10–20 eingeschoben werden konnten. Ja, wir werden a priori anzunehmen haben, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass sich die von Jesaia verfasste geschichtliche Darstellung bis zu der Zeit, in welcher der Verfasser unseres Buches schrieb, völlig rein von fremdem Gute gehalten haben sollte.
Ueberblicken wir jetzt noch einmal den Gang unserer Untersuchung über die nichtjesajanischen Stücke des Buches c. 28–33, so haben wir folgende Resultate gewonnen:
1) Diejenigen Stücke, welche sich als Fortsetzungen oder Ergänzungen der jesajanischen Partieen unseres Buches geben, rühren alle von demselben Verfasser her. Es sind dies folgende Abschnitte: c. 28,5 f. c. 29,4–8. c. 29,11 f. c. 29,16–24. c. 30,18–26. c. 31,4–8. Ausserdem gehören dem Hersteller unseres Buches wahrscheinlich noch an: das Maschal c. 28,23–29 und die messianische Weissagung c. 32,1–8.
2) c. 30,27–33 ist eine Weissagung über die Vernichtung Assurs von unbekannter Hand, die aber der Hersteller unseres Buches für jesajanisch gehalten und jedenfalls auch schon im Zusammenhange der jesajanischen Stücke vorgefunden hat.
3) c. 32,15–20 und c. 33 sind sammt dem dazu gehörigen jesajanischen Stücke spätere Nachtragungen und Ergänzungen, wahrscheinlich auch von anderer Hand.
Es käme nun noch darauf an, für die Abfassung der einzelnen Stücke eine genaue Zeitangabe zu ermitteln. Das ist nun aber bei ihrer Beschaffenheit ganz unmöglich. Denn die eschatologischen Weissagungen der nachexilischen Zeit schweben in der Luft, handeln von der Zukunft, ohne die Gegenwart zu berücksichtigen. Vollkommen ist dies freilich nicht möglich; aber der geschichtliche Hintergrund, den sie widerspiegeln, ist so allgemein, dass er auf Jahrhunderte, ja auf das ganze nachexilische Judentum passt. „Die jüdische Hoffnung hatte nicht den realistischen Charakter der alten Weissagung. Keine Brücke leitete von der Gegenwart hinüber in die Zukunft, das Reich Davids sollte plötzlich durch das Eingreifen eines deus ex machina in die Welt gesetzt werden. Die Ereignisse der Zeit führten den Tag Jahwes nicht herbei, sondern waren nur Symptome, dass er nahe.“[25]
Der Charakter der Zeit, aus der diese Weissagungen stammen, spiegelt sich fast nur in der Stimmung wieder, die sie beseelt. Aber auch diese Stimmung war für das nachexilische Judentum nahezu immer dieselbe. Es klingt fast wie eine Charakterisierung unserer Stücke, wenn Wellhausen[26] darüber schreibt: „Die Stimmung, die wir bei den heimgekehrten Verbannten fanden, blieb permanent, weil der Widerspruch nicht aufhörte, dass das messianische Heil längst fällig war und doch nicht eintrat. Die Befreiung aus dem Exil hatte die bitter empfundene Fremdherrschaft doch nicht beseitigt. Nachdem das Gefängnis längst gewendet war, musste die Bitte: „Wende das Gefängnis!“ noch immer wiederholt werden. Sion war zwar wieder gebaut, doch im Drucke der Zeiten. Die Frömmigkeit war Traurigkeit; erst von der Zukunft wagte man zu hoffen, dass dann die Opfer dem Herrn gefallen würden.“
Wollen wir eine einigermassen sichere Zeitbestimmung für unsere Weissagungen finden, so müssen wir mehr die[S. 63] Theologie und die Form derselben zu Rate ziehen; der allenfalls erkennbare zeitgeschichtliche Hintergrund kommt erst bestätigend in zweiter Linie in Betracht.
Wir haben daher vor allem das Verhältnis unserer Stücke mit anderen Erzeugnissen des alttestamentlichen Schrifttums ins Auge zu fassen. Da ist es nun von vornherein als bemerkenswerte Thatsache hinzustellen, dass unsere Stücke mit den Schriften der vorexilischen Periode weder in Form noch Inhalt in irgend einer Beziehung stehen, dass sie dagegen nach beiden Seiten das engste Verwandtschafts- und Abhängigkeitsverhältnis mit anerkannt nachexilischen Schriften aufweisen.
Im einzelnen ist ja darauf schon bei der Besprechung dieser Stücke im ersten Teile dieser Abhandlung eingegangen worden. Hier seien nur noch einmal die Berührungspunkte mit Deutero- und Trito-Jesaja zusammengestellt, die in unseren Stücken besonders stark hervortreten:
Vergleiche dazu: c. 29,16 mit 45,9. c. 29,18 mit 42,18. c. 29,29 mit 41,16. c. 30,26 mit 65,17. c. 32,6–8 mit 58,7–10. c. 32,20 mit 58,11. c. 33,3 mit 66,6. c. 33,5 mit 40,22. 66,1. c. 33,14 mit 66,24. c. 33,24 mit 60,21.
Bedeutsam tritt vor allem die Abhängigkeit des grösseren Stückes c. 29,16 ff. von Deuterojesaja hervor. Man wird Duhm[27] beistimmen können, dass man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass die Nachahmung des Deuterojesaja nach c. 29,16 ff. nicht ganz unbewusst geschehen sei, so dass die Möglichkeit vorliegt, dass der Verfasser den Deuterojesaja für jesajanisch gehalten habe. Mit Bestimmtheit lässt sich das freilich nicht sagen. Jedenfalls steht aber die Abhängigkeit fest. Ebenso lässt sich ein Abhängigkeits- und Verwandtschaftsverhältnis unserer Stücke mit den spätesten Psalmen und Propheten, wie Deutero-Sacharja und Joel, nachweisen, wie im ersten Teile gezeigt worden ist.[S. 64] Daraus geht hervor, dass wir mit der Zeitansetzung unserer Stücke bis ins zweite Jahrhundert hinabzugehen haben.
Auf diese Zeit passen nun auch die Anspielungen auf die Gegenwart, die sich in ihnen, namentlich in c. 33 finden. Aus ihnen hat Duhm wahrscheinlich gemacht, dass dieses Kapitel ungefähr aus dem Jahre 162 stammt[28]. Diese Zeitansetzung unserer Stücke in die erste Hälfte des zweiten Jahrhunderts findet nun auch aus c. 30,27 ff. und c. 31,7 f. eine weitere Bestätigung.
Diese beiden Stücke wenden sich gegen „Assur“. Was konnte aber ein nachexilischer Schriftsteller für ein Interesse daran haben, gegen das Assur Jesaias eine Drohweissagung zu schreiben, das es doch gar nicht mehr gab? Unter „Assur“ kann hier nur Syrien, das „Assur“ des zweiten Jahrhunderts, verstanden werden.
In diese vielbewegte Zeit der Seleuzidenherrschaft passen nun auch die in den anderen Stücken wahrgenommenen Andeutungen auf Kämpfe und Kriegsnöte. Dahin gehört „das Brot der Not und Wasser der Drangsal“ in c. 30,20, das „Erbleichen“ Jakobs in c. 29,22 und endlich auch c. 28,6b, wo gesagt wird, dass Jahwe denen zur Heldenkraft werden wird, „die den Kampf zum Thore zurücktreiben.“
Es ist demnach aus inneren und äusseren Gründen wahrscheinlich, dass wir als ungefähre Abfassungszeit der nichtjesajanischen Stücke unseres Buches die erste Hälfte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. anzunehmen haben. Sollte die Annahme Duhms, dass c. 33 aus dem Jahre 162 stammt — was freilich nur eine Vermutung bleiben kann — richtig sein, so hätten wir damit den terminus ad quem der Fertigstellung des Buches c. 28–33 gewonnen. Denn c. 33 setzt, wie wir gesehen haben, das Vorhandensein des übrigen Buches bereits voraus und ist hinter c. 32,9–14 als zweiter Nachtrag an dasselbe angeschlossen worden. Das älteste unjesajanische Stück unseres Buches ist c. 30,27–33. Da es gegen „Assur“[S. 65] gerichtet ist, werden wir für seine Entstehung etwa das Jahr ±200 anzunehmen haben. Die Hauptmasse würde demnach etwa in die Mitte zwischen 200 und 162 fallen, also um das Jahr ±180. Bestimmtere Anhaltspunkte für die Zeitansetzung finden sich nicht.
Wir haben nun im Vorstehenden auch für die nichtjesajanischen Partieen unseres Buches eine Scheidung und Zeitansetzung der untereinander zusammengehörigen Stücke zu geben versucht. Es erübrigt noch, dass wir aus den gewonnenen Resultaten einen Ueberblick über den Zweck und die Anlage unseres Buches gewinnen. Das wird am besten durch eine kurze, zusammenfassende Darstellung der Entstehungsgeschichte unseres Buches geschehen.[29]
Als im Jahre 705 v. Chr. der gewaltige König Sargon von Assur ermordet worden war, und der Babylonier Merodachbaladan den Regierungswechsel zu einem Aufstande benutzt hatte, schien vielen Vasallenstaaten des grossen Assyrerreiches der Augenblick gekommen zu sein, das verhasste Joch abzuschütteln. Auch in Juda regten sich Abfallsgelüste. Allein freilich konnte mans nicht wagen; es galt, sich mit Ägypten zu verbinden. Die ägyptenfreundliche Partei gewann die Oberhand; ein Freiheitstaumel patriotischer Begeisterung erfasste alle. Nur ein Mann blieb ruhig, der Prophet Jesaia; im Namen seines Gottes forderte er das Aufgeben dieser Pläne. Nicht auf Menschen, auf Jahwe solle man sich verlassen. „Glaubet ihr nicht, so bleibet ihr nicht.“ Er schleuderte seine Drohungen hinein in das Volk; er trat in dem Tempelvorhofe den trunkenen Priestern entgegen; er verkündete den Leitern und Machthabern des Volkes den Untergang. Es half nichts. Der Aufstand im Bunde mit Ägypten wurde Thatsache. Heimlich vor dem gewaltigen Manne verwirklichte man seine Pläne. Als Jesaia davon erfuhr, hat er wohl noch einmal in gewaltiger Droh[S. 66]rede das Strafgericht Jahwes verkündet.[30] Aber dann zog er sich zurück: „Jetzt geh’ hinein und schreib es nieder, und auf ein Buch zeichne es, dass es sei für einen spätern Tag, zum Zeugen für immer!“ c. 30,8.
Dieser Befehl Jahwes, den Jesaia erhielt, war der Antrieb zur Aufzeichnung des Buches, das unserm Buche Jesaia c. 28–33 zu Grunde liegt. Nicht aus eigenem Antriebe hat Jesaia geschrieben; er führt seine schriftstellerische Thätigkeit selbst auf einen besonderen Befehl Jahwes zurück. Auch nicht aus blossem schriftstellerischen oder rein historischem Interesse hat Jesaia sein Buch verfasst, sondern zum Zeugnis für einen folgenden Tag, um der Wahrheit willen, damit Jahwe in seinem Propheten Recht behalte.[31] Wir dürfen darum auch nicht annehmen, dass die unserm Buche zu Grunde liegende Schrift Jesaias, in welcher er sein Auftreten geschildert hat, einen allzugrossen Umfang gehabt habe; einige kurze Notizen[32] über die den Reden zu Grunde liegenden Ereignisse werden die uns jetzt erhaltenen Stücke verbunden haben, etwa in der Weise von c. 7.
Welche Schicksale dieses Buch bis zum zweiten Jahrhundert gehabt hat, ist uns unbekannt. Aus c. 30,27 ff. geht indes hervor, dass auch dieses Buch von fremden Einflüssen nicht unberührt geblieben ist. Ebenso ist möglicherweise c. 28,16 spätere Zuthat. Ob unter den fortgelassenen geschichtlichen Bestandteilen fremde Stücke waren, lässt sich natürlich nicht sagen. Der Text der jesajanischen Stücke ist teilweise sehr verdorben, zum Teil auch verloren gegangen. Ganz verstümmelt ist c. 29,1 ff., wahrscheinlich[S. 67] auch der Anfang des Buches; unvollständig erhalten ist wohl auch der Schluss c. 31,4. Dennoch geht aber aus der grossen chronologisch-sachlichen Ordnung unserer noch jetzt erhaltenen jesajanischen Stücke hervor, dass das ursprüngliche Buch sich ziemlich vollständig erhalten haben muss.[33]
Endlich ist aber auch dieses Buch dem Schicksale so vieler anderen älteren Schriften verfallen. Ein Apokalyptiker des zweiten Jahrhunderts besorgte eine neue Ausgabe dieses alten Buches. Er fand, dass die darin aufgezeichneten Gesichte Jesaias in seiner bedrängten Zeit sich zu erfüllen begännen. Die Not der Fremdherrschaft, unter der seine Zeit seufzte, ist die Erfüllung der von dem uralten Propheten geweissagten Gerichte Jahwes über sein Volk wegen des Abfalls, den „sie“ (nämlich die frühere Generation) begingen.[34] Er deutete die darin geweissagte Bedrängung Jerusalems auf die syrische Tyrannei.[35] Bei dieser Deutung konnte ihm[S. 68] freilich die geschichtliche Umrahmung nichts helfen. Es kam ihm auch an sich nur auf die Offenbarungen, also auf die Sammlung des reinen Wortes an. So brach er denn alle wirklichen und vermeintlichen Reden aus ihrem geschichtlichen Zusammenhange heraus und verarbeitete sie zu einem neuen Buche.
In den jesajanischen „Gesichten“ (c. 29,11) war aber nur eine Seite der Endzeit hervorgehoben, nämlich das Gericht. Die andere Seite, die Erlösung und das messianische Heil, fehlte. Sie hat der Herausgeber aus seinem eigenen Schatze hinzugefügt. Das sollte kein Betrug sein und war auch keiner.
Der Verfasser schrieb seine Stücke als notwendige Erläuterungen und Ergänzungen, und zwar, wie er sicher annahm, ganz im Geiste Jesaias. Was er über das zu erwartende Heil geschrieben hat, war nicht seine Erfindung, sondern zu seiner Zeit allgemeingültiges Dogma. Ja, er hat seine Gedanken zum Teil aus einem anderen von ihm für jesajanisch gehaltenen Buche, dem Deuterojesaja, entlehnt. Wie harmlos er den jesajanischen Stücken gegenübergestanden hat, ergiebt sich z. B. daraus, dass er die Schilderung Jesaias von dem Zuge der jüdischen Gesandtschaft nach Aegypten c. 30,6 f. für ein geheimnisvolles Orakel über die Tiere des Südlandes gehalten hat.
Seine Schrift sollte eine Trostschrift sein. In der Zeit des Verfassers fing man an, an der Sicherheit des messianischen Heils irre zu werden. Da galt es, die Zeichen der Zeit zu verstehen und sie zum Trost und zur Belehrung des Volkes nach den Weissagungen der alten Propheten zu deuten. Aus diesem Zwecke erklärt sich der teils lehrhafte, teils weinerliche Ton der Schrift. „Die Gerichte, die Jesaia verkündet hat, geschehen jetzt in eurer Mitte; nur noch ein kleines Weilchen, dann folgt die grosse Umwandlung der Dinge; du Volk in Sion sollst nicht immerfort weinen; gab auch der Herr Brot der Not und Wasser der Drangsal, so wird er sich jetzt bald eurer erbarmen; wie man nicht[S. 69] immerfort drischt, so wird euch der Herr auch nicht immerfort schlagen. Grade die Trübsal ist ein sicheres Zeichen des nahen Heils; dann wird „Assur“ vernichtet, ihr aber werdet gesegnet werden.“
Eine derartige Trostschrift wollte der Verfasser geben. Er that dies, indem er aus dem jesajanischen Buche alle wirklichen und vermeintlichen Reden herausbrach und sie mit seinen Erklärungen und Ergänzungen zu einem neuen Buche verarbeitete. So ist es gekommen, dass in dem neuen Buche die beiden sich ergänzenden Gedankenreihen von Gericht und Segen immer abwechselnd zu Worte kamen. Für den Zweck der Schrift konnte das nur um so wirksamer und eindringlicher sein, jemehr dadurch der eigentliche Charakter der Drohreden verwischt wurde. Dem Verfasser aber war diese Methode durch die Art der Gewinnung der jesajanischen Stücke an die Hand gegeben.
Als Einteilungsprinzip diente ihm das mehrfach in den jesajanischen Stücken vorkommende הוי. Das wird ihn wohl auch veranlasst haben, an Stelle des vielleicht verstümmelten Einganges des Buches das in formaler Beziehung ganz passende Stück c. 28,1–4 zu setzen. Denn mit einem jesajanischen Stücke wollte er doch sein Buch beginnen.[36] Als Abschluss seines ganzen Werkes dichtete er nach dem Muster von c. 9,1–6 oder c. 11,1–9 die etwas verunglückte Weissagung c. 32,1–8. Ein späterer hat dann in ähnlicher Weise c. 32,9–20 hinzugefügt. Als zweiter Nachtrag reihte sich dann noch c. 33 an. Der Verfasser hat es in seinem Anfange dem Buche c. 28 ff. nachgebildet. So erschien dann die Schrift in damaliger Weise als חסון ישעיהו, wurde als solche später in das Ganze unseres Jesajabuches aufgenommen und blieb in dieser Geltung seitdem unangefochten.
Dadurch, dass es der Kritik gelungen ist, die widerspruchsvolle Einheit auch dieser Sammlung des Jesaia-Buches[S. 70] zu zerstören, hat sie der alttestamentlichen Wissenschaft einen grossen Dienst geleistet.
Zunächst ist es dadurch erst möglich geworden, ein entsprechendes Bild von der schriftstellerischen Thätigkeit jenes grossen Propheten des 8. Jahrhunderts zu gewinnen. Man hat sich nie eine rechte Anschauung davon machen können. Weder die Annahme einer vorhergehenden predigtähnlichen Ausarbeitung noch die der eigenen nachträglichen Niederschrift und redaktionellen Sammlung seiner in glühender Begeisterung gehaltenen Reden konnte befriedigen. Die Aufgabe des „Schriftstellers“ Jesaia ist gewiss kein Schaden für seine Bedeutung als Prophet. Sehr wohl erklärlich aber ist, dass Jesaia, nachdem er vergeblich durch mündliche Predigt gewirkt hat, nun auf Befehl seines Gottes davon eine kurze Darstellung giebt zum Zeugnis für einen folgenden Tag. So wird seine schriftstellerische Thätigkeit in seine prophetische mit hineingezogen.
Von weittragendster Bedeutung ist aber die richtige Erkenntnis von der Komposition von Jesaia c. 28–33 für die inhaltliche Beurteilung seiner Prophetie. Gehören ihm nämlich in jenen Kapiteln nur die Drohreden an, hat demnach Jesaia grade in den Jahren 705 ff. den Untergang Jerusalems verkündet, so darf wahrlich seine Bedeutung für die Folgezeit nicht mehr darin gesehen werden, dass er die Unverletzlichkeit Jerusalems als der Gottesstadt festgehalten habe. Ja, es wird dann überhaupt der Meinung, die in ihm noch gern den Propheten „einer beglückenden Fernsicht und milden Tröstung“ sieht, immer mehr der Boden entzogen. „Ihn darf man nicht den Propheten der Hoffnung, wohl aber mehr als alle andern den Propheten des Glaubens nennen“ (Hackmann).
Endlich lässt uns auch die Erkenntnis der Komposition unseres Buches einen lehrreichen Einblick in die Arbeit und Anschauungen des späteren Judentums thun. Denn wir haben es bei diesem Buche nicht mit blosser Ueberarbeitung oder mit Einschaltungen zu thun, sondern mit völliger Um[S. 71]gestaltung einer altprophetischen Schrift; und es dürfte im ganzen Kanon kaum eine Schrift geben, bei der, wie an unserer, der Zweck und die Art der Umgestaltung deutlich zu erkennen wäre.
Duhm ist der erste gewesen, der dem Buche c. 28–33 den falschen Schein der Einheitlichkeit genommen hat; Hackmann hat die Scheidung von jesajanischem und nichtjesajanischem Materiale auf die richtigen Prinzipien zurückgeführt. Der Zweck dieser Abhandlung ist es gewesen, durch eingehende Darlegung der Komposition des Buches die Richtigkeit der von Hackmann aufgestellten Prinzipien zu begründen und dadurch der von Duhm eröffneten Anschauung von der Gestaltung dieses Buches weiter Bahn zu brechen. Sie will an ihrem Teile einen kleinen Beitrag liefern zur Lösung des grossen Problems, das die Erkenntnis von der Beschaffenheit des Jesaia-Buches der neueren alttestamentlichen Forschung gestellt hat.
Diese Dichtung enthält ein dem Landbau entnommenes Gleichnis, welches das Verhalten Jahwes seinem Volke gegenüber abbilden soll.
Sie hat eine besonders feierliche Einleitung, wie sie der Volkssänger gebraucht, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und wie sie auch Jesaia in dem Gleichnisse vom Weinberge c. 5,1 nachgeahmt hat. Schon dadurch wird es unwahrscheinlich, dass ihr eine längere oder kürzere Rede voraufgegangen sei. Selbst Dillmann findet es wahrscheinlich, dass v. 23–29 ursprünglich nicht in unmittelbarer Fortsetzung von v. 7–22 gesprochen ist.[37]
Aber auch inhaltlich steht dies Maschal mit v. 7–22 in keinem Zusammenhange, so dass man annehmen könnte, Jesaia habe es nachträglich selbst als Fortsetzung an seine jetzige Stelle gesetzt. Die Ausleger geben sich vergeblich Mühe, den Zweck und Inhalt der Parabel mit dem Vorangegangenen in Einklang zu bringen.[38]
Betrachtet man die Parabel für sich, so kann ihr Inhalt nur tröstlicher Art sein. Wie der Landmann nicht immerfort pflügt und eggt, sondern auch säet, nachdem er den Boden geebnet hat, so wird — das ist die einzig richtige Parallele, auch Jahwe nicht immerfort zerstören, sondern auch bauen. Wie Dill und Kümmel nicht mit der Schleife gedroschen, sondern mit dem Stecken geklopft wird — nämlich, damit sie nicht beschädigt werden — so wird auch Jahwe sein Volk nicht zu Grunde richten, sondern nur züchtigen. Ebenso: wie Brotkorn nicht vom Rade des Wagens zermalmt wird, sondern nur von der Spreu geschieden, so wird Jahwe auch sein Volk nicht zermalmen, sondern es nur so lange strafen, bis es gereinigt und geläutert ist. Denn wunderbar ist sein Rat, gross seine Einsicht.
Enthält aber das Maschal Tröstung, wie passt es dann als Fortsetzung zu v. 7–22. Denn dass Jesaia, wie Meinhold[39] will, eine versteckte Drohung gegen die Magnaten darin habe aussprechen wollen, ist gänzlich unverständlich. Und noch dazu soll Jesaia das Maschal eigens dazu gedichtet haben, die vorstehende Drohrede zu verstärken und die Grossen zu erschrecken! In der That, diese Erklärung ist kaum wunderbarer, als der Fehlgriff Ewalds, der, auf die vorhergehenden Drohungen wider die trunkenen Judäer zurückgehend, in der Bilderrede v. 23–29 eine symbolische Abmahnung von der Unmässigkeit im Trinken erblickt.
Auf andere Art sucht Dillmann darzuthun, dass sich[S. 73] das Maschal noch „im Gedankenkreis des vorigen Abschnittes bewegt“. Denn teils ist es die Bewunderung des göttlichen Verstandes, worauf das Ganze hinausläuft (v. 29), und darin berührt es sich mit v. 21, teils wird aller Nachdruck darauf gelegt, dass der Landmann nicht immerfort den Boden umbricht, und darin berührt es sich mit v. 16 f., wonach „Gott nicht blos zerstört, sondern aufbaut“.
Aber v. 21 und 29 berühren sich nicht so, wie Dillmann sagt. Beide Verse drücken zwar eine Verwunderung aus, und zwar über Gottes Thun. Trotzdem besagt v. 29 so ziemlich das Gegenteil von v. 21. In v. 21 wundert sich der Prophet über Gottes Thun, weil er es nicht versteht. „Dem Propheten selber ist offenbar höchst fremd zu Mute, wenn er sich jenes Werk vorstellt, dass Jahwe mit Assurs wilden Scharen gegen Juda zu Felde ziehen soll: fremd seine That, wildfremd sein Werk!“ (Duhm). Aber freilich, nach Dillmann thut Jesaia den Ausruf, weil er es durchschaut, dass Jahwe schliesslich doch nicht Zion vertilgen, sondern durch die Strafe seine Verklärung bewirken wird![40] Wo steht davon auch nur ein Wort? Aber der wuchtigen Rede des Jesaia wird alles Mark entzogen, wenn er am Schlusse seiner Drohungen theologisch spintisiert und diesen unausgesprochenen Reflexionen durch Worte der Bewunderung Ausdruck gegeben hätte! Nein, er durchschaut eben den Ratschluss Gottes nicht, daher die Ausdrücke זר und נכריה, aber die Thatsache ist ihm gewiss: er hat Vertilgung als festen Beschluss Jahwes vernommen (v. 22), und es ist auch ihm eitel Entsetzen, Orakel zu deuten (v. 19).
Ganz anders in v. 29, wo auch durch das גם זאת am Anfange deutlich der Gegensatz zu v. 21 zum Ausdruck kommt. Insofern stehen allerdings beide Verse in Berührung. In den vorhergehenden Versen ist durch mehrere dem Landbau entlehnte Vergleiche das Thun Jahwes verständlich gemacht. Jahwe sucht sein Volk heim. Aber wer sich in[S. 74] seine Wege vertieft, der wird erkennen, dass das Pflügen und Dreschen zwar notwendig ist, aber nicht ewig währen kann. Wunderbarlich ist sein Raten; aber er führt es herrlich hinaus. Hier ist theologische Reflexion. Mit Recht sagt Duhm[41]: „Das Stück löst keine scheinbaren Widersprüche, die in v. 7–22 enthalten wären und die auch Dillmann erst nachträglich einfallen.“
Aber ich kann auch Duhm[41] darin nicht beistimmen, dass das Maschal den Propheten wider den spöttischen Vorwurf verteidige, dass seine Drohungen nicht eintreffen. Denn es setzt ja Trübsal voraus und verkündet nicht das Eintreffen der Drohung, sondern das Ende der Plagen. Nur mit völliger Umbiegung seines einfachen Wortsinnes kann man ihm im Zusammenhange eine solche Deutung geben, wie auch Duhm es thut.
Richtiger nach seinem Wortsinne deutet Guthe[42] das Gleichnis: „So hat auch die Strafe Jahwes ein Ende, wenn die Zeit des Segens herbeigekommen ist.“ Aber um es so deuten zu können, muss er es aus dem Zusammenhange entfernen. Doch giebt er ihm aus seiner Konstruktion eines zweifachen Zukunftsbildes eine Nutzanwendung, die unhaltbar erscheint.[43]
Das Maschal ist also weder direkte Fortsetzung von v. 7–22, noch kann es später von dem Propheten an seine jetzige Stelle gesetzt sein. Ja, es stammt überhaupt nicht von Jesaia.
Das Gleichnis enthält eine tröstliche Verheissung an das heimgesuchte und geplagte Volk. Die Situation, die es voraussetzt, ist die, dass das Volk schon lange Zeit unter[S. 75] den Schlägen Jahwes zu leiden hat. Darauf liegt aller Nachdruck. So beginnt das Gleichnis schon mit der schmerzlichen Frage הכל היום, die es ja mit einem tröstlichen „nein“ beantwortet. Ebenso heisst es v. 28: כי לא לנצח אדוש ידושנו. Das ist bisher von den Auslegern übersehen worden, weil sie immer den Jesaia als Autor vor Augen hatten. Und doch liegt in dem ganzen Maschal der Hauptton darauf, dass das Volk gerade deshalb, weil es schon lange Zeit, eine Ewigkeit (v. 28,23) unter der Zuchtrute Jahwes zu leiden hat, und deswegen an der Hülfe und Erlösung zu zweifeln anfängt, durch den aus dem Landbau genommenen Vergleich auf die einst doch und gewiss eintretende Zeit des Segens vertröstet werden soll.
Diese Situation passt allerdings gar nicht auf die Zeit Jesaias, wohl aber sehr gut auf die nachexilische Gemeinde. Jesaia hat auch das Volk nie in seinen Reden als ein solches angesehen, das schon zu lange Zeit unter den Schlägen Jahwes leidet, so dass es nun auf Erlösung hoffen dürfte[44], sondern immer als ein solches, dem das gewaltige Drohgericht Gottes noch bevorsteht.
Das durch den Inhalt des Maschals gewonnene Resultat findet nun noch mehrfache anderweitige Bestätigung. Zunächst ist befremdlich, dass es ganz allgemein gehalten ist und ohne weitere Nutzanwendung bleibt. Das ist sonst nicht Jesaias Art. Das Lied vom Weinberge c. 5,1 ff. erhält sofort seine konkrete Beziehung. Für das nachexilische Judentum bedurfte es einer solchen nicht. Da war die Situation immer dieselbe.
Auf die nüchterne, theologisierende Reflexion ist oben schon aufmerksam gemacht worden. Das Bild des Land[S. 76]baues ist an sich passend; doch wird es durch immer neue Wendungen breit ausgeführt, ohne doch einen neuen Gedanken zu bringen. Auch der Stil ist matt und raisonnierend vgl. das הלוא אם v. 25 und den Anfang von 28 לחם יודק, den man als Frage auffassen muss, um überhaupt einen Sinn zu erhalten.
Oben ist gesagt, dass der Eingang der Einleitung eines Volksliedes nachgeahmt ist; aber doch nicht sehr geschickt, durch blosse Häufung von Imperativen, von denen der eine (שמעו) doppelt vorkommt. Ausserdem hat Meinhold, wenn auch in anderer Absicht, darauf aufmerksam gemacht, dass in der älteren klassischen Zeit mit שמעו immer eine Drohung eingeführt werde; erst in späterer Zeit, wo man für das unterdrückte Volk keine Drohungen mehr hatte, gebrauchte man das Wort auch zur Einleitung in Trostreden (Jes. 36,1. 4. Jes. 37,4 f. 46,3. 12 etc.).
Wenig geschickt ist die Vorwegnahme des Säens in v. 24 (לזרע), wovon doch eigentlich erst v. 25 redet; künstlich die Konstruktion von v. 26, der das Subjekt erst im 2. Stichos bringt; v. 28 ist auch in seiner zweiten Hälfte schwerfällig und wird nicht leichter, wenn man auch die Pferde durch Korrektur beseitigt und וּפְרָשׂוֹ ולא liest (Duhm). Denn der erste Stichos giebt sich nicht als erster Vordersatz zu erkennen und der Sinn wird verbogen; denn nicht darauf kommt es an, ob das Brot nach dem Dreschen zermalmt wird, sondern dass das nicht durch das Dreschen geschieht. In v. 29 streicht Duhm das צבאות, weil Jahwe als Gott der Heerscharen nicht der Lehrmeister der Bauern war. Gewiss nicht für Jesaia; aber wohl für einen Späteren, für den der Begriff die konkrete Färbung nicht mehr hatte. Überhaupt ist die ganze Auffassung, dass Jahwe Lehrmeister der Bauern sei, zu Jesaias Zeit angesichts solcher Stellen wie Hosea 2,4 ff. kaum so volkstümlich gewesen, wie unser Gedicht voraussetzt.
Sprachlich Ausschlag gebend ist vor allem das Wort תושיה, das zum Wortvorrat der Weisheitslehrer gehört[S. 77] (Pr. 2,7. 3,21. 8,14. 18,1. Tob. 5,12. 6,13. 11,6. 12,6. 26,3 und die späte und verstümmelte Stelle Mi. 6,9). Das Wort wird also nicht, wie Duhm meint, durch unsre Stelle als alt erwiesen. Endlich sei noch auf die beiden Begriffe נסמן und שורה hingewiesen, die sehr jung und für uns unübersetzbar sind. Da sie die LXX nicht hat (nur Cod. R hat für שורה κέγχρον), streichen sie viele Ausleger, wogegen aber Dillmann Einspruch erhebt.
Die Verse 23–29 sind nach alledem nicht von Jesaia; sie sind vielmehr erst spät verfasst und mit der Drohung v. 14–22 verbunden worden, um derselben einen Trostspruch gegenüberzustellen. So erklärt sich auch das גם זאת v. 29 am leichtesten, das, auf v. 21 f. zurückblickend, den festen Vertilgungsbeschluss Jahwes im Blick auf sein wunderbar weises Walten korrigiert.[45]
Gewöhnlich nimmt man v. 15–20 mit den vorhergehenden Versen 9–14 zusammen; und gegen diesen Abschnitt v. 9–20 als ganzen hat auch Stade sein Bedenken erhoben. Es ist aber unmöglich, die Verbindung beider Stücke aufrecht zu erhalten. Der Abschnitt v. 9–20 beginnt mit einer furchtbaren Drohung gegen die sorglosen Weiber Jerusalems und schliesst daran die Verkündigung des Unterganges der Stadt, um dann plötzlich wieder v. 15 ff. in die glänzendste Zukunftsschilderung einzulenken.
Dieser plötzliche Umschwung in v. 15 ff. schlägt der vorhergegangenen Ankündigung der Verwüstung Jerusalems zu sehr ins Gesicht, als dass er nicht Bedenken gegen seine Ursprünglichkeit wachrufen müsste. Sieht man sich den Übergang von v. 14 zu v. 15 näher an, so erkennt man dann auch, dass er nicht von dem hergestellt sein kann, der v. 9–14 geschrieben hat. Bisher haben sich allerdings alle Exegeten diesen Übergang gefallen lassen. Erst Duhm hat[S. 78] die Unmöglichkeit erkannt, v. 15 ff. mit v. 9–14 zu verbinden, obwohl er beide Stücke dem Jesaia als Verfasser zuschreibt.
v. 14 sagt, dass Jerusalem von der Erde verschwinden soll, so dass auf ihren Trümmern wilde Esel und Herden weiden werden; und das soll so bleiben עד עולם. v. 15 fährt dann fort: עד יערה עלינו רוח ממרום. „Dies עד,“ sagt Duhm, „ist so unglücklich wie möglich; denn abgesehen davon, dass gleich die folgenden Stichen sich nicht mehr von ihm regieren lassen, kann doch nur ein in Zukunftshoffnung schwelgender Schriftsteller den Nexus vertragen: Jerusalem wird verwüstet sein auf ewig, bis dass das Gegenteil eintritt.“ Aber man muss noch weiter gehen. Denn von dem „Gegenteil“ der Verwüstung, von dem Wiederaufbau Jerusalems, ist weder in v. 15 noch in den folgenden Versen die Rede. Es wird darin vielmehr die innere Umwandlung, die Fruchtbarkeit des Landes und der Friede, der dann im Lande herrschen wird, geschildert, der Wiederaufbau Jerusalems aber vorausgesetzt. Und doch müsste in ihnen grade davon die Rede sein, wenn sie auch nur „als scharfer Gegensatz“ die Fortsetzung von v. 9–14 bilden sollen.
Auch hier hat man darum wieder zur Vergewaltigung des klaren Sinnes des Textes in v. 14 seine Zuflucht nehmen müssen, um v. 15 ff. auch nur einigermassen als ursprüngliche Fortsetzung zu v. 9–14 verstehen zu können. Ob unter ארמון der Königssitz (Cheyne), was doch am wahrscheinlichsten ist, da das Wort so absolut und im sing. steht, oder Landhäuser (?) oder Prachtbauten der Magnaten in der Stadt zu verstehen sind, darüber kann man streiten; ebenso darüber, was בהן (Wartturm Neh. 3,25 ff.?) und עפל (Hügel, wohl der südliche Teil des Osthügels 2 Chr. 27,3. 33,4. Neh. 3,26. 11,21) bedeuten soll. Aber dass in v. 14 nicht blos von einem Verlassen, sondern von Zerstörung die Rede ist, sollte doch niemand abstreiten. Dillmann sagt zwar, von Zerstörung sei nicht die Rede, sondern von Verödung, welche durch die Fortschaffung der Bewohner, zumal der leicht[S. 79]sinnigen Grossen, im assyrischen Sturm bewerkstelligt wird. Aber eine verödete Stadt, die zur Wonne für Wildesel und zum Weideplatz für Herden geworden ist, ist doch wohl auch als zerstört, ja als gänzlich verschwunden gedacht. Dillmann hat es aber ganz übersehen, sich mit diesem Schlusse von v. 14 auseinanderzusetzen.
Ebenso wie die Thatsache der Verwüstung Jerusalems macht auch die Drohung, dass es עד עולם so bleiben werde, die Anknüpfung von v. 15 ff. an v. 14 unmöglich. Deshalb hat man versucht, die Bedeutung des עד עולם abzuschwächen. Dillmann will es „nach עד יערה v. 15“ erklären, da die Grundbedeutung des Wortes עולם „Dauer“ sei. Aber schon die Präposition עד giebt dem Worte die Bedeutung „immerdar“. Dillmann führt für sich die Stelle 1. Sam. 1,22 an. Aber gerade dort bezeichnet עד עולם den Dienst Samuels vor Jahwe als einen bleibenden im Gegensatze zu einem nur zeitweiligen. Die Redensart 1 Reg. 1,31 ist aber doch eben als solche zu verstehen. Endlich erklärt Dillmann selbst das עד עולם nachher im 17. v. unseres Kapitels: „auf immer, hier (!) ohne Einschränkung!“
Ist nach alledem v. 15 ff. nicht als ursprüngliche Fortsetzung von v. 9–14 aufzufassen, so verteilen sich nun auch die von Stade erhobenen Bedenken gegen 9–20 auf die beiden Abschnitte v. 9–14 und v. 15–20, und zwar so, dass die hauptsächlichsten und stichhaltigsten auf den letzteren Abschnitt fallen.[46]
Zwar nicht das ist richtig, dass nach v. 15 die Umwandlung der Natur dadurch vermittelt wird, dass ein Geist aus der Höhe ausgegossen wird; sondern beides ist zweierlei;[S. 80] die Umwandlung geschieht durch ein Allmachtswunder Gottes in der Natur, und durch die Ausgiessung des Geistes werden den Menschen übersinnliche Wunderkräfte verheissen vgl. Jes. 44,3. Joel 3,1 ff. Sach. 12,10. auch Jes. 11,2 f. Auch gegen die Bemerkung Stades wendet sich Duhm mit Recht, dass die Älteren die Bekehrung als Wirkung des göttlichen Gerichts fassen, welches die Menschen über ihre Sünde belehrt und in ihnen den freien Entschluss zur Umkehr erweckt. Das Gericht erscheint als Strafe für verweigerte Busse und nicht als Zuchtmittel. Aber damit wird doch nicht das sachliche Bedenken Stades entkräftet, dass in v. 16 משפט und צדקה als dona gratiae, als Geschenk Gottes in jener Zeit verheissen werden. Was soll denn sonst v. 16? Hier erscheint doch Recht und Gerechtigkeit ebenso als Verheissungsgut, wie in v. 15 die Ausgiessung des Geistes und die Umwandlung der Natur. Und dazu ist allerdings Ez. 36,24 ff. zu vergleichen. Die detaillierten Angaben dieser Stelle sind in v. 16 ebenso vorausgesetzt wie in v. 15 die oben angeführten Weissagungen über die Geistesausgiessung. Dass letztere so kurz erwähnt wird, als wüsste der Leser schon, was sie zu bedeuten hat, giebt auch Duhm zu; er meint aber, dass vor v. 15 etwas ausgefallen sei. Aber wenn das auch so wäre, so könnte das kaum eine Erklärung über die Geistesausgiessung oder deren Wirkung gewesen sein; diese könnte nach der Konstruktion des Satzes höchstens folgen, nicht vorhergehen, v. 15 b kann man ebenso gut eine unglückliche Wiederholung von c. 29,17 nennen, wie diesen Vers als Nachahmung von v. 15 bezeichnen. Keiner von beiden trägt Züge der Ursprünglichkeit. Duhm hält unseren Vers für das jesaj. Vorbild und erklärt ihn so: Die Wüste soll Fruchtgarten werden und dieser Fruchtgarten soll wie ein Wald mit fruchtbaren Bäumen bewachsen sein. Das ist doch nur eine verlegene Umgehung der Erklärung Guthes, nach welcher יער Steigerung zu כרמל bildet. Aber יער heisst (wildes) Waldgebirge und nicht Park oder Obstgarten. Freilich passt die gewöhnliche Erklärung[S. 81] des zweiten Gliedes unseres Verses als Gegensatz zum ersten nicht in den Zusammenhang der Verheissungen; aber der einfache Wortlaut besagt nichts Anderes. Die Wüste soll Fruchtgarten, dieser wildes Waldgebirge werden. Die grosse Umwälzung gehörte eben zum eschatologischen Dogma, und die Verbindung der hierzu gehörigen Aussagen kümmerte die späteren Eschatologiker wenig; je bunter, um so besser. Ist es nicht schon bunt genug, dass in unserm kleinen Stücke erst (v. 15a) von der Ausgiessung des Geistes geredet wird, dann in v. 15b von der Naturumwälzung; dann wieder in v. 16 von der inneren Umwandlung der Menschen; in v. 17 f. von dem allgemeinen Frieden und der Sicherheit vor Feinden; in v. 19 von dem Untergange der Heiden und endlich in v. 20 noch einmal mit einem Segenswunsche abschliessend von dem Glücke und wunderbaren Aufblühen der Landwirtschaft! Gegenüber diesem wirren Durcheinander hat man gewiss kein Recht, bei der Exegese der einzelnen Verse auf den inhaltlichen Zusammenhang derselben unter einander allzugrossen Wert zu legen. Vielmehr zeigt sich hier ein sehr äusserlicher Anschluss an die Form und den Ausdruck der Gedanken. Das werden wir gleich sehen, wenn wir uns nun den einzelnen Versen unseres Abschnittes weiter zuwenden.
Für v. 16 wird nämlich Stade Recht behalten müssen, wenn er sagt, dass sich dieser Vers mühsam an dem in v. 15 gegebenen Gegensatze weiter spinnt. Denn die מדבר in der nach v. 16 das Recht wohnen soll, ist doch eigentlich nach v. 15 gar nicht mehr vorhanden, sondern zum כרמל geworden! Wenn Duhm das damit entschuldigt, dass für eine Viehzucht treibende Bevölkerung eine מדבר (hier in der Bedeutung Trift) vorhanden sein muss, und diese nur weiter in die Wüste hineingeschoben zu denken sei, so ist das schon recht gut; aber dieser erklärende Zwischengedanke steht doch eben nicht da, und v. 16 knüpft in der Form so eng an v. 15 an, dass man zuerst an die in v. 15 erwähnte מדבר denken muss. Dieser Anschluss ist also jedenfalls nicht sehr geschickt, sondern „mühsam“.
In v. 17 beseitigt Duhm die Anstösse: er streicht das zweite צדקה liest statt „השקט“ „המשפט“, lässt die Kopula vor בטח weg und erklärt endlich עד עולם für einen müssigen Zusatz. Ob solche weitgehenden Korrekturen in dem sonst gut erhaltenen Texte, zumal sie nicht eigentlich Fehler, sondern nur Ungeschicklichkeiten der Form beseitigen, erlaubt sind, dürfte doch die Frage sein. Duhm unternimmt die Korrekturen auch nur unter der Voraussetzung, dass das Stück jesajanisch sei. Inhaltlich bleiben freilich auch so nur leere Allgemeinheiten und abstrakte Begriffe übrig. Jesaia würde kaum so allgemein von einer מעשה העדקה und עבדת המשפט geredet haben; er hätte sich gewiss konkret ausgedrückt.
Von v. 18 giebt auch Duhm zu, dass derselbe „unstreitig einen etwas leeren Eindruck macht;“ die Schilderung ist überladen; die drei Ausdrücke „Wohnstätten des Friedens“, „sichere Wohnungen“ und „sorglose Ruhesitze“ besagen doch ganz dasselbe. Das ist freilich nicht Jesaias Art; wo aber sonst schon Anzeichen für spätere Abfassung vorliegen, ist das nur ein weiteres Kennzeichen der Unechtheit, und man hat kein Recht mehr, nur der ungeschickten Form wegen Varianten anzunehmen. Merkwürdig ist auch der Ausdruck עמי; das Subjekt des suff. ist vielleicht Gott; in v. 15 heisst es עלינו, in v. 20 אשריכם. Solcher Wechsel in der Person ist bei Späteren häufig; vgl. auch c. 33,1 mit 2 und 3; ebenso v. 14 ff.
v. 19 findet auch Duhm wieder „vollends sonderbar und unbegreiflich“. Und das mit Recht. Denn mitten in der Schilderung der goldenen Zeit redet dieser Vers plötzlich von den Schrecken des Gerichts. Allerdings thut er das so dunkel, dass die Ausleger schon immer geschwankt haben, ob sie dieses Gericht auf Jerusalem oder Assur beziehen sollten. Auf beide passt der Wortlaut und Zusammenhang gleich schlecht. Versteht man, wie die meisten Ausleger es thun, unter יער im 1. Gl. den Assyrer, so ist im 2. Gl. der Ausdruck עיר für die Bollwerke der feindlichen Weltmacht[S. 83] nicht grade glücklich gewählt. Dillmann und andere beziehen den Vers deshalb auf Jerusalem: „Daran muss der Prophet, gemäss der Endabsicht des Stückes, noch einmal kurz erinnern, dass ohne schweres Zorngericht und tiefe Beugung es nicht abgeht.“ So findet sich Dillmann mit der gradezu unerhörten Stellung dieses Verses mitten unter den glänzendsten Zukunftsbildern ab! Entkräften lassen sich solche Behauptungen nicht mehr; man wird ihnen einfach die entgegengesetzte gegenüber stellen müssen: Wenn in diesem Verse Jerusalem bedroht wäre, so könnte er nicht dem Zusammenhange angehören. Duhm meint, dass der Vers vielleicht einem Gedichte über ein fremdes Volk entnommen und von einem Leser, dem er bei v. 14 (?) eingefallen sei, an den Rand geschrieben worden sei. Dann bleibt doch völlig unerklärt, wie er später grade an die unpassende Stelle gekommen sein soll, an der er jetzt steht. An seiner jetzigen Stelle kann er nur auf die feindliche Weltmacht bezogen werden und ist nur dann erklärlich, wenn er sowohl wie seine Umgebung nicht von Jesaia stammt. Denn für die späten Eschatologiker fallen die Bedenken hin. Gehört der Inhalt nur zum eschatologischen Dogma, so hat er sein Recht im Zusammenhange erworben. Der Ausdruck יער für den Assyrer ist aus c. 10,18. 33 f. verständlich. Unter der Stadt sind die feindlichen Bollwerke zu verstehen wie in c. 24 ff. Der Ausdruck עיר scheint mir lediglich als Parallele gewählt zu sein, um den schon sonst durch Paronomasien gezierten Vers möglichst künstlich zu gestalten. Denn ich glaube mit Stade, dass im Anfange des Verses ברר eigens vom Verfasser gebildet ist, um mit dem folgenden ברדת zu assonieren, und dass deshalb nicht mit Secker u. a. ירד zu lesen ist. Im zweiten Versgliede entspricht dem ja auch das unglückliche בשפל תשפל. So erklären sich wenigstens alle Schwierigkeiten und Wunderlichkeiten dieses Verses.
Die Seligpreisung aller, die die goldene Zeit erleben, beschliesst den Abschnitt. Freilich ist auch hier der Inhalt[S. 84] dessen, was gemeint ist, nicht aus dem Wortlaute allein, sondern nur aus seiner Verbindung mit dem als bekannt vorausgesetzten eschatologischen Dogma zu gewinnen. Denn eine Glücklichpreisung der Nomaden oder Landbewohner als solcher ist natürlich hier nicht gemeint. Ebensowenig stellt der Vers den Lohn treuer Arbeit in Aussicht. Sondern das זרעי על נל מים will sagen, dass in jener Zeit die Bäche nie versiegen werden Job. 6,15. Jes. 58,11; und das zweite Versglied weist darauf hin, dass die Prärie fruchtbar und völlig gefahrlos sein wird. Ob Jesaia von seinen Zeitgenossen so verstanden wäre? Der, der v. 20 geschrieben hat, hat doch wohl bei seinen Lesern die Bekanntschaft mit dem eschatologischen Dogma vorausgesetzt.
Es hat sich uns gezeigt, dass nicht nur der Abschnitt c. 32,15–20 als solcher nach Inhalt und Form, sondern auch jeder einzelne Vers desselben die Spuren später Herkunft trägt. Es kann darum von jesajanischer Abfassung desselben keine Rede sein. Die genaue Bekanntschaft mit dem eschatologischen Dogma, die er voraussetzt und seine Berührungen mit spätjüdischen Schriften (Job. Joel. Jes. 24 ff.) zwingen sogar, für die Zeit seiner Entstehung bis tief ins zweite Jahrhundert hinabzugehen. Genaueres über die Zeit seiner Herkunft lässt sich natürlich nicht sagen, da sein Inhalt zu allgemein ist.
Ich, Martin Brückner, evangelischer Konfession, bin am 16. Juni 1868 zu Friedersdorf bei Goerlitz geboren. Mein Vater ist Pastor und Königlicher Kreis-Schulinspektor zu Gersdorf bei Goerlitz. Ihm habe ich die Grundlage meiner Bildung zu verdanken. Von Tertia an war ich Alumnus auf der Königlichen Landesschule Pforta. Diese verliess ich Ostern 1888 mit dem Reifezeugnis, um in Tübingen, Leipzig und Halle acht Semester Theologie zu studieren. Ich besuchte Vorlesungen und Seminare bei folgenden akademischen Lehrern: Beyschlag, Brieger, Buder, Erdmann, Fricke, Gunkel, Guthe, Haupt, Hering, Kaehler, Koestlin, Kautzsch, Loofs, Spitta. Im Februar 1893 bestand ich in Halle die erste theologische Prüfung, absolvierte den Seminarkursus in Liegnitz und war ein Jahr in Pommern als Hauslehrer thätig. Ostern 1894 wurde ich in das Predigerseminar zu Wittenberg aufgenommen, wo ich an den theologischen und pädagogischen Vorlesungen und Uebungen der Herren Sup. D. Quandt, Prof. D. Reinicke und Prof. Schmidt teilnahm. Im Mai 1895 wurde ich als Pastor nach Altraudten bei Raudten berufen.
Allen meinen verehrten Lehrern sage ich für vielfache Anregung und Förderung auch an dieser Stelle aufrichtigen Dank.
[1] Das Buch Jesaia übersetzt und erklärt. Göttingen 1892.
[2] Die Zukunftserwartung des Jesaia. Göttingen 1893.
[3] Hackmann a. a. O. S. 7 Anm.
[5] Mit Ausnahme des ersten und letzten Stückes, die besonders besprochen werden müssen.
[6] Denselben Bau im Anfange zeigt auch das kurze Stück c. 29,15.
[7] Mit Ausnahme von c. 28,1–4 und 32,9–14.
[8] Bezüglich des Schlusses könnte man sich ja zur Not mit c. 31,4 begnügen. Aber der oben nachgewiesene grobe Missverstand vieler Exegeten in der Auslegung des Bildes vom knurrenden Löwen über seiner Beute zeigt doch, dass dies allzukurze Wort ein nicht völlig genügender Abschluss des Ganzen ist. c. 31,1–3 redet von der Vernichtung der beiden verbündeten Heere: „Da stürzt der Schützer und fällt der Geschützte“ v. 4 soll nun jedenfalls in gewaltigem Bilde vom Löwen den Untergang der Stadt Jerusalem malen. Aber Jesaia sagt in diesem Verse nur, dass sich Jahwe im wilden Heerzuge der Assyrer auf Jerusalem stürzen wird. Was dann geschieht, sagt Jesaia nicht mehr. Wahrscheinlich ist, dass der Schluss weggefallen ist; möglich ist aber allerdings auch, dass sich Jesaia mit der Andeutung durch das kurze, aber packende Bild begnügt hat. Das konnte sich jeder selber ausmalen, wie es der Beute unter den Tatzen des knurrenden Löwen ergehen würde; und Jesaia hat auch sonst nicht, auch nicht in dem Bilde vom Weinberge c. 5. die Zerstörung Jerusalems mit dürren Worten ausgesprochen.
[10] Zu c. 30,8 S. 195.
[11] Duhm, Kommentar S. 195.
[12] S. 49.
[13] a. a. O. S. 22 ff., cf. S. 62 ff., vgl. auch Duhm Comm. zu den Stellen.
[14] Hackmann will zwar der viel grösseren Leichtigkeit des Verständnisses wegen (S. 67) v. 18 ff. auf Israel bezogen wissen; aber, wie mir scheint doch mit Unrecht. Denn die ganze Schrift c. 7 f. ist gegen Juda geschrieben; da hätte doch eine solche Expektoration über das Geschick Nordisraels wenig Sinn. Freilich, direkte Fortsetzung der Rede v. 13–16 ist v. 18 ff. nicht; v. 17 ist vom Redaktor und v. 18 ff. sind stark überarbeitet (vgl. schon das ewige ביום ההיא v. 18. 20. 21. 23). Die Verse haben hinter c. 7 ursprünglich vielleicht dieselbe Bedeutung gehabt, wie c. 8,5 ff. hinter c. 8,1–4: Sie sprechen das Urteil Jesaias resp. Jahwes aus; aber nicht als Rede Jesaias an den König, sondern nur in schriftlicher Darstellung. Vielleicht haben v. 18 ff. einst hinter c. 8,1–4 gestanden und sind vom Redaktor erst verbessert und vermehrt an ihren jetzigen Platz gestellt, um die messianisch verstandene Immannuelweissagung etwas zu verlängern und zu verzieren.
[15] Vgl. darüber Duhm Comm. S. 49 ff., und Hackmann a. a. O. S. 62–70. Die Annahme eines ursprünglich geschichtlichen Zusammenhanges der Stücke in c. 7 f. beseitigt jedenfalls sonst unüberwindliche Schwierigkeiten für die Annahme jesajanischer Herkunft derselben, die sich für einzelne Partien (c. 7,2–16, c. 8,1–4, 14 f. 16–18) doch immer aufdrängt. Hervorgehoben sind die Schwierigkeiten von c. 7 namentlich von de Lagarde Sem. I. 9 ff. und Studer J. P. Th. V. 76 ff. Andererseits meint schon Ewald (I. 320. 329 f.), dass die Erzählungen dieses Stückes einst vollständiger gewesen seien, und auch Dillmann (Comm. S. 62) giebt es als Eigentümlichkeit des Stückes c. 6–9,6 an, dass es „geschichtlich angelegt ist“. Der Redaktor, der es bearbeitet und in seine Sammlung (c. 6–9,6) aufgenommen hat, hat es natürlich „messianisch“ behandelt. Das zeigt seine eigene Weissagung c. 9,1–6. Er dichtet dem Messias einen dritten Namen an, der noch länger ist als der in 8,1–4 genannte und auf die beiden anderen Bezug nimmt. Aus dem Immanu-el hat er sein El gibbor, aus dem chas-baz sein abi-ad (daher nicht Ewigvater, sondern Beutevater). Der „Wunderrat“ entstammt vielleicht dem wunderbaren אות c. 7,10. Der „Friedefürst“ ist eigene Zuthat, weil das Hauptmerkmal des Messias in seinem Namen nicht fehlen durfte.
[16] Das tröstliche Schlusssätzchen ist unecht und fehlt noch in LXX. Vielleicht sind überhaupt v. 12 f. zu streichen. Sie bringen gegenüber v. 11 nichts Neues, reden vielmehr von einer zweimaligen Deportation, nachdem in v. 11 das Land schon menschenleer geworden war. Vgl. hierüber Duhm Comm. S. 48.
[17] Die Möglichkeit so später Niederschrift ist nicht zu bezweifeln cf. Duhm zu c. 6. Für Jesaia war das eine ebenso glänzende wie innerlich wahre Rechtfertigung seines erfolglosen Wirkens, dass er dennoch den göttlichen Zweck seiner Sendung erfüllt habe. — Dass c. 6 jetzt vor c. 7 und nicht vor c. 28 steht, rührt daher, dass es zeitlich dahin gehört und wahrscheinlich schon bei der ersten Gesammtausgabe der drei Schriften Jesaias an diesen Platz gestellt ist.
[18] Zu c. 22 vgl. namentlich Hackmann a. a. O. S. 108 f.
[19] Über die in c. 1–5 aufbewahrten Stücke urteilt Hackmann S. 49, dass sie von Anhängern und Freunden des Propheten niedergeschrieben sind, da sich für den Propheten kein Motiv zur Fixirung der meist kurzen Sprüche finden lasse. Indessen besteht vielleicht auch die Möglichkeit, dass einzelne von ihnen früher den grösseren geschichtlichen Darstellungen angehört haben. Zu 3,6 bemerkt Duhm: „Der Eingang (ויאמר יהוה) legt die Vermutung nahe, dass das Stück einst einem grösseren Zusammenhange angehörte.“ Auch die Weherufe in c. 5 sind wohl aus ursprünglich anderen Zusammenhängen hergenommen, denn sie stehen bunt durcheinander. Vgl. z. B. c. 5,18 ff. mit c. 28,9. 22 ff. c. 30,10.
[20] Näheres s. Hackmann a. a. O. S. 80 ff.
[21] Juda und die assyrische Weltmacht: S. 5 ff.
[22] a. a. O. S. 92–97., 108 f.
[23] Comm. S. 221.
[24] Hackmann a. a. O. S. 136 ff.
[25] Wellhausen: Israelitische und jüdische Geschichte. 1894. S. 165.
[26] a. a. O., S. 164.
[27] Comm. S. 188.
[28] Comm. S. 216 ff.
[29] S. zum Folgenden Stade, Geschichte d. V. J. I. 614 ff. Wellhausen. Gesch. d. j. V. S. 85 f.
[30] c. 30,9 ff.
[31] Vgl. auch Duhm Comm. S. XVI: „So viel Jesaia geschrieben hat, so ist er doch kein Schriftsteller von Beruf; er schreibt teils aus dem allgemeinen Grunde, dem mündlich gesprochenen Worte eine grössere Ausbreitung und nachhaltigere Wirkung zu geben, teils zu dem besonderen Zwecke, um gegenüber dem Unglauben der Mehrheit seines Volkes Beweisstücke für die richtige Vorhersagung der Ereignisse zu schaffen.“
[32] Vgl. hierzu Hackmann a. a. O. S. 47.
[33] Das kommt vielleicht daher, dass man mit dem Buche, das nur Drohungen enthielt, nach dem Exil zuerst nichts Rechtes anzufangen wusste. Uebrigens mögen wohl auch die geschichtlichen Partieen schon früher mehr vernachlässigt worden sein, da man an ihnen natürlich immer das geringere Interesse haben musste, zumal sie obendrein mit der späteren Sage von Jesaias Stellung zur Zerstörung Jerusalems nicht stimmten. Nötig ist aber diese Annahme zur Erklärung ihrer Ausscheidung nicht. Jene Zeit stand solchen geschichtlichen Stoffen völlig kritiklos gegenüber.
[34] c. 31,6. Der Apokalyptiker hat bei dieser Deutung freilich nicht das ägyptische Bündnis, sondern den Abfall seiner Zeit, die Bilderverehrung, im Sinne, wie v. 7 deutlich zeigt.
[35] Das spricht er freilich nicht aus, weil es ihm und seiner Zeit für selbstverständlich galt. Bewiesen ist es aber für uns durch die Art und Weise, wie er seine Trostsprüche von der Zukunft mit jenen Drohreden verbunden hat: c. 29,17. 30,18. 32,15. 29,5 f. Aus diesen Stellen geht deutlich hervor, dass der Verfasser den Eintritt der goldenen Zeit in engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Eintreten der Drohgerichte bringt, und dass er sein Volk gerade durch diesen Hinweis belehren und trösten will. Daraus ergiebt sich, dass er die Drohweissagungen in seiner Gegenwart erfüllt sieht.
[36] Die Wahl dieses gegen Samarien gerichteten Stückes zeigt wieder deutlich die völlige Kritiklosigkeit des Verfassers.
[37] Comm. S. 258.
[38] Eine Zusammenstellung der verschiedenen Auslegungen bei Dillm. a. a. O. S. 258.
[39] Studien u. Kritiken 1893. S. 1–46.
[40] Comm. S. 257.
[41] Comm. S. 178 f., vgl. auch Hackmann a. a. O. S. 40.
[42] Das Zukunftsbild des Jesaia. Akad. Antrittsvorles. Leipzig 1885.
[43] Guthe findet in dem „Klopfen“ des Kümmels und „Dreschen“ des Brotes den Unterschied, dass Israel die härteren, Juda die milderen Strafen zu erleiden hat. Aber beides bezeichnet dieselbe Sache. Dill wird eben geklopft, Korn mit der Schleife gedroschen.
[44] Auch c. 1,4 ff. nicht. Von Vergebung und Ende der Plagen ist da keine Rede. v. 8 Schluss und v. 9 scheinen mir Glossen zu sein. Das כעיר נצורה passt nicht zu den vorhergehenden Bildern und scheint hinzugesetzt, weil diese zu respektswidrig sind. In v. 9 deutet sowohl שריו als כמעט als auch der anders wie in v. 10 gestimmte Vergleich mit Sodom und Gemorrha auf spätere Zeit.
[45] Genaueres über die Verbindung des Abschnittes mit dem Vorstehenden S.
[46] Über den Abschnitt v. 9–14 vgl. Duhm, Comm. S. 212 f. Der Haupteinwand Stades, dass „die Erwartung, dass Jerusalem verwüstet werden solle, mit Jesaias sonstigen Zukunftserwartungen nicht wohl vereinbar“ sei, spricht angesichts solcher Stellen wie c. 5,14. 17. c. 22,14. c. 6. c. 7,18 ff. c. 2,12 ff. eher für als gegen Jesaias Autorschaft.
Anmerkungen zur Transkription
Der vorliegende Text wurde anhand der Dissertation des Pastors Martin Brückner (ohne Jahresangabe) so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Einige Satzzeichen und Umlautpunkte waren nur undeutlich erkennbar und wurden sinngemäß hinzugefügt. Zahlreiche Lettern waren kopfstehend in den Drucksatz eingefügt, was u.a. regelmäßig zu Verwechslungen zwischen den Buchstaben ‚u‘ und ‚n‘ führt. Diese und alle anderen offensichtlichen typographischen Fehler wurden stillschweigend korrigiert.
Personennamen wurden meist gesperrt gedruckt, was allerdings nicht durchgehend beibehalten wurde. Die Großbuchstaben Ä und Ü wurden teilweise direkt in Form der Umlaute, zum Teil auch in deren Umschreibung (Ae, Ue) dargestellt. Einige Begriffe wurden in unterschiedlichen Schreibweisen nebeneinander verwendet (z.B. ‚Szene‘ und ‚Scene‘). In allen diesen Fällen wurden hinsichtlich des vorliegenden Textes keinerlei Änderungen vorgenommen.
In der Fußnote [4] wurde die Seitennummer (71) des Anhanges hinzugefügt. Der Fußnotenanker zur Fußnote [12] fehlt im Originaltext; dieser wurde vom Bearbeiter willkürlich an den Schluss des ersten Absatzes der betreffenden Buchseite gesetzt, da der Sinn des Textes die genaue Stelle nicht zwingend nahelegt. Die Seitenangabe in der Fußnote [45] ist im Original nicht vorhanden und muss deshalb in der vorliegenden Ausgabe offenbleiben.
Gesperrt gedruckte Passagen im Original werden hier kursiv dargestellt.
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The Foundation's EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at http://pglaf.org/fundraising. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state's laws. The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered throughout numerous locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email [email protected]. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation's web site and official page at http://pglaf.org For additional contact information: Dr. Gregory B. Newby Chief Executive and Director [email protected] Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide spread public support and donations to carry out its mission of increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine readable form accessible by the widest array of equipment including outdated equipment. Many small donations ($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt status with the IRS. The Foundation is committed to complying with the laws regulating charities and charitable donations in all 50 states of the United States. Compliance requirements are not uniform and it takes a considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up with these requirements. We do not solicit donations in locations where we have not received written confirmation of compliance. To SEND DONATIONS or determine the status of compliance for any particular state visit http://pglaf.org While we cannot and do not solicit contributions from states where we have not met the solicitation requirements, we know of no prohibition against accepting unsolicited donations from donors in such states who approach us with offers to donate. International donations are gratefully accepted, but we cannot make any statements concerning tax treatment of donations received from outside the United States. U.S. laws alone swamp our small staff. Please check the Project Gutenberg Web pages for current donation methods and addresses. Donations are accepted in a number of other ways including checks, online payments and credit card donations. To donate, please visit: http://pglaf.org/donate Section 5. General Information About Project Gutenberg-tm electronic works. Professor Michael S. Hart is the originator of the Project Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be freely shared with anyone. For thirty years, he produced and distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper edition. Most people start at our Web site which has the main PG search facility: http://www.gutenberg.org This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, including how to make donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.